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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr.

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Die Reformen im Aongostaat

haben, die so kompliziert ist wie die soeben erst veröffentlichten Berichte und
Dekrete des Kongostaats.

Die politischen Zeitungen des Kontinents haben dagegen eine große
Reserve über diese Frage beobachtet, eine Reserve, die in derselben Weise auch
die deutsche Presse im allgemeinen zeigt. Da der Kongostaat unser Nachbar
in Deutschostafrika ist, ist es für uns sicher angebracht, den Sachverhalt
sine irg. se, swäio zu prüfen und sich ein Urteil erst dann zu bilden, wenn
man sich eine gründliche Kenntnis der frühern kongolesischen Gesetzgebung und
der Kritiken, die sie zu erleiden hatte, angeeignet hat, und hiermit die Modi¬
fikationen vergleicht, die infolge der neuen Maßnahmen eintreten werden.

Diese umfassen einen Bericht der drei Abteilungschefs der kongolesischen
Regierung an den Souverän, ferner eine Reihe von Dekreten und schließlich
einen Brief des Souveräns an die Generalsekretäre.

Der Bericht an den Souverän bringt zunächst eine Aufzählung der in¬
folge der Initiative Leopolds des Zweiten im Kongostaat eingeführten Fort¬
schritte, schlägt darauf die neuen legislativen und administrativen Maßnahmen
vor, für die ausführliche Motive angegeben werden, und schließt mit einem
Protest gegen die Versuche, die unter philanthropischer Flagge darauf zielen,
den Gründer des Kongostaats seines Werkes zu berauben -- octo ozuvrs
<mi lui appartisut, "oinins doues oouvrs g-xpartisut, g, son or^atsur. Dieses
Schriftstück ist die erste öffentliche Antwort auf die seit drei Jahren gegen ihn
gerichtete Anklage, und man muß anerkennen, daß es taktisch geschickt abgefaßt
ist, da den Kritikern, die die UnVollkommenheit des Werkes tadeln, zunächst
die Bilanz dessen entgegengehalten wird, was seit einem Vierteljahrhundert
im Kongostaat auf allen Gebieten erreicht worden ist. Die Diskussion ist
damit sofort auf einen sichern Boden gestellt worden. Wie man auch immer
über den Kongostaat denken mag, es ist eine unleugbare Tatsache, daß er sich
schnell entwickelt hat, und es genügt, seine gegenwärtige Lage mit der seiner
benachbarten Kolonien zu vergleichen, wenn man sich von dem Vorsprung
überzeugen will, den er über sie gewonnen hat. Von da bis zu der Schlu߬
folgerung, daß ein "System", das solche Erfolge gezeitigt hat, nicht so schlecht
sein kann, wie manche behaupten, ist nur ein Schritt.

Die Gegner des Kongostaats haben den Zwang zu Trägerdiensten als
eine Einrichtung bezeichnet, durch die die von den Karawanen durchzognen Ge¬
biete entvölkert würden. Diese Frage des Trägerdienstes geht alle Kolonial¬
regierungen in Afrika in demselben Maße an. Der Kongostaat leugnet auch
nicht die Last, die den Eingebornen durch diese Verpflichtung auferlegt wird,
aber er stellt zugleich fest, daß sie immer nur einen temporären und ausnahms-
weisen Charakter haben darf. Die Kongoregierung erklärt, daß ihre An¬
strengungen immer darauf gerichtet gewesen seien, den Trägerdienst zu be¬
seitigen, und sie beweist dieses, indem sie alle die Maßnahmen aufzählt, die
sie zu diesem Zwecke getroffen hat. Hierzu gehören: die Organisation der


Die Reformen im Aongostaat

haben, die so kompliziert ist wie die soeben erst veröffentlichten Berichte und
Dekrete des Kongostaats.

Die politischen Zeitungen des Kontinents haben dagegen eine große
Reserve über diese Frage beobachtet, eine Reserve, die in derselben Weise auch
die deutsche Presse im allgemeinen zeigt. Da der Kongostaat unser Nachbar
in Deutschostafrika ist, ist es für uns sicher angebracht, den Sachverhalt
sine irg. se, swäio zu prüfen und sich ein Urteil erst dann zu bilden, wenn
man sich eine gründliche Kenntnis der frühern kongolesischen Gesetzgebung und
der Kritiken, die sie zu erleiden hatte, angeeignet hat, und hiermit die Modi¬
fikationen vergleicht, die infolge der neuen Maßnahmen eintreten werden.

Diese umfassen einen Bericht der drei Abteilungschefs der kongolesischen
Regierung an den Souverän, ferner eine Reihe von Dekreten und schließlich
einen Brief des Souveräns an die Generalsekretäre.

