Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Herrenmenschen

Photograph, das heißt, er machte aus der Liebhaberei, herumzuknipsen, eine ernst¬
hafte Sache und studierte die Photographie aus dem Fundament. Es dauerte nicht
lange, so wurde sein Name unter denen der besten Amateure genannt. Dies führte
ihn zu den Naturwissenschaften und diese zur Philosophie. Und die Philosophie
hielt ihn fest. Ein Examen zu machen, dazu hatte er sich nicht versteh" können.
Es war ihm ein entwürdigender Gedanke, sich als Excuninandus behandeln und
nusbeuteln zu lassen. Was war denn für ein Unterschied zwischen ihm und seinen
gestrengen Herren Examinatoren? Er wußte manches nicht, was sie wußten, und
sie wußten manches nicht, was er wußte. Und welches Recht hat ein denkender
Mensch, einem andern denkenden Menschen gegenüber zu sprechen: So ists und
nicht anders! Schande halber hatte er sich aber doch den Doktor erworben auf
Grund einer Schrift über ein biologisch-philosophisches Thema. Es war darin
von der Bedeutung der Schädlinge im Haushalt der Natur die Rede, eine Frage,
von der er inzwischen eingesehen hatte, daß sie falsch gestellt war und auch nicht
weiter interessieren könne. Aber sie hatte ihm den Doktortitel eingebracht. Und
allerdings, etwas muß der Mensch nicht bloß sein, sondern auch heißen. Jeder
Ritter hat seinen Schild und sein Wappen. Schild und Wappen der Ritter vom
Geiste ist der Doktor.

Gegen alle diese Kreuz- und Querzüge hatte der Onkel nichts einzuwenden
gehabt, sondern nur hiu und wieder die schüchterne Bemerkung gemacht, es sei Zeit,
die Spielereien beiseite zu legen und einen ordentlichen Beruf zu ergreifen. Nur
neulich, als Heinz die Absicht geäußert hatte, nach dem Osten zu fahren und un¬
bekannte Gegenden zu entdecken und zu photographieren, hatte der Onkel lebhaft
geantwortet: Recht, recht, Heinz! Ist mir lieb. Du mußt bei dieser Gelegenheit
nach Tapuickeu fahren und nach dem Rechten sehen. Und wenn es so ist, wie ich
vermute, und die Sachen dort faul stehn, so mußt du dein Kapital sogleich kün¬
digen. Du wirst flüssiges Geld brauchen können. Heinz hatte gebeten, daß man
ihn doch mit solchen Kommissionen verschonen möchte, aber der Onkel hatte er¬
widert, er selbst habe keine Zeit, nach der russischen Grenze zu fahren, und er sei
auch immer dagegen gewesen, Kapitalien so sorglos anzulegen, wie es seinem ver¬
storbnen Schwager beliebt habe. Auch sei Heinz alt genug, selbst für sein Eigentum
zu sorgen, und auch nicht reich genug, sich einen Hausminister zu halten. Das
war ein fataler Auftrag, der sich mit seinen Ideen vom Herrentum nicht gut ver¬
trug. Der Heros am Kochherde und in Sorge, daß ihm der Brei anbrenne, eine
schöne Aufgabe für Strunk!

In seiner Erinnerung tauchten ein paar schöne, große, glänzende Auge" auf.
Sie gehörten zu einem Gesicht, das er einst in der Zeit der schönen Jugenddöselei
angeschwärmt hatte, Mary Hufeland, noch dazu eine Base entfernten Grades von
ihm. Sie war damals schon eine erwachsne junge Dame gewesen, schön, hoch¬
gewachsen und ernst, als er noch ein Primaner war, der zwar von seinem eignen
Werte sehr überzeugt war, den aber sonst niemand ernst nahm, auch Mary nicht,
obwohl sie sich die Huldigungen ihres Vetters gnädig gefallen ließ. Später war
sie ihm aus den Augen gekommen. Sie hatte geheiratet, es hatte ein großes
Gerede unter den Verwandten gegeben, sie war nach Ostpreußen gezogen, und man
hatte nichts wieder von ihr gehört, als daß ihr Mann gestorben sein sollte. Dieser
also sollte er die Hypothek kündigen. Na ja, was war da weiter. Verlieben ist
nicht verheiratet. Man zieht sein Geld zurück, und sie sieht sich nach einer andern
Hypothek um. Fertig. -- War aber doch eine miserable Sache, die ihm gegen
den Strich ging. Bitte", vielleicht Tränen -- er konnte so etwas durchaus uicht
leiden. Kurioser Gedanke! Ob wohl Prometheus, der über die Leiber niederge-
worfner Menschen, die Leuchte seines Herrentums in der Hand haltend, triumphierend
hinwegschritt, Bedenken getragen haben möchte, eine Hypothek zu kündigen? Unsinn!
