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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr.

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Die Mobilmachung von ^370

vorarbeiten konnte, und daß deshalb diese ein Feld der Wirksamkeit vorfand
wo das reichlich Vorhandne nur zu ordnen und zu sichern war.

Wir haben in Ostafrika mit einer Kolonie angefangen, deren Vermögens¬
quellen, Elfenbein und Kautschuk, bald erschöpft sein mußten, und die im
übrigen so gut wie nichts bot. Hier haben wir vornehmlich das Kolonisieren
gelernt. War es möglich, auf einem solchen Boden dem Kaufmann, wie das
bei einer reichen Handelskolonie natürlich gewesen wäre, den Vortritt als
Kolonisator zu lassen? Es wäre das, abgesehen von den kriegerischen Zu¬
ständen, die wir vorfanden, schon ans dem Grunde einfach unmöglich gewesen,
weil der Kaufmann gar nicht in der Weise auf seine Rechnung kommen und
deshalb allein nicht kolonisatorisch wirken konnte. Was blieb da übrig, als
neben der Pazifizierung des Landes im Verwaltungswege so viel zur Ordnung
und zum Gedeihen der Kolonie zu wirken, als eben möglich war? Nur den
wirtschaftlichen Verhältnissen der Kolonie war es zuzuschreiben, daß der Handel
und mit ihm der Plantageubetrieb mit der Ausbreitung der Verwaltung nicht
Schritt halten konnten. Man müßte es andernfalls der Verwaltung zum Vor¬
wurf machen wollen, daß sie gerade deshalb, weil der Kaufmann wenig verdiente,
nicht nntütig geblieben war.

Jetzt kann der Augenblick gekommen sein, Ivo sich die vorbereitende Tätig¬
keit der Verwaltung, die durch Ordnung und Sicherung der Verhältnisse dem
Handel für kommende bessere Zeiten eine zuverlässige Unterlage gegeben hat,
hundertfach lohnt und allgemeiner Anerkennung sicher sein kann. Jetzt ist dann
aber auch der Augenblick gekommen, den Unternehmungsgeist des deutschen
Kaufmanns zu bewähren. Sind nur dann erst so weit, einen starken Kaufmanns¬
stand in der Kolonie zu haben, dann wird sich sein Einfluß, von der Ver¬
waltung sicher mit Frende begrüßt, bald von selbst in ausschlaggebender Weise
geltend machen. Das Ideal jeder Kolonie wird dann erreichbar: Schulter¬
freiheit und Selbständigkeit für den einheimischen Kaufmann.




T>le Mobilmachung von ^870
(Schluß)

! ehr eingehend wird die Armierung der Festungen und der Küsten
geschildert, die tatsächlich uur bei Kiel in entsprechender Zeit bis
zum 25. Juli zustande kam. In Wilhelmshaven war zu jener
Zeit an Verteidigungseinrichtungen noch nichts fertig, sodaß nur
I provisorische Befestigungen geschaffen werden konnten, und das
Schwergewicht der Verteidigung den dort stationierten Panzerschiffen zufiel.
Leider hatten auch diese nur eine geringe Seetüchtigkeit, da die notwendigen
Reparaturen wegen gänzlichen Mangels an Werkstätten nicht hatten bewirkt
werden können. Sie liefen nur zehn Knoten in der Stunde. Am 24. Juli
wurde die Bildung einer freiwilligen Küstenwehr genehmigt, die zum Legen von


Grenzlwtm I 1905 10
Die Mobilmachung von ^370

vorarbeiten konnte, und daß deshalb diese ein Feld der Wirksamkeit vorfand
wo das reichlich Vorhandne nur zu ordnen und zu sichern war.

Wir haben in Ostafrika mit einer Kolonie angefangen, deren Vermögens¬
quellen, Elfenbein und Kautschuk, bald erschöpft sein mußten, und die im
übrigen so gut wie nichts bot. Hier haben wir vornehmlich das Kolonisieren
gelernt. War es möglich, auf einem solchen Boden dem Kaufmann, wie das
bei einer reichen Handelskolonie natürlich gewesen wäre, den Vortritt als
Kolonisator zu lassen? Es wäre das, abgesehen von den kriegerischen Zu¬
ständen, die wir vorfanden, schon ans dem Grunde einfach unmöglich gewesen,
weil der Kaufmann gar nicht in der Weise auf seine Rechnung kommen und
deshalb allein nicht kolonisatorisch wirken konnte. Was blieb da übrig, als
neben der Pazifizierung des Landes im Verwaltungswege so viel zur Ordnung
und zum Gedeihen der Kolonie zu wirken, als eben möglich war? Nur den
wirtschaftlichen Verhältnissen der Kolonie war es zuzuschreiben, daß der Handel
und mit ihm der Plantageubetrieb mit der Ausbreitung der Verwaltung nicht
Schritt halten konnten. Man müßte es andernfalls der Verwaltung zum Vor¬
wurf machen wollen, daß sie gerade deshalb, weil der Kaufmann wenig verdiente,
nicht nntütig geblieben war.

Jetzt kann der Augenblick gekommen sein, Ivo sich die vorbereitende Tätig¬
keit der Verwaltung, die durch Ordnung und Sicherung der Verhältnisse dem
Handel für kommende bessere Zeiten eine zuverlässige Unterlage gegeben hat,
hundertfach lohnt und allgemeiner Anerkennung sicher sein kann. Jetzt ist dann
aber auch der Augenblick gekommen, den Unternehmungsgeist des deutschen
Kaufmanns zu bewähren. Sind nur dann erst so weit, einen starken Kaufmanns¬
stand in der Kolonie zu haben, dann wird sich sein Einfluß, von der Ver¬
waltung sicher mit Frende begrüßt, bald von selbst in ausschlaggebender Weise
geltend machen. Das Ideal jeder Kolonie wird dann erreichbar: Schulter¬
freiheit und Selbständigkeit für den einheimischen Kaufmann.




T>le Mobilmachung von ^870
(Schluß)

! ehr eingehend wird die Armierung der Festungen und der Küsten
geschildert, die tatsächlich uur bei Kiel in entsprechender Zeit bis
zum 25. Juli zustande kam. In Wilhelmshaven war zu jener
Zeit an Verteidigungseinrichtungen noch nichts fertig, sodaß nur
I provisorische Befestigungen geschaffen werden konnten, und das
Schwergewicht der Verteidigung den dort stationierten Panzerschiffen zufiel.
Leider hatten auch diese nur eine geringe Seetüchtigkeit, da die notwendigen
Reparaturen wegen gänzlichen Mangels an Werkstätten nicht hatten bewirkt
werden können. Sie liefen nur zehn Knoten in der Stunde. Am 24. Juli
wurde die Bildung einer freiwilligen Küstenwehr genehmigt, die zum Legen von


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_87477/77>, abgerufen am 23.07.2024.