Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Zlnastasins Grün

und Spruchartigcs" zählt zu dem Besten, was auf diesem Gebiete bisher ge¬
leistet worden ist. Sie bietet Lebensregeln und Weishcitsworte in knappster

Form, zum Beispiel:

und:

Der Titel der Gcsamtdichtung hat eine symbolische Bedeutung. Der greise
Dichter wollte damit sagen, daß er nicht mehr wie einst die Höhen ersteigen
könne, sondern darauf beschränkt sei, von der Veranda aus Natur und Leben
zu betrachten. Aber der Dichter ist, wie auch diese Früchte seines Alters
zeigen, seinen Überzeugungen treu geblieben. Nie hat er den Kampf gescheut;
immer trat er den Gegnern, die er gar nicht missen mochte, im Bewußtsein
seiner guten Sache mit männlichem Mut entgegen. Noch in dieser Veranda-
sammluug sprach er seine "Parole" ans:

[Beginn Spaltensatz] Man schreibt aus manchen Stein:
"Er hatte keinen Feind!"
Als Lobspruch ists gemeint,
Doch schließts viel Schlimmes ein.
Es klänge grad so gut:
Ihm fehlte Herz und Blut,
Er ließ wie Kies sich treten,
Er ließ wie Ton sich kneten, [Spaltenumbruch] Sein Aug' war blind dem Lichte,
Sein Mund war stumm dem Wichte!
O raubt mir nicht am Grabe
Noch meine beste Habe,
Die Feinde, deren Zorn
Mein Stolz, "nein Schmuck, mein Sporn!
Von jenem Worte rein
Laßt meinen Stein! [Ende Spaltensatz]

Wie er einst in jungen Jahren das Luthertum gefeiert hatte, so auch noch
hier im greisen Haare:

[Beginn Spaltensatz] Das Licht, entquollen einst in Strahlen
Dem Lcimpchen jenes Bergmannssohns,
Es flog von, Schacht zu Höhn des Throns
Und leuchtet' einst auch diesen Taler. Sie heimsen ein; wel
Hei, wie der Peterspf
Doch wo des Tctzels
Wird auch nicht fern [Spaltenumbruch] Gesalbte Schergen doch zertraten
Mit plumpem Fuß den Funkenrest,
Die Finsternis begann ihr Fest,
Und Geistesmacht reift' ihre Saaten.
ch lustig Treiben!
ennig springt!
Büchse klingt,
der Luther bleiben!

In wunderbarer Frische und Energie trotz seiner beinahe siebzig Jahre be¬
kannte er seineu alten Glauben:

[Beginn Spaltensatz] Glauben an die Sonnenkraft.
Die in- Menschengeiste lodert,
Glauben an den Lenz in Haft,
Der sein Recht des Freien fodert! Glauben an das Vaterland,
An das alte, große, eine,
Ob aus ein gerissnes Band
Heute noch manch Auge weine! [Spaltenumbruch] Was da strebt, blüht und gedeiht.
spiegle klar und treu mem Auge.
Das die junge, neue Ze-t
Voll und freudig in sich sauge. Und ihr Bild, noch halt ichs fest
Mit den frischen Farben allen.
Wenn die müde Wimper läßt
Drüber ehren Vorhang fallen! [Ende Spaltensatz]

Zlnastasins Grün

und Spruchartigcs" zählt zu dem Besten, was auf diesem Gebiete bisher ge¬
leistet worden ist. Sie bietet Lebensregeln und Weishcitsworte in knappster

Form, zum Beispiel:

und:

Der Titel der Gcsamtdichtung hat eine symbolische Bedeutung. Der greise
Dichter wollte damit sagen, daß er nicht mehr wie einst die Höhen ersteigen
könne, sondern darauf beschränkt sei, von der Veranda aus Natur und Leben
zu betrachten. Aber der Dichter ist, wie auch diese Früchte seines Alters
zeigen, seinen Überzeugungen treu geblieben. Nie hat er den Kampf gescheut;
immer trat er den Gegnern, die er gar nicht missen mochte, im Bewußtsein
seiner guten Sache mit männlichem Mut entgegen. Noch in dieser Veranda-
sammluug sprach er seine „Parole" ans:

[Beginn Spaltensatz] Man schreibt aus manchen Stein:
„Er hatte keinen Feind!"
Als Lobspruch ists gemeint,
Doch schließts viel Schlimmes ein.
Es klänge grad so gut:
Ihm fehlte Herz und Blut,
Er ließ wie Kies sich treten,
Er ließ wie Ton sich kneten, [Spaltenumbruch] Sein Aug' war blind dem Lichte,
Sein Mund war stumm dem Wichte!
O raubt mir nicht am Grabe
Noch meine beste Habe,
Die Feinde, deren Zorn
Mein Stolz, »nein Schmuck, mein Sporn!
Von jenem Worte rein
Laßt meinen Stein! [Ende Spaltensatz]