Er hat nichts auf dem Leibe, wie soll er denn Hypotheken besitzen. Nicht Geld,
Land ist Herreubesitz.


Herrenmenschen

Photograph, das heißt, er machte aus der Liebhaberei, herumzuknipsen, eine ernst¬
hafte Sache und studierte die Photographie aus dem Fundament. Es dauerte nicht
lange, so wurde sein Name unter denen der besten Amateure genannt. Dies führte
ihn zu den Naturwissenschaften und diese zur Philosophie. Und die Philosophie
hielt ihn fest. Ein Examen zu machen, dazu hatte er sich nicht versteh» können.
Es war ihm ein entwürdigender Gedanke, sich als Excuninandus behandeln und
nusbeuteln zu lassen. Was war denn für ein Unterschied zwischen ihm und seinen
gestrengen Herren Examinatoren? Er wußte manches nicht, was sie wußten, und
sie wußten manches nicht, was er wußte. Und welches Recht hat ein denkender
Mensch, einem andern denkenden Menschen gegenüber zu sprechen: So ists und
nicht anders! Schande halber hatte er sich aber doch den Doktor erworben auf
Grund einer Schrift über ein biologisch-philosophisches Thema. Es war darin
von der Bedeutung der Schädlinge im Haushalt der Natur die Rede, eine Frage,
von der er inzwischen eingesehen hatte, daß sie falsch gestellt war und auch nicht
weiter interessieren könne. Aber sie hatte ihm den Doktortitel eingebracht. Und
allerdings, etwas muß der Mensch nicht bloß sein, sondern auch heißen. Jeder
Ritter hat seinen Schild und sein Wappen. Schild und Wappen der Ritter vom
Geiste ist der Doktor.

Gegen alle diese Kreuz- und Querzüge hatte der Onkel nichts einzuwenden
gehabt, sondern nur hiu und wieder die schüchterne Bemerkung gemacht, es sei Zeit,
die Spielereien beiseite zu legen und einen ordentlichen Beruf zu ergreifen. Nur
neulich, als Heinz die Absicht geäußert hatte, nach dem Osten zu fahren und un¬
bekannte Gegenden zu entdecken und zu photographieren, hatte der Onkel lebhaft
geantwortet: Recht, recht, Heinz! Ist mir lieb. Du mußt bei dieser Gelegenheit
nach Tapuickeu fahren und nach dem Rechten sehen. Und wenn es so ist, wie ich
vermute, und die Sachen dort faul stehn, so mußt du dein Kapital sogleich kün¬
digen. Du wirst flüssiges Geld brauchen können. Heinz hatte gebeten, daß man
ihn doch mit solchen Kommissionen verschonen möchte, aber der Onkel hatte er¬
widert, er selbst habe keine Zeit, nach der russischen Grenze zu fahren, und er sei
auch immer dagegen gewesen, Kapitalien so sorglos anzulegen, wie es seinem ver¬
storbnen Schwager beliebt habe. Auch sei Heinz alt genug, selbst für sein Eigentum
zu sorgen, und auch nicht reich genug, sich einen Hausminister zu halten. Das
war ein fataler Auftrag, der sich mit seinen Ideen vom Herrentum nicht gut ver¬
trug. Der Heros am Kochherde und in Sorge, daß ihm der Brei anbrenne, eine
schöne Aufgabe für Strunk!

In seiner Erinnerung tauchten ein paar schöne, große, glänzende Auge» auf.
