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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr.

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Die Reformen im Kongostaat

auch immer die Okkupationsrechte der Eingebornen beschaffe" sein mögen. Ein
früheres Gesetz hatte im Kongostaat die Arbeitssteuer eingeführt und für jeden
steuerpflichtigen Eingebornen eine Leistung von vierzig Arbeitsstunden monatlich
festgesetzt. Die Untersuchungskommission hatte im Prinzip die Arbeitssteuer
als berechtigt anerkannt, da augenblicklich der Eingeborne im Kongostaat weiter
nichts besitzt als seine Hütte, seine Waffen und seine Pflanzungen, aber sie
hatte verlangt, daß ein Wertverhältnis für die Arbeitssteuer festgesetzt werden
sollte. Das neue Dekret hat dieser Ansicht Rechnung getragen und als Basis
der Arbeitssteuer eine Geldsumme angenommen, die je nach den einzelnen
Distrikten zwischen 6 und 24 Franken schwankt, wobei die Eingebornen die
Wahl haben, die Steuer in Produkten von entsprechendem Wert oder in Form
von Arbeit zu entrichten. Außerdem werden die <zg.xiws und die bewaffneten
Posten, die früher mit der Eintreibung der Arbeitsstellen, beauftragt waren,
abgeschafft.

Die Militärexpeditionen und die Polizeioperationeu werden durch die neue
Gesetzgebung genau festgesetzt. Zu beiden darf niemals ein Farbiger verwandt
werden. Die Umstände und die Bedingungen, unter denen sie zulässig sind,
sind ganz geuau aufgezählt, und man hat eine ganze Anzahl von Garantien
geschaffen, um den Mißbrauch der bewaffneten Gewalt unmöglich zu machen.

Schließlich wird durch ein Dekret die Intervention der Verwaltung in die
Rechtspflege auf den Ausnahmefall des öffentlichen Interesses beschränkt und
in Übereinstimmung mit den in Belgien geltenden Bestimmungen geregelt.

Alle von der Untersuchungskommission als dringend bezeichneten Reformen
sind also ausgeführt worden. Man ist aber noch weiter gegangen und hat
Maßnahmen getroffen, deren Ausführung nicht als sofort wünschenswert be¬
zeichnet worden war.

Durch ein Dekret werden die Häuptlingschaften zu dem Range von Staats¬
institutionen erhoben, die unter der Herrschaft eines legitimen Häuptlings ver¬
eint sind und nach den Landesgewohnheiten regiert werden. Die Rechte und
die Pflichten des Häuptlings gegenüber seinen Untertanen und gegenüber dem
Kongostaate werden genau geregelt, und der Häuptling wird dadurch zum
nützlichen Bindeglied zwischen der Verwaltung und der Bevölkerung.

Entsprechend einer andern Anregung der Untersuchungskommission wird
die Dauer des Arbeitsvertrags beschränkt, wenn der engagierte Arbeiter weniger
als vierzehn Jahre alt ist, und die Rekrutierung der für öffentliche Arbeiten
notwendigen Arbeiter gesetzlich festgesetzt.

Weitere Dekrete hat man erlassen, um die Geldzirkulation zu begünstigen,
um die Dauer der Staatsvormundschaft über ausgesetzte Kinder von Eingebornen
zu verkürzen und um Gewerbeschulen zu errichten.

Die Güter des Staates sind als äowains national erklärt, und ihre Ver¬
waltung ist einem Oorxs ä'aäininistratsurs anvertraut worden, der von den
Territorialbeamten unabhängig ist.


Die Reformen im Kongostaat

auch immer die Okkupationsrechte der Eingebornen beschaffe» sein mögen. Ein
früheres Gesetz hatte im Kongostaat die Arbeitssteuer eingeführt und für jeden
steuerpflichtigen Eingebornen eine Leistung von vierzig Arbeitsstunden monatlich
festgesetzt. Die Untersuchungskommission hatte im Prinzip die Arbeitssteuer
als berechtigt anerkannt, da augenblicklich der Eingeborne im Kongostaat weiter
nichts besitzt als seine Hütte, seine Waffen und seine Pflanzungen, aber sie
hatte verlangt, daß ein Wertverhältnis für die Arbeitssteuer festgesetzt werden
sollte. Das neue Dekret hat dieser Ansicht Rechnung getragen und als Basis
der Arbeitssteuer eine Geldsumme angenommen, die je nach den einzelnen
Distrikten zwischen 6 und 24 Franken schwankt, wobei die Eingebornen die
Wahl haben, die Steuer in Produkten von entsprechendem Wert oder in Form
von Arbeit zu entrichten. Außerdem werden die <zg.xiws und die bewaffneten
Posten, die früher mit der Eintreibung der Arbeitsstellen, beauftragt waren,
abgeschafft.

Die Militärexpeditionen und die Polizeioperationeu werden durch die neue
Gesetzgebung genau festgesetzt. Zu beiden darf niemals ein Farbiger verwandt
werden. Die Umstände und die Bedingungen, unter denen sie zulässig sind,
sind ganz geuau aufgezählt, und man hat eine ganze Anzahl von Garantien
geschaffen, um den Mißbrauch der bewaffneten Gewalt unmöglich zu machen.

Schließlich wird durch ein Dekret die Intervention der Verwaltung in die
Rechtspflege auf den Ausnahmefall des öffentlichen Interesses beschränkt und
in Übereinstimmung mit den in Belgien geltenden Bestimmungen geregelt.

Alle von der Untersuchungskommission als dringend bezeichneten Reformen
sind also ausgeführt worden. Man ist aber noch weiter gegangen und hat
Maßnahmen getroffen, deren Ausführung nicht als sofort wünschenswert be¬
zeichnet worden war.

Durch ein Dekret werden die Häuptlingschaften zu dem Range von Staats¬
institutionen erhoben, die unter der Herrschaft eines legitimen Häuptlings ver¬
eint sind und nach den Landesgewohnheiten regiert werden. Die Rechte und
die Pflichten des Häuptlings gegenüber seinen Untertanen und gegenüber dem
Kongostaate werden genau geregelt, und der Häuptling wird dadurch zum
nützlichen Bindeglied zwischen der Verwaltung und der Bevölkerung.

Entsprechend einer andern Anregung der Untersuchungskommission wird
die Dauer des Arbeitsvertrags beschränkt, wenn der engagierte Arbeiter weniger
als vierzehn Jahre alt ist, und die Rekrutierung der für öffentliche Arbeiten
notwendigen Arbeiter gesetzlich festgesetzt.

Weitere Dekrete hat man erlassen, um die Geldzirkulation zu begünstigen,
um die Dauer der Staatsvormundschaft über ausgesetzte Kinder von Eingebornen
zu verkürzen und um Gewerbeschulen zu errichten.

Die Güter des Staates sind als äowains national erklärt, und ihre Ver¬
waltung ist einem Oorxs ä'aäininistratsurs anvertraut worden, der von den
Territorialbeamten unabhängig ist.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299786/128>, abgerufen am 27.12.2024.