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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

weil er den Norddeutschen Bund nur als ein Provisorium ansah, das jedoch so
schnell als möglich unter Dach und Fach gebracht werden müßte.*) Die Bildung
eines Oberhauses war ihm unter den damaligen Verhältnissen eine schwierige und
zeitraubende Materie, die er der Zukunft vorbehielt. Er hat sich über den Zeit¬
punkt, wann damit vorgegangen werden könne, in einem Diktat aus Puttbus vom
19. November 1866, das sich wesentlich mit der Zusammensetzung des Bundes¬
tags (Bundesrath) in der "neuen deutschen Verfassung" beschäftigte, wie folgt aus¬
gesprochen:


"Das Zweikammersystem halte ich auf die Bundesverhältnisse nicht für an¬
wendbar. Die Maschinerie wird zu schwerfällig, da abgesehen von der Masse
der Landtage eine Vertretung der Souveräne in den Reichsangelegenheiten un¬
umgänglich ist, das Reich also mit dem Zweikammersystem notwendig drei xsr
in^jora beschließende Körper und neben ihnen das Präsidium und Oberfeldherrn-
thum mit unabhängigen Attributen haben würde. Eine weitere Ausbildung
des Bundestages im Sinne eines Oberhauses kann sich vielleicht in
Zukunft historisch entwickeln; damit müßte aber die schärfere Aus¬
prägung des Kaiserthums an Stelleder Präsidial-und Feldherrn-Attributionen
Hand in Hand gehn."

Dieser Satz ist in doppelter Hinsicht von historischem Interesse. Er beweist,
daß Bismarck schon im Herbst 1866 den Reichsgedanken (Reich, Reichsangelegen¬
heiten) sowie das Kaisertum als feststehende Tatsachen ansah und behandelte. Wenn
er dennoch von der Einführung dieser Bezeichnungen in die Verfassung Abstand
nahm, so geschah es, weil er den Titel, der dem Ganzen zukam, nicht auf den
Torso anwenden wollte, auch wäre der König damals aus eben diesem Grunde
nicht dafür zu haben gewesen; sodann wollte er auch Frankreichs Argwohn nicht
herausfordern, gerade weil er den Krieg für wahrscheinlich und nahe bevorstehend
hielt (siehe Seebachs oben zitierten Bericht). Gleichsam als eine verheißungsvolle
Anweisung auf die Zukunft ließ er vom Reich nur den "Reichstag" für die nord¬
deutsche Verfassung zu. Der zweite Punkt von Bedeutung in diesem Diktat ist die
Andeutung des Zeitpunkts für die Umwandlung des Bundestags (Bundesrath) in ein
Oberhaus. Das dereinstige Oberhaus schwebte Bismarck im wesentlichen als "Staaten¬
haus" vor, wenngleich er in demselben Diktat vom 19. November 1866 "auch ein
hervorragendes Mitglied der aristokratischen, industriellen und Handelskreise und
andre" als preußische Glieder des Bundestags (Bundesrath) in Aussicht nahm**)
Es sind damit die Grundzüge für ein künftiges, aus dem Bundesrat zu entwickelndes
Oberhaus schon von Bismarck selbst gegeben. Zugleich kann man daraus auch
sehen, weshalb er dennoch im Jahre 1870, den Wünschen des Kronprinzen und
einflußreicher deutscher Souveräne zuwider, auf das Oberhaus nicht zurückgekommen
ist. Die Ausprägung des Kaisertums war ihm dazu bei weitem nicht scharf genug,
und angesichts der bayrischen Reservatbestrebungen mochte er befürchten, daß sich
diese in einem künftigen Oberhause ganz besonders zur Geltung zu bringen suchen
würden. Bayrischerseits scheint man übrigens in den Versailler Verhandlungen auf
ein Oberhaus keinen Wert gelegt zu haben. -- Heute steht die Sache wesentlich
anders. Die Attributionen des Kaisertums haben in mehr als einem Menschenalter
eine scharfe und weitgehende Prägung erfahren, der Bundesrat hat mehr und mehr
den Charakter eines Staatsrath angenommen, der gemeinsam mit dem Reichs¬
kanzler und den Reichsämtern die Gesetzvorlagen vorbereitet und die Beschlüsse des
Reichstags prüft. Der Bundesrat kann sich darum auch nicht mehr in ein Ober¬
haus verwandeln. Er muß als Staatsrat des Reichs und dabei zugleich als




