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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr.

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Menschenfrühling

war es sehr bequem, nicht gefragt zu werden. Nun kam eine schöne Zeit. All¬
mählich legte sich eine Eisdecke über den ganzen See, der Ostwind blies beständig,
und bald flimmerten die Eiszapfen überall. Rot ging die Sonne unter, rot ging
sie auf; auf der Straße rasselten die Wagen über das hartgewordne Steinpflaster,
und an den Fenstern blühten die Eisblumen.

Onkel Willi schrieb, daß er vorläufig nicht wiederkommen könnte, weil er ein
Buch drucken lassen müßte, und Anneli dachte seiner mit einem leichten Staunen.
Wie konnte man Bücher drucken lassen, wenn die Welt so schön war? Wenn der
See von der Polizei freigegeben war, und der Herr Bürgermeister schon ein
Glas Punsch mitten auf dem Eise getrunken hatte? Wenn Anneli ihren Namen
auf der glatten Fläche schreiben und Polka nach der Drehorgelmusik tanzen
konnte, die jeden Nachmittag von einem halbblinden Mann ausgeführt wurde? Und
alles wurde auf den alten Schlittschuhen von Haares Heß gemacht, der sich jedes¬
mal für das Leiden etwas bezahlen ließ. Anneli hatte bald nichts mehr. Ihr
Weihnachtskuchen war darauf gegangen, ihre Bleistifte und Federhalter folgten. Einige
Taschentücher konnte sie noch entbehren; dann waren ihre kleinen Besitztümer verbraucht.
Bis auf die Porzellanfiguren und das Bilderbuch von der alten Demoiselle, aber als
sie davon sprach, erwiderte Hannes geringschätzig, daß man Porzellan nur bei Polter¬
abenden zum "Kaputtschmeißen" verwenden könnte, und Bilder hätte er niemals aus¬
stehn können. Also blieben diese Schätze in Aureus Koffer liegen, und als Haares
sich eines Morgens wegen eines Bleistifts mit ihr erzürnte und noch für den Nach¬
mittag ein besondres Geschenk verlangte, da führte Anneli den Gedanken aus, der
schon seit Tagen in ihrer Seele geschlummert hatte und nun hellauf erwacht war,
sie ging zu Herrn Peterlein und kaufte die schönsten Schlittschuhe des Ladens.
Auf Rechnung von Herrn Hofrat Pankow! sagte sie mit leicht zitternder Stimme.

Herr Peterlein hörte nicht das Zittern. Er sprang um Anneli herum, nannte
sie Fräulein und erzählte ihr, daß alle Prinzessinnen des königlichen Hauses die¬
selben Schlittschuhe gebrauchte", die Anneli jetzt tragen würde, pries noch eine feine
Lederputzdose an und einen Schleifstein, auf dem mau die stumpfgewordnen Eisen
von neuem schärfen könnte.

Anneli nahm alle diese Gegenstände und kaufte endlich noch ein Paar feine
Jungenschlittschuhe.

Zum Verschenke"! sagte sie großartig, und Herr Peterlein verbeugte sich lächelnd.

Das kleine Fräulein kann dem Herrn Onkel schon die Besorgungen abnehmen,
sagte er so liebevoll, daß Anneli sich noch einige Bleistifte, eine Tute mit Katha-
rinenpflciumen und eine mit dunkelm Kandiszucker geben ließ und hocherhobuen
Hauptes den Laden verließ.

Als sie dann wieder der geliebten Eisbahn zusteuerte, erlebte sie gleich eine Ent¬
täuschung. Nämlich die, daß Fred Roland, dem sie die hübschen Knabenschlittschuhe
anbot, das Geschenk erstaunt zurückwies.

Meine sind gut genug! sagte er, auf die alten Schuhe deutend, die er noch
in der Hand trug. Und überhaupt, Anneli, wo hast dn die feinen Dinger her?
Darfst du so etwas verschenken?

Anneli warf den Kopf in den Nacken.

Mein Onkel hat Geld genug! entgegnete sie trotzig.

So? Früher habe ich gehört, er sollte sehr knapp zu leben haben. Du hast
auch gesagt, wie arm du wärest. Ja, Hein, ich komme!

Und Fred nickte dem Pastorenjungen zu, der in elegantem Bogen über das
Eis sauste und einen Lockruf ausgestoßen hatte.

Anneli blieb allein am Seeufer stehn und betrachtete einigermaßen verdutzt die
neuen Schlittschuhe, mit denen sie Fred eine Freude hatte machen wollen. Bis
Hannes Heß bei ihr erschien, diese Schlittschuhe als wohlverdienten Lohn für seinen
Edelmut in Empfang nahm und dabei von oben herab bemerkte, daß Anneli nun
gewiß allein fertig werden würde.