Sie gehörten zu einem Gesicht, das er einst in der Zeit der schönen Jugenddöselei
angeschwärmt hatte, Mary Hufeland, noch dazu eine Base entfernten Grades von
ihm. Sie war damals schon eine erwachsne junge Dame gewesen, schön, hoch¬
gewachsen und ernst, als er noch ein Primaner war, der zwar von seinem eignen
Werte sehr überzeugt war, den aber sonst niemand ernst nahm, auch Mary nicht,
obwohl sie sich die Huldigungen ihres Vetters gnädig gefallen ließ. Später war
sie ihm aus den Augen gekommen. Sie hatte geheiratet, es hatte ein großes
Gerede unter den Verwandten gegeben, sie war nach Ostpreußen gezogen, und man
hatte nichts wieder von ihr gehört, als daß ihr Mann gestorben sein sollte. Dieser
also sollte er die Hypothek kündigen. Na ja, was war da weiter. Verlieben ist
nicht verheiratet. Man zieht sein Geld zurück, und sie sieht sich nach einer andern
Hypothek um. Fertig. — War aber doch eine miserable Sache, die ihm gegen
den Strich ging. Bitte», vielleicht Tränen — er konnte so etwas durchaus uicht
leiden. Kurioser Gedanke! Ob wohl Prometheus, der über die Leiber niederge-
worfner Menschen, die Leuchte seines Herrentums in der Hand haltend, triumphierend
hinwegschritt, Bedenken getragen haben möchte, eine Hypothek zu kündigen? Unsinn!
Er hat nichts auf dem Leibe, wie soll er denn Hypotheken besitzen. Nicht Geld,
Land ist Herreubesitz.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0631" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/88109"/>
            <fw type="header" place="top"> Herrenmenschen</fw><lb/>
            <p xml:id="ID_2680" prev="#ID_2679"> Photograph, das heißt, er machte aus der Liebhaberei, herumzuknipsen, eine ernst¬<lb/>
hafte Sache und studierte die Photographie aus dem Fundament. Es dauerte nicht<lb/>
lange, so wurde sein Name unter denen der besten Amateure genannt. Dies führte<lb/>
ihn zu den Naturwissenschaften und diese zur Philosophie. Und die Philosophie<lb/>
hielt ihn fest. Ein Examen zu machen, dazu hatte er sich nicht versteh» können.<lb/>
Es war ihm ein entwürdigender Gedanke, sich als Excuninandus behandeln und<lb/>
nusbeuteln zu lassen. Was war denn für ein Unterschied zwischen ihm und seinen<lb/>
gestrengen Herren Examinatoren? Er wußte manches nicht, was sie wußten, und<lb/>
sie wußten manches nicht, was er wußte. Und welches Recht hat ein denkender<lb/>
Mensch, einem andern denkenden Menschen gegenüber zu sprechen: So ists und<lb/>
nicht anders! Schande halber hatte er sich aber doch den Doktor erworben auf<lb/>
Grund einer Schrift über ein biologisch-philosophisches Thema. Es war darin<lb/>
von der Bedeutung der Schädlinge im Haushalt der Natur die Rede, eine Frage,<lb/>
von der er inzwischen eingesehen hatte, daß sie falsch gestellt war und auch nicht<lb/>
weiter interessieren könne. Aber sie hatte ihm den Doktortitel eingebracht. Und<lb/>
allerdings, etwas muß der Mensch nicht bloß sein, sondern auch heißen. Jeder<lb/>
Ritter hat seinen Schild und sein Wappen. Schild und Wappen der Ritter vom<lb/>
Geiste ist der Doktor.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2681"> Gegen alle diese Kreuz- und Querzüge hatte der Onkel nichts einzuwenden<lb/>
gehabt, sondern nur hiu und wieder die schüchterne Bemerkung gemacht, es sei Zeit,<lb/>
die Spielereien beiseite zu legen und einen ordentlichen Beruf zu ergreifen. Nur<lb/>
neulich, als Heinz die Absicht geäußert hatte, nach dem Osten zu fahren und un¬<lb/>
bekannte Gegenden zu entdecken und zu photographieren, hatte der Onkel lebhaft<lb/>