*) Bericht des Ministers von Seebach an den Herzog Ernst von Sachsen-Coburg-Gotha
über eine Unterredung, die er im Auftrage des Herzogs mit dem Kronprinzen hatte. (Aus
meinem Leben und aus meiner Zeit, Bd. III, 634/36).
**) Keudell: Fürst und Fürstin Bismarck, S. 337.
Maßgebliches und Unmaßgebliches

weil er den Norddeutschen Bund nur als ein Provisorium ansah, das jedoch so
schnell als möglich unter Dach und Fach gebracht werden müßte.*) Die Bildung
eines Oberhauses war ihm unter den damaligen Verhältnissen eine schwierige und
zeitraubende Materie, die er der Zukunft vorbehielt. Er hat sich über den Zeit¬
punkt, wann damit vorgegangen werden könne, in einem Diktat aus Puttbus vom
19. November 1866, das sich wesentlich mit der Zusammensetzung des Bundes¬
tags (Bundesrath) in der „neuen deutschen Verfassung" beschäftigte, wie folgt aus¬
gesprochen:


„Das Zweikammersystem halte ich auf die Bundesverhältnisse nicht für an¬
wendbar. Die Maschinerie wird zu schwerfällig, da abgesehen von der Masse
der Landtage eine Vertretung der Souveräne in den Reichsangelegenheiten un¬
umgänglich ist, das Reich also mit dem Zweikammersystem notwendig drei xsr
in^jora beschließende Körper und neben ihnen das Präsidium und Oberfeldherrn-
thum mit unabhängigen Attributen haben würde. Eine weitere Ausbildung
des Bundestages im Sinne eines Oberhauses kann sich vielleicht in
Zukunft historisch entwickeln; damit müßte aber die schärfere Aus¬
prägung des Kaiserthums an Stelleder Präsidial-und Feldherrn-Attributionen
Hand in Hand gehn."

Dieser Satz ist in doppelter Hinsicht von historischem Interesse. Er beweist,
daß Bismarck schon im Herbst 1866 den Reichsgedanken (Reich, Reichsangelegen¬
heiten) sowie das Kaisertum als feststehende Tatsachen ansah und behandelte. Wenn
er dennoch von der Einführung dieser Bezeichnungen in die Verfassung Abstand
nahm, so geschah es, weil er den Titel, der dem Ganzen zukam, nicht auf den
Torso anwenden wollte, auch wäre der König damals aus eben diesem Grunde
nicht dafür zu haben gewesen; sodann wollte er auch Frankreichs Argwohn nicht
herausfordern, gerade weil er den Krieg für wahrscheinlich und nahe bevorstehend
hielt (siehe Seebachs oben zitierten Bericht). Gleichsam als eine verheißungsvolle
Anweisung auf die Zukunft ließ er vom Reich nur den „Reichstag" für die nord¬
deutsche Verfassung zu. Der zweite Punkt von Bedeutung in diesem Diktat ist die
Andeutung des Zeitpunkts für die Umwandlung des Bundestags (Bundesrath) in ein
Oberhaus. Das dereinstige Oberhaus schwebte Bismarck im wesentlichen als „Staaten¬
haus" vor, wenngleich er in demselben Diktat vom 19. November 1866 „auch ein
hervorragendes Mitglied der aristokratischen, industriellen und Handelskreise und
andre" als preußische Glieder des Bundestags (Bundesrath) in Aussicht nahm**)
Es sind damit die Grundzüge für ein künftiges, aus dem Bundesrat zu entwickelndes
Oberhaus schon von Bismarck selbst gegeben. Zugleich kann man daraus auch
sehen, weshalb er dennoch im Jahre 1870, den Wünschen des Kronprinzen und
einflußreicher deutscher Souveräne zuwider, auf das Oberhaus nicht zurückgekommen
ist. Die Ausprägung des Kaisertums war ihm dazu bei weitem nicht scharf genug,
und angesichts der bayrischen Reservatbestrebungen mochte er befürchten, daß sich
diese in einem künftigen Oberhause ganz besonders zur Geltung zu bringen suchen
würden. Bayrischerseits scheint man übrigens in den Versailler Verhandlungen auf
ein Oberhaus keinen Wert gelegt zu haben. — Heute steht die Sache wesentlich
anders. Die Attributionen des Kaisertums haben in mehr als einem Menschenalter
eine scharfe und weitgehende Prägung erfahren, der Bundesrat hat mehr und mehr
den Charakter eines Staatsrath angenommen, der gemeinsam mit dem Reichs¬
kanzler und den Reichsämtern die Gesetzvorlagen vorbereitet und die Beschlüsse des
Reichstags prüft. Der Bundesrat kann sich darum auch nicht mehr in ein Ober¬
haus verwandeln. Er muß als Staatsrat des Reichs und dabei zugleich als