Menschenfrühling

war es sehr bequem, nicht gefragt zu werden. Nun kam eine schöne Zeit. All¬
mählich legte sich eine Eisdecke über den ganzen See, der Ostwind blies beständig,
und bald flimmerten die Eiszapfen überall. Rot ging die Sonne unter, rot ging
sie auf; auf der Straße rasselten die Wagen über das hartgewordne Steinpflaster,
und an den Fenstern blühten die Eisblumen.

Onkel Willi schrieb, daß er vorläufig nicht wiederkommen könnte, weil er ein
Buch drucken lassen müßte, und Anneli dachte seiner mit einem leichten Staunen.
Wie konnte man Bücher drucken lassen, wenn die Welt so schön war? Wenn der
See von der Polizei freigegeben war, und der Herr Bürgermeister schon ein
Glas Punsch mitten auf dem Eise getrunken hatte? Wenn Anneli ihren Namen
auf der glatten Fläche schreiben und Polka nach der Drehorgelmusik tanzen
konnte, die jeden Nachmittag von einem halbblinden Mann ausgeführt wurde? Und
alles wurde auf den alten Schlittschuhen von Haares Heß gemacht, der sich jedes¬
mal für das Leiden etwas bezahlen ließ. Anneli hatte bald nichts mehr. Ihr
Weihnachtskuchen war darauf gegangen, ihre Bleistifte und Federhalter folgten. Einige
Taschentücher konnte sie noch entbehren; dann waren ihre kleinen Besitztümer verbraucht.
Bis auf die Porzellanfiguren und das Bilderbuch von der alten Demoiselle, aber als
sie davon sprach, erwiderte Hannes geringschätzig, daß man Porzellan nur bei Polter¬
abenden zum „Kaputtschmeißen" verwenden könnte, und Bilder hätte er niemals aus¬
stehn können. Also blieben diese Schätze in Aureus Koffer liegen, und als Haares
sich eines Morgens wegen eines Bleistifts mit ihr erzürnte und noch für den Nach¬
mittag ein besondres Geschenk verlangte, da führte Anneli den Gedanken aus, der
schon seit Tagen in ihrer Seele geschlummert hatte und nun hellauf erwacht war,
sie ging zu Herrn Peterlein und kaufte die schönsten Schlittschuhe des Ladens.
Auf Rechnung von Herrn Hofrat Pankow! sagte sie mit leicht zitternder Stimme.

Herr Peterlein hörte nicht das Zittern. Er sprang um Anneli herum, nannte
sie Fräulein und erzählte ihr, daß alle Prinzessinnen des königlichen Hauses die¬
selben Schlittschuhe gebrauchte», die Anneli jetzt tragen würde, pries noch eine feine
Lederputzdose an und einen Schleifstein, auf dem mau die stumpfgewordnen Eisen
von neuem schärfen könnte.

Anneli nahm alle diese Gegenstände und kaufte endlich noch ein Paar feine
Jungenschlittschuhe.

Zum Verschenke»! sagte sie großartig, und Herr Peterlein verbeugte sich lächelnd.

Das kleine Fräulein kann dem Herrn Onkel schon die Besorgungen abnehmen,
sagte er so liebevoll, daß Anneli sich noch einige Bleistifte, eine Tute mit Katha-
rinenpflciumen und eine mit dunkelm Kandiszucker geben ließ und hocherhobuen
Hauptes den Laden verließ.

Als sie dann wieder der geliebten Eisbahn zusteuerte, erlebte sie gleich eine Ent¬
täuschung. Nämlich die, daß Fred Roland, dem sie die hübschen Knabenschlittschuhe
anbot, das Geschenk erstaunt zurückwies.

Meine sind gut genug! sagte er, auf die alten Schuhe deutend, die er noch
in der Hand trug. Und überhaupt, Anneli, wo hast dn die feinen Dinger her?
Darfst du so etwas verschenken?

Anneli warf den Kopf in den Nacken.

Mein Onkel hat Geld genug! entgegnete sie trotzig.

So? Früher habe ich gehört, er sollte sehr knapp zu leben haben. Du hast
auch gesagt, wie arm du wärest. Ja, Hein, ich komme!

Und Fred nickte dem Pastorenjungen zu, der in elegantem Bogen über das
Eis sauste und einen Lockruf ausgestoßen hatte.

Anneli blieb allein am Seeufer stehn und betrachtete einigermaßen verdutzt die
neuen Schlittschuhe, mit denen sie Fred eine Freude hatte machen wollen. Bis
Hannes Heß bei ihr erschien, diese Schlittschuhe als wohlverdienten Lohn für seinen
Edelmut in Empfang nahm und dabei von oben herab bemerkte, daß Anneli nun
gewiß allein fertig werden würde.