geantwortet: Recht, recht, Heinz! Ist mir lieb. Du mußt bei dieser Gelegenheit<lb/>
nach Tapuickeu fahren und nach dem Rechten sehen. Und wenn es so ist, wie ich<lb/>
vermute, und die Sachen dort faul stehn, so mußt du dein Kapital sogleich kün¬<lb/>
digen. Du wirst flüssiges Geld brauchen können. Heinz hatte gebeten, daß man<lb/>
ihn doch mit solchen Kommissionen verschonen möchte, aber der Onkel hatte er¬<lb/>
widert, er selbst habe keine Zeit, nach der russischen Grenze zu fahren, und er sei<lb/>
auch immer dagegen gewesen, Kapitalien so sorglos anzulegen, wie es seinem ver¬<lb/>
storbnen Schwager beliebt habe. Auch sei Heinz alt genug, selbst für sein Eigentum<lb/>
zu sorgen, und auch nicht reich genug, sich einen Hausminister zu halten. Das<lb/>
war ein fataler Auftrag, der sich mit seinen Ideen vom Herrentum nicht gut ver¬<lb/>
trug. Der Heros am Kochherde und in Sorge, daß ihm der Brei anbrenne, eine<lb/>
schöne Aufgabe für Strunk!</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2682"> In seiner Erinnerung tauchten ein paar schöne, große, glänzende Auge» auf.<lb/>
Sie gehörten zu einem Gesicht, das er einst in der Zeit der schönen Jugenddöselei<lb/>
angeschwärmt hatte, Mary Hufeland, noch dazu eine Base entfernten Grades von<lb/>
ihm. Sie war damals schon eine erwachsne junge Dame gewesen, schön, hoch¬<lb/>
gewachsen und ernst, als er noch ein Primaner war, der zwar von seinem eignen<lb/>
Werte sehr überzeugt war, den aber sonst niemand ernst nahm, auch Mary nicht,<lb/>
obwohl sie sich die Huldigungen ihres Vetters gnädig gefallen ließ. Später war<lb/>
sie ihm aus den Augen gekommen. Sie hatte geheiratet, es hatte ein großes<lb/>
Gerede unter den Verwandten gegeben, sie war nach Ostpreußen gezogen, und man<lb/>
hatte nichts wieder von ihr gehört, als daß ihr Mann gestorben sein sollte. Dieser<lb/>
also sollte er die Hypothek kündigen. Na ja, was war da weiter. Verlieben ist<lb/>
nicht verheiratet. Man zieht sein Geld zurück, und sie sieht sich nach einer andern<lb/>
Hypothek um. Fertig. &#x2014; War aber doch eine miserable Sache, die ihm gegen<lb/>
den Strich ging. Bitte», vielleicht Tränen &#x2014; er konnte so etwas durchaus uicht<lb/>
leiden. Kurioser Gedanke! Ob wohl Prometheus, der über die Leiber niederge-<lb/>
worfner Menschen, die Leuchte seines Herrentums in der Hand haltend, triumphierend<lb/>
hinwegschritt, Bedenken getragen haben möchte, eine Hypothek zu kündigen? Unsinn!<lb/>
Er hat nichts auf dem Leibe, wie soll er denn Hypotheken besitzen. Nicht Geld,<lb/>
Land ist Herreubesitz.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0631] Herrenmenschen Photograph, das heißt, er machte aus der Liebhaberei, herumzuknipsen, eine ernst¬ hafte Sache und studierte die Photographie aus dem Fundament. Es dauerte nicht lange, so wurde sein Name unter denen der besten Amateure genannt. Dies führte ihn zu den Naturwissenschaften und diese zur Philosophie. Und die Philosophie hielt ihn fest. Ein Examen zu machen, dazu hatte er sich nicht versteh» können. Es war ihm ein entwürdigender Gedanke, sich als Excuninandus behandeln und nusbeuteln zu lassen. Was war denn für ein Unterschied zwischen ihm und seinen gestrengen Herren Examinatoren? Er wußte manches nicht, was sie wußten, und sie wußten manches nicht, was er wußte. Und welches Recht hat ein denkender Mensch, einem andern denkenden Menschen gegenüber zu sprechen: So ists und nicht anders! Schande halber hatte