Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Der Boppardor Krieg

Mit Gunst und Verlaub, sagte er, was die Pfandschaft und die Gerichtssachen
und die Kur des Schultheißen anlangt, so kann und mag ich nicht entscheiden, ob
der Kurfürst in diesen Stücken Recht oder Unrecht hat, aber daß er den Salmen¬
fang prätendieret, das ist ein neu und ärgerlich Ding, davon man vormals nie
gehöret hat. Solches gehet wider Herkommen und Privilegien --

Insonderheit wider der Römischen Majestät Privilegium vom 27. Junius 1495,
ergänzte Meister Severus Classen, der Ratsschreiber.

Und deshalb, fuhr Bornhofen fort, mag es mir vergönnt sein, einem löblichen
Rate anzuzeigen, daß ich als einer uralten Fischergilde gekürter und vom Rate be¬
stätigter Obermeister es für meine Pflicht gehalten habe, mich nach wie vor mit
meinen Knechten des Filsener Salmenwassers zu bedienen. Als wir nun am ver¬
gangnen Donnerstag gerade wieder das Garn heben wollten, gewahrten wir am
Ufer bei den Klippen vier kurtrierische Schützen, die uns anriefen, wir sollten uns
von dannen machen, da des Salmenfangs Nutzung niemand denn Seiner Gnaden
zustünde. Als wir dessen nicht achteten, schlug einer von ihnen sein Faustrohr auf
uns an, tat auch alsbald einen Schuß. Da sprangen wir in unsern Nachen und
ruderten flugs gegen das Filsener Ufer, landeten daselbst, nahmen Bootshaken, Äxte
und Messer zu Handen und machten uns auf, die Schützen zu verfolgen. Den
einen, der den Schuß getan hatte, erwischten wir, da er beim Laufen zu Falle kam,
nahmen ihm sein Fanstrohr ab und schlugen ihn damit, bis er für tot liegen blieb,
den zweiten vertrieben wir mit Steinwürfen, deren einer ihn ins Kreuz traf, also
daß er uns nur mit großer Not entkam, der dritte und der vierte entflohen durch
die Wingerte in den Lieswald, der fünfte aber eilte in die Kirche, allwo wir von
ihm ablassen mußten.

Sagtet Ihr nicht, es wären nur viere gewesen? erlaubte sich einer vom Adel,
Herr Balduin unter den Juden, einzuwenden.

Habe ich von Vieren gesprochen? entgegnete Bornhofen, ohne sich aus der
Fassung bringen zu lassen. Das mag daher kommen, daß wir zu Anfang nur viere
sahen. Es sind aber gewißlich fünf, wenn nicht gar sechs gewesen.

Ihr habt Euch wacker gehalten, sagte der Schultheiß, aber wer steht uns
dafür, daß der Kurfürst uns die Unbill, so seinen Leuten widerfahren, nicht ent¬
gelten läßt? Den einen von den Schützen habt Ihr tot liegen lassen --

Mit Verlaub, Herr Schultheiß, verteidigte sich Bornhofen, so gar schlimm war
es gerade nicht. Als wir im Nachen saßen und vom Lande abstießen, stand er eilig
auf und rief uus nach, wir sollten seinetwegen keine Furcht haben, er wäre die
längste Zeit Schütze gewesen und wollte sich nunmehr wieder einer friedlichen
Hantierung zuwenden, wollte auch, wenn es ein löblicher Rat von Boppard ver¬
lange, Urfehde schwören.

Ist alles gut und recht, meinte der Maurermeister Nikolaus Mertloch, aber
wenn es dem Kurfürsten zu Ohren kommt, wer weiß, ob ers so ruhig hinnehmen
wird. Wenn er nun doch noch wider unsre Stadt zieht?

Wenn er sich dessen getraute, warf Henrich Metzler ein, des hohen Klosters Marien¬
berg Küfermeister, so hätte ers längst getan. Oder glaubt Ihr, daß er die Belagerung
seiner Burg leichtlicher hinnähme, denn die Kränkung eines einzigen Schützen?

Der Metzler hat Recht, rief Engel Thull, der Gerber aus der Niederstadt, der
Kurfürst wird sich schön hüten! Was vermöchte er auch wider unsre Mauern?