Der Bericht an den Souverän bringt zunächst eine Aufzählung der in¬
folge der Initiative Leopolds des Zweiten im Kongostaat eingeführten Fort¬
schritte, schlägt darauf die neuen legislativen und administrativen Maßnahmen
vor, für die ausführliche Motive angegeben werden, und schließt mit einem
Protest gegen die Versuche, die unter philanthropischer Flagge darauf zielen,
den Gründer des Kongostaats seines Werkes zu berauben — octo ozuvrs
<mi lui appartisut, «oinins doues oouvrs g-xpartisut, g, son or^atsur. Dieses
Schriftstück ist die erste öffentliche Antwort auf die seit drei Jahren gegen ihn
gerichtete Anklage, und man muß anerkennen, daß es taktisch geschickt abgefaßt
ist, da den Kritikern, die die UnVollkommenheit des Werkes tadeln, zunächst
die Bilanz dessen entgegengehalten wird, was seit einem Vierteljahrhundert
im Kongostaat auf allen Gebieten erreicht worden ist. Die Diskussion ist
damit sofort auf einen sichern Boden gestellt worden. Wie man auch immer
über den Kongostaat denken mag, es ist eine unleugbare Tatsache, daß er sich
schnell entwickelt hat, und es genügt, seine gegenwärtige Lage mit der seiner
benachbarten Kolonien zu vergleichen, wenn man sich von dem Vorsprung
überzeugen will, den er über sie gewonnen hat. Von da bis zu der Schlu߬
folgerung, daß ein „System", das solche Erfolge gezeitigt hat, nicht so schlecht
sein kann, wie manche behaupten, ist nur ein Schritt.

Die Gegner des Kongostaats haben den Zwang zu Trägerdiensten als
eine Einrichtung bezeichnet, durch die die von den Karawanen durchzognen Ge¬
biete entvölkert würden. Diese Frage des Trägerdienstes geht alle Kolonial¬
regierungen in Afrika in demselben Maße an. Der Kongostaat leugnet auch
nicht die Last, die den Eingebornen durch diese Verpflichtung auferlegt wird,
aber er stellt zugleich fest, daß sie immer nur einen temporären und ausnahms-
weisen Charakter haben darf. Die Kongoregierung erklärt, daß ihre An¬
strengungen immer darauf gerichtet gewesen seien, den Trägerdienst zu be¬
seitigen, und sie beweist dieses, indem sie alle die Maßnahmen aufzählt, die
sie zu diesem Zwecke getroffen hat. Hierzu gehören: die Organisation der


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[0126] Die Reformen im Aongostaat haben, die so kompliziert ist wie die soeben erst veröffentlichten Berichte und Dekrete des Kongostaats. Die politischen Zeitungen des Kontinents haben dagegen eine große Reserve über diese Frage beobachtet, eine Reserve, die in derselben Weise auch die deutsche Presse im allgemeinen zeigt. Da der Kongostaat unser Nachbar in Deutschostafrika ist, ist es für uns sicher angebracht, den Sachverhalt sine irg. se, swäio zu prüfen und sich ein Urteil erst dann zu bilden, wenn man sich eine gründliche Kenntnis der frühern kongolesischen Gesetzgebung und der Kritiken, die sie zu erleiden hatte, angeeignet hat, und hiermit die Modi¬ fikationen vergleicht, die infolge der neuen Maßnahmen eintreten werden. Diese umfassen einen Bericht der drei Abteilungschefs der kongolesischen Regierung an den Souverän, ferner eine Reihe von Dekreten und schließlich einen Brief des Souveräns an die Generalsekretäre. Der Bericht an den Souverän bringt zunächst eine Aufzählung der in¬ folge der Initiative Leopolds des Zweiten im Kongostaat eingeführten Fort¬ schritte, schlägt darauf die neuen legislativen und administrativen Maßnahmen vor, für die ausführliche Motive angegeben werden, und schließt mit einem Protest gegen die Versuche, die unter philanthropischer Flagge darauf zielen, den Gründer des Kongostaats seines Werkes zu berauben — octo ozuvrs <mi lui appartisut, «oinins doues oouvrs g-xpartisut, g, son or^atsur. Dieses Schriftstück ist die erste öffentliche Antwort auf die seit drei Jahren gegen ihn gerichtete Anklage, und man muß anerkennen, daß es taktisch geschickt abgefaßt ist, da den Kritikern, die die UnVollkommenheit des Werkes tadeln, zunächst die Bilanz dessen entgegengehalten wird, was seit einem Vierteljahrhundert im Kongostaat auf allen Gebieten erreicht worden ist. Die Diskussion ist damit sofort auf einen sichern Boden gestellt worden. Wie man auch immer über den Kongostaat denken mag, es ist eine unleugbare Tatsache, daß er sich schnell entwickelt hat, und es genügt, seine gegenwärtige Lage mit der seiner benachbarten Kolonien zu vergleichen, wenn man sich von dem Vorsprung überzeugen will, den er über sie gewonnen hat. Von da bis zu der Schlu߬ folgerung, daß ein „System", das solche Erfolge gezeitigt hat, nicht so schlecht sein kann, wie manche behaupten, ist nur ein Schritt. Die Gegner des Kongostaats haben den Zwang zu Trägerdiensten als eine Einrichtung bezeichnet, durch die die von den Karawanen durchzognen Ge¬ biete entvölkert würden. Diese Frage des Trägerdienstes geht alle Kolonial¬ regierungen in Afrika in demselben Maße an. Der Kongostaat leugnet auch nicht die Last, die den Eingebornen durch diese Verpflichtung auferlegt wird, aber er stellt zugleich fest, daß sie immer nur einen temporären und ausnahms- weisen Charakter haben darf. Die Kongoregierung erklärt, daß ihre An¬ strengungen immer darauf gerichtet gewesen seien, den Trägerdienst zu be¬ seitigen, und sie beweist dieses, indem sie alle die Maßnahmen aufzählt, die sie zu diesem Zwecke getroffen hat. Hierzu gehören: die Organisation der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299786/126>, abgerufen am 27.12.2024.