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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr.

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Deutsche Rcichscmlciheii und preußische Uonsols

eines Krieges spielt der Goldvorrat, insbesondre bei der Schnelligkeit der
Mobilmachung, eine große Rolle. Die vornehmste Pflicht der Neichsbank ist,
wie Exzellenz Koch mit Recht wiederholt betont hat, die Aufrechterhaltung
eines so hohen Goldbestandes, wie sie ihn für notwendig hält, die Sicherheit
des deutschen Geld- und Kreditwesens, der Ncichswährnng und der Einlös-
barkeit ihrer Noten zu gewährleisten.

Die Goldbestände der Neichsbank betrugen durchschnittlich:

1901 ....... 664 Millionen Mark
1W2 ....... 725 "
1S04 ....... 682 "
19VS.......74S " "

waren im vorigen Jahre im Durchschnitt so hoch wie noch nie zuvor und
stellten sich am 23. Februar 1905 sogar auf 904 Millionen Mark.

Im großen und ganzen wächst der Goldbestand -- den Verhältnissen
entsprechend -- stetig. Zweifellos ist unser Goldvorrat für die oben ge¬
schilderten Zwecke aber mich völlig ausreichend, wie es auch feststeht, daß zu
jeder Zeit alles geschehen ist, was nur irgendwie zur Stärkung des Gold¬
bestandes geschehen konnte.

Wenn man demgegenüber auf die jetzigen (Ende März 1906) Goldbestünde

der Bank von Frankreich von...... 2367 Millionen Mark
der Russischen Staatsbank von......1S73 "
und der Österreichisch-Ungarischen Bank von . . 940 " "

sowie auf den angeblich 1 Milliarde Mark betragenden Kricgsschatz in der
Peterpaulsfestung in Se. Petersburg hinweist, um den deutschen Goldbestand
als zu klein erscheinen zu lassen, so wird dabei außer acht gelassen, daß der
preußische Staat bei der Königlichen Seehandlung seine eigne Reserve hat, und
daß die innere Goldzirkulation Deutschlands auf 2''/^ Milliarden Mark gegen
beispielweise nur 1^ Milliarde in Frankreich und 1^ Milliarde in Gro߬
britannien und Irland geschützt wird. Allerdings ist es richtig, daß das Gold
mehr Kraft hat, wenn es zentralisiert ist, als wenn es in den Taschen der
Privatpersonen liegt.

Nun ist von deutschen Finanzpolitikern gelegentlich auf die Gefahren hin¬
gewiesen worden, denen der Goldvorrat der Neichsbank durch das Ausland aus¬
gesetzt ist. Der verstorbne Unterstaatssekretür von Schrank meinte sogar, es
würde durchaus nicht außer dem Bereiche der Möglichkeit liegen, daß es am
Vorabende großer politischer Spannungen eine Gruppe von Staaten in ihrem
Interesse finden möchte, aus den Goldbestünden ihres Gegners mit Unter¬
stützung starker Finanzkräfte und trotz vorübergehenden Unkosten das Gold
herauszuziehn und demnächst im kritischen Augenblick diesem finanzielle Ver¬
legenheiten in bezug auf seinen Kredit zu bereiten, eine Gefahr, die um so
größer werde, je mehr diese Sonderkoalition wirtschaftlich und finanziell über¬
legen sei.

So geistreich diese Hypothese auf den ersten Blick vielleicht erscheinen mag,
und so anwendbar sie oft auf die gegenwärtige Konstellation zu sein scheint,


Deutsche Rcichscmlciheii und preußische Uonsols

eines Krieges spielt der Goldvorrat, insbesondre bei der Schnelligkeit der
Mobilmachung, eine große Rolle. Die vornehmste Pflicht der Neichsbank ist,
wie Exzellenz Koch mit Recht wiederholt betont hat, die Aufrechterhaltung
eines so hohen Goldbestandes, wie sie ihn für notwendig hält, die Sicherheit
des deutschen Geld- und Kreditwesens, der Ncichswährnng und der Einlös-
barkeit ihrer Noten zu gewährleisten.

Die Goldbestände der Neichsbank betrugen durchschnittlich:

1901 ....... 664 Millionen Mark
1W2 ....... 725 „
1S04 ....... 682 „
19VS.......74S „ „

waren im vorigen Jahre im Durchschnitt so hoch wie noch nie zuvor und
stellten sich am 23. Februar 1905 sogar auf 904 Millionen Mark.

Im großen und ganzen wächst der Goldbestand — den Verhältnissen
entsprechend — stetig. Zweifellos ist unser Goldvorrat für die oben ge¬
schilderten Zwecke aber mich völlig ausreichend, wie es auch feststeht, daß zu
jeder Zeit alles geschehen ist, was nur irgendwie zur Stärkung des Gold¬
bestandes geschehen konnte.

Wenn man demgegenüber auf die jetzigen (Ende März 1906) Goldbestünde

der Bank von Frankreich von...... 2367 Millionen Mark
der Russischen Staatsbank von......1S73 „
und der Österreichisch-Ungarischen Bank von . . 940 „ „

sowie auf den angeblich 1 Milliarde Mark betragenden Kricgsschatz in der
Peterpaulsfestung in Se. Petersburg hinweist, um den deutschen Goldbestand
als zu klein erscheinen zu lassen, so wird dabei außer acht gelassen, daß der
preußische Staat bei der Königlichen Seehandlung seine eigne Reserve hat, und
daß die innere Goldzirkulation Deutschlands auf 2''/^ Milliarden Mark gegen
beispielweise nur 1^ Milliarde in Frankreich und 1^ Milliarde in Gro߬
britannien und Irland geschützt wird. Allerdings ist es richtig, daß das Gold
mehr Kraft hat, wenn es zentralisiert ist, als wenn es in den Taschen der
Privatpersonen liegt.

Nun ist von deutschen Finanzpolitikern gelegentlich auf die Gefahren hin¬
gewiesen worden, denen der Goldvorrat der Neichsbank durch das Ausland aus¬
gesetzt ist. Der verstorbne Unterstaatssekretür von Schrank meinte sogar, es
würde durchaus nicht außer dem Bereiche der Möglichkeit liegen, daß es am
Vorabende großer politischer Spannungen eine Gruppe von Staaten in ihrem
Interesse finden möchte, aus den Goldbestünden ihres Gegners mit Unter¬
stützung starker Finanzkräfte und trotz vorübergehenden Unkosten das Gold
herauszuziehn und demnächst im kritischen Augenblick diesem finanzielle Ver¬
legenheiten in bezug auf seinen Kredit zu bereiten, eine Gefahr, die um so
größer werde, je mehr diese Sonderkoalition wirtschaftlich und finanziell über¬
legen sei.

So geistreich diese Hypothese auf den ersten Blick vielleicht erscheinen mag,
und so anwendbar sie oft auf die gegenwärtige Konstellation zu sein scheint,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299040/72>, abgerufen am 24.07.2024.