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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr.

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Der wirtschaftliche Aufschwung der bolivianischen Republik

die für den Feldzug nötigen Mittel vorzustrecken. Daraus entstand eine innere
Schuld, die inzwischen auf weniger als 2000000 Boliviano reduziert oder
durch Staatsbonds mit Garantie der Zölle von La Paz, die jährlich etwa
1000000 Boliviano betragen, getilgt ist. Die Amortisation beträgt 6 Prozent,
die Zinsen betragen 10 Prozent jährlich. Beides wird auf das pünktlichste, und
zwar halbjährlich, reguliert. Im Umlauf waren Ende 1905 1998500 Boliviano
Staatsbonds.

Außer dieser Schuld, die durch obige Bonds als beglichen zu betrachten
ist, existiert noch eine weitere, veranlaßt durch Forderungen für Pension, Sold,
Entschädigungsansprüche usw. des Acrefeldzugs. Diese Schuld wird durch
Lonos as 1a tüomvsnsaoioii Militär beglichen, die ebenfalls pünktlich und halb¬
jährlich verzinst (8 Prozent jährlich) und amortisiert (10 Prozent jährlich)
werden. Im Umlauf sind immer 250000 Boliviano, und der amortisierte
Teil wird erneuert.

Eine weitere, noch nicht anerkannte innere Schuld sind Forderungen ältern
Datums, mit deren Regelung sich augenblicklich der Kongreß beschäftigt. Diese
Forderungen, soweit sie berechtigt sind, sollen ebenfalls durch Staatsbonds
getilgt werden. Ihr Betrag ist im ganzen etwa 4000000 Boliviano. Auch
dieser Umstand beweist, daß um: den festen Willen hat, allen gerechten An¬
sprüchen an die Negierung nachzukommen.

Was die Stadtverwaltungen anlangt, so sind bis jetzt Forderungen an diese,
nußer solchen von Privaten, nicht vorhanden. Dagegen beabsichtigt La Paz
eine Anleihe im Betrage von 500000 Boliviano auszuschreiben, um eine neue
Markthalle und Hospitäler zu bauen und die Kanalisieruug von La Paz zu
vervollständigen. °

Schließlich hat sich Bolivien die Souveränität über die Zölle aus den
Produkten der Nachbarstaaten Chile und Peru, die es infolge des Waffen¬
stillstands und von interimistischen Verträgen verloren hatte, neuerdings wieder
M sichern gewußt.

Durch den schon erwähnten Vertrag mit Chile ist festgesetzt worden, daß
Chile nur das Recht der Meistbegünstigung zur Einführung seiner Produkte
und Fabrikate genießt. Dieselbe Bestimmung ist für Perle in einem Abkommen
getroffen worden, das am 1. Juli 1906 in Kraft tritt.

Die bolivianischen Zollcinkünfte werden auf Grund dieser Abmachungen
vermutlich um jährlich 1000000 Boliviano vermehrt werden.

Diese günstige finanzielle Lage der Republik hat auch die Aufmerksamkeit
des Auslandes auf sich gezogen. Haben sich doch schon zwei deutsche Banken
mit Niederlassungen in La Paz und Oruro im Laufe des letzten Jahres in
Bolivien etabliert, und zwar ohne Emissionsberechtigung nachzusuchen. Es
sind dies: die Bank für Chile und Deutschland, bolivianische Abteilung, und
die Deutsche Überseeische Bank.

Ferner sind der Negierung wiederholt große europäische und nordamen-
kanische Kredite zur Verfügung gestellt worden. Von diesen Offerten hat
Bolivien bis jetzt noch keinen Gebrauch gemacht.


Der wirtschaftliche Aufschwung der bolivianischen Republik

die für den Feldzug nötigen Mittel vorzustrecken. Daraus entstand eine innere
Schuld, die inzwischen auf weniger als 2000000 Boliviano reduziert oder
durch Staatsbonds mit Garantie der Zölle von La Paz, die jährlich etwa
1000000 Boliviano betragen, getilgt ist. Die Amortisation beträgt 6 Prozent,
die Zinsen betragen 10 Prozent jährlich. Beides wird auf das pünktlichste, und
zwar halbjährlich, reguliert. Im Umlauf waren Ende 1905 1998500 Boliviano
Staatsbonds.

Außer dieser Schuld, die durch obige Bonds als beglichen zu betrachten
ist, existiert noch eine weitere, veranlaßt durch Forderungen für Pension, Sold,
Entschädigungsansprüche usw. des Acrefeldzugs. Diese Schuld wird durch
Lonos as 1a tüomvsnsaoioii Militär beglichen, die ebenfalls pünktlich und halb¬
jährlich verzinst (8 Prozent jährlich) und amortisiert (10 Prozent jährlich)
werden. Im Umlauf sind immer 250000 Boliviano, und der amortisierte
Teil wird erneuert.

Eine weitere, noch nicht anerkannte innere Schuld sind Forderungen ältern
Datums, mit deren Regelung sich augenblicklich der Kongreß beschäftigt. Diese
Forderungen, soweit sie berechtigt sind, sollen ebenfalls durch Staatsbonds
getilgt werden. Ihr Betrag ist im ganzen etwa 4000000 Boliviano. Auch
dieser Umstand beweist, daß um: den festen Willen hat, allen gerechten An¬
sprüchen an die Negierung nachzukommen.

