Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr.Die Mobilmachung von 1.370 "Die Dringlichkeit der Umstände und die gewissenhafte Überzeugung, daß ohne Erwähnt darf noch werden, daß der Gang der Formation bei den Hatten schon auf diesem Gebiete Reibungen zwischen dem Generalstab und Die Mobilmachung von 1.370 „Die Dringlichkeit der Umstände und die gewissenhafte Überzeugung, daß ohne Erwähnt darf noch werden, daß der Gang der Formation bei den Hatten schon auf diesem Gebiete Reibungen zwischen dem Generalstab und <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0082" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/87559"/> <fw type="header" place="top"> Die Mobilmachung von 1.370</fw><lb/> <p xml:id="ID_299" prev="#ID_298"> „Die Dringlichkeit der Umstände und die gewissenhafte Überzeugung, daß ohne<lb/> eine erhebliche Anstrengung, selbst über die für Friedensverhältnisse<lb/> bestehende gesetzliche Verpflichtung hinaus, es den deutschen Armeen<lb/> auf die Dauer nur schwer gelingen kann, die bisher durch einen beispiellos<lb/> glücklichen Feldzug erreichten Resultate zu behaupten und auszubeuten, veran¬<lb/> lassen mich zu einer Wiederholung meiner ergebensten Vorstellung vom 8.<lb/> dieses Monats. Ich gestatte mir hierbei gleichzeitig, ein vorläufiges Minimum<lb/> der Leistung, die unverzügliche Aufstellung von etwa 100 Bataillonen zu<lb/> 600 Manu in Anregung zu bringen." Er schloß mit der Mitteilung, daß er<lb/> sich verpflichtet halte, die Angelegenheit bei einem der nächsten Jmmediat-<lb/> vortrüge zur Sprache zu bringen. Roon geriet durch dieses Verlangen in<lb/> eine gewisse Erregung, da er und das Kriegsministerium alleu irgendwie mit<lb/> den Rücksichten auf die wichtige Ausbildung des Ersatzes sowie die innere<lb/> Sicherheit des Vaterlandes zu vereinbarenden Forderungen Moltkes bis an<lb/> die Grenze des Möglichen entsprochen hatten, oft ihnen zuvorgekommen waren.<lb/> Von der Formierung vierter Feldbataillone aus den Ersatzbataillonen, die<lb/> schon einmal erwogen worden war, mußte Abstand genommen werden, da an<lb/> Unteroffizieren nicht weniger als 630 fehlten. Es blieb also nur übrig, all-<lb/> mühlich Landwehrbataillone für den Dienst in Frankreich verfügbar zu macheu.<lb/> An Besatzuugstruppen sind vom Norddeutschen Bunde schließlich 141 Ba¬<lb/> taillone Infanterie, 2 Nescrvejägerbataillone, 16 Reservekavallerieregimenter,<lb/> 39 Ncservebatterien, 63 Festungsartilleriekompagnien und 31 Festungspionier-<lb/> kompagnien in Frankreich verwandt worden.</p><lb/> <p xml:id="ID_300"> Erwähnt darf noch werden, daß der Gang der Formation bei den<lb/> Garnisonbataillonen, wo es sich darum handelte, aus ehemaligen Kavalleristen,<lb/> Artilleristen und Marinemannschaften Jnfanteriebataillone herzustellen, stellen¬<lb/> weise langsam war. Die Erschöpfung der Vorräte an Beklcidungs- und Aus¬<lb/> rüstungsstücken, der sehr strenge Winter und die beschränktere Leistungsfähig¬<lb/> keit der meist im vorgeschrittnen Lebensalter stehenden, dem Dienst seit Jahren<lb/> vollständig entfremdeten Offiziere haben dazu das ihrige beigetragen. Hierzu<lb/> kam, daß in den neuen Provinzen die den ältesten Jahrgängen der Landwehr<lb/> angehörenden Mannschaften nicht nach preußischem Reglement und auch nicht<lb/> mit dem Zündnadelgewehr ausgebildet waren. Doch wird, was die ehemaligen<lb/> dünischen Soldaten anlangt, deren Ordnungsliebe, Willigkeit und Nüchternheit<lb/> lobend hervorgehoben.</p><lb/> <p xml:id="ID_301" next="#ID_302"> Hatten schon auf diesem Gebiete Reibungen zwischen dem Generalstab und<lb/> dem Kriegsminister bestanden, so steigerten sie sich ganz bedeutend bei der<lb/> Molnlmachuug der Festungsartillerie und des Belagcruugstrains, insbesondre,<lb/> wie bekannt ist, bei der Belagerung von Paris. Schon am 19. Juli hatte<lb/> Roon angeordnet, den Belagcruugstrain schleunigst so in Bereitschaft zu setzen,<lb/> daß er nach weiteren Befehl sogleich verladen und abgesandt werden könnte.<lb/> Am 2. August teilte er mit, daß es notwendig werde, die Mobilmachung<lb/> eines Bclagerungsparks in größerm Maßstab ins Auge zu fassen. Am<lb/> 6. August erging dann der- Befehl zur sofortigen Mobilmachung dieses<lb/> Belagerungstrains für Straßburg. Die am 14. August befohlene Verladung</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0082]
Die Mobilmachung von 1.370
„Die Dringlichkeit der Umstände und die gewissenhafte Überzeugung, daß ohne
eine erhebliche Anstrengung, selbst über die für Friedensverhältnisse
bestehende gesetzliche Verpflichtung hinaus, es den deutschen Armeen
auf die Dauer nur schwer gelingen kann, die bisher durch einen beispiellos
glücklichen Feldzug erreichten Resultate zu behaupten und auszubeuten, veran¬
lassen mich zu einer Wiederholung meiner ergebensten Vorstellung vom 8.