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[0508] Menschenfrühling war es sehr bequem, nicht gefragt zu werden. Nun kam eine schöne Zeit. All¬ mählich legte sich eine Eisdecke über den ganzen See, der Ostwind blies beständig, und bald flimmerten die Eiszapfen überall. Rot ging die Sonne unter, rot ging sie auf; auf der Straße rasselten die Wagen über das hartgewordne Steinpflaster, und an den Fenstern blühten die Eisblumen. Onkel Willi schrieb, daß er vorläufig nicht wiederkommen könnte, weil er ein Buch drucken lassen müßte, und Anneli dachte seiner mit einem leichten Staunen. Wie konnte man Bücher drucken lassen, wenn die Welt so schön war? Wenn der See von der Polizei freigegeben war, und der Herr Bürgermeister schon ein Glas Punsch mitten auf dem Eise getrunken hatte? Wenn Anneli ihren Namen auf der glatten Fläche schreiben und Polka nach der Drehorgelmusik tanzen konnte, die jeden Nachmittag von einem halbblinden Mann ausgeführt wurde? Und alles wurde auf den alten Schlittschuhen von Haares Heß gemacht, der sich jedes¬ mal für das Leiden etwas bezahlen ließ. Anneli hatte bald nichts mehr. Ihr Weihnachtskuchen war darauf gegangen, ihre Bleistifte und Federhalter folgten. Einige Taschentücher konnte sie noch entbehren; dann waren ihre kleinen Besitztümer verbraucht. Bis auf die Porzellanfiguren und das Bilderbuch von der alten Demoiselle, aber als sie davon sprach, erwiderte Hannes geringschätzig, daß man Porzellan nur bei Polter¬ abenden zum „Kaputtschmeißen" verwenden könnte, und Bilder hätte er niemals aus¬ stehn können. Also blieben diese Schätze in Aureus Koffer liegen, und als Haares sich eines Morgens wegen eines Bleistifts mit ihr erzürnte und noch für den Nach¬ mittag ein besondres Geschenk verlangte, da führte Anneli den Gedanken aus, der schon seit Tagen in ihrer Seele geschlummert hatte und nun hellauf erwacht war, sie ging zu Herrn Peterlein und kaufte die schönsten Schlittschuhe des Ladens. Auf Rechnung von Herrn Hofrat Pankow! sagte sie mit leicht zitternder Stimme. Herr Peterlein hörte nicht das Zittern. Er sprang um Anneli herum, nannte sie Fräulein und erzählte ihr, daß alle Prinzessinnen des königlichen Hauses die¬ selben Schlittschuhe gebrauchte», die Anneli jetzt tragen würde, pries noch eine feine Lederputzdose an und einen Schleifstein, auf dem mau die stumpfgewordnen Eisen von neuem schärfen könnte. Anneli nahm alle diese Gegenstände und kaufte endlich noch ein Paar feine Jungenschlittschuhe. Zum Verschenke»! sagte sie großartig, und Herr Peterlein verbeugte sich lächelnd. Das kleine Fräulein kann dem Herrn Onkel schon die Besorgungen abnehmen, sagte er so liebevoll, daß Anneli sich noch einige Bleistifte, eine Tute mit Katha- rinenpflciumen und eine mit dunkelm Kandiszucker geben ließ und hocherhobuen Hauptes den Laden verließ. Als sie dann wieder der geliebten Eisbahn zusteuerte, erlebte sie gleich eine Ent¬ täuschung. Nämlich die, daß Fred Roland, dem sie die hübschen Knabenschlittschuhe anbot, das Geschenk erstaunt zurückwies. Meine sind gut genug! sagte er, auf die alten Schuhe deutend, die er noch in der Hand trug. Und überhaupt, Anneli, wo hast dn die feinen Dinger her? Darfst du so etwas verschenken? Anneli warf den Kopf in den Nacken. Mein Onkel hat Geld genug! entgegnete sie trotzig. So? Früher habe ich gehört, er sollte sehr knapp zu leben haben. Du hast auch gesagt, wie arm du wärest. Ja, Hein, ich komme! Und Fred nickte dem Pastorenjungen zu, der in elegantem Bogen über das Eis sauste und einen Lockruf ausgestoßen hatte. Anneli blieb allein am Seeufer stehn und betrachtete einigermaßen verdutzt die neuen Schlittschuhe, mit denen sie Fred eine Freude hatte machen wollen. Bis Hannes Heß bei ihr erschien, diese Schlittschuhe als wohlverdienten Lohn für seinen Edelmut in Empfang nahm und dabei von oben herab bemerkte, daß Anneli nun gewiß allein fertig werden würde.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299040/508>, abgerufen am 24.07.2024.