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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr.

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Argentinien

beispielsweise ein hoch angesehenes Berliner Blatt getan hat, als es im vorigen
Winter zwei Artikel über Argentinien von or. Polakowski brachte. Was sich
dieser Herr über Argentinien geleistet hat, ist entschieden "bambergerhaft".

Ich bin schon im vorigen Jahre in den Grenzboten für Argentinien ein¬
getreten und werde heute versuchen darzutun, warum sich unsre Emigranten¬
freunde bestreben sollten, unsre Auswanderung nach Argentinien zu lenken;
zuvor aber ist es nötig, daß wir uns darüber klar werden, was wir von
einem Lande verlangen müssen, das wir unsern Auswandrern empfehlen
wollen. Ich denke, daß es ein gesundes, nicht zu warmes Klima hat, daß es
sichere Erwerbsmöglichkeiten bietet, und daß dort die Erhaltung der Nationalität
leicht ist.

Sehen wir zu, wie weit Argentinien diesen drei Grundforderungen entspricht.

Das Klima der argentinischen Litorcil- und Zentralprovinzen ist eines der
besten in Südamerika. In den Nordterritorien sieht man freilich ebenso wie
in Paraguay viele Menschen ohne Füße, doch hat diese bedauerliche Erscheinung
nichts mit dem Klima zu tun, sie ist vielmehr auf eine Zeckenart zurückzu¬
führen, die nur im Norden vorkommt und sich mit Vorliebe an den Zehen
einfrißt. Im übrigen ist mir in Argentinien angenehm aufgefallen, wie frisch
und gesund die deutschen Kolonistenkinder dort aussehen. In den für Aus¬
wandrer hauptsächlich in Betracht kommenden Provinzen stellen sich die
mittlern Temperaturen in Celsiusgraden wie folgt:

Januar April Juli Oktober Jahrestemperatur
Cordoba . . . .22,61 16,46 10,44 16,5S 16,91
Süd Santa Fe . .23,93 16,72 10,76 16,16 16,87
Nord Buenos Aires24,2S 17,Is 10,70 1S,67 16,93
Chubut (Patagonien)20,66 10,90 S,66 13,81 12,61

Die Temperaturen von West und Nord Buenos Aires liegen ungefähr
in der Mitte zwischen den für Süd Buenos Aires und Chubut angegebnen,
die der Pampa Central sind nur wenig höher als die von Chubut. Im
Sommer zeigt das Thermometer in der Sonne nicht selten über 30 Grad
Celsius, doch ist es dabei in der Regel windig, sodaß man die Hitze weniger
empfindet. Diese Würmeverhältnisse erlauben es dem Nordeuropäer auch im
Hochsommer, im Freien zu arbeiten, außerdem ist das Land meist eben und
unbewaldet. Das ist ein Vorteil gegenüber dem nahen Brasilien, für das jetzt
so viel Propaganda gemacht wird, da der Kolonist gleich den Pflug ein¬
setzen kann und sein Land nicht erst dem UrWalde abringen muß. Im Winter
sinkt die Temperatur selten unter --3 Grad Celsius. Einmal habe ich in
Olascoaga, südwestlich von Buenos Aires, -- 8 Grad Celsius erlebt, doch sagte
man mir damals, so etwas käme in fünfundzwanzig Jahren einmal vor. Sehr
lästig sind allerdings die großen Tcmpcraturschwankungen, die sich bisweilen
innerhalb eines Tages ereignen.


Argentinien

beispielsweise ein hoch angesehenes Berliner Blatt getan hat, als es im vorigen
Winter zwei Artikel über Argentinien von or. Polakowski brachte. Was sich
dieser Herr über Argentinien geleistet hat, ist entschieden „bambergerhaft".

Ich bin schon im vorigen Jahre in den Grenzboten für Argentinien ein¬
getreten und werde heute versuchen darzutun, warum sich unsre Emigranten¬
freunde bestreben sollten, unsre Auswanderung nach Argentinien zu lenken;
zuvor aber ist es nötig, daß wir uns darüber klar werden, was wir von
einem Lande verlangen müssen, das wir unsern Auswandrern empfehlen
wollen. Ich denke, daß es ein gesundes, nicht zu warmes Klima hat, daß es
sichere Erwerbsmöglichkeiten bietet, und daß dort die Erhaltung der Nationalität
leicht ist.

Sehen wir zu, wie weit Argentinien diesen drei Grundforderungen entspricht.

Das Klima der argentinischen Litorcil- und Zentralprovinzen ist eines der
besten in Südamerika. In den Nordterritorien sieht man freilich ebenso wie
in Paraguay viele Menschen ohne Füße, doch hat diese bedauerliche Erscheinung
nichts mit dem Klima zu tun, sie ist vielmehr auf eine Zeckenart zurückzu¬
führen, die nur im Norden vorkommt und sich mit Vorliebe an den Zehen
einfrißt. Im übrigen ist mir in Argentinien angenehm aufgefallen, wie frisch
und gesund die deutschen Kolonistenkinder dort aussehen. In den für Aus¬
wandrer hauptsächlich in Betracht kommenden Provinzen stellen sich die
mittlern Temperaturen in Celsiusgraden wie folgt:

Januar April Juli Oktober Jahrestemperatur
Cordoba . . . .22,61 16,46 10,44 16,5S 16,91
Süd Santa Fe . .23,93 16,72 10,76 16,16 16,87
Nord Buenos Aires24,2S 17,Is 10,70 1S,67 16,93
Chubut (Patagonien)20,66 10,90 S,66 13,81 12,61

Die Temperaturen von West und Nord Buenos Aires liegen ungefähr
in der Mitte zwischen den für Süd Buenos Aires und Chubut angegebnen,
die der Pampa Central sind nur wenig höher als die von Chubut. Im
Sommer zeigt das Thermometer in der Sonne nicht selten über 30 Grad
Celsius, doch ist es dabei in der Regel windig, sodaß man die Hitze weniger
empfindet. Diese Würmeverhältnisse erlauben es dem Nordeuropäer auch im
Hochsommer, im Freien zu arbeiten, außerdem ist das Land meist eben und
unbewaldet. Das ist ein Vorteil gegenüber dem nahen Brasilien, für das jetzt
so viel Propaganda gemacht wird, da der Kolonist gleich den Pflug ein¬
setzen kann und sein Land nicht erst dem UrWalde abringen muß. Im Winter
sinkt die Temperatur selten unter —3 Grad Celsius. Einmal habe ich in
Olascoaga, südwestlich von Buenos Aires, — 8 Grad Celsius erlebt, doch sagte
man mir damals, so etwas käme in fünfundzwanzig Jahren einmal vor. Sehr
lästig sind allerdings die großen Tcmpcraturschwankungen, die sich bisweilen
innerhalb eines Tages ereignen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299786/182>, abgerufen am 27.12.2024.