*) Bericht des Ministers von Seebach an den Herzog Ernst von Sachsen-Coburg-Gotha
über eine Unterredung, die er im Auftrage des Herzogs mit dem Kronprinzen hatte. (Aus
meinem Leben und aus meiner Zeit, Bd. III, 634/36).
**) Keudell: Fürst und Fürstin Bismarck, S. 337.
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[0733] Maßgebliches und Unmaßgebliches weil er den Norddeutschen Bund nur als ein Provisorium ansah, das jedoch so schnell als möglich unter Dach und Fach gebracht werden müßte.*) Die Bildung eines Oberhauses war ihm unter den damaligen Verhältnissen eine schwierige und zeitraubende Materie, die er der Zukunft vorbehielt. Er hat sich über den Zeit¬ punkt, wann damit vorgegangen werden könne, in einem Diktat aus Puttbus vom 19. November 1866, das sich wesentlich mit der Zusammensetzung des Bundes¬ tags (Bundesrath) in der „neuen deutschen Verfassung" beschäftigte, wie folgt aus¬ gesprochen: „Das Zweikammersystem halte ich auf die Bundesverhältnisse nicht für an¬ wendbar. Die Maschinerie wird zu schwerfällig, da abgesehen von der Masse der Landtage eine Vertretung der Souveräne in den Reichsangelegenheiten un¬ umgänglich ist, das Reich also mit dem Zweikammersystem notwendig drei xsr in^jora beschließende Körper und neben ihnen das Präsidium und Oberfeldherrn- thum mit unabhängigen Attributen haben würde. Eine weitere Ausbildung des Bundestages im Sinne eines Oberhauses kann sich vielleicht in Zukunft historisch entwickeln; damit müßte aber die schärfere Aus¬ prägung des Kaiserthums an Stelleder Präsidial-und Feldherrn-Attributionen Hand in Hand gehn." Dieser Satz ist in doppelter Hinsicht von historischem Interesse. Er beweist, daß Bismarck schon im Herbst 1866 den Reichsgedanken (Reich, Reichsangelegen¬ heiten) sowie das Kaisertum als feststehende Tatsachen ansah und behandelte. Wenn er dennoch von der Einführung dieser Bezeichnungen in die Verfassung Abstand nahm, so geschah es, weil er den Titel, der dem Ganzen zukam, nicht auf den Torso anwenden wollte, auch wäre der König damals aus eben diesem Grunde nicht dafür zu haben gewesen; sodann wollte er auch Frankreichs Argwohn nicht herausfordern, gerade weil er den Krieg für wahrscheinlich und nahe bevorstehend hielt (siehe Seebachs oben zitierten Bericht). Gleichsam als eine verheißungsvolle Anweisung auf die Zukunft ließ er vom Reich nur den „Reichstag" für die nord¬ deutsche Verfassung zu. Der zweite Punkt von Bedeutung in diesem Diktat ist die Andeutung des Zeitpunkts für die Umwandlung des Bundestags (Bundesrath) in ein Oberhaus. Das dereinstige Oberhaus schwebte Bismarck im wesentlichen als „Staaten¬ haus" vor, wenngleich er in demselben Diktat vom 19. November 1866 „auch ein hervorragendes Mitglied der aristokratischen, industriellen und Handelskreise und andre" als preußische Glieder des Bundestags (Bundesrath) in Aussicht nahm**) Es sind damit die Grundzüge für ein künftiges, aus dem Bundesrat zu entwickelndes Oberhaus schon von Bismarck selbst gegeben. Zugleich kann man daraus auch sehen, weshalb er dennoch im Jahre 1870, den Wünschen des Kronprinzen und einflußreicher deutscher Souveräne zuwider, auf das Oberhaus nicht zurückgekommen ist. Die Ausprägung des Kaisertums war ihm dazu bei weitem nicht scharf genug, und angesichts der bayrischen Reservatbestrebungen mochte er befürchten, daß sich diese in einem künftigen Oberhause ganz besonders zur Geltung zu bringen suchen würden. Bayrischerseits scheint man übrigens in den Versailler Verhandlungen auf ein Oberhaus keinen Wert gelegt zu haben. — Heute steht die Sache wesentlich anders. Die Attributionen des Kaisertums haben in mehr als einem Menschenalter eine scharfe und weitgehende Prägung erfahren, der Bundesrat hat mehr und mehr den Charakter eines Staatsrath angenommen, der gemeinsam mit dem Reichs¬ kanzler und den Reichsämtern die Gesetzvorlagen vorbereitet und die Beschlüsse des Reichstags prüft. Der Bundesrat kann sich darum auch nicht mehr in ein Ober¬ haus verwandeln. Er muß als Staatsrat des Reichs und dabei zugleich als *) Bericht des Ministers von Seebach an den Herzog Ernst von Sachsen-Coburg-Gotha über eine Unterredung, die er im Auftrage des Herzogs mit dem Kronprinzen hatte. (Aus meinem Leben und aus meiner Zeit, Bd. III, 634/36). **) Keudell: Fürst und Fürstin Bismarck, S. 337.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299040/733>, abgerufen am 30.06.2024.