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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Handlung) ist im Jahre 1905 unter andern: ein Band über die "Begründung der
Großmachtstellung Österreich-Ungarns" erschienen, der den Untertitel trägt: Prinz
Engen (99 Seiten mit 103 Abbildungen), Der Verfasser, der bayrische General¬
leutnant z. D. Karl Ritter von Landmann, hat sich mit seinem Helden ein sehr
dankbares Thema gewählt, leider aber steht die Ausführung nicht auf der Höhe,
die man von frühern Bänden des Unternehmens, zum Beispiel von Martin Spahns
"Großem Kurfürsten" oder von der mustergiltigen Monographie Engelbert Drerups
über "Homer" gewöhnt war. Man kann Landmanns Arbeit allenfalls als eine
sehr knappe Biographie des Prinzen Eugen gelten lassen, aber das andre Thema
"Begründung der Großmachtstellung Österreich-Ungarns" fällt fast ganz aus. Auch
als bloße Biographie zeigt das Buch auffallende Mängel. Die höchst interessante
Jugendgeschichte des Prinzen Eugen ist fast ganz übergangen, und auch weiterhin
tritt das allgemein Menschliche sowie das Politische vor dein Kriegerischen zu sehr
zurück. Es fehlen in der ganzen Darstellung der große Zug und die leitenden
Ideen, sie fällt in eine große Reihe nur lose zusammenhängender kleiner Abschnitte
auseinander, die oft mehr militärischen Rapporten als künstlerisch abgerundeten Er¬
zählungen gleichen. Auch die Illustration ist nicht durchweg glücklich: manche Bilder
stehn nur in sehr lockern Beziehungen zum Texte, wie Seite 68 Friedrich von Hessen-
Kassel als König von Schweden und Seite 84 die Ansicht von Trieft: bei andern
vermißt man das Zurückgehn auf die Originale, wie zum Beispiel bei dem aus
Seidlitz historischem Porträtwerk cntnommnen Bild Augusts des Starken von Sachsen-
Polen, bei dem aller Reiz und alles Charakteristische verloren gegangen ist.


Neue Bücher und Schriften über Musik.

Mit dieser Überschrift soll
kein vollständiger Bericht über den gegenwärtigen Stand des musikalische" Bücher¬
markts in Aussicht gestellt werden, sondern die folgenden Zeilen wollen nur mit
kurzen Bemerkungen über den Eingang einiger musikalisch-literarischer Arbeiten
quittieren, die den Grenzboten in letzter Zeit zugesandt worden sind. Auch von
diesem zufälligen Ausschnitt aus wird auf die allgemeinen Verhältnisse in der MnsiL-
schriftstellerei manches Licht fallen. Der Lesebedarf des Publikums und das An¬
gebot von Mitarbeitern machten sie zu einem Hauptgebiet geistiger Produktion, die
Qualität der Autoren jedoch hebt sich nur sehr laugsam, und die berufnen, wissen¬
schaftlich geschulten Kräfte stehn immer noch in der Minderzahl. Ein Musterbeispiel
für die ungenügende Lösung einer interessanten mnsikgeschichtlichen Aufgabe mag
die Mitteilungen eröffnen. Das ist eine Arbeit von Karl Maria Klob, die den
Titel führt: Beiträge zur Geschichte der deutschen komischen Oper.
(Berlin, Harmonie, Verlagsgesellschaft für Literatur und Kunst.) Mit einiger
Sicherheit kann man dem Verfasser die Bekanntschaft mit I. A. Hillers "Jagd",
mit Mozarts "Entführung", mit Dittersdorfs "Doktor und Apotheker" und seinem
"Hieronymus Knicker", mit W. Müllers "Schwestern von Prag", mit Schenks
"Dorfbarbier", Weigls "Schweizerfamilie" und mit den Werken A. Lortzings be¬
scheinigen. Diese Kompositionen stellt er mit Fug und Recht weit höher als die
heute auf deutschen Bühnen heimischen Pariser und Wiener Operetten. Bei ge¬
nügender Klarheit und Bescheidenheit würde er sich darauf beschränkt haben, diese
Ansicht auszuführen und insbesondre durch Vergleiche einen Leserkreis dafür zu
gewinnen. Mit dem Versuche, Beiträge zur Geschichte der deutscheu komischen Oper
zu geben, ist er weit über seine Kräfte und über sein Material an Tatsachen und
Begriffen hinausgegangen. Die geschichtlichen Zusammenhänge und Hauptpunkte
sind ihm zum größten Teile fremd, da er sich viel zu wenig in den Noten und
in der Literatur umgesehen hat. Schon auf der ersten Seite heißt es: "Wann
der Name Oper gebräuchlich wurde, ist nicht sicherzustellen." Auf der nächsten be¬
schreibt Klob, wie der Dialog in Perls "Dafne" von 1594 komponiert war. Das
Rezitativ zeigte nach ihm "auch nicht die Spur von Melodie". Der Verfasser
würde den Wert dieser gütigen Mitteilung wesentlich erhöhen, wenn er sagen