Wie er einst in jungen Jahren das Luthertum gefeiert hatte, so auch noch
hier im greisen Haare:

[Beginn Spaltensatz] Das Licht, entquollen einst in Strahlen
Dem Lcimpchen jenes Bergmannssohns,
Es flog von, Schacht zu Höhn des Throns
Und leuchtet' einst auch diesen Taler. Sie heimsen ein; wel
Hei, wie der Peterspf
Doch wo des Tctzels
Wird auch nicht fern [Spaltenumbruch] Gesalbte Schergen doch zertraten
Mit plumpem Fuß den Funkenrest,
Die Finsternis begann ihr Fest,
Und Geistesmacht reift' ihre Saaten.
ch lustig Treiben!
ennig springt!
Büchse klingt,
der Luther bleiben!

In wunderbarer Frische und Energie trotz seiner beinahe siebzig Jahre be¬
kannte er seineu alten Glauben:

[Beginn Spaltensatz] Glauben an die Sonnenkraft.
Die in- Menschengeiste lodert,
Glauben an den Lenz in Haft,
Der sein Recht des Freien fodert! Glauben an das Vaterland,
An das alte, große, eine,
Ob aus ein gerissnes Band
Heute noch manch Auge weine! [Spaltenumbruch] Was da strebt, blüht und gedeiht.
spiegle klar und treu mem Auge.
Das die junge, neue Ze-t
Voll und freudig in sich sauge. Und ihr Bild, noch halt ichs fest
Mit den frischen Farben allen.
Wenn die müde Wimper läßt
Drüber ehren Vorhang fallen! [Ende Spaltensatz]

