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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr.

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Die oberste Heeresleitung in Frankreich

Diese sieben Admiräle vertrete"? somit, abgesehen von ihrer allgemeinen Dienst¬
erfahrung, hauptsächlich die Praxis.

Außerdem wurden aber vom Marineminister vier weitere, in Paris wohn¬
hafte Mitglieder, zwei Vize- und zwei Konteradmirale, ernannt, die sich mehr
mit der allgemeinen Verwaltung der Marine und mit der Vorbereitung der
Prüfung der einzelnen Fragen beschäftigen. Ferner sollen die Abteilungschefs
im Marineministerium an den Beratungen teilnehmen.

Nach wie vor ist der Marineminister Präsident des Marinerats, dem
auch der Chef des Admiralstabs angehört. Der Marinerat zählt somit zwölf
Mitglieder.

Die Geschäftsordnung des obersten Mnrinerats ist folgende: Er hat zu
beraten über die Zusammensetzung und die Verwendung der Seestreitkräfte, über
die Bautätigkeit, die Küstenverteidigung, die Flottenstützpunkte und die Arsenale,
schließlich über Ersatz und Ausbildung des Personals. Nach der Zusammen¬
setzung der Behörde kann eine Versammlung aller Mitglieder natürlich nur selten
stattfinden. Aus deu Mitgliedern des Rates wird darum eine ständige Kom¬
mission von drei Offizieren, einem Vizeadmiral nud zwei Kontreadmiralen, ge¬
bildet, die sich in regelmäßigen Zeitabschnitten versammelt und die Fragen vor¬
zubereiten hat, die der Prüfung des gesamten Marinerats unterbreitet werden
solle". Außerdem werden noch einzelne bestimmte Angelegenheiten von ihr
selbständig erledigt. Alle Beschlüsse, sowohl der ständigen Kommission wie auch
des ganzen Marinerats, sind aber für den Marineminister nicht bindend. Der
Marineminister kann die in Paris wohnhaften Mitglieder mit besondern Auf¬
trägen und zu Besichtigungen entsenden.

Zum erstenmal nach seiner Reorganisation hat der oberste Marinerat seine
Tätigkeit Anfang März d. I. aufgenommen und bei dieser Gelegenheit genaue
Kenntnis von dem Programm des Ministers Thomson über die Verteidigung
der großen französischen Kriegshüfen und die Flottenverstärkung erhalten. Zu
lebhaften Auseinandersetzungen ist es hierbei über die wichtigsten Fragen des
Baues von Linienschiffen oder großen Panzerkreuzern gekommen. Die Ent¬
scheidungen aber, die gefallen sind, machen dein Minister alle Ehre, denn
sie beweisen, daß er in wichtigen technischen Fragen nicht wie sein Amtsvorgünger
einseitig an seiner vorgefaßten Meinung festhält, sondern dem Urteil sachver¬
ständiger, erfahrner Männer seine eigne Ansicht unterzuordnen weiß. Die
französische Marine, die nach dem neuen Flotteubauprogramm um elf nach den
Lehren und Erfahrungen aus dem russisch-japanischen Seekriege zu bauende
Linienschiffe allmählich verstärkt werden soll, wird in seinen angesehensten Per¬
sönlichkeiten dein Minister für diesen Verzicht auf die Durchführung seiner Ideen
um so mehr Dank wissen, als der Druck, der auf Thomson von den ver¬
schiedensten Seiten ausgeübt wurde, den Wünschen der jsuns eeols nachzugeben
und statt der Linienschiffe nur große Kreuzer zu bauen, gerade jetzt mit den
verwegensten Kunstgriffen begonnen hatte.

Zugleich mit deu Reformen im obersten Marinerat ist eine Anzahl von
andern beratenden und technischen Kommissionen, die dem Marineminister unter¬
stellt waren, jetzt zu einer einzigen technischen Kommission vereinigt worden.


