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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr.

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Die Lommcitzscher Pflege und das Geschlecht derer von Schleinitz

3. Heinrich dein Zweiten, des Vorigen Bruder, Rat Friedrichs des sanft¬
mütigen, gestorben 1450 (?). Er ist auch ans einer gelben Sandsteinplatte darge¬
stellt, aber kniend in langem, gegürteltem Gewände, um den Hals eine Kette, die
Hände zum Gebet gefaltet.

4. Jahn, dem Oberinarschall nud kurfürstlichen Landvogt, gestorben 1463 oder
1464, der einer der Schiedsrichter im Streite seines Kurfürsten mit Kunz von
Kauffnugen war; sein Grabmal ist das zweite in den Kreuzgängen.

5. Seinem Bruder Haus auf Seerhausen, Obermarschall und Hauptmann zu
Meißen, gestorben 1476 oder 1482: das dritte Schleinitzer Denkmal der Kreuz-
gänge.

6. Hugold dem Dritten auf Kriebstein, gestorben 1490; das erste Schleinitzer
Denkmal der Kreuzgänge: die gewaltige Tatkraft und Machtstellung des Mannes
strählen auch noch aus seiner geharnischten Steinfigur.

7. Wolf auf Nagewitz, dein Rat Herzog Georgs des Bärtigen, gestorben 1523.
Sein Grabmal, das vierte in den Kreuzgängen, ist ohne Zweifel das interessanteste
von allen. Er war von großer körperlicher Schönheit und hieß deshalb allgemein,
besonders bei den Frauen, "der schöne Schleinitz." Aber in seinem frommen Sinn
mochte er es nicht leiden, daß man ihn deswegen rühme. Als er noch in der
Blüte seiner Jahre ans dem Totenbette lag, wünschte man wenigstens im Bilde
seine Züge festzuhalten, aber er befahl, ihn so darzustellen, wie man ihn ein Jahr
nach seinem Tode in der Gruft finden würde. Sein Bruder, der Bischof Johann
der Siebente von Meißen, erfüllte diesen Wunsch, indem er auf dem Grabstein ein
aufrechtstehendes, von Schlangen umwuudues Gerippe mit grinsendem Schädel dar¬
stellen ließ. Darüber schrieb er die Worte: vssusj Ohain'xotsns j Ujgaj L^pssj.
?i'Ä,dör w^frons dsiuz werenti iratri. Damals ging unter den Schlägen der von
Luther erweckten Gewissen anch durch deu der alten Kirche "och treu anhängenden
Adel Sachsens wieder ein tieferer sittlicher Ernst.

8. Tiefen Eindruck auf mich macht auch der Stein Jahns auf Jahnishausen
(gestorben 1526), der der Fensterwand der Kapelle gegenübersteht. Jahn war
wohl der erste ans dem konservativen Geschlecht, der sich dem lutherischen Glanben
zuwandte -- an ihn ist ein Sendbrief Luthers vom 18. Juni 1523 gerichtet --
und die ihm deswegen angetane bittre Feindschaft seines Herzogs Georgs des
Bärtigen gelassen ertrug. Sei" Denkmal ist das älteste der Kapelle, das die
individualisierenden Auffassungen der Renaissance verrät. Jahn soll seinem Landes¬
fürsten, der ihn wegen seines Luthertums hart anließ, gesagt haben, er wolle Leib,
Gut und Ehre daran wagen, Gott mehr zu gehorchen als den Menschen -- diese
ganze Rede liest man noch von den derben, aber charaktervoller Zügen des Ritters
ab, der im ernstesten Seelenkmupfe vor dem Gekreuzigten kniet und zu ihm aus¬
sieht, und dieser schaut mit einem ganz eigentümlichen Ausdruck von tröstender
Teilnahme zu ihm herunter.

