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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr.

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geschichten, von Soldatenliteratur jeder Gestalt bestätigt. Da lag denn auch der
Plan schon lange nahe: die Verbreitung militärischer Kenntnisse, die Bekanntschaft
mit der Kriegsgeschichte durch Volksbücher systematisch zu fördern. Einen Teil
dieses Plans hat seit einiger Zeit der Verlag von B. Behr in Berlin mit einem
Sammelwerk verwirklicht, das sich "Erzieher des Preußischen Heeres" nennt
und von dem Generalleutnant z. D. von Pelee-Narbonne geleitet wird. Es will in
zwölf Bänden zunächst folgende Männer behandeln: 1. den Großen Kurfürsten,
2. König Friedrich Wilhelm den Ersten und den Fürsten Leopold von Anhalt-
Dessau, 3. König Friedrich den Großen, 4. Dorr, 5. Schcirnhorst, 6. Gneisenau,
7. Clausewitz, 8. Boyen, 9. den Prinzen Friedrich Karl von Preußen, 10/11. Kaiser
Wilhelm den Großen und Roon, 12. Moltke. Das Geleitwort sagt, das Ziel der
Sammlung sei "die Tätigkeit der hervorragendem Erzieher des Heeres für die
heutige Generation wirklich fruchtbar zu gestalten." Ein etwas dunkler Satz! Klarer
und weitergreifend wäre das Programm: den militärischen Geist im Volke zu ver¬
breiten und zu stärken durch gute literarische Bilder seiner bedeutendsten preußischen
Vertreter. Dann würde die Sammlung auch Platz für einen Blücher und für andre
Männer gehabt haben, die man mit Verwunderung in der Liste vermißt. Möglicher¬
weise hat sich die Leitung Änderungen des Plans vorbehalten. Dafür spricht der Um¬
stand, daß Clausewitz, der an der siebenten Stelle vorgezeichnet war, den achten Band
erhalten hat. Uns liegen bis jetzt nur die Bücher über diesen, über Friedrich den
Großen, über den Großen Kurfürsten, über Dort, Scharnhorst und Prinz Friedrich Karl
vor. Soweit sich danach die Durchführung des Unternehmens beurteilen läßt, arbeiten
die einzelnen Autoren ziemlich verschieden. Am wenigsten glücklich ist der Scharn¬
horst behandelnde Band nnsgefallen. Aktenmäßige Mitteilung des Materials müßte
vermieden und die Darstellung sämtlicher Heldengestalten einfach nach den zwei Fragen
gerichtet werden: 1. Worauf beruht ihre geschichtliche Größe? 2. Wie haben sie sich
entwickelt und gewirkt? Die Lösung der Aufgabe verlangt auf das Konkrete gerichtete,
bei reichem Wissen unverbildet klare Naturen. Die hat der militärische Stand von jeher
zahlreich erzeugt und demzufolge von Cäsars Lsllnm ^Ilieum bis auf Moltkes Deutsch-
französischen Krieg immer wieder mit schriftstellerischen Leistungen aufwarten können,
die in der gemeinverständlichen, fesselnden Darstellung von Fachfragen Muster bieten.
Zum Beweis, daß das preußische Offizierkorps noch heute solche Talente hat,
braucht nur an die Namen von der Goltz und Verdy du Veruois erinnert zu
werden, Verdy ist nach langer Pause kürzlich wieder mit einem nur kleinen, aber
wichtigen Schriftchen vor das Publikum getreten, das einen Teil der (hoffentlich
vollständig erscheinenden) Jugenderinnerungen des Generals bildet und den Titel
führt: "Der Zug nach Bronzell." Die Wichtigkeit dieser Arbeit beruht darauf,
daß sie unwillkürlich zeigt, wie unter dem schwankenden Sinne Friedrich Wilhelms
des Vierten die Sicherheit und der Geist in der Armeeführuug gelitten hatten.

