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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr.

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Die Strafstunde

und man im muntern Schritt dahinzieht, die Wissenschaft erörternd, die Köpfe
der Schüler prüfend, die Haltung des Ministeriums, besonders in Finanzfragen,
mißbilligend und gelegentlich auch über den "Chef" räsonierend, dann ist
das für den "Strafstündler" oder "Gefängmsdirektor" oder den "Präsidenten
des Unterhauses" ein besonders herzbeklemmender Moment. Wie gern wäre
er auch dabei! Wie drücken ihn alle die klugen Worte, die er nun hinter
dem Zaun seiner Zähne zurückhalten muß! Aber die Pflicht ruft, und wenn
die Schulglocke drei Uhr schlägt, da muß er da sem, um den Cerberus für die
allwöchentlich neu gefüllte Schulhölle vorzustellen, und all die Sünder zu be¬
wachen, die aus allen möglichen Klassen und aus den verschiedensten Ursachen
zusammenkommen und über denselben Strafkamm geschoren werden sollen.

Je nach der Stimmung greife ich also nach wissenschaftlicher oder andrer
Lektüre; denn die "Zeit muß ausgenutzt werden", und man glaubt es sich und
den Schülern, die dort büßen, schuldig zu sein, daß man ihnen ein gutes Bei¬
spiel gibt. In der schnöden Wirklichkeit ist es freilich anders; die ganze
Stunde vergeht im "Verwalter und Regieren", und unaufgeschnitten wandern
"Hermes" und "Neue Jahrbücher" wieder mit heim; höchstens daß man einen
Blick in die "Pädagogische Wochenchronik" wirft; denn der Genuß kritischer
Betrachtung des Bestehenden ist zu allen Zeiten möglich und willkommen.

Die Uhr hat ausgeschlagen, und in dem ach! so einsamen Lehrerzimmer
greife ich seufzend nach dem bewußten in ominöses Schwarz gebundnen Straf¬
buche. Trotz abmahnender, sogar köstlich gereimter In- und Vorschrift eines
geistvollen Vorgängers ist die Reihe der Sünder doch wieder lang, unendlich
lang! Mindestens zwei Seiten brauchten die Kollegen, um alle' die Namen
derer zu notieren, die aus irgendeiner Ursache (die sich freilich nicht immer
als ein in vierfacher Wurzel verankerter "zureichender Grund" darstellt) heute
"brummen" müssen. Natürlich habe ich auch meinen kleinen Privatärger:
denn es sollen auch Grund, Datum der Strafe und Aufgabe für die abzu¬
sitzende Arreststunde angegeben sein; in der letzten Kolumne findet sich aber
mehrfach der Eintrag: "X soll Schularbeiten machen!" oder "Bitte den Ä
nach Ermessen zu beschäftigen!" Auf Deutsch: man hatte keine Zeit oder keine
Lust gehabt, außer der Strafe auf ein nützliches Besserungsmittel oder eine
zweckentsprechende Beschäftigung zu denken.

Und so öffne ich denn die Tür! Empor schnellen alle die Sünder, deren
höchst schätzbarer Gesellschaft man "das Vergnügen verdankt, an dem schönen
Sonnabendnachmittag ein solches Übermaß an Pflichteifer entfalten zu dürfen.
Nachdem man das Katheder erreicht hat, beginnt die Feststellung der Präsenz.
Denn sollte man dies in unserm modernen Rechtsstaat für möglich halten?
es gibt immer noch hin und wieder einen rauhen Kanadier, besonders wenn
er die süßen Jahre der Tertianerzeit erreicht hat, der es vorzieht, sich seit¬
wärts in die Büsche zuschlagen, in der Hoffnung, daß "er" es entweder nicht
merkt oder vielleicht vergißt. Hat man dann wirklich alle seine Schüslein bei¬
sammen, so geht es an die Verteilung der Plätze, eine durchaus nicht un¬
wichtige Aufgabe. Denn auch hier sind "stille Ansammlungen menschlicher
Verworfenheit", wie sich mein pessimistischer Parallelordinarius auszudrücken
pflegt, schleunigst zu zerstreuen, und Schafe und Böcke nicht etwa zu trennen,
sondern in eine pädagogisch stilvolle Mischung zu bringen. Ist auch dieses
Werk vollbracht und besonders beachtet worden, daß nicht etwa zwei besonders
kluge Leute ein ebenso stilles wie vorteilhaftes Geschäftchen mit "Teilung der
Arbeit" und gelegentlichem Austausch geistiger Güter vollzieh", so beginnt die
Musterung der Arbeiten.

