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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Munde den Wert einer Anregung, die kaum erfolgt sein würde, wenn der Präsident
nicht sicher wäre, daß sie von beiden Staaten sympathisch aufgenommen werden
würde, mit der beiderseitigen Bereitwilligkeit zur Annäherung. Vergleicht man
seine Rede mit der fast gleichzeitigen des französischen Ministerpräsidenten in der
Deputiertenkammer zu Paris, so wird man bei dieser allerdings leicht erkennen,
daß sich Herr Bourgeois Mühe gibt, hinter den wohlwollenden Worten, die der
deutsche Reichskanzler im Reichstage über Frankreich geäußert hatte, nicht zurück¬
zubleiben. Aber irgendein direkter Hinweis oder auch nur der Ausdruck eines Wunsches
auf ein dauerndes Einvernehmen mit Deutschland ist in der Rede des französischen
Ministers nicht enthalten. Ob er einen Schritt weiter gegangen sein würde, wenn
er die Rede Roosevelts vorher gekannt hätte, muß dahingestellt bleiben. Man kann
sogar, wenn man die Rede unter eine sehr scharfe Lupe nehmen will, in der starken
Betonung des Zweibundes, den Frankreich in Algeciras auf die Probe gestellt
habe, eine politische Reserve gegenüber Deutschland finden, wie überhaupt in dem
etwas breiten Hinweise auf Frankreichs "Bündnisse und Freundschaften". Aber
wenn mau in Betracht zieht, daß für eine französische Regierung, zumal bei einem
solchen Anlaß, das Phrasenbedürfnis und die dekorative Ausstattung viel wichtiger
und notwendiger ist als für eine deutsche, so kann man solche Hinweise ohne
weiteres als Ausstattungsstücke von dem sonstigen Inhalt in Abzug bringen. Frank¬
reich ist seit einer Reihe von Jahren jeder deutschen Anregung auf ein gelegent¬
liches freundschaftliches Zusammengehn ausgewichen. Vielleicht gestaltet sich das jetzt
anders. Sowohl die Konferenz in Algeciras als diese neueste Kundgebung des
Präsidenten der Vereinigte:! Staaten machen erkennbar, daß eine Politik der Re¬
vanche und der Ranküne auf die ihr notwendigen internationalen Sympathien doch
nur in beschränktem Umfange zu rechnen hätte, und daß, wenn irgendeine Koalition
mit der Absicht umginge, eine größere Krisis zu entfesseln, sie sich vorher würde
vergewissern müssen, daß sie dabei nicht gegen die Wünsche und die Interessen
Amerikas verstieße. Große Konflikte werden ohnehin heutzutage kaum noch lokali¬
siert oder auch nur auf Europa beschränkt werden können. Sie werden dadurch
etwas unwahrscheinlicher oder enthalten die Gefahr, den größten Umfang an¬
zunehmen, vor denen der russisch-japanische Krieg ja nur mit Not und Mühe be¬
wahrt worden ist.

In Deutschland wird es wohl nur eine geringe Zahl ernster Politiker geben
-- und diese ausschließlich in den Kreisen der deutschen Landwirtschaft --, die
einem Bündnis mit Amerika oder einem einem Bündnisvertrage gleichwertigen Ver¬
hältnis nicht von ganzem Herzen zustimmen würden. Ob die Vereinigten Staaten
nach ihren Verfassungsverhttltnisseu überhaupt in der Lage sind, geschriebn? Schutz-
und Trutzbündnisse außerhalb des amerikanischen Kontinents einzugehn, ist, zumal
bei der fluktuierenden Zusammensetzung des Senats, dem die Entscheidung darüber
zusteht, eine schwer zu beantwortende Frage, die schon ans dem einen Grunde
bisher nicht praktisch geworden ist, weil den Vereinigten Staaten bis jetzt die Macht¬
mittel fehlten, außerhalb Amerikas mit Nachdruck kriegerisch auftreten zu können.
Die amerikanische Marine wächst erst allmählich in größere Aufgaben hinein, und
ein Landheer aufzustellen, das außerhalb der Vereinigten Staaten gegen eine
Großmacht zu operieren vermöchte, sind diese vorläufig wohl außerstande, oder
richtiger ausgedrückt, haben sie bisher noch nie die Absicht gehabt. Amerika wird
jedoch, nachdem es einmal seinen Platz im Rate der Mächte eingenommen hat und
mit allem Nachdruck behauptet, nicht umhin können, sich auch auf solche Möglich¬
keiten einzurichten, bei denen es die Wahrung seiner Interessen allein oder im
Bunde mit andern Mächten seiner Wehrkraft überlassen muß. Die amerikanische
Flotte reicht heute schon aus, sich deu europäischen Seemächten, die mit Amerika
oder dessen Freunden in Konflikt geraten sollten, recht unangenehm fühlbar zu
wachen, sodaß Freunde und Verbündete der Vereinigten Staaten keineswegs nur
auf deren diplomatische Hilfe angewiesen wären. Aber auch diese allein ist schon


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Munde den Wert einer Anregung, die kaum erfolgt sein würde, wenn der Präsident
nicht sicher wäre, daß sie von beiden Staaten sympathisch aufgenommen werden
würde, mit der beiderseitigen Bereitwilligkeit zur Annäherung. Vergleicht man
seine Rede mit der fast gleichzeitigen des französischen Ministerpräsidenten in der
Deputiertenkammer zu Paris, so wird man bei dieser allerdings leicht erkennen,
daß sich Herr Bourgeois Mühe gibt, hinter den wohlwollenden Worten, die der
deutsche Reichskanzler im Reichstage über Frankreich geäußert hatte, nicht zurück¬
zubleiben. Aber irgendein direkter Hinweis oder auch nur der Ausdruck eines Wunsches
auf ein dauerndes Einvernehmen mit Deutschland ist in der Rede des französischen
Ministers nicht enthalten. Ob er einen Schritt weiter gegangen sein würde, wenn
er die Rede Roosevelts vorher gekannt hätte, muß dahingestellt bleiben. Man kann
sogar, wenn man die Rede unter eine sehr scharfe Lupe nehmen will, in der starken
Betonung des Zweibundes, den Frankreich in Algeciras auf die Probe gestellt
habe, eine politische Reserve gegenüber Deutschland finden, wie überhaupt in dem
etwas breiten Hinweise auf Frankreichs „Bündnisse und Freundschaften". Aber
wenn mau in Betracht zieht, daß für eine französische Regierung, zumal bei einem
solchen Anlaß, das Phrasenbedürfnis und die dekorative Ausstattung viel wichtiger
und notwendiger ist als für eine deutsche, so kann man solche Hinweise ohne
weiteres als Ausstattungsstücke von dem sonstigen Inhalt in Abzug bringen. Frank¬
reich ist seit einer Reihe von Jahren jeder deutschen Anregung auf ein gelegent¬
liches freundschaftliches Zusammengehn ausgewichen. Vielleicht gestaltet sich das jetzt
anders. Sowohl die Konferenz in Algeciras als diese neueste Kundgebung des
Präsidenten der Vereinigte:! Staaten machen erkennbar, daß eine Politik der Re¬
vanche und der Ranküne auf die ihr notwendigen internationalen Sympathien doch
nur in beschränktem Umfange zu rechnen hätte, und daß, wenn irgendeine Koalition
mit der Absicht umginge, eine größere Krisis zu entfesseln, sie sich vorher würde
vergewissern müssen, daß sie dabei nicht gegen die Wünsche und die Interessen
Amerikas verstieße. Große Konflikte werden ohnehin heutzutage kaum noch lokali¬
siert oder auch nur auf Europa beschränkt werden können. Sie werden dadurch
etwas unwahrscheinlicher oder enthalten die Gefahr, den größten Umfang an¬
zunehmen, vor denen der russisch-japanische Krieg ja nur mit Not und Mühe be¬
wahrt worden ist.

In Deutschland wird es wohl nur eine geringe Zahl ernster Politiker geben
— und diese ausschließlich in den Kreisen der deutschen Landwirtschaft —, die
einem Bündnis mit Amerika oder einem einem Bündnisvertrage gleichwertigen Ver¬
hältnis nicht von ganzem Herzen zustimmen würden. Ob die Vereinigten Staaten
nach ihren Verfassungsverhttltnisseu überhaupt in der Lage sind, geschriebn? Schutz-
und Trutzbündnisse außerhalb des amerikanischen Kontinents einzugehn, ist, zumal
bei der fluktuierenden Zusammensetzung des Senats, dem die Entscheidung darüber
zusteht, eine schwer zu beantwortende Frage, die schon ans dem einen Grunde
bisher nicht praktisch geworden ist, weil den Vereinigten Staaten bis jetzt die Macht¬
mittel fehlten, außerhalb Amerikas mit Nachdruck kriegerisch auftreten zu können.
Die amerikanische Marine wächst erst allmählich in größere Aufgaben hinein, und
ein Landheer aufzustellen, das außerhalb der Vereinigten Staaten gegen eine
Großmacht zu operieren vermöchte, sind diese vorläufig wohl außerstande, oder
richtiger ausgedrückt, haben sie bisher noch nie die Absicht gehabt. Amerika wird
jedoch, nachdem es einmal seinen Platz im Rate der Mächte eingenommen hat und
mit allem Nachdruck behauptet, nicht umhin können, sich auch auf solche Möglich¬
keiten einzurichten, bei denen es die Wahrung seiner Interessen allein oder im
Bunde mit andern Mächten seiner Wehrkraft überlassen muß. Die amerikanische
Flotte reicht heute schon aus, sich deu europäischen Seemächten, die mit Amerika
oder dessen Freunden in Konflikt geraten sollten, recht unangenehm fühlbar zu
wachen, sodaß Freunde und Verbündete der Vereinigten Staaten keineswegs nur
auf deren diplomatische Hilfe angewiesen wären. Aber auch diese allein ist schon


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[0175] Maßgebliches und Unmaßgebliches Munde den Wert einer Anregung, die kaum erfolgt sein würde, wenn der Präsident nicht sicher wäre, daß sie von beiden Staaten sympathisch aufgenommen werden würde, mit der beiderseitigen Bereitwilligkeit zur Annäherung. Vergleicht man seine Rede mit der fast gleichzeitigen des französischen Ministerpräsidenten in der Deputiertenkammer zu Paris, so wird man bei dieser allerdings leicht erkennen, daß sich Herr Bourgeois Mühe gibt, hinter den wohlwollenden Worten, die der deutsche Reichskanzler im Reichstage über Frankreich geäußert hatte, nicht zurück¬ zubleiben. Aber irgendein direkter Hinweis oder auch nur der Ausdruck eines Wunsches auf ein dauerndes Einvernehmen mit Deutschland ist in der Rede des französischen Ministers nicht enthalten. Ob er einen Schritt weiter gegangen sein würde, wenn er die Rede Roosevelts vorher gekannt hätte, muß dahingestellt bleiben. Man kann sogar, wenn man die Rede unter eine sehr scharfe Lupe nehmen will, in der starken Betonung des Zweibundes, den Frankreich in Algeciras auf die Probe gestellt habe, eine politische Reserve gegenüber Deutschland finden, wie überhaupt in dem etwas breiten Hinweise auf Frankreichs „Bündnisse und Freundschaften". Aber wenn mau in Betracht zieht, daß für eine französische Regierung, zumal bei einem solchen Anlaß, das Phrasenbedürfnis und die dekorative Ausstattung viel wichtiger und notwendiger ist als für eine deutsche, so kann man solche Hinweise ohne weiteres als Ausstattungsstücke von dem sonstigen Inhalt in Abzug bringen. Frank¬ reich ist seit einer Reihe von Jahren jeder deutschen Anregung auf ein gelegent¬ liches freundschaftliches Zusammengehn ausgewichen. Vielleicht gestaltet sich das jetzt anders. Sowohl die Konferenz in Algeciras als diese neueste Kundgebung des Präsidenten der Vereinigte:! Staaten machen erkennbar, daß eine Politik der Re¬ vanche und der Ranküne auf die ihr notwendigen internationalen Sympathien doch nur in beschränktem Umfange zu rechnen hätte, und daß, wenn irgendeine Koalition mit der Absicht umginge, eine größere Krisis zu entfesseln, sie sich vorher würde vergewissern müssen, daß sie dabei nicht gegen die Wünsche und die Interessen Amerikas verstieße. Große Konflikte werden ohnehin heutzutage kaum noch lokali¬ siert oder auch nur auf Europa beschränkt werden können. Sie werden dadurch etwas unwahrscheinlicher oder enthalten die Gefahr, den größten Umfang an¬ zunehmen, vor denen der russisch-japanische Krieg ja nur mit Not und Mühe be¬ wahrt worden ist. In Deutschland wird es wohl nur eine geringe Zahl ernster Politiker geben — und diese ausschließlich in den Kreisen der deutschen Landwirtschaft —, die einem Bündnis mit Amerika oder einem einem Bündnisvertrage gleichwertigen Ver¬ hältnis nicht von ganzem Herzen zustimmen würden. Ob die Vereinigten Staaten nach ihren Verfassungsverhttltnisseu überhaupt in der Lage sind, geschriebn? Schutz- und Trutzbündnisse außerhalb des amerikanischen Kontinents einzugehn, ist, zumal bei der fluktuierenden Zusammensetzung des Senats, dem die Entscheidung darüber zusteht, eine schwer zu beantwortende Frage, die schon ans dem einen Grunde bisher nicht praktisch geworden ist, weil den Vereinigten Staaten bis jetzt die Macht¬ mittel fehlten, außerhalb Amerikas mit Nachdruck kriegerisch auftreten zu können. Die amerikanische Marine wächst erst allmählich in größere Aufgaben hinein, und ein Landheer aufzustellen, das außerhalb der Vereinigten Staaten gegen eine Großmacht zu operieren vermöchte, sind diese vorläufig wohl außerstande, oder richtiger ausgedrückt, haben sie bisher noch nie die Absicht gehabt. Amerika wird jedoch, nachdem es einmal seinen Platz im Rate der Mächte eingenommen hat und mit allem Nachdruck behauptet, nicht umhin können, sich auch auf solche Möglich¬ keiten einzurichten, bei denen es die Wahrung seiner Interessen allein oder im Bunde mit andern Mächten seiner Wehrkraft überlassen muß. Die amerikanische Flotte reicht heute schon aus, sich deu europäischen Seemächten, die mit Amerika oder dessen Freunden in Konflikt geraten sollten, recht unangenehm fühlbar zu wachen, sodaß Freunde und Verbündete der Vereinigten Staaten keineswegs nur auf deren diplomatische Hilfe angewiesen wären. Aber auch diese allein ist schon

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299040/175>, abgerufen am 04.07.2024.