Diesen deutschen Militärbüchern schließen wir noch ein ausländisches an: Die
Geschichte eines Soldatenlebens von Feldmarschall Viscount Wolseley.
(Autorisierte Übersetzung; Berlin, Karl Siegismund. 2 Bände.) Es ist ein Buch, das
man auch in eine Bibliothek von Romanen und Reisebeschreibungen größten Stils mit
einstellen könnte, und es ist nach allen Seiten hin englisch gestempelt, nicht zum wenigsten
auch in der Kunst des anschaulichen, kurzweiligen, Ernst und Komik bunt mischenden,
auf eine besondre Militärsprache vollständig verzichtenden Erzählens. Niemand wird
es ans der Hand legen ohne Respekt vor dem britischen Imperium und dem Welt¬
bürgerischeu Horizont, zu dem es seine Angehörigen erzieht. Heute in Aldershot,
kurz darauf in der Krim, dann in Indien, in Kanada, bei den Aschantis -- so
verläuft ein englisches Soldatenleben, so entsteht das Herrengefühl in den angel¬
sächsischen Köpfen. Respekt verlangt aber auch der Freimut, den das Jnselvolk der
Kritik öffentlicher Zustände einräumt. Nirgends auf dem Festlande würde eine Sprache
geduldet werden, wie sie Wolseley über sein heimisches Kriegsministerium, über das
englische Offizierkorps und über verwandte Themen führt. Doch kommt auch in


geschichten, von Soldatenliteratur jeder Gestalt bestätigt. Da lag denn auch der
Plan schon lange nahe: die Verbreitung militärischer Kenntnisse, die Bekanntschaft
mit der Kriegsgeschichte durch Volksbücher systematisch zu fördern. Einen Teil
dieses Plans hat seit einiger Zeit der Verlag von B. Behr in Berlin mit einem
Sammelwerk verwirklicht, das sich „Erzieher des Preußischen Heeres" nennt
und von dem Generalleutnant z. D. von Pelee-Narbonne geleitet wird. Es will in
zwölf Bänden zunächst folgende Männer behandeln: 1. den Großen Kurfürsten,
2. König Friedrich Wilhelm den Ersten und den Fürsten Leopold von Anhalt-
Dessau, 3. König Friedrich den Großen, 4. Dorr, 5. Schcirnhorst, 6. Gneisenau,
7. Clausewitz, 8. Boyen, 9. den Prinzen Friedrich Karl von Preußen, 10/11. Kaiser
Wilhelm den Großen und Roon, 12. Moltke. Das Geleitwort sagt, das Ziel der
Sammlung sei „die Tätigkeit der hervorragendem Erzieher des Heeres für die
heutige Generation wirklich fruchtbar zu gestalten." Ein etwas dunkler Satz! Klarer
und weitergreifend wäre das Programm: den militärischen Geist im Volke zu ver¬
breiten und zu stärken durch gute literarische Bilder seiner bedeutendsten preußischen
Vertreter. Dann würde die Sammlung auch Platz für einen Blücher und für andre
Männer gehabt haben, die man mit Verwunderung in der Liste vermißt. Möglicher¬
weise hat sich die Leitung Änderungen des Plans vorbehalten. Dafür spricht der Um¬
stand, daß Clausewitz, der an der siebenten Stelle vorgezeichnet war, den achten Band
erhalten hat. Uns liegen bis jetzt nur die Bücher über diesen, über Friedrich den
Großen, über den Großen Kurfürsten, über Dort, Scharnhorst und Prinz Friedrich Karl
vor. Soweit sich danach die Durchführung des Unternehmens beurteilen läßt, arbeiten
die einzelnen Autoren ziemlich verschieden. Am wenigsten glücklich ist der Scharn¬
horst behandelnde Band nnsgefallen. Aktenmäßige Mitteilung des Materials müßte
vermieden und die Darstellung sämtlicher Heldengestalten einfach nach den zwei Fragen
gerichtet werden: 1. Worauf beruht ihre geschichtliche Größe? 2. Wie haben sie sich
entwickelt und gewirkt? Die Lösung der Aufgabe verlangt auf das Konkrete gerichtete,
bei reichem Wissen unverbildet klare Naturen. Die hat der militärische Stand von jeher
zahlreich erzeugt und demzufolge von Cäsars Lsllnm ^Ilieum bis auf Moltkes Deutsch-
französischen Krieg immer wieder mit schriftstellerischen Leistungen aufwarten können,
die in der gemeinverständlichen, fesselnden Darstellung von Fachfragen Muster bieten.
