Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr.leiten beeinflußt sein kann, sondern eine Reihe von Jcihren zu berücksichtigen. Der Lebensversicherungskandidat hat nun, um sich über die Zuverlässigkeit leiten beeinflußt sein kann, sondern eine Reihe von Jcihren zu berücksichtigen. Der Lebensversicherungskandidat hat nun, um sich über die Zuverlässigkeit <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0380" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/87858"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_1612" prev="#ID_1611"> leiten beeinflußt sein kann, sondern eine Reihe von Jcihren zu berücksichtigen.<lb/> Das ist namentlich dann unerläßlich, wenn man Berechnungen ans ihre Stich¬<lb/> haltigkeit prüfen will, die unter der Annahme irgendeines bