Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr.Innere Kolonisation hat er nicht, wohl aber kann er dazu helfen, um diese Bevölkerung fester zu halten, Für die Förderung der innern Kolonisation in Pommern und in Ost¬ Die allgemeine Landflucht in den östlichen Provinzen ist nicht nur für Innere Kolonisation hat er nicht, wohl aber kann er dazu helfen, um diese Bevölkerung fester zu halten, Für die Förderung der innern Kolonisation in Pommern und in Ost¬ Die allgemeine Landflucht in den östlichen Provinzen ist nicht nur für <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0698" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/88176"/> <fw type="header" place="top"> Innere Kolonisation</fw><lb/> <p xml:id="ID_3002" prev="#ID_3001"> hat er nicht, wohl aber kann er dazu helfen, um diese Bevölkerung fester zu halten,<lb/> um neue Elemente, kleinbäuerliche Besitzungen dort zu schaffen. Dieses Festhalten<lb/> soll eben dadurch erfolgen, indem wir die Landesmeliorationen in Ostpreußen da¬<lb/> durch stützen, daß wir zwei Millionen Mark zur Verfügung gestellt haben. Diese<lb/> Vermehrung des kleinbäuerlichen Besitzes soll dadurch erstrebt werden, daß wir<lb/> zwei Millionen Mark in den Etat einstellen für die innere Kolonisation in Ost¬<lb/> preußen und Pommern. Wir sind allerdings uicht in der Lage, Ihnen ganz<lb/> detaillierte Pläne vorzulegen, wie sich diese Kolonisationen abspielen sollen; aber,<lb/> meine Herren, das eine darf ich sagen, daß wir nicht die Absicht haben, den etwas<lb/> schwerfälligen komplizierten und auch kostspieligen Apparat einer staatlichen Koloni¬<lb/> sation hier in Bewegung zu setzen, sondern daß wir uns, wenn möglich, stützen<lb/> wollen ans private, gemeinnützige Zwecke verfolgende Kolonisationen, wie sie nament¬<lb/> lich in der Provinz Pommern in der Ansiedlungsgesellschaft bereits vorhanden sind.<lb/> Wir wollen die Einrichtungskosten für die betreffenden Ansiedler ermäßigen durch<lb/> Beihilfen für die Schulen, Kirchen usw., um von vornherein die Ansiedler in eine<lb/> Position zu bringen, daß sie sich darin wohl fühlen und wirtschaftlich prosperieren<lb/> können. Meine Herren, ohne daß wir in der Lage sind, Ihnen schon detaillierte<lb/> Pläne zu geben, und in der Gewißheit, daß wir auf diesem Gebiet erst wieder<lb/> Erfahrungen sammeln müssen, schlagen wir Ihnen vor, diese zwei Millionen Mark<lb/> zu bewilligen. Für Westpreußen und Posen geschieht auf Grund des Ansiedluugs-<lb/> gesetzes Außerordentliches auf dem Gebiete der innern Kolonisation; wir wollen die<lb/> beiden angrenzenden Landesteile Pommern und Ostpreußen auch in den Kreis<lb/> unsrer Fürsorge ziehn, wenn auch in langsamer Arbeit; denn kein Mensch kann<lb/> hier den Erfolg von heute zu morgen erwarten. Wir hoffen aber, nach unfern<lb/> Kräften dazu beizutragen, daß durch die weitern Maßnahmen die Abnahme der<lb/> landwirtschaftlichen Bevölkerung in Pommern und Ostpreußen wenigstens einiger¬<lb/> maßen gemildert wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_3003"> Für die Förderung der innern Kolonisation in Pommern und in Ost¬<lb/> preußen ist diese von der königlichen Staatsregierung ergriffne Maßregel von der<lb/> größten Bedeutung und deshalb mit Freuden willkommen zu heißen. Zu eiuer<lb/> Zeit, wo für die äußere Kolonisation, d. h. für unsre überseeischen Kolonien,<lb/> enorme Mittel — dieses Jahr mit den außerordentlichen Kosten, die für die<lb/> Niederwerfung des Aufstands in Südwestafrika aufgewandt werden müssen, wohl<lb/> 150 bis 200 Millionen Mark — flüssig gemacht werden, darf es auch an den<lb/> nötigen Mitteln zur Förderung der für den Osten der preußischen Monarchie<lb/> und ganz Deutschlands so überaus bedeutsamen innern Kolonisation nicht fehlen.<lb/> Ihre große Bedeutung wird leider noch bei weitem nicht genügend gewürdigt.<lb/> Die innere Kolonisation hat den Zweck, den im Verhältnis zu seiner Größe und<lb/> Fruchtbarkeit viel zu menschenarmen, und wie sich aus der Rede des Finanz¬<lb/> ministers ergibt, von Jahr zu Jahr in geradezu erschreckender Weise menschen¬<lb/> ärmer werdenden Osten der preußischen Monarchie zu kolonisieren, d. h. mit<lb/> bäuerlichen Ansiedlungen zu versehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_3004" next="#ID_3005"> Die allgemeine Landflucht in den östlichen Provinzen ist nicht nur für<lb/> diese selbst von äußerst schädlichem Einfluß, indem es an den nötigen Land¬<lb/> arbeitern, Handwerkern und Bauern fehlt, Handel und Verkehr zurückgehn,<lb/> polnische Massen sich in die verlassenen Gegenden ergießen, sondern auch für die<lb/> Mittlern lind die westlichen Provinzen, indem hier in den großen Städten, den<lb/> Bergbau- und den Jndustriegegenden durch das Zusammenströmen überschüssiger<lb/> Arbeitskräfte eine Überproduktion an solchen und damit eine Verschlechterung</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0698]