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Handlung) ist im Jahre 1905 unter andern: ein Band über die „Begründung der
Großmachtstellung Österreich-Ungarns" erschienen, der den Untertitel trägt: Prinz
Engen (99 Seiten mit 103 Abbildungen), Der Verfasser, der bayrische General¬
leutnant z. D. Karl Ritter von Landmann, hat sich mit seinem Helden ein sehr
dankbares Thema gewählt, leider aber steht die Ausführung nicht auf der Höhe,
die man von frühern Bänden des Unternehmens, zum Beispiel von Martin Spahns
„Großem Kurfürsten" oder von der mustergiltigen Monographie Engelbert Drerups
über „Homer" gewöhnt war. Man kann Landmanns Arbeit allenfalls als eine
sehr knappe Biographie des Prinzen Eugen gelten lassen, aber das andre Thema
„Begründung der Großmachtstellung Österreich-Ungarns" fällt fast ganz aus. Auch
als bloße Biographie zeigt das Buch auffallende Mängel. Die höchst interessante
Jugendgeschichte des Prinzen Eugen ist fast ganz übergangen, und auch weiterhin
tritt das allgemein Menschliche sowie das Politische vor dein Kriegerischen zu sehr
zurück. Es fehlen in der ganzen Darstellung der große Zug und die leitenden
Ideen, sie fällt in eine große Reihe nur lose zusammenhängender kleiner Abschnitte
auseinander, die oft mehr militärischen Rapporten als künstlerisch abgerundeten Er¬
zählungen gleichen. Auch die Illustration ist nicht durchweg glücklich: manche Bilder
stehn nur in sehr lockern Beziehungen zum Texte, wie Seite 68 Friedrich von Hessen-
Kassel als König von Schweden und Seite 84 die Ansicht von Trieft: bei andern
vermißt man das Zurückgehn auf die Originale, wie zum Beispiel bei dem aus
Seidlitz historischem Porträtwerk cntnommnen Bild Augusts des Starken von Sachsen-
Polen, bei dem aller Reiz und alles Charakteristische verloren gegangen ist.


Neue Bücher und Schriften über Musik.

Mit dieser Überschrift soll
kein vollständiger Bericht über den gegenwärtigen Stand des musikalische» Bücher¬
markts in Aussicht gestellt werden, sondern die folgenden Zeilen wollen nur mit
kurzen Bemerkungen über den Eingang einiger musikalisch-literarischer Arbeiten
quittieren, die den Grenzboten in letzter Zeit zugesandt worden sind. Auch von
diesem zufälligen Ausschnitt aus wird auf die allgemeinen Verhältnisse in der MnsiL-
schriftstellerei manches Licht fallen. Der Lesebedarf des Publikums und das An¬
gebot von Mitarbeitern machten sie zu einem Hauptgebiet geistiger Produktion, die
Qualität der Autoren jedoch hebt sich nur sehr laugsam, und die berufnen, wissen¬
schaftlich geschulten Kräfte stehn immer noch in der Minderzahl. Ein Musterbeispiel
für die ungenügende Lösung einer interessanten mnsikgeschichtlichen Aufgabe mag
die Mitteilungen eröffnen. Das ist eine Arbeit von Karl Maria Klob, die den
Titel führt: Beiträge zur Geschichte der deutschen komischen Oper.
(Berlin, Harmonie, Verlagsgesellschaft für Literatur und Kunst.) Mit einiger
Sicherheit kann man dem Verfasser die Bekanntschaft mit I. A. Hillers „Jagd",
mit Mozarts „Entführung", mit Dittersdorfs „Doktor und Apotheker" und seinem
„Hieronymus Knicker", mit W. Müllers „Schwestern von Prag", mit Schenks
„Dorfbarbier", Weigls „Schweizerfamilie" und mit den Werken A. Lortzings be¬
scheinigen. Diese Kompositionen stellt er mit Fug und Recht weit höher als die
heute auf deutschen Bühnen heimischen Pariser und Wiener Operetten. Bei ge¬
nügender Klarheit und Bescheidenheit würde er sich darauf beschränkt haben, diese
Ansicht auszuführen und insbesondre durch Vergleiche einen Leserkreis dafür zu
gewinnen. Mit dem Versuche, Beiträge zur Geschichte der deutscheu komischen Oper
zu geben, ist er weit über seine Kräfte und über sein Material an Tatsachen und
Begriffen hinausgegangen. Die geschichtlichen Zusammenhänge und Hauptpunkte
sind ihm zum größten Teile fremd, da er sich viel zu wenig in den Noten und
in der Literatur umgesehen hat. Schon auf der ersten Seite heißt es: „Wann
der Name Oper gebräuchlich wurde, ist nicht sicherzustellen." Auf der nächsten be¬
schreibt Klob, wie der Dialog in Perls „Dafne" von 1594 komponiert war. Das
Rezitativ zeigte nach ihm „auch nicht die Spur von Melodie". Der Verfasser
würde den Wert dieser gütigen Mitteilung wesentlich erhöhen, wenn er sagen