10. Wenn auch nicht an innerer Kraft, so doch an technischer Vollendung des
Aufbaues steht am höchsten das Epitaphium Georgs von Schleinitz auf Seerhausen
und Schieritz, eines hervorragenden sächsischen Staatsmannes, der 1555, erst vier¬
undvierzig Jahre alt, starb und doch auf der Inschrift als "dreier Fürsten vor¬
nehmlicher Rat" bezeichnet werden konnte. Welche künstlerische Entwicklung von
der in vertiefter Liniatnr wie eine mönchische Buchzeichnung gehaltnen Platte des
Dominus Conrndns (gestorben 1288) in Seußlitz bis zu dieser reichgegliederten,
ganz vom Geiste der Renaissance erfüllten, auch architektonisch überaus wirksamen
Komposition! Das Grabmal ist neuerdings von Carl niedrer (Wissensch. Beilage
der Leipziger Zeitung 1904, Ur. III und 112) als ein Werk des berühmten
Dresdner Bildhauers Christoph Walter (gestorben 1584) erkannt worden, der
auch das berühmtere Denkmal des Hugo von Schönburg in Waldenburg und
das Dresdner Schloßkapellentor geschaffen hat, das jetzt neben dem Johanneum am
Jüdeuhofe steht. Übrigens ist das Denkmal Georgs von Schleinitz in der Wirkung
dadurch sehr beeinträchtigt, daß es zur Hälfte durch die rechte Empvrentreppe ver-


Die Lommcitzscher Pflege und das Geschlecht derer von Schleinitz

3. Heinrich dein Zweiten, des Vorigen Bruder, Rat Friedrichs des sanft¬
mütigen, gestorben 1450 (?). Er ist auch ans einer gelben Sandsteinplatte darge¬
stellt, aber kniend in langem, gegürteltem Gewände, um den Hals eine Kette, die
Hände zum Gebet gefaltet.

4. Jahn, dem Oberinarschall nud kurfürstlichen Landvogt, gestorben 1463 oder
1464, der einer der Schiedsrichter im Streite seines Kurfürsten mit Kunz von
Kauffnugen war; sein Grabmal ist das zweite in den Kreuzgängen.

5. Seinem Bruder Haus auf Seerhausen, Obermarschall und Hauptmann zu
Meißen, gestorben 1476 oder 1482: das dritte Schleinitzer Denkmal der Kreuz-
gänge.

6. Hugold dem Dritten auf Kriebstein, gestorben 1490; das erste Schleinitzer
Denkmal der Kreuzgänge: die gewaltige Tatkraft und Machtstellung des Mannes
strählen auch noch aus seiner geharnischten Steinfigur.

7. Wolf auf Nagewitz, dein Rat Herzog Georgs des Bärtigen, gestorben 1523.
Sein Grabmal, das vierte in den Kreuzgängen, ist ohne Zweifel das interessanteste
von allen. Er war von großer körperlicher Schönheit und hieß deshalb allgemein,
besonders bei den Frauen, „der schöne Schleinitz." Aber in seinem frommen Sinn
mochte er es nicht leiden, daß man ihn deswegen rühme. Als er noch in der
Blüte seiner Jahre ans dem Totenbette lag, wünschte man wenigstens im Bilde
seine Züge festzuhalten, aber er befahl, ihn so darzustellen, wie man ihn ein Jahr
nach seinem Tode in der Gruft finden würde. Sein Bruder, der Bischof Johann
der Siebente von Meißen, erfüllte diesen Wunsch, indem er auf dem Grabstein ein
aufrechtstehendes, von Schlangen umwuudues Gerippe mit grinsendem Schädel dar¬
stellen ließ. Darüber schrieb er die Worte: vssusj Ohain'xotsns j Ujgaj L^pssj.
?i'Ä,dör w^frons dsiuz werenti iratri. Damals ging unter den Schlägen der von
Luther erweckten Gewissen anch durch deu der alten Kirche »och treu anhängenden
Adel Sachsens wieder ein tieferer sittlicher Ernst.