Die oberste Heeresleitung in Frankreich

Diese sieben Admiräle vertrete»? somit, abgesehen von ihrer allgemeinen Dienst¬
erfahrung, hauptsächlich die Praxis.

Außerdem wurden aber vom Marineminister vier weitere, in Paris wohn¬
hafte Mitglieder, zwei Vize- und zwei Konteradmirale, ernannt, die sich mehr
mit der allgemeinen Verwaltung der Marine und mit der Vorbereitung der
Prüfung der einzelnen Fragen beschäftigen. Ferner sollen die Abteilungschefs
im Marineministerium an den Beratungen teilnehmen.

Nach wie vor ist der Marineminister Präsident des Marinerats, dem
auch der Chef des Admiralstabs angehört. Der Marinerat zählt somit zwölf
Mitglieder.

Die Geschäftsordnung des obersten Mnrinerats ist folgende: Er hat zu
beraten über die Zusammensetzung und die Verwendung der Seestreitkräfte, über
die Bautätigkeit, die Küstenverteidigung, die Flottenstützpunkte und die Arsenale,
schließlich über Ersatz und Ausbildung des Personals. Nach der Zusammen¬
setzung der Behörde kann eine Versammlung aller Mitglieder natürlich nur selten
stattfinden. Aus deu Mitgliedern des Rates wird darum eine ständige Kom¬
mission von drei Offizieren, einem Vizeadmiral nud zwei Kontreadmiralen, ge¬
bildet, die sich in regelmäßigen Zeitabschnitten versammelt und die Fragen vor¬
zubereiten hat, die der Prüfung des gesamten Marinerats unterbreitet werden
solle». Außerdem werden noch einzelne bestimmte Angelegenheiten von ihr
selbständig erledigt. Alle Beschlüsse, sowohl der ständigen Kommission wie auch
des ganzen Marinerats, sind aber für den Marineminister nicht bindend. Der
Marineminister kann die in Paris wohnhaften Mitglieder mit besondern Auf¬
trägen und zu Besichtigungen entsenden.

Zum erstenmal nach seiner Reorganisation hat der oberste Marinerat seine
Tätigkeit Anfang März d. I. aufgenommen und bei dieser Gelegenheit genaue
Kenntnis von dem Programm des Ministers Thomson über die Verteidigung
der großen französischen Kriegshüfen und die Flottenverstärkung erhalten. Zu
lebhaften Auseinandersetzungen ist es hierbei über die wichtigsten Fragen des
Baues von Linienschiffen oder großen Panzerkreuzern gekommen. Die Ent¬
scheidungen aber, die gefallen sind, machen dein Minister alle Ehre, denn
sie beweisen, daß er in wichtigen technischen Fragen nicht wie sein Amtsvorgünger
einseitig an seiner vorgefaßten Meinung festhält, sondern dem Urteil sachver¬
ständiger, erfahrner Männer seine eigne Ansicht unterzuordnen weiß. Die
französische Marine, die nach dem neuen Flotteubauprogramm um elf nach den
Lehren und Erfahrungen aus dem russisch-japanischen Seekriege zu bauende
Linienschiffe allmählich verstärkt werden soll, wird in seinen angesehensten Per¬
sönlichkeiten dein Minister für diesen Verzicht auf die Durchführung seiner Ideen
um so mehr Dank wissen, als der Druck, der auf Thomson von den ver¬
schiedensten Seiten ausgeübt wurde, den Wünschen der jsuns eeols nachzugeben
und statt der Linienschiffe nur große Kreuzer zu bauen, gerade jetzt mit den
verwegensten Kunstgriffen begonnen hatte.

Zugleich mit deu Reformen im obersten Marinerat ist eine Anzahl von
andern beratenden und technischen Kommissionen, die dem Marineminister unter¬
stellt waren, jetzt zu einer einzigen technischen Kommission vereinigt worden.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299040/580>, abgerufen am 30.06.2024.