Was wahr ist, muß wahr bleiben, pflichtete ihm Mertloch bei, unsre Mauern
sind gut und stark, ausgenommen freilich das Stücklein zwischen dem Hexenturm
und der Bälzerpforte, wo die Zwingelmauer fünf Schuh niedriger ist. Auch das
Werk ist an dieser Stelle schlecht -- ich hab es genau untersucht --, sind weiche
Steine vom Eisenbolzkopf, und im Mörtel ist mehr Sand als Traß. Ist gewißlich
Stümper- oder Lehrjungenarbeit.

Ist die Stelle, wo Anno 1327 Erzbischof Balduin hat sturmlaufen lassen,
bemerkte der Ratsschreiber Classen, der seit Jahren an einer Chronik schrieb und in


Der Boppardor Krieg

Mit Gunst und Verlaub, sagte er, was die Pfandschaft und die Gerichtssachen
und die Kur des Schultheißen anlangt, so kann und mag ich nicht entscheiden, ob
der Kurfürst in diesen Stücken Recht oder Unrecht hat, aber daß er den Salmen¬
fang prätendieret, das ist ein neu und ärgerlich Ding, davon man vormals nie
gehöret hat. Solches gehet wider Herkommen und Privilegien —

Insonderheit wider der Römischen Majestät Privilegium vom 27. Junius 1495,
ergänzte Meister Severus Classen, der Ratsschreiber.

Und deshalb, fuhr Bornhofen fort, mag es mir vergönnt sein, einem löblichen
Rate anzuzeigen, daß ich als einer uralten Fischergilde gekürter und vom Rate be¬
stätigter Obermeister es für meine Pflicht gehalten habe, mich nach wie vor mit
meinen Knechten des Filsener Salmenwassers zu bedienen. Als wir nun am ver¬
gangnen Donnerstag gerade wieder das Garn heben wollten, gewahrten wir am
Ufer bei den Klippen vier kurtrierische Schützen, die uns anriefen, wir sollten uns
von dannen machen, da des Salmenfangs Nutzung niemand denn Seiner Gnaden
zustünde. Als wir dessen nicht achteten, schlug einer von ihnen sein Faustrohr auf
uns an, tat auch alsbald einen Schuß. Da sprangen wir in unsern Nachen und
ruderten flugs gegen das Filsener Ufer, landeten daselbst, nahmen Bootshaken, Äxte
und Messer zu Handen und machten uns auf, die Schützen zu verfolgen. Den
einen, der den Schuß getan hatte, erwischten wir, da er beim Laufen zu Falle kam,
nahmen ihm sein Fanstrohr ab und schlugen ihn damit, bis er für tot liegen blieb,
den zweiten vertrieben wir mit Steinwürfen, deren einer ihn ins Kreuz traf, also
daß er uns nur mit großer Not entkam, der dritte und der vierte entflohen durch
die Wingerte in den Lieswald, der fünfte aber eilte in die Kirche, allwo wir von
ihm ablassen mußten.

Sagtet Ihr nicht, es wären nur viere gewesen? erlaubte sich einer vom Adel,
Herr Balduin unter den Juden, einzuwenden.

Habe ich von Vieren gesprochen? entgegnete Bornhofen, ohne sich aus der
Fassung bringen zu lassen. Das mag daher kommen, daß wir zu Anfang nur viere
sahen. Es sind aber gewißlich fünf, wenn nicht gar sechs gewesen.

Ihr habt Euch wacker gehalten, sagte der Schultheiß, aber wer steht uns
dafür, daß der Kurfürst uns die Unbill, so seinen Leuten widerfahren, nicht ent¬
gelten läßt? Den einen von den Schützen habt Ihr tot liegen lassen —

Mit Verlaub, Herr Schultheiß, verteidigte sich Bornhofen, so gar schlimm war
es gerade nicht. Als wir im Nachen saßen und vom Lande abstießen, stand er eilig
auf und rief uus nach, wir sollten seinetwegen keine Furcht haben, er wäre die
längste Zeit Schütze gewesen und wollte sich nunmehr wieder einer friedlichen
Hantierung zuwenden, wollte auch, wenn es ein löblicher Rat von Boppard ver¬
lange, Urfehde schwören.