Hierbei findet nun das Talent der PolyHistorie, eine in unsrer Zeit des
Spezialistentums sonst überall längst veraltete Erscheinungsform, volle Be¬
rechtigung und reiche Gelegenheit, sich zu entfalten. Teilnahmvoll über-


Die Strafstunde

und man im muntern Schritt dahinzieht, die Wissenschaft erörternd, die Köpfe
der Schüler prüfend, die Haltung des Ministeriums, besonders in Finanzfragen,
mißbilligend und gelegentlich auch über den „Chef" räsonierend, dann ist
das für den „Strafstündler" oder „Gefängmsdirektor" oder den „Präsidenten
des Unterhauses" ein besonders herzbeklemmender Moment. Wie gern wäre
er auch dabei! Wie drücken ihn alle die klugen Worte, die er nun hinter
dem Zaun seiner Zähne zurückhalten muß! Aber die Pflicht ruft, und wenn
die Schulglocke drei Uhr schlägt, da muß er da sem, um den Cerberus für die
allwöchentlich neu gefüllte Schulhölle vorzustellen, und all die Sünder zu be¬
wachen, die aus allen möglichen Klassen und aus den verschiedensten Ursachen
zusammenkommen und über denselben Strafkamm geschoren werden sollen.

Je nach der Stimmung greife ich also nach wissenschaftlicher oder andrer
Lektüre; denn die „Zeit muß ausgenutzt werden", und man glaubt es sich und
den Schülern, die dort büßen, schuldig zu sein, daß man ihnen ein gutes Bei¬
spiel gibt. In der schnöden Wirklichkeit ist es freilich anders; die ganze
Stunde vergeht im „Verwalter und Regieren", und unaufgeschnitten wandern
„Hermes" und „Neue Jahrbücher" wieder mit heim; höchstens daß man einen
Blick in die „Pädagogische Wochenchronik" wirft; denn der Genuß kritischer
Betrachtung des Bestehenden ist zu allen Zeiten möglich und willkommen.

Die Uhr hat ausgeschlagen, und in dem ach! so einsamen Lehrerzimmer
greife ich seufzend nach dem bewußten in ominöses Schwarz gebundnen Straf¬
buche. Trotz abmahnender, sogar köstlich gereimter In- und Vorschrift eines
geistvollen Vorgängers ist die Reihe der Sünder doch wieder lang, unendlich
lang! Mindestens zwei Seiten brauchten die Kollegen, um alle' die Namen
derer zu notieren, die aus irgendeiner Ursache (die sich freilich nicht immer
als ein in vierfacher Wurzel verankerter „zureichender Grund" darstellt) heute
„brummen" müssen. Natürlich habe ich auch meinen kleinen Privatärger:
denn es sollen auch Grund, Datum der Strafe und Aufgabe für die abzu¬
sitzende Arreststunde angegeben sein; in der letzten Kolumne findet sich aber
mehrfach der Eintrag: „X soll Schularbeiten machen!" oder „Bitte den Ä
nach Ermessen zu beschäftigen!" Auf Deutsch: man hatte keine Zeit oder keine
Lust gehabt, außer der Strafe auf ein nützliches Besserungsmittel oder eine
zweckentsprechende Beschäftigung zu denken.

Und so öffne ich denn die Tür! Empor schnellen alle die Sünder, deren
höchst schätzbarer Gesellschaft man „das Vergnügen verdankt, an dem schönen
Sonnabendnachmittag ein solches Übermaß an Pflichteifer entfalten zu dürfen.
Nachdem man das Katheder erreicht hat, beginnt die Feststellung der Präsenz.
Denn sollte man dies in unserm modernen Rechtsstaat für möglich halten?
es gibt immer noch hin und wieder einen rauhen Kanadier, besonders wenn
er die süßen Jahre der Tertianerzeit erreicht hat, der es vorzieht, sich seit¬
wärts in die Büsche zuschlagen, in der Hoffnung, daß „er" es entweder nicht
merkt oder vielleicht vergißt. Hat man dann wirklich alle seine Schüslein bei¬
sammen, so geht es an die Verteilung der Plätze, eine durchaus nicht un¬
wichtige Aufgabe. Denn auch hier sind „stille Ansammlungen menschlicher
Verworfenheit", wie sich mein pessimistischer Parallelordinarius auszudrücken
pflegt, schleunigst zu zerstreuen, und Schafe und Böcke nicht etwa zu trennen,
sondern in eine pädagogisch stilvolle Mischung zu bringen. Ist auch dieses
Werk vollbracht und besonders beachtet worden, daß nicht etwa zwei besonders
kluge Leute ein ebenso stilles wie vorteilhaftes Geschäftchen mit „Teilung der
Arbeit" und gelegentlichem Austausch geistiger Güter vollzieh», so beginnt die
Musterung der Arbeiten.

