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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr.

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Der Bopparder Arieg

war Herr Paul von Lepe, ein ziemlich bedeutungsloser Wäpeling aus der Nachbar¬
schaft, den die Bürger aus purer Opposition gegen den Kurfürsten zum Schultheißen
gewählt und unter Glockeugeläut in sein Amt eingesetzt hatten. Ob sich diese eigen¬
mächtige Handlungsweise mit ihrem durch kaiserliche Gnade verbrieften Privilegium
der höhern Weisheit vertrug, war ihnen bald nachher freilich selbst zweifelhaft er¬
schienen, denn das Recht, einen Schultheißen zu ernennen, stand einzig und allein
dem Kurfürsten zu, und wenn dieser, um die unbotmäßige Stadt zu bestrafen,
Gericht und Recht zu Boppard niederlegte und seinen mit deren Wahrung be¬
trauten Beamten abberief, so gab es immer noch einen Kaiser, an den man sich
mit einer sicherlich nicht ergebnislosen Reklamation hätte wenden können.

Aber das hatte man nun einmal versäumt, und weder die Wähler noch der
Gewählte erfreuten sich eines guten Gewissens. Nachträglich noch diesen Schritt
zu tuu und beim Kaiser die Bestätigung des neuen Schultheißen nachzusuchen, wäre
bei der bekannten heftigen Gemütsart Maximilians und der Eifersucht, womit er
über seine kaiserlichen Rechte wachte, zwecklos gewesen. Man war also gezwungen,
das supplem, das man sich eingebrockt hatte, selbst aufzuessen. Und da es den
weisen Leuten von Boppard genugsam bekannt war, daß sich geistliche Fürsten durch
das energische Vorgehn der Städte zuweilen hatten einschüchtern lassen, so blieb
ihnen als der einzige Ausweg, dieses Mittel auch ihrem Widersacher gegenüber zu
versuchen.

Den Anfang dazu hatte mau glücklich gemacht: Ein gedrucktes Manifest, datiert
vom Mittwoch nach Misericordia, verkündete allen Kurfürsten, Fürsten, Ständen
und Untertanen des Reiches, daß denen von Boppard keineswegs wißlich sei, etwas
Unbilliges verlangt zu haben, als was sie vorher in ihren Privilegien, Gebräuchen
und Herkommen besessen hätten, welche Privilegien ihnen aber von Kurfürstl.
Gnaden zu Trier dergestalt mißgönnet würden, daß selbiger, da sie sich entschlossen
hätten, gedachte Privilegien bei Rom. Königl. Maj. confirmieren zu lassen, sie bei
Königl. Maj. hoch und schwerlich beklaget, als ob sie etwas Unbilliges Wider das
h. Reich und Se. Gnaden erlangt sollten haben. Worauf der Erzbischof das Gericht
und Recht zu Boppard niedergelegt und ungeachtet ihrer demütlichcn Bitte, das
Gericht wiederum zu eröffnen und Regiment und Ordnung aufrecht zu erhalten, in
seinem Vornehmen bestanden und beharret, auch durch einen Subdelegierteu eines
päpstlichen Conservators, mit Namen Dr. Peter Schönem, Dechant zu Se. Castor zu
Koblenz, auf Sonntag Estomihi in Stadt und Dorf Boppard Bann und Interdikt
habe verkünden lassen.

Um diesem papiernen Protest gegen die Willkür des Kirchenfürsten mehr
Nachdruck zu geben, hatten die Bopparder aber noch etwas andres getan, was den
Gegner empfindlicher treffen mußte als alles bisherige: sie hatten den kurfürstlichen
Amtmann zu Boppard, Herrn Emmerich von Nassau, in der erzbischöflichen Burg,
die auf der Rheinseite der Oberstadt lag, eingeschlossen und ihm und seiner kleinen
Mannschaft die Zufuhr abgeschnitten.

Die anfängliche Reue der Bopparder über diesen kühnen Gewaltstreich war,
als im kurfürstlichen Hoflager zu Koblenz alles still blieb, nach und uach der zu¬
versichtlichen Überzeugung gewichen, der Gegner wage es nicht, mit der Stadt an¬
zubinden und werde klein beigeben, und jeder der adlichen und der bürgerlichen
Schöffen und Ratsmitglieder hielt es für seine Pflicht, darauf hinzuweisen, daß
gerade er es gewesen sei, der den Anstoß zum offnen Widerstände gegeben und
dadurch die Stadt aus ihrer schlimmen Lage gerettet habe.

Auch in der heutigen Ratsversammlung hatten die verschiednen Redner ihr
Bestes getan, ihre persönlichen Verdienste gebührend hervorzuheben, und der neue
Schultheiß, der sich als tatenloser Mann unter all den Helden etwas bedrückt fühlte,
sann schon darüber nach, wie er die Versammlung mit einer schicklichen Wendung
schließen könnte. Da meldete sich noch einer der Räte von den bürgerlichen Bänken
zum Worte: der Fischermeister Peter Bornhofen.