Ist alles gut und recht, meinte der Maurermeister Nikolaus Mertloch, aber
wenn es dem Kurfürsten zu Ohren kommt, wer weiß, ob ers so ruhig hinnehmen
wird. Wenn er nun doch noch wider unsre Stadt zieht?

Wenn er sich dessen getraute, warf Henrich Metzler ein, des hohen Klosters Marien¬
berg Küfermeister, so hätte ers längst getan. Oder glaubt Ihr, daß er die Belagerung
seiner Burg leichtlicher hinnähme, denn die Kränkung eines einzigen Schützen?

Der Metzler hat Recht, rief Engel Thull, der Gerber aus der Niederstadt, der
Kurfürst wird sich schön hüten! Was vermöchte er auch wider unsre Mauern?

Was wahr ist, muß wahr bleiben, pflichtete ihm Mertloch bei, unsre Mauern
sind gut und stark, ausgenommen freilich das Stücklein zwischen dem Hexenturm
und der Bälzerpforte, wo die Zwingelmauer fünf Schuh niedriger ist. Auch das
Werk ist an dieser Stelle schlecht — ich hab es genau untersucht —, sind weiche
Steine vom Eisenbolzkopf, und im Mörtel ist mehr Sand als Traß. Ist gewißlich
Stümper- oder Lehrjungenarbeit.

Ist die Stelle, wo Anno 1327 Erzbischof Balduin hat sturmlaufen lassen,
bemerkte der Ratsschreiber Classen, der seit Jahren an einer Chronik schrieb und in