8. Tiefen Eindruck auf mich macht auch der Stein Jahns auf Jahnishausen
(gestorben 1526), der der Fensterwand der Kapelle gegenübersteht. Jahn war
wohl der erste ans dem konservativen Geschlecht, der sich dem lutherischen Glanben
zuwandte — an ihn ist ein Sendbrief Luthers vom 18. Juni 1523 gerichtet —
und die ihm deswegen angetane bittre Feindschaft seines Herzogs Georgs des
Bärtigen gelassen ertrug. Sei» Denkmal ist das älteste der Kapelle, das die
individualisierenden Auffassungen der Renaissance verrät. Jahn soll seinem Landes¬
fürsten, der ihn wegen seines Luthertums hart anließ, gesagt haben, er wolle Leib,
Gut und Ehre daran wagen, Gott mehr zu gehorchen als den Menschen — diese
ganze Rede liest man noch von den derben, aber charaktervoller Zügen des Ritters
ab, der im ernstesten Seelenkmupfe vor dem Gekreuzigten kniet und zu ihm aus¬
sieht, und dieser schaut mit einem ganz eigentümlichen Ausdruck von tröstender
Teilnahme zu ihm herunter.

10. Wenn auch nicht an innerer Kraft, so doch an technischer Vollendung des
Aufbaues steht am höchsten das Epitaphium Georgs von Schleinitz auf Seerhausen
und Schieritz, eines hervorragenden sächsischen Staatsmannes, der 1555, erst vier¬
undvierzig Jahre alt, starb und doch auf der Inschrift als „dreier Fürsten vor¬
nehmlicher Rat" bezeichnet werden konnte. Welche künstlerische Entwicklung von
der in vertiefter Liniatnr wie eine mönchische Buchzeichnung gehaltnen Platte des
Dominus Conrndns (gestorben 1288) in Seußlitz bis zu dieser reichgegliederten,
ganz vom Geiste der Renaissance erfüllten, auch architektonisch überaus wirksamen
Komposition! Das Grabmal ist neuerdings von Carl niedrer (Wissensch. Beilage
der Leipziger Zeitung 1904, Ur. III und 112) als ein Werk des berühmten
Dresdner Bildhauers Christoph Walter (gestorben 1584) erkannt worden, der
auch das berühmtere Denkmal des Hugo von Schönburg in Waldenburg und
das Dresdner Schloßkapellentor geschaffen hat, das jetzt neben dem Johanneum am
Jüdeuhofe steht. Übrigens ist das Denkmal Georgs von Schleinitz in der Wirkung
dadurch sehr beeinträchtigt, daß es zur Hälfte durch die rechte Empvrentreppe ver-


