Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr.Die Festungen Europas Neue holländische Wasserlinie, Muiden, Utrecht, und als Spcrrforts: Wester- Während Luxemburg gar nicht mehr befestigt ist, hat die Schweiz ganz Mit zwei Hauptlandfronten hatte sich Deutschland gegen Frankreich und Die Festungen Europas Neue holländische Wasserlinie, Muiden, Utrecht, und als Spcrrforts: Wester- Während Luxemburg gar nicht mehr befestigt ist, hat die Schweiz ganz Mit zwei Hauptlandfronten hatte sich Deutschland gegen Frankreich und <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0199" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/299240"/> <fw type="header" place="top"> Die Festungen Europas</fw><lb/> <p xml:id="ID_895" prev="#ID_894"> Neue holländische Wasserlinie, Muiden, Utrecht, und als Spcrrforts: Wester-<lb/> voort an der Assel, Crevecoeur an der Maas u. n. Aber man hat berechnet,<lb/> daß als Besatzung aller dieser Festungen und Forts allein 100000 bis<lb/> 120000 Mann notwendig sein würden, eine Zahl, die das kleine Land kaum<lb/> würde stellen können. Einen guten Schutz hat es übrigens auch in dem ge¬<lb/> waltigen Kanalnetz, mit dessen Hilfe große Strecken Landes leicht unter Wasser<lb/> gesetzt werden können. Allerdings wird auch dieser Schutz illusorisch, wenn im<lb/> Winter diese Wasserflächen zufrieren. In Belgien sind Lüttich und Namur<lb/> große ältere Fortfestungen zur Sicherung der Maaslinie. Termonde sollte in<lb/> der letzten Zeit nach dem Wunsche der Regierung als wertvoll für den Schutz<lb/> Antwerpens verstärkt werden, aber die Kammer verweigerte die Geldmittel.<lb/> (Militärwochenblatt 1905, Sy. 2288.)</p><lb/> <p xml:id="ID_896"> Während Luxemburg gar nicht mehr befestigt ist, hat die Schweiz ganz<lb/> besondre Befestigungen. Offenbar find im Falle eines deutsch-französischen oder<lb/> eines österreichisch-französischen Krieges die den Alpen selbst vorgelagerten<lb/> niedrigern Teile in: Norden und im Nordwesten der Schweiz am meisten ge¬<lb/> fährdet. Ihr Schutz würde aber eine ungeheure Anzahl von Einzelanlagen fordern,<lb/> deren Erhaltung und wirksame Verteidigung dem kleinen Lande unmöglich wäre.<lb/> Die Schweiz hat sich deshalb darauf beschränkt, in den Alpen selbst, wohin<lb/> ein feindliches Heer nur mit sehr schwerer Mühe eindringen könnte, einen<lb/> Zufluchtsort zu schaffen, der in kriegerischen Zeiten die bewaffnete Miliz auf¬<lb/> nehmen und ihr einen Rückhalt gewähren könnte. Dieser liegt am Se. Gotthard,<lb/> wo er zugleich die wichtige Verbindungsstraße vom Norden nach Italien sperrt.<lb/> Im Jahre 1889 begonnen, sind die Gotthardbefestigungen mit der Zeit immer<lb/> größer und stärker ausgebaut worden. Daneben treten die andern ältern Sperr-<lb/> befestignngen durchaus zurück, die aus den Sperren bei Se. Maurice im<lb/> Rhonetal und bei Se. Luciensteig im Rheintal bestehn, dort wo dieses Tal<lb/> von der ostwestlichen Linie vom Engadin und vom Vintschgau über den Flüela-<lb/> paß nach dem Walensee und nach Zürich geschnitten wird. Zwei unbedeutendere<lb/> Feldstellungen werden noch vorbereitet zum Schutz der Kanäle zwischen Walen-<lb/> und Züricher See und zwischen Neuchateler und Vieler See.</p><lb/> <p xml:id="ID_897" next="#ID_898"> Mit zwei Hauptlandfronten hatte sich Deutschland gegen Frankreich und<lb/> gegen Rußland zu schützen, da das befreundete und verbündete Österreich, wie<lb/> es selbst keine Festungen an der Nordgrenze unterhält, anch auf deutscher Seite<lb/> keine nötig macht. Denn das kleine Königstein, das nur das Elbtal sperrt,<lb/> während alle andern böhmisch-sächsischen Pässe offen find, kann in keiner Weise<lb/> als hinreichende Greuzsicheruug angesehen werden. Ebenso hat auch Italien<lb/> seine zwei Landfronten zu sichern, gegen Frankreich und gegen das zurzeit<lb/> zwar verbündete, aber mancherlei Streitpunkte bietende Österreich. Zumeist<lb/> aber find es kleinere Sperrforts, die das Land gegen eine fremde unerwartete<lb/> Invasion schützen sollen. So finden wir im Westen eine große Reihe Forts<lb/> w Tale der Dora Balle« an der Straße vom Kleinen Se. Bernhard, im Tale<lb/> der Dom Riparia und des Chisone an der Mont-Cenisbahn und der Pa߬<lb/> straße des Mont Genevre, ferner im Sturatale (vorbereitet) und eine ganze<lb/> Gruppeubefestiguug am Col ti Tenda, durch den die neue Bahn von Turin</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0199]