Der Bopparder Arieg

war Herr Paul von Lepe, ein ziemlich bedeutungsloser Wäpeling aus der Nachbar¬
schaft, den die Bürger aus purer Opposition gegen den Kurfürsten zum Schultheißen
gewählt und unter Glockeugeläut in sein Amt eingesetzt hatten. Ob sich diese eigen¬
mächtige Handlungsweise mit ihrem durch kaiserliche Gnade verbrieften Privilegium
der höhern Weisheit vertrug, war ihnen bald nachher freilich selbst zweifelhaft er¬
schienen, denn das Recht, einen Schultheißen zu ernennen, stand einzig und allein
dem Kurfürsten zu, und wenn dieser, um die unbotmäßige Stadt zu bestrafen,
Gericht und Recht zu Boppard niederlegte und seinen mit deren Wahrung be¬
trauten Beamten abberief, so gab es immer noch einen Kaiser, an den man sich
mit einer sicherlich nicht ergebnislosen Reklamation hätte wenden können.

Aber das hatte man nun einmal versäumt, und weder die Wähler noch der
Gewählte erfreuten sich eines guten Gewissens. Nachträglich noch diesen Schritt
zu tuu und beim Kaiser die Bestätigung des neuen Schultheißen nachzusuchen, wäre
bei der bekannten heftigen Gemütsart Maximilians und der Eifersucht, womit er
über seine kaiserlichen Rechte wachte, zwecklos gewesen. Man war also gezwungen,
das supplem, das man sich eingebrockt hatte, selbst aufzuessen. Und da es den
weisen Leuten von Boppard genugsam bekannt war, daß sich geistliche Fürsten durch
das energische Vorgehn der Städte zuweilen hatten einschüchtern lassen, so blieb
ihnen als der einzige Ausweg, dieses Mittel auch ihrem Widersacher gegenüber zu
versuchen.

Den Anfang dazu hatte mau glücklich gemacht: Ein gedrucktes Manifest, datiert
vom Mittwoch nach Misericordia, verkündete allen Kurfürsten, Fürsten, Ständen
und Untertanen des Reiches, daß denen von Boppard keineswegs wißlich sei, etwas
Unbilliges verlangt zu haben, als was sie vorher in ihren Privilegien, Gebräuchen
und Herkommen besessen hätten, welche Privilegien ihnen aber von Kurfürstl.
Gnaden zu Trier dergestalt mißgönnet würden, daß selbiger, da sie sich entschlossen
hätten, gedachte Privilegien bei Rom. Königl. Maj. confirmieren zu lassen, sie bei
Königl. Maj. hoch und schwerlich beklaget, als ob sie etwas Unbilliges Wider das
h. Reich und Se. Gnaden erlangt sollten haben. Worauf der Erzbischof das Gericht
und Recht zu Boppard niedergelegt und ungeachtet ihrer demütlichcn Bitte, das
Gericht wiederum zu eröffnen und Regiment und Ordnung aufrecht zu erhalten, in
seinem Vornehmen bestanden und beharret, auch durch einen Subdelegierteu eines
päpstlichen Conservators, mit Namen Dr. Peter Schönem, Dechant zu Se. Castor zu
Koblenz, auf Sonntag Estomihi in Stadt und Dorf Boppard Bann und Interdikt
habe verkünden lassen.

Um diesem papiernen Protest gegen die Willkür des Kirchenfürsten mehr
Nachdruck zu geben, hatten die Bopparder aber noch etwas andres getan, was den
Gegner empfindlicher treffen mußte als alles bisherige: sie hatten den kurfürstlichen
Amtmann zu Boppard, Herrn Emmerich von Nassau, in der erzbischöflichen Burg,
die auf der Rheinseite der Oberstadt lag, eingeschlossen und ihm und seiner kleinen
Mannschaft die Zufuhr abgeschnitten.

Die anfängliche Reue der Bopparder über diesen kühnen Gewaltstreich war,
als im kurfürstlichen Hoflager zu Koblenz alles still blieb, nach und uach der zu¬
versichtlichen Überzeugung gewichen, der Gegner wage es nicht, mit der Stadt an¬
zubinden und werde klein beigeben, und jeder der adlichen und der bürgerlichen
Schöffen und Ratsmitglieder hielt es für seine Pflicht, darauf hinzuweisen, daß
gerade er es gewesen sei, der den Anstoß zum offnen Widerstände gegeben und
dadurch die Stadt aus ihrer schlimmen Lage gerettet habe.

Auch in der heutigen Ratsversammlung hatten die verschiednen Redner ihr
Bestes getan, ihre persönlichen Verdienste gebührend hervorzuheben, und der neue
Schultheiß, der sich als tatenloser Mann unter all den Helden etwas bedrückt fühlte,
sann schon darüber nach, wie er die Versammlung mit einer schicklichen Wendung
schließen könnte. Da meldete sich noch einer der Räte von den bürgerlichen Bänken
zum Worte: der Fischermeister Peter Bornhofen.