Was die Stadtverwaltungen anlangt, so sind bis jetzt Forderungen an diese,
nußer solchen von Privaten, nicht vorhanden. Dagegen beabsichtigt La Paz
eine Anleihe im Betrage von 500000 Boliviano auszuschreiben, um eine neue
Markthalle und Hospitäler zu bauen und die Kanalisieruug von La Paz zu
vervollständigen. °

Schließlich hat sich Bolivien die Souveränität über die Zölle aus den
Produkten der Nachbarstaaten Chile und Peru, die es infolge des Waffen¬
stillstands und von interimistischen Verträgen verloren hatte, neuerdings wieder
M sichern gewußt.

Durch den schon erwähnten Vertrag mit Chile ist festgesetzt worden, daß
Chile nur das Recht der Meistbegünstigung zur Einführung seiner Produkte
und Fabrikate genießt. Dieselbe Bestimmung ist für Perle in einem Abkommen
getroffen worden, das am 1. Juli 1906 in Kraft tritt.

Die bolivianischen Zollcinkünfte werden auf Grund dieser Abmachungen
vermutlich um jährlich 1000000 Boliviano vermehrt werden.

Diese günstige finanzielle Lage der Republik hat auch die Aufmerksamkeit
des Auslandes auf sich gezogen. Haben sich doch schon zwei deutsche Banken
mit Niederlassungen in La Paz und Oruro im Laufe des letzten Jahres in
Bolivien etabliert, und zwar ohne Emissionsberechtigung nachzusuchen. Es
sind dies: die Bank für Chile und Deutschland, bolivianische Abteilung, und
die Deutsche Überseeische Bank.

Ferner sind der Negierung wiederholt große europäische und nordamen-
kanische Kredite zur Verfügung gestellt worden. Von diesen Offerten hat
Bolivien bis jetzt noch keinen Gebrauch gemacht.


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[0519] Der wirtschaftliche Aufschwung der bolivianischen Republik die für den Feldzug nötigen Mittel vorzustrecken. Daraus entstand eine innere Schuld, die inzwischen auf weniger als 2000000 Boliviano reduziert oder durch Staatsbonds mit Garantie der Zölle von La Paz, die jährlich etwa 1000000 Boliviano betragen, getilgt ist. Die Amortisation beträgt 6 Prozent, die Zinsen betragen 10 Prozent jährlich. Beides wird auf das pünktlichste, und zwar halbjährlich, reguliert. Im Umlauf waren Ende 1905 1998500 Boliviano Staatsbonds. Außer dieser Schuld, die durch obige Bonds als beglichen zu betrachten ist, existiert noch eine weitere, veranlaßt durch Forderungen für Pension, Sold, Entschädigungsansprüche usw. des Acrefeldzugs. Diese Schuld wird durch Lonos as 1a tüomvsnsaoioii Militär beglichen, die ebenfalls pünktlich und halb¬ jährlich verzinst (8 Prozent jährlich) und amortisiert (10 Prozent jährlich) werden. Im Umlauf sind immer 250000 Boliviano, und der amortisierte Teil wird erneuert. Eine weitere, noch nicht anerkannte innere Schuld sind Forderungen ältern Datums, mit deren Regelung sich augenblicklich der Kongreß beschäftigt. Diese Forderungen, soweit sie berechtigt sind, sollen ebenfalls durch Staatsbonds getilgt werden. Ihr Betrag ist im ganzen etwa 4000000 Boliviano. Auch dieser Umstand beweist, daß um: den festen Willen hat, allen gerechten An¬ sprüchen an die Negierung nachzukommen. Was die Stadtverwaltungen anlangt, so sind bis jetzt Forderungen an diese, nußer solchen von Privaten, nicht vorhanden. Dagegen beabsichtigt La Paz eine Anleihe im Betrage von 500000 Boliviano auszuschreiben, um eine neue Markthalle und Hospitäler zu bauen und die Kanalisieruug von La Paz zu vervollständigen. ° Schließlich hat sich Bolivien die Souveränität über die Zölle aus den Produkten der Nachbarstaaten Chile und Peru, die es infolge des Waffen¬ stillstands und von interimistischen Verträgen verloren hatte, neuerdings wieder M sichern gewußt. Durch den schon erwähnten Vertrag mit Chile ist festgesetzt worden, daß Chile nur das Recht der Meistbegünstigung zur Einführung seiner Produkte und Fabrikate genießt. Dieselbe Bestimmung ist für Perle in einem Abkommen getroffen worden, das am 1. Juli 1906 in Kraft tritt. Die bolivianischen Zollcinkünfte werden auf Grund dieser Abmachungen vermutlich um jährlich 1000000 Boliviano vermehrt werden. Diese günstige finanzielle Lage der Republik hat auch die Aufmerksamkeit des Auslandes auf sich gezogen. Haben sich doch schon zwei deutsche Banken mit Niederlassungen in La Paz und Oruro im Laufe des letzten Jahres in Bolivien etabliert, und zwar ohne Emissionsberechtigung nachzusuchen. Es sind dies: die Bank für Chile und Deutschland, bolivianische Abteilung, und die Deutsche Überseeische Bank. Ferner sind der Negierung wiederholt große europäische und nordamen- kanische Kredite zur Verfügung gestellt worden. Von diesen Offerten hat Bolivien bis jetzt noch keinen Gebrauch gemacht.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299040/519>, abgerufen am 02.07.2024.