er sich aber doch den Doktor erworben auf Grund einer Schrift über ein biologisch-philosophisches Thema. Es war darin von der Bedeutung der Schädlinge im Haushalt der Natur die Rede, eine Frage, von der er inzwischen eingesehen hatte, daß sie falsch gestellt war und auch nicht weiter interessieren könne. Aber sie hatte ihm den Doktortitel eingebracht. Und allerdings, etwas muß der Mensch nicht bloß sein, sondern auch heißen. Jeder Ritter hat seinen Schild und sein Wappen. Schild und Wappen der Ritter vom Geiste ist der Doktor. Gegen alle diese Kreuz- und Querzüge hatte der Onkel nichts einzuwenden gehabt, sondern nur hiu und wieder die schüchterne Bemerkung gemacht, es sei Zeit, die Spielereien beiseite zu legen und einen ordentlichen Beruf zu ergreifen. Nur neulich, als Heinz die Absicht geäußert hatte, nach dem Osten zu fahren und un¬ bekannte Gegenden zu entdecken und zu photographieren, hatte der Onkel lebhaft geantwortet: Recht, recht, Heinz! Ist mir lieb. Du mußt bei dieser Gelegenheit nach Tapuickeu fahren und nach dem Rechten sehen. Und wenn es so ist, wie ich vermute, und die Sachen dort faul stehn, so mußt du dein Kapital sogleich kün¬ digen. Du wirst flüssiges Geld brauchen können. Heinz hatte gebeten, daß man ihn doch mit solchen Kommissionen verschonen möchte, aber der Onkel hatte er¬ widert, er selbst habe keine Zeit, nach der russischen Grenze zu fahren, und er sei auch immer dagegen gewesen, Kapitalien so sorglos anzulegen, wie es seinem ver¬ storbnen Schwager beliebt habe. Auch sei Heinz alt genug, selbst für sein Eigentum zu sorgen, und auch nicht reich genug, sich einen Hausminister zu halten. Das war ein fataler Auftrag, der sich mit seinen Ideen vom Herrentum nicht gut ver¬ trug. Der Heros am Kochherde und in Sorge, daß ihm der Brei anbrenne, eine schöne Aufgabe für Strunk! In seiner Erinnerung tauchten ein paar schöne, große, glänzende Auge» auf. Sie gehörten zu einem Gesicht, das er einst in der Zeit der schönen Jugenddöselei angeschwärmt hatte, Mary Hufeland, noch dazu eine Base entfernten Grades von ihm. Sie war damals schon eine erwachsne junge Dame gewesen, schön, hoch¬ gewachsen und ernst, als er noch ein Primaner war, der zwar von seinem eignen Werte sehr überzeugt war, den aber sonst niemand ernst nahm, auch Mary nicht, obwohl sie sich die Huldigungen ihres Vetters gnädig gefallen ließ. Später war sie ihm aus den Augen gekommen. Sie hatte geheiratet, es hatte ein großes Gerede unter den Verwandten gegeben, sie war nach Ostpreußen gezogen, und man hatte nichts wieder von ihr gehört, als daß ihr Mann gestorben sein sollte. Dieser also sollte er die Hypothek kündigen. Na ja, was war da weiter. Verlieben ist nicht verheiratet. Man zieht sein Geld zurück, und sie sieht sich nach einer andern Hypothek um. Fertig. — War aber doch eine miserable Sache, die ihm gegen den Strich ging. Bitte», vielleicht Tränen — er konnte so etwas durchaus uicht leiden. Kurioser Gedanke! Ob wohl Prometheus, der über die Leiber niederge- worfner Menschen, die Leuchte seines Herrentums in der Hand haltend, triumphierend hinwegschritt, Bedenken getragen haben möchte, eine Hypothek zu kündigen? Unsinn! Er hat nichts auf dem Leibe, wie soll er denn Hypotheken besitzen. Nicht Geld, Land ist Herreubesitz.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_87477
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_87477/631
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_87477/631>, abgerufen am 23.07.2024.