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0149" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/299190"/>
          <fw type="header" place="top"> Zlnastasins Grün</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_593" prev="#ID_592" next="#ID_594"> und Spruchartigcs" zählt zu dem Besten, was auf diesem Gebiete bisher ge¬<lb/>
leistet worden ist.  Sie bietet Lebensregeln und Weishcitsworte in knappster</p><lb/>
          <p xml:id="ID_594" prev="#ID_593" next="#ID_595"> Form, zum Beispiel: </p><lb/>
          <lg xml:id="POEMID_30" type="poem">
            <l/>
          </lg><lb/>
          <p xml:id="ID_595" prev="#ID_594"> und:</p><lb/>
          <lg xml:id="POEMID_31" type="poem">
            <l/>
          </lg><lb/>
          <p xml:id="ID_596" next="#ID_597"> Der Titel der Gcsamtdichtung hat eine symbolische Bedeutung. Der greise<lb/>
Dichter wollte damit sagen, daß er nicht mehr wie einst die Höhen ersteigen<lb/>
könne, sondern darauf beschränkt sei, von der Veranda aus Natur und Leben<lb/>
zu betrachten. Aber der Dichter ist, wie auch diese Früchte seines Alters<lb/>
zeigen, seinen Überzeugungen treu geblieben. Nie hat er den Kampf gescheut;<lb/>
immer trat er den Gegnern, die er gar nicht missen mochte, im Bewußtsein<lb/>
seiner guten Sache mit männlichem Mut entgegen. Noch in dieser Veranda-<lb/>
sammluug sprach er seine &#x201E;Parole" ans:</p><lb/>
          <lg xml:id="POEMID_32" type="poem">
            <l><cb type="start"/>
Man schreibt aus manchen Stein:<lb/>
&#x201E;Er hatte keinen Feind!"<lb/>
Als Lobspruch ists gemeint,<lb/>
Doch schließts viel Schlimmes ein.<lb/>
Es klänge grad so gut:<lb/>
Ihm fehlte Herz und Blut,<lb/>
Er ließ wie Kies sich treten,<lb/>
Er ließ wie Ton sich kneten,      <cb/>
Sein Aug' war blind dem Lichte,<lb/>
Sein Mund war stumm dem Wichte!<lb/>
O raubt mir nicht am Grabe<lb/>
Noch meine beste Habe,<lb/>
Die Feinde, deren Zorn<lb/>
Mein Stolz, »nein Schmuck, mein Sporn!<lb/>
Von jenem Worte rein<lb/>
Laßt meinen Stein!  <cb type="end"/>
</l>
          </lg><lb/>
          <p xml:id="ID_597" prev="#ID_596" next="#ID_598"> Wie er einst in jungen Jahren das Luthertum gefeiert hatte, so auch noch<lb/>
hier im greisen Haare:</p><lb/>
          <lg xml:id="POEMID_33" type="poem">
            <l><cb type="start"/>
Das Licht, entquollen einst in Strahlen<lb/>
Dem Lcimpchen jenes Bergmannssohns,<lb/>
Es flog von, Schacht zu Höhn des Throns<lb/>
Und leuchtet' einst auch diesen Taler. Sie heimsen ein; wel<lb/>
Hei, wie der Peterspf<lb/>
Doch wo des Tctzels<lb/>
Wird auch nicht fern <cb/>
Gesalbte Schergen doch zertraten<lb/>
Mit plumpem Fuß den Funkenrest,<lb/>
Die Finsternis begann ihr Fest,<lb/>
Und Geistesmacht reift' ihre Saaten.<lb/>
ch lustig Treiben!<lb/>
ennig springt!<lb/>
Büchse klingt,<lb/>
der Luther bleiben! </l>
          </lg><lb/>
          <p xml:id="ID_598" prev="#ID_597" next="#ID_599"> In wunderbarer Frische und Energie trotz seiner beinahe siebzig Jahre be¬<lb/>
kannte er seineu alten Glauben:</p><lb/>
          <lg xml:id="POEMID_34" type="poem">
            <l><cb type="start"/>
Glauben an die Sonnenkraft.<lb/>
Die in- Menschengeiste lodert,<lb/>
Glauben an den Lenz in Haft,<lb/>
Der sein Recht des Freien fodert! Glauben an das Vaterland,<lb/>
An das alte, große, eine,<lb/>
Ob aus ein gerissnes Band<lb/>
Heute noch manch Auge weine! <cb/>
Was da strebt, blüht und gedeiht.<lb/>
spiegle klar und treu mem Auge.<lb/>
Das die junge, neue Ze-t<lb/>
Voll und freudig in sich sauge. Und ihr Bild, noch halt ichs fest<lb/>
Mit den frischen Farben allen.<lb/>
Wenn die müde Wimper läßt<lb/>
Drüber ehren Vorhang fallen! <cb type="end"/>
</l>
          </lg><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0149] Zlnastasins Grün und Spruchartigcs" zählt zu dem Besten, was auf diesem Gebiete bisher ge¬ leistet worden ist. Sie bietet Lebensregeln und Weishcitsworte in knappster Form, zum Beispiel: und: Der Titel der Gcsamtdichtung hat eine symbolische Bedeutung. Der greise Dichter wollte damit sagen, daß er nicht mehr wie einst die Höhen ersteigen könne, sondern darauf beschränkt sei, von der Veranda aus Natur und Leben zu betrachten. Aber der Dichter ist, wie auch diese Früchte seines Alters zeigen, seinen Überzeugungen treu geblieben. Nie hat er den Kampf gescheut; immer trat er den Gegnern, die er gar nicht missen mochte, im Bewußtsein seiner guten Sache mit männlichem Mut entgegen. Noch in dieser Veranda- sammluug sprach er seine „Parole" ans: Man schreibt aus manchen Stein: „Er hatte keinen Feind!" Als Lobspruch ists gemeint, Doch schließts viel Schlimmes ein. Es klänge grad so gut: Ihm fehlte Herz und Blut, Er ließ wie Kies sich treten, Er ließ wie Ton sich kneten, Sein Aug' war blind dem Lichte, Sein Mund war stumm dem Wichte! O raubt mir nicht am Grabe Noch meine beste Habe, Die Feinde, deren Zorn Mein Stolz, »nein Schmuck, mein Sporn! Von jenem Worte rein Laßt meinen Stein! Wie er einst in jungen Jahren das Luthertum gefeiert hatte, so auch noch hier im greisen Haare: Das Licht, entquollen einst in Strahlen Dem Lcimpchen jenes Bergmannssohns, Es flog von, Schacht zu Höhn des Throns Und leuchtet' einst auch diesen Taler. Sie heimsen ein; wel Hei, wie der Peterspf Doch wo des Tctzels Wird auch nicht fern Gesalbte Schergen doch zertraten Mit plumpem Fuß den Funkenrest, Die Finsternis begann ihr Fest, Und Geistesmacht reift' ihre Saaten. ch lustig Treiben! ennig springt! Büchse klingt, der Luther bleiben! In wunderbarer Frische und Energie trotz seiner beinahe siebzig Jahre be¬ kannte er seineu alten Glauben: Glauben an die Sonnenkraft. Die in- Menschengeiste lodert, Glauben an den Lenz in Haft, Der sein Recht des Freien fodert! Glauben an das Vaterland, An das alte, große, eine, Ob aus ein gerissnes Band Heute noch manch Auge weine! Was da strebt, blüht und gedeiht. spiegle klar und treu mem Auge. Das die junge, neue Ze-t Voll und freudig in sich sauge. Und ihr Bild, noch halt ichs fest Mit den frischen Farben allen. Wenn die müde Wimper läßt Drüber ehren Vorhang fallen!

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299040
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299040/149
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299040/149>, abgerufen am 27.12.2024.