Zum Beweis, daß das preußische Offizierkorps noch heute solche Talente hat,
braucht nur an die Namen von der Goltz und Verdy du Veruois erinnert zu
werden, Verdy ist nach langer Pause kürzlich wieder mit einem nur kleinen, aber
wichtigen Schriftchen vor das Publikum getreten, das einen Teil der (hoffentlich
vollständig erscheinenden) Jugenderinnerungen des Generals bildet und den Titel
führt: „Der Zug nach Bronzell." Die Wichtigkeit dieser Arbeit beruht darauf,
daß sie unwillkürlich zeigt, wie unter dem schwankenden Sinne Friedrich Wilhelms
des Vierten die Sicherheit und der Geist in der Armeeführuug gelitten hatten.

Diesen deutschen Militärbüchern schließen wir noch ein ausländisches an: Die
Geschichte eines Soldatenlebens von Feldmarschall Viscount Wolseley.
(Autorisierte Übersetzung; Berlin, Karl Siegismund. 2 Bände.) Es ist ein Buch, das
man auch in eine Bibliothek von Romanen und Reisebeschreibungen größten Stils mit
einstellen könnte, und es ist nach allen Seiten hin englisch gestempelt, nicht zum wenigsten
auch in der Kunst des anschaulichen, kurzweiligen, Ernst und Komik bunt mischenden,
auf eine besondre Militärsprache vollständig verzichtenden Erzählens. Niemand wird
es ans der Hand legen ohne Respekt vor dem britischen Imperium und dem Welt¬
bürgerischeu Horizont, zu dem es seine Angehörigen erzieht. Heute in Aldershot,
kurz darauf in der Krim, dann in Indien, in Kanada, bei den Aschantis — so
verläuft ein englisches Soldatenleben, so entsteht das Herrengefühl in den angel¬
sächsischen Köpfen. Respekt verlangt aber auch der Freimut, den das Jnselvolk der
Kritik öffentlicher Zustände einräumt. Nirgends auf dem Festlande würde eine Sprache
geduldet werden, wie sie Wolseley über sein heimisches Kriegsministerium, über das
englische Offizierkorps und über verwandte Themen führt. Doch kommt auch in


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[0354] geschichten, von Soldatenliteratur jeder Gestalt bestätigt. Da lag denn auch der Plan schon lange nahe: die Verbreitung militärischer Kenntnisse, die Bekanntschaft mit der Kriegsgeschichte durch Volksbücher systematisch zu fördern. Einen Teil dieses Plans hat seit einiger Zeit der Verlag von B. Behr in Berlin mit einem Sammelwerk verwirklicht, das sich „Erzieher des Preußischen Heeres" nennt und von dem Generalleutnant z. D. von Pelee-Narbonne geleitet wird. Es will in zwölf Bänden zunächst folgende Männer behandeln: 1. den Großen Kurfürsten, 2. König Friedrich Wilhelm den Ersten und den Fürsten Leopold von Anhalt- Dessau, 3. König Friedrich den Großen, 4. Dorr, 5. Schcirnhorst, 6. Gneisenau, 7. Clausewitz, 8. Boyen, 9. den Prinzen Friedrich Karl von Preußen, 10/11. Kaiser Wilhelm den Großen und Roon, 12. Moltke. Das Geleitwort sagt, das Ziel der Sammlung sei „die Tätigkeit der hervorragendem Erzieher des Heeres für die heutige Generation wirklich fruchtbar zu gestalten." Ein etwas dunkler Satz! Klarer und weitergreifend wäre das Programm: den militärischen Geist im Volke zu ver¬ breiten und zu stärken durch gute literarische Bilder seiner bedeutendsten preußischen Vertreter. Dann würde die Sammlung auch Platz für einen Blücher und für andre Männer gehabt