Hierbei findet nun das Talent der PolyHistorie, eine in unsrer Zeit des
Spezialistentums sonst überall längst veraltete Erscheinungsform, volle Be¬
rechtigung und reiche Gelegenheit, sich zu entfalten. Teilnahmvoll über-


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[0443] Die Strafstunde und man im muntern Schritt dahinzieht, die Wissenschaft erörternd, die Köpfe der Schüler prüfend, die Haltung des Ministeriums, besonders in Finanzfragen, mißbilligend und gelegentlich auch über den „Chef" räsonierend, dann ist das für den „Strafstündler" oder „Gefängmsdirektor" oder den „Präsidenten des Unterhauses" ein besonders herzbeklemmender Moment. Wie gern wäre er auch dabei! Wie drücken ihn alle die klugen Worte, die er nun hinter dem Zaun seiner Zähne zurückhalten muß! Aber die Pflicht ruft, und wenn die Schulglocke drei Uhr schlägt, da muß er da sem, um den Cerberus für die allwöchentlich neu gefüllte Schulhölle vorzustellen, und all die Sünder zu be¬ wachen, die aus allen möglichen Klassen und aus den verschiedensten Ursachen zusammenkommen und über denselben Strafkamm geschoren werden sollen. Je nach der Stimmung greife ich also nach wissenschaftlicher oder andrer Lektüre; denn die „Zeit muß ausgenutzt werden", und man glaubt es sich und den Schülern, die dort büßen, schuldig zu sein, daß man ihnen ein gutes Bei¬ spiel gibt. In der schnöden Wirklichkeit ist es freilich anders; die ganze Stunde vergeht im „Verwalter und Regieren", und unaufgeschnitten wandern „Hermes" und „Neue Jahrbücher" wieder mit heim; höchstens daß man einen Blick in die „Pädagogische Wochenchronik" wirft; denn der Genuß kritischer Betrachtung des Bestehenden ist zu allen Zeiten möglich und willkommen. Die Uhr hat ausgeschlagen, und in dem ach! so einsamen Lehrerzimmer greife ich seufzend nach dem bewußten in ominöses Schwarz gebundnen Straf¬ buche. Trotz abmahnender, sogar köstlich gereimter In- und Vorschrift eines geistvollen Vorgängers ist die Reihe der Sünder doch wieder lang, unendlich lang! Mindestens zwei Seiten brauchten die Kollegen, um alle' die Namen derer zu notieren, die aus irgendeiner Ursache (die sich freilich nicht immer als ein in vierfacher Wurzel verankerter „zureichender Grund" darstellt) heute „brummen" müssen. Natürlich habe ich auch meinen kleinen Privatärger: denn es sollen auch Grund, Datum der Strafe und Aufgabe für die abzu¬ sitzende Arreststunde angegeben sein; in der letzten Kolumne findet sich aber mehrfach der Eintrag: „X soll Schularbeiten machen!" oder „Bitte den Ä nach Ermessen zu beschäftigen!" Auf Deutsch: man hatte keine Zeit oder keine Lust gehabt, außer der Strafe auf ein nützliches Besserungsmittel oder eine zweckentsprechende Beschäftigung zu denken. Und so öffne ich denn die Tür! Empor schnellen alle die Sünder, deren höchst schätzbarer Gesellschaft man „das Vergnügen verdankt, an dem schönen Sonnabendnachmittag ein solches Übermaß an Pflichteifer entfalten zu dürfen. Nachdem man das Katheder erreicht hat, beginnt die Feststellung der Präsenz. Denn sollte man dies in unserm modernen Rechtsstaat für möglich halten? es gibt immer noch hin und wieder einen rauhen Kanadier, besonders wenn er die süßen Jahre der Tertianerzeit erreicht hat, der es vorzieht, sich seit¬ wärts in die Büsche zuschlagen, in der Hoffnung, daß „er" es entweder nicht merkt oder vielleicht vergißt. Hat man dann wirklich alle seine Schüslein bei¬ sammen, so geht es an die Verteilung der Plätze, eine durchaus nicht un¬ wichtige Aufgabe. Denn auch hier sind „stille Ansammlungen menschlicher Verworfenheit", wie sich mein pessimistischer Parallelordinarius auszudrücken pflegt, schleunigst zu zerstreuen, und Schafe und Böcke nicht etwa zu trennen, sondern in eine pädagogisch stilvolle Mischung zu bringen. Ist auch dieses Werk vollbracht und besonders beachtet worden, daß nicht etwa zwei besonders kluge Leute ein ebenso stilles wie vorteilhaftes Geschäftchen mit „Teilung der Arbeit" und gelegentlichem Austausch geistiger Güter vollzieh», so beginnt die Musterung der Arbeiten. Hierbei findet nun das Talent der PolyHistorie, eine in unsrer Zeit des Spezialistentums sonst überall längst veraltete Erscheinungsform, volle Be¬ rechtigung und reiche Gelegenheit, sich zu entfalten. Teilnahmvoll über-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299040/443>, abgerufen am 27.06.2024.