dieses Monats. Ich gestatte mir hierbei gleichzeitig, ein vorläufiges Minimum
der Leistung, die unverzügliche Aufstellung von etwa 100 Bataillonen zu
600 Manu in Anregung zu bringen." Er schloß mit der Mitteilung, daß er
sich verpflichtet halte, die Angelegenheit bei einem der nächsten Jmmediat-
vortrüge zur Sprache zu bringen. Roon geriet durch dieses Verlangen in
eine gewisse Erregung, da er und das Kriegsministerium alleu irgendwie mit
den Rücksichten auf die wichtige Ausbildung des Ersatzes sowie die innere
Sicherheit des Vaterlandes zu vereinbarenden Forderungen Moltkes bis an
die Grenze des Möglichen entsprochen hatten, oft ihnen zuvorgekommen waren.
Von der Formierung vierter Feldbataillone aus den Ersatzbataillonen, die
schon einmal erwogen worden war, mußte Abstand genommen werden, da an
Unteroffizieren nicht weniger als 630 fehlten. Es blieb also nur übrig, all-
mühlich Landwehrbataillone für den Dienst in Frankreich verfügbar zu macheu.
An Besatzuugstruppen sind vom Norddeutschen Bunde schließlich 141 Ba¬
taillone Infanterie, 2 Nescrvejägerbataillone, 16 Reservekavallerieregimenter,
39 Ncservebatterien, 63 Festungsartilleriekompagnien und 31 Festungspionier-
kompagnien in Frankreich verwandt worden.
Erwähnt darf noch werden, daß der Gang der Formation bei den
Garnisonbataillonen, wo es sich darum handelte, aus ehemaligen Kavalleristen,
Artilleristen und Marinemannschaften Jnfanteriebataillone herzustellen, stellen¬
weise langsam war. Die Erschöpfung der Vorräte an Beklcidungs- und Aus¬
rüstungsstücken, der sehr strenge Winter und die beschränktere Leistungsfähig¬
keit der meist im vorgeschrittnen Lebensalter stehenden, dem Dienst seit Jahren
vollständig entfremdeten Offiziere haben dazu das ihrige beigetragen. Hierzu
kam, daß in den neuen Provinzen die den ältesten Jahrgängen der Landwehr
angehörenden Mannschaften nicht nach preußischem Reglement und auch nicht
mit dem Zündnadelgewehr ausgebildet waren. Doch wird, was die ehemaligen
dünischen Soldaten anlangt, deren Ordnungsliebe, Willigkeit und Nüchternheit
lobend hervorgehoben.
Hatten schon auf diesem Gebiete Reibungen zwischen dem Generalstab und
dem Kriegsminister bestanden, so steigerten sie sich ganz bedeutend bei der
Molnlmachuug der Festungsartillerie und des Belagcruugstrains, insbesondre,
wie bekannt ist, bei der Belagerung von Paris. Schon am 19. Juli hatte
Roon angeordnet, den Belagcruugstrain schleunigst so in Bereitschaft zu setzen,
daß er nach weiteren Befehl sogleich verladen und abgesandt werden könnte.
Am 2. August teilte er mit, daß es notwendig werde, die Mobilmachung
eines Bclagerungsparks in größerm Maßstab ins Auge zu fassen. Am
6. August erging dann der- Befehl zur sofortigen Mobilmachung dieses
Belagerungstrains für Straßburg. Die am 14. August befohlene Verladung
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