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[0608] Der Bopparder Arieg war Herr Paul von Lepe, ein ziemlich bedeutungsloser Wäpeling aus der Nachbar¬ schaft, den die Bürger aus purer Opposition gegen den Kurfürsten zum Schultheißen gewählt und unter Glockeugeläut in sein Amt eingesetzt hatten. Ob sich diese eigen¬ mächtige Handlungsweise mit ihrem durch kaiserliche Gnade verbrieften Privilegium der höhern Weisheit vertrug, war ihnen bald nachher freilich selbst zweifelhaft er¬ schienen, denn das Recht, einen Schultheißen zu ernennen, stand einzig und allein dem Kurfürsten zu, und wenn dieser, um die unbotmäßige Stadt zu bestrafen, Gericht und Recht zu Boppard niederlegte und seinen mit deren Wahrung be¬ trauten Beamten abberief, so gab es immer noch einen Kaiser, an den man sich mit einer sicherlich nicht ergebnislosen Reklamation hätte wenden können. Aber das hatte man nun einmal versäumt, und weder die Wähler noch der Gewählte erfreuten sich eines guten Gewissens. Nachträglich noch diesen Schritt zu tuu und beim Kaiser die Bestätigung des neuen Schultheißen nachzusuchen, wäre bei der bekannten heftigen Gemütsart Maximilians und der Eifersucht, womit er über seine kaiserlichen Rechte wachte, zwecklos gewesen. Man war also gezwungen, das supplem, das man sich eingebrockt hatte, selbst aufzuessen. Und da es den weisen Leuten von Boppard genugsam bekannt war, daß sich geistliche Fürsten durch das energische Vorgehn der Städte zuweilen hatten einschüchtern lassen, so blieb ihnen als der einzige Ausweg, dieses Mittel auch ihrem Widersacher gegenüber zu versuchen. Den Anfang dazu hatte mau glücklich gemacht: Ein gedrucktes Manifest, datiert vom Mittwoch nach Misericordia, verkündete allen Kurfürsten, Fürsten, Ständen und Untertanen des Reiches, daß denen von Boppard keineswegs wißlich sei, etwas Unbilliges verlangt zu haben, als was sie vorher in ihren Privilegien, Gebräuchen und Herkommen besessen hätten, welche Privilegien ihnen aber von Kurfürstl. Gnaden zu Trier dergestalt mißgönnet würden, daß selbiger, da sie sich entschlossen hätten, gedachte Privilegien bei Rom. Königl. Maj. confirmieren zu lassen, sie bei Königl. Maj. hoch und schwerlich beklaget, als ob sie etwas Unbilliges Wider das h. Reich und Se. Gnaden erlangt sollten haben. Worauf der Erzbischof das Gericht und Recht zu Boppard niedergelegt und ungeachtet ihrer demütlichcn Bitte, das Gericht wiederum zu eröffnen und Regiment und Ordnung aufrecht zu erhalten, in seinem Vornehmen bestanden und beharret, auch durch einen Subdelegierteu eines päpstlichen Conservators, mit Namen Dr. Peter Schönem, Dechant zu Se. Castor zu Koblenz, auf Sonntag Estomihi in Stadt und Dorf Boppard Bann und Interdikt habe verkünden lassen. Um diesem papiernen Protest gegen die Willkür des Kirchenfürsten mehr Nachdruck zu geben, hatten die Bopparder aber noch etwas andres getan, was den Gegner empfindlicher treffen mußte als alles bisherige: sie hatten den kurfürstlichen Amtmann zu Boppard, Herrn Emmerich von Nassau, in der erzbischöflichen Burg, die auf der Rheinseite der Oberstadt lag, eingeschlossen und ihm und seiner kleinen Mannschaft die Zufuhr abgeschnitten. Die anfängliche Reue der Bopparder über diesen kühnen Gewaltstreich war, als im kurfürstlichen Hoflager zu Koblenz alles still blieb, nach und uach der zu¬ versichtlichen Überzeugung gewichen, der Gegner wage es nicht, mit der Stadt an¬ zubinden und werde klein beigeben, und jeder der adlichen und der bürgerlichen Schöffen und Ratsmitglieder hielt es für seine Pflicht, darauf hinzuweisen, daß gerade er es gewesen sei, der den Anstoß zum offnen Widerstände gegeben und dadurch die Stadt aus ihrer schlimmen Lage gerettet habe. Auch in der heutigen Ratsversammlung hatten die verschiednen Redner ihr Bestes getan, ihre persönlichen Verdienste gebührend hervorzuheben, und der neue Schultheiß, der sich als tatenloser Mann unter all den Helden etwas bedrückt fühlte, sann schon darüber nach, wie er die Versammlung mit einer schicklichen Wendung schließen könnte. Da meldete sich noch einer der Räte von den bürgerlichen Bänken zum Worte: der Fischermeister Peter Bornhofen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299040/608>, abgerufen am 30.06.2024.