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0609" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/299650"/>
          <fw type="header" place="top"> Der Boppardor Krieg</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_2640"> Mit Gunst und Verlaub, sagte er, was die Pfandschaft und die Gerichtssachen<lb/>
und die Kur des Schultheißen anlangt, so kann und mag ich nicht entscheiden, ob<lb/>
der Kurfürst in diesen Stücken Recht oder Unrecht hat, aber daß er den Salmen¬<lb/>
fang prätendieret, das ist ein neu und ärgerlich Ding, davon man vormals nie<lb/>
gehöret hat.  Solches gehet wider Herkommen und Privilegien &#x2014;</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2641"> Insonderheit wider der Römischen Majestät Privilegium vom 27. Junius 1495,<lb/>
ergänzte Meister Severus Classen, der Ratsschreiber.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2642"> Und deshalb, fuhr Bornhofen fort, mag es mir vergönnt sein, einem löblichen<lb/>
Rate anzuzeigen, daß ich als einer uralten Fischergilde gekürter und vom Rate be¬<lb/>
stätigter Obermeister es für meine Pflicht gehalten habe, mich nach wie vor mit<lb/>
meinen Knechten des Filsener Salmenwassers zu bedienen. Als wir nun am ver¬<lb/>
gangnen Donnerstag gerade wieder das Garn heben wollten, gewahrten wir am<lb/>
Ufer bei den Klippen vier kurtrierische Schützen, die uns anriefen, wir sollten uns<lb/>
von dannen machen, da des Salmenfangs Nutzung niemand denn Seiner Gnaden<lb/>
zustünde. Als wir dessen nicht achteten, schlug einer von ihnen sein Faustrohr auf<lb/>
uns an, tat auch alsbald einen Schuß. Da sprangen wir in unsern Nachen und<lb/>
ruderten flugs gegen das Filsener Ufer, landeten daselbst, nahmen Bootshaken, Äxte<lb/>
und Messer zu Handen und machten uns auf, die Schützen zu verfolgen. Den<lb/>
einen, der den Schuß getan hatte, erwischten wir, da er beim Laufen zu Falle kam,<lb/>
nahmen ihm sein Fanstrohr ab und schlugen ihn damit, bis er für tot liegen blieb,<lb/>
den zweiten vertrieben wir mit Steinwürfen, deren einer ihn ins Kreuz traf, also<lb/>
daß er uns nur mit großer Not entkam, der dritte und der vierte entflohen durch<lb/>
die Wingerte in den Lieswald, der fünfte aber eilte in die Kirche, allwo wir von<lb/>
ihm ablassen mußten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2643"> Sagtet Ihr nicht, es wären nur viere gewesen? erlaubte sich einer vom Adel,<lb/>
Herr Balduin unter den Juden, einzuwenden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2644"> Habe ich von Vieren gesprochen? entgegnete Bornhofen, ohne sich aus der<lb/>
Fassung bringen zu lassen. Das mag daher kommen, daß wir zu Anfang nur viere<lb/>
sahen.  Es sind aber gewißlich fünf, wenn nicht gar sechs gewesen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2645"> Ihr habt Euch wacker gehalten, sagte der Schultheiß, aber wer steht uns<lb/>
dafür, daß der Kurfürst uns die Unbill, so seinen Leuten widerfahren, nicht ent¬<lb/>
gelten läßt?  Den einen von den Schützen habt Ihr tot liegen lassen &#x2014;</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2646"> Mit Verlaub, Herr Schultheiß, verteidigte sich Bornhofen, so gar schlimm war<lb/>
es gerade nicht. Als wir im Nachen saßen und vom Lande abstießen, stand er eilig<lb/>
auf und rief uus nach, wir sollten seinetwegen keine Furcht haben, er wäre die<lb/>
längste Zeit Schütze gewesen und wollte sich nunmehr wieder einer friedlichen<lb/>
Hantierung zuwenden, wollte auch, wenn es ein löblicher Rat von Boppard ver¬<lb/>
lange, Urfehde schwören.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2647"> Ist alles gut und recht, meinte der Maurermeister Nikolaus Mertloch, aber<lb/>
wenn es dem Kurfürsten zu Ohren kommt, wer weiß, ob ers so ruhig hinnehmen<lb/>
wird.  Wenn er nun doch noch wider unsre Stadt zieht?</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2648"> Wenn er sich dessen getraute, warf Henrich Metzler ein, des hohen Klosters Marien¬<lb/>
berg Küfermeister, so hätte ers längst getan. Oder glaubt Ihr, daß er die Belagerung<lb/>
seiner Burg leichtlicher hinnähme, denn die Kränkung eines einzigen Schützen?</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2649"> Der Metzler hat Recht, rief Engel Thull, der Gerber aus der Niederstadt, der<lb/>
Kurfürst wird sich schön hüten! Was vermöchte er auch wider unsre Mauern?</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2650"> Was wahr ist, muß wahr bleiben, pflichtete ihm Mertloch bei, unsre Mauern<lb/>
sind gut und stark, ausgenommen freilich das Stücklein zwischen dem Hexenturm<lb/>
und der Bälzerpforte, wo die Zwingelmauer fünf Schuh niedriger ist. Auch das<lb/>