Innere Kolonisation
hat er nicht, wohl aber kann er dazu helfen, um diese Bevölkerung fester zu halten,
um neue Elemente, kleinbäuerliche Besitzungen dort zu schaffen. Dieses Festhalten
soll eben dadurch erfolgen, indem wir die Landesmeliorationen in Ostpreußen da¬
durch stützen, daß wir zwei Millionen Mark zur Verfügung gestellt haben. Diese
Vermehrung des kleinbäuerlichen Besitzes soll dadurch erstrebt werden, daß wir
zwei Millionen Mark in den Etat einstellen für die innere Kolonisation in Ost¬
preußen und Pommern. Wir sind allerdings uicht in der Lage, Ihnen ganz
detaillierte Pläne vorzulegen, wie sich diese Kolonisationen abspielen sollen; aber,
meine Herren, das eine darf ich sagen, daß wir nicht die Absicht haben, den etwas
schwerfälligen komplizierten und auch kostspieligen Apparat einer staatlichen Koloni¬
sation hier in Bewegung zu setzen, sondern daß wir uns, wenn möglich, stützen
wollen ans private, gemeinnützige Zwecke verfolgende Kolonisationen, wie sie nament¬
lich in der Provinz Pommern in der Ansiedlungsgesellschaft bereits vorhanden sind.
Wir wollen die Einrichtungskosten für die betreffenden Ansiedler ermäßigen durch
Beihilfen für die Schulen, Kirchen usw., um von vornherein die Ansiedler in eine
Position zu bringen, daß sie sich darin wohl fühlen und wirtschaftlich prosperieren
können. Meine Herren, ohne daß wir in der Lage sind, Ihnen schon detaillierte
Pläne zu geben, und in der Gewißheit, daß wir auf diesem Gebiet erst wieder
Erfahrungen sammeln müssen, schlagen wir Ihnen vor, diese zwei Millionen Mark
zu bewilligen. Für Westpreußen und Posen geschieht auf Grund des Ansiedluugs-
gesetzes Außerordentliches auf dem Gebiete der innern Kolonisation; wir wollen die
beiden angrenzenden Landesteile Pommern und Ostpreußen auch in den Kreis
unsrer Fürsorge ziehn, wenn auch in langsamer Arbeit; denn kein Mensch kann
hier den Erfolg von heute zu morgen erwarten. Wir hoffen aber, nach unfern
Kräften dazu beizutragen, daß durch die weitern Maßnahmen die Abnahme der
landwirtschaftlichen Bevölkerung in Pommern und Ostpreußen wenigstens einiger¬
maßen gemildert wird.
Für die Förderung der innern Kolonisation in Pommern und in Ost¬
preußen ist diese von der königlichen Staatsregierung ergriffne Maßregel von der
größten Bedeutung und deshalb mit Freuden willkommen zu heißen. Zu eiuer
Zeit, wo für die äußere Kolonisation, d. h. für unsre überseeischen Kolonien,
enorme Mittel — dieses Jahr mit den außerordentlichen Kosten, die für die
Niederwerfung des Aufstands in Südwestafrika aufgewandt werden müssen, wohl
150 bis 200 Millionen Mark — flüssig gemacht werden, darf es auch an den
nötigen Mitteln zur Förderung der für den Osten der preußischen Monarchie
und ganz Deutschlands so überaus bedeutsamen innern Kolonisation nicht fehlen.
Ihre große Bedeutung wird leider noch bei weitem nicht genügend gewürdigt.
Die innere Kolonisation hat den Zweck, den im Verhältnis zu seiner Größe und
Fruchtbarkeit viel zu menschenarmen, und wie sich aus der Rede des Finanz¬
ministers ergibt, von Jahr zu Jahr in geradezu erschreckender Weise menschen¬
ärmer werdenden Osten der preußischen Monarchie zu kolonisieren, d. h. mit
bäuerlichen Ansiedlungen zu versehen.
Die allgemeine Landflucht in den östlichen Provinzen ist nicht nur für
diese selbst von äußerst schädlichem Einfluß, indem es an den nötigen Land¬
arbeitern, Handwerkern und Bauern fehlt, Handel und Verkehr zurückgehn,
polnische Massen sich in die verlassenen Gegenden ergießen, sondern auch für die
Mittlern lind die westlichen Provinzen, indem hier in den großen Städten, den
Bergbau- und den Jndustriegegenden durch das Zusammenströmen überschüssiger
Arbeitskräfte eine Überproduktion an solchen und damit eine Verschlechterung
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