Die Festungen Europas
Neue holländische Wasserlinie, Muiden, Utrecht, und als Spcrrforts: Wester-
voort an der Assel, Crevecoeur an der Maas u. n. Aber man hat berechnet,
daß als Besatzung aller dieser Festungen und Forts allein 100000 bis
120000 Mann notwendig sein würden, eine Zahl, die das kleine Land kaum
würde stellen können. Einen guten Schutz hat es übrigens auch in dem ge¬
waltigen Kanalnetz, mit dessen Hilfe große Strecken Landes leicht unter Wasser
gesetzt werden können. Allerdings wird auch dieser Schutz illusorisch, wenn im
Winter diese Wasserflächen zufrieren. In Belgien sind Lüttich und Namur
große ältere Fortfestungen zur Sicherung der Maaslinie. Termonde sollte in
der letzten Zeit nach dem Wunsche der Regierung als wertvoll für den Schutz
Antwerpens verstärkt werden, aber die Kammer verweigerte die Geldmittel.
(Militärwochenblatt 1905, Sy. 2288.)
Während Luxemburg gar nicht mehr befestigt ist, hat die Schweiz ganz
besondre Befestigungen. Offenbar find im Falle eines deutsch-französischen oder
eines österreichisch-französischen Krieges die den Alpen selbst vorgelagerten
niedrigern Teile in: Norden und im Nordwesten der Schweiz am meisten ge¬
fährdet. Ihr Schutz würde aber eine ungeheure Anzahl von Einzelanlagen fordern,
deren Erhaltung und wirksame Verteidigung dem kleinen Lande unmöglich wäre.
Die Schweiz hat sich deshalb darauf beschränkt, in den Alpen selbst, wohin
ein feindliches Heer nur mit sehr schwerer Mühe eindringen könnte, einen
Zufluchtsort zu schaffen, der in kriegerischen Zeiten die bewaffnete Miliz auf¬
nehmen und ihr einen Rückhalt gewähren könnte. Dieser liegt am Se. Gotthard,
wo er zugleich die wichtige Verbindungsstraße vom Norden nach Italien sperrt.
Im Jahre 1889 begonnen, sind die Gotthardbefestigungen mit der Zeit immer
größer und stärker ausgebaut worden. Daneben treten die andern ältern Sperr-
befestignngen durchaus zurück, die aus den Sperren bei Se. Maurice im
Rhonetal und bei Se. Luciensteig im Rheintal bestehn, dort wo dieses Tal
von der ostwestlichen Linie vom Engadin und vom Vintschgau über den Flüela-
paß nach dem Walensee und nach Zürich geschnitten wird. Zwei unbedeutendere
Feldstellungen werden noch vorbereitet zum Schutz der Kanäle zwischen Walen-
und Züricher See und zwischen Neuchateler und Vieler See.
Mit zwei Hauptlandfronten hatte sich Deutschland gegen Frankreich und
gegen Rußland zu schützen, da das befreundete und verbündete Österreich, wie
es selbst keine Festungen an der Nordgrenze unterhält, anch auf deutscher Seite
keine nötig macht. Denn das kleine Königstein, das nur das Elbtal sperrt,
während alle andern böhmisch-sächsischen Pässe offen find, kann in keiner Weise
als hinreichende Greuzsicheruug angesehen werden. Ebenso hat auch Italien
seine zwei Landfronten zu sichern, gegen Frankreich und gegen das zurzeit
zwar verbündete, aber mancherlei Streitpunkte bietende Österreich. Zumeist
aber find es kleinere Sperrforts, die das Land gegen eine fremde unerwartete
Invasion schützen sollen. So finden wir im Westen eine große Reihe Forts
w Tale der Dora Balle« an der Straße vom Kleinen Se. Bernhard, im Tale
der Dom Riparia und des Chisone an der Mont-Cenisbahn und der Pa߬
straße des Mont Genevre, ferner im Sturatale (vorbereitet) und eine ganze
Gruppeubefestiguug am Col ti Tenda, durch den die neue Bahn von Turin
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