haben, die man mit Verwunderung in der Liste vermißt. Möglicher¬ weise hat sich die Leitung Änderungen des Plans vorbehalten. Dafür spricht der Um¬ stand, daß Clausewitz, der an der siebenten Stelle vorgezeichnet war, den achten Band erhalten hat. Uns liegen bis jetzt nur die Bücher über diesen, über Friedrich den Großen, über den Großen Kurfürsten, über Dort, Scharnhorst und Prinz Friedrich Karl vor. Soweit sich danach die Durchführung des Unternehmens beurteilen läßt, arbeiten die einzelnen Autoren ziemlich verschieden. Am wenigsten glücklich ist der Scharn¬ horst behandelnde Band nnsgefallen. Aktenmäßige Mitteilung des Materials müßte vermieden und die Darstellung sämtlicher Heldengestalten einfach nach den zwei Fragen gerichtet werden: 1. Worauf beruht ihre geschichtliche Größe? 2. Wie haben sie sich entwickelt und gewirkt? Die Lösung der Aufgabe verlangt auf das Konkrete gerichtete, bei reichem Wissen unverbildet klare Naturen. Die hat der militärische Stand von jeher zahlreich erzeugt und demzufolge von Cäsars Lsllnm ^Ilieum bis auf Moltkes Deutsch- französischen Krieg immer wieder mit schriftstellerischen Leistungen aufwarten können, die in der gemeinverständlichen, fesselnden Darstellung von Fachfragen Muster bieten. Zum Beweis, daß das preußische Offizierkorps noch heute solche Talente hat, braucht nur an die Namen von der Goltz und Verdy du Veruois erinnert zu werden, Verdy ist nach langer Pause kürzlich wieder mit einem nur kleinen, aber wichtigen Schriftchen vor das Publikum getreten, das einen Teil der (hoffentlich vollständig erscheinenden) Jugenderinnerungen des Generals bildet und den Titel führt: „Der Zug nach Bronzell." Die Wichtigkeit dieser Arbeit beruht darauf, daß sie unwillkürlich zeigt, wie unter dem schwankenden Sinne Friedrich Wilhelms des Vierten die Sicherheit und der Geist in der Armeeführuug gelitten hatten. Diesen deutschen Militärbüchern schließen wir noch ein ausländisches an: Die Geschichte eines Soldatenlebens von Feldmarschall Viscount Wolseley. (Autorisierte Übersetzung; Berlin, Karl Siegismund. 2 Bände.) Es ist ein Buch, das man auch in eine Bibliothek von Romanen und Reisebeschreibungen größten Stils mit einstellen könnte, und es ist nach allen Seiten hin englisch gestempelt, nicht zum wenigsten auch in der Kunst des anschaulichen, kurzweiligen, Ernst und Komik bunt mischenden, auf eine besondre Militärsprache vollständig verzichtenden Erzählens. Niemand wird es ans der Hand legen ohne Respekt vor dem britischen Imperium und dem Welt¬ bürgerischeu Horizont, zu dem es seine Angehörigen erzieht. Heute in Aldershot, kurz darauf in der Krim, dann in Indien, in Kanada, bei den Aschantis — so verläuft ein englisches Soldatenleben, so entsteht das Herrengefühl in den angel¬ sächsischen Köpfen. Respekt verlangt aber auch der Freimut, den das Jnselvolk der Kritik öffentlicher Zustände einräumt. Nirgends auf dem Festlande würde eine Sprache geduldet werden, wie sie Wolseley über sein heimisches Kriegsministerium, über das englische Offizierkorps und über verwandte Themen führt. Doch kommt auch in

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299040/354>, abgerufen am 30.06.2024.