Werk ist an dieser Stelle schlecht &#x2014; ich hab es genau untersucht &#x2014;, sind weiche<lb/>
Steine vom Eisenbolzkopf, und im Mörtel ist mehr Sand als Traß. Ist gewißlich<lb/>
Stümper- oder Lehrjungenarbeit.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2651" next="#ID_2652"> Ist die Stelle, wo Anno 1327 Erzbischof Balduin hat sturmlaufen lassen,<lb/>
bemerkte der Ratsschreiber Classen, der seit Jahren an einer Chronik schrieb und in</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0609] Der Boppardor Krieg Mit Gunst und Verlaub, sagte er, was die Pfandschaft und die Gerichtssachen und die Kur des Schultheißen anlangt, so kann und mag ich nicht entscheiden, ob der Kurfürst in diesen Stücken Recht oder Unrecht hat, aber daß er den Salmen¬ fang prätendieret, das ist ein neu und ärgerlich Ding, davon man vormals nie gehöret hat. Solches gehet wider Herkommen und Privilegien — Insonderheit wider der Römischen Majestät Privilegium vom 27. Junius 1495, ergänzte Meister Severus Classen, der Ratsschreiber. Und deshalb, fuhr Bornhofen fort, mag es mir vergönnt sein, einem löblichen Rate anzuzeigen, daß ich als einer uralten Fischergilde gekürter und vom Rate be¬ stätigter Obermeister es für meine Pflicht gehalten habe, mich nach wie vor mit meinen Knechten des Filsener Salmenwassers zu bedienen. Als wir nun am ver¬ gangnen Donnerstag gerade wieder das Garn heben wollten, gewahrten wir am Ufer bei den Klippen vier kurtrierische Schützen, die uns anriefen, wir sollten uns von dannen machen, da des Salmenfangs Nutzung niemand denn Seiner Gnaden zustünde. Als wir dessen nicht achteten, schlug einer von ihnen sein Faustrohr auf uns an, tat auch alsbald einen Schuß. Da sprangen wir in unsern Nachen und ruderten flugs gegen das Filsener Ufer, landeten daselbst, nahmen Bootshaken, Äxte und Messer zu Handen und machten uns auf, die Schützen zu verfolgen. Den einen, der den Schuß getan hatte, erwischten wir, da er beim Laufen zu Falle kam, nahmen ihm sein Fanstrohr ab und schlugen ihn damit, bis er für tot liegen blieb, den zweiten vertrieben wir mit Steinwürfen, deren einer ihn ins Kreuz traf, also daß er uns nur mit großer Not entkam, der dritte und der vierte entflohen durch die Wingerte in den Lieswald, der fünfte aber eilte in die Kirche, allwo wir von ihm ablassen mußten. Sagtet Ihr nicht, es wären nur viere gewesen? erlaubte sich einer vom Adel, Herr Balduin unter den Juden, einzuwenden. Habe ich von Vieren gesprochen? entgegnete Bornhofen, ohne sich aus der Fassung bringen zu lassen. Das mag daher kommen, daß wir zu Anfang nur viere sahen. Es sind aber gewißlich fünf, wenn nicht gar sechs gewesen. Ihr habt Euch wacker gehalten, sagte der Schultheiß, aber wer steht uns dafür, daß der Kurfürst uns die Unbill, so seinen Leuten widerfahren, nicht ent¬ gelten läßt? Den einen von den Schützen habt Ihr tot liegen lassen — Mit Verlaub, Herr Schultheiß, verteidigte sich Bornhofen, so gar schlimm war es gerade nicht. Als wir im Nachen saßen und vom Lande abstießen, stand er eilig auf und rief uus nach, wir sollten seinetwegen keine Furcht haben, er wäre die längste Zeit Schütze gewesen und wollte sich nunmehr wieder einer friedlichen Hantierung zuwenden, wollte auch, wenn es ein löblicher Rat von Boppard ver¬ lange, Urfehde schwören. Ist alles gut und recht, meinte der Maurermeister Nikolaus Mertloch, aber wenn es dem Kurfürsten zu Ohren kommt, wer weiß, ob ers so ruhig hinnehmen wird. Wenn er nun doch noch wider unsre Stadt zieht? Wenn er sich dessen getraute, warf Henrich Metzler ein, des hohen Klosters Marien¬ berg Küfermeister, so hätte ers längst getan. Oder glaubt Ihr, daß er die Belagerung seiner Burg leichtlicher hinnähme, denn die Kränkung eines einzigen Schützen? Der Metzler hat Recht, rief Engel Thull, der Gerber aus der Niederstadt, der Kurfürst wird sich schön hüten! Was vermöchte er auch wider unsre Mauern? Was wahr ist, muß wahr bleiben, pflichtete ihm Mertloch bei, unsre Mauern sind gut und stark, ausgenommen freilich das Stücklein zwischen dem Hexenturm und der Bälzerpforte, wo die Zwingelmauer fünf Schuh niedriger ist. Auch das Werk ist an dieser Stelle schlecht — ich hab es genau untersucht —, sind weiche Steine vom Eisenbolzkopf, und im Mörtel ist mehr Sand als Traß. Ist gewißlich Stümper- oder Lehrjungenarbeit. Ist die Stelle, wo Anno 1327 Erzbischof Balduin hat sturmlaufen lassen, bemerkte der Ratsschreiber Classen, der seit Jahren an einer Chronik schrieb und in

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299040
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299040/609
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299040/609>, abgerufen am 29.12.2024.