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[0515] Die Lommcitzscher Pflege und das Geschlecht derer von Schleinitz 3. Heinrich dein Zweiten, des Vorigen Bruder, Rat Friedrichs des sanft¬ mütigen, gestorben 1450 (?). Er ist auch ans einer gelben Sandsteinplatte darge¬ stellt, aber kniend in langem, gegürteltem Gewände, um den Hals eine Kette, die Hände zum Gebet gefaltet. 4. Jahn, dem Oberinarschall nud kurfürstlichen Landvogt, gestorben 1463 oder 1464, der einer der Schiedsrichter im Streite seines Kurfürsten mit Kunz von Kauffnugen war; sein Grabmal ist das zweite in den Kreuzgängen. 5. Seinem Bruder Haus auf Seerhausen, Obermarschall und Hauptmann zu Meißen, gestorben 1476 oder 1482: das dritte Schleinitzer Denkmal der Kreuz- gänge. 6. Hugold dem Dritten auf Kriebstein, gestorben 1490; das erste Schleinitzer Denkmal der Kreuzgänge: die gewaltige Tatkraft und Machtstellung des Mannes strählen auch noch aus seiner geharnischten Steinfigur. 7. Wolf auf Nagewitz, dein Rat Herzog Georgs des Bärtigen, gestorben 1523. Sein Grabmal, das vierte in den Kreuzgängen, ist ohne Zweifel das interessanteste von allen. Er war von großer körperlicher Schönheit und hieß deshalb allgemein, besonders bei den Frauen, „der schöne Schleinitz." Aber in seinem frommen Sinn mochte er es nicht leiden, daß man ihn deswegen rühme. Als er noch in der Blüte seiner Jahre ans dem Totenbette lag, wünschte man wenigstens im Bilde seine Züge festzuhalten, aber er befahl, ihn so darzustellen, wie man ihn ein Jahr nach seinem Tode in der Gruft finden würde. Sein Bruder, der Bischof Johann der Siebente von Meißen, erfüllte diesen Wunsch, indem er auf dem Grabstein ein aufrechtstehendes, von Schlangen umwuudues Gerippe mit grinsendem Schädel dar¬ stellen ließ. Darüber schrieb er die Worte: vssusj Ohain'xotsns j Ujgaj L^pssj. ?i'Ä,dör w^frons dsiuz werenti iratri. Damals ging unter den Schlägen der von Luther erweckten Gewissen anch durch deu der alten Kirche »och treu anhängenden Adel Sachsens wieder ein tieferer sittlicher Ernst. 8. Tiefen Eindruck auf mich macht auch der Stein Jahns auf Jahnishausen (gestorben 1526), der der Fensterwand der Kapelle gegenübersteht. Jahn war wohl der erste ans dem konservativen Geschlecht, der sich dem lutherischen Glanben zuwandte — an ihn ist ein Sendbrief Luthers vom 18. Juni 1523 gerichtet — und die ihm deswegen angetane bittre Feindschaft seines Herzogs Georgs des Bärtigen gelassen ertrug. Sei» Denkmal ist das älteste der Kapelle, das die individualisierenden Auffassungen der Renaissance verrät. Jahn soll seinem Landes¬ fürsten, der ihn wegen seines Luthertums hart anließ, gesagt haben, er wolle Leib, Gut und Ehre daran wagen, Gott mehr zu gehorchen als den Menschen — diese ganze Rede liest man noch von den derben, aber charaktervoller Zügen des Ritters ab, der im ernstesten Seelenkmupfe vor dem Gekreuzigten kniet und zu ihm aus¬ sieht, und dieser schaut mit einem ganz eigentümlichen Ausdruck von tröstender Teilnahme zu ihm herunter. 10. Wenn auch nicht an innerer Kraft, so doch an technischer Vollendung des Aufbaues steht am höchsten das Epitaphium Georgs von Schleinitz auf Seerhausen und Schieritz, eines hervorragenden sächsischen Staatsmannes, der 1555, erst vier¬ undvierzig Jahre alt, starb und doch auf der Inschrift als „dreier Fürsten vor¬ nehmlicher Rat" bezeichnet werden konnte. Welche künstlerische Entwicklung von der in vertiefter Liniatnr wie eine mönchische Buchzeichnung gehaltnen Platte des Dominus Conrndns (gestorben 1288) in Seußlitz bis zu dieser reichgegliederten, ganz vom Geiste der Renaissance erfüllten, auch architektonisch überaus wirksamen Komposition! Das Grabmal ist neuerdings von Carl niedrer (Wissensch. Beilage der Leipziger Zeitung 1904, Ur. III und 112) als ein Werk des berühmten Dresdner Bildhauers Christoph Walter (gestorben 1584) erkannt worden, der auch das berühmtere Denkmal des Hugo von Schönburg in Waldenburg und das Dresdner Schloßkapellentor geschaffen hat, das jetzt neben dem Johanneum am Jüdeuhofe steht. Übrigens ist das Denkmal Georgs von Schleinitz in der Wirkung dadurch sehr beeinträchtigt, daß es zur Hälfte durch die rechte Empvrentreppe ver-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_87477/515>, abgerufen am 23.07.2024.