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[0568] Maßgebliches und Unmaßgebliches Handlung) ist im Jahre 1905 unter andern: ein Band über die „Begründung der Großmachtstellung Österreich-Ungarns" erschienen, der den Untertitel trägt: Prinz Engen (99 Seiten mit 103 Abbildungen), Der Verfasser, der bayrische General¬ leutnant z. D. Karl Ritter von Landmann, hat sich mit seinem Helden ein sehr dankbares Thema gewählt, leider aber steht die Ausführung nicht auf der Höhe, die man von frühern Bänden des Unternehmens, zum Beispiel von Martin Spahns „Großem Kurfürsten" oder von der mustergiltigen Monographie Engelbert Drerups über „Homer" gewöhnt war. Man kann Landmanns Arbeit allenfalls als eine sehr knappe Biographie des Prinzen Eugen gelten lassen, aber das andre Thema „Begründung der Großmachtstellung Österreich-Ungarns" fällt fast ganz aus. Auch als bloße Biographie zeigt das Buch auffallende Mängel. Die höchst interessante Jugendgeschichte des Prinzen Eugen ist fast ganz übergangen, und auch weiterhin tritt das allgemein Menschliche sowie das Politische vor dein Kriegerischen zu sehr zurück. Es fehlen in der ganzen Darstellung der große Zug und die leitenden Ideen, sie fällt in eine große Reihe nur lose zusammenhängender kleiner Abschnitte auseinander, die oft mehr militärischen Rapporten als künstlerisch abgerundeten Er¬ zählungen gleichen. Auch die Illustration ist nicht durchweg glücklich: manche Bilder stehn nur in sehr lockern Beziehungen zum Texte, wie Seite 68 Friedrich von Hessen- Kassel als König von Schweden und Seite 84 die Ansicht von Trieft: bei andern vermißt man das Zurückgehn auf die Originale, wie zum Beispiel bei dem aus Seidlitz historischem Porträtwerk cntnommnen Bild Augusts des Starken von Sachsen- Polen, bei dem aller Reiz und alles Charakteristische verloren gegangen ist. Neue Bücher und Schriften über Musik. Mit dieser Überschrift soll kein vollständiger Bericht über den gegenwärtigen Stand des musikalische» Bücher¬ markts in Aussicht gestellt werden, sondern die folgenden Zeilen wollen nur mit kurzen Bemerkungen über den Eingang einiger musikalisch-literarischer Arbeiten quittieren, die den Grenzboten in letzter Zeit zugesandt worden sind. Auch von diesem zufälligen Ausschnitt aus wird auf die allgemeinen Verhältnisse in der MnsiL- schriftstellerei manches Licht fallen. Der Lesebedarf des Publikums und das An¬ gebot von Mitarbeitern machten sie zu einem Hauptgebiet geistiger Produktion, die Qualität der Autoren jedoch hebt sich nur sehr laugsam, und die berufnen, wissen¬ schaftlich geschulten Kräfte stehn immer noch in der Minderzahl. Ein Musterbeispiel für die ungenügende Lösung einer interessanten mnsikgeschichtlichen Aufgabe mag die Mitteilungen eröffnen. Das ist eine Arbeit von Karl Maria Klob, die den Titel führt: Beiträge zur Geschichte der deutschen komischen Oper. (Berlin, Harmonie, Verlagsgesellschaft für Literatur und Kunst.) Mit einiger Sicherheit kann man dem Verfasser die Bekanntschaft mit I. A. Hillers „Jagd", mit Mozarts „Entführung", mit Dittersdorfs „Doktor und Apotheker" und seinem „Hieronymus Knicker", mit W. Müllers „Schwestern von Prag", mit Schenks „Dorfbarbier", Weigls „Schweizerfamilie" und mit den Werken A. Lortzings be¬ scheinigen. Diese Kompositionen stellt er mit Fug und Recht weit höher als die heute auf deutschen Bühnen heimischen Pariser und Wiener Operetten. Bei ge¬ nügender Klarheit und Bescheidenheit würde er sich darauf beschränkt haben, diese Ansicht auszuführen und insbesondre durch Vergleiche einen Leserkreis dafür zu gewinnen. Mit dem Versuche, Beiträge zur Geschichte der deutscheu komischen Oper zu geben, ist er weit über seine Kräfte und über sein Material an Tatsachen und Begriffen hinausgegangen. Die geschichtlichen Zusammenhänge und Hauptpunkte sind ihm zum größten Teile fremd, da er sich viel zu wenig in den Noten und in der Literatur umgesehen hat. Schon auf der ersten Seite heißt es: „Wann der Name Oper gebräuchlich wurde, ist nicht sicherzustellen." Auf der nächsten be¬ schreibt Klob, wie der Dialog in Perls „Dafne" von 1594 komponiert war. Das Rezitativ zeigte nach ihm „auch nicht die Spur von Melodie". Der Verfasser würde den Wert dieser gütigen Mitteilung wesentlich erhöhen, wenn er sagen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299040/568>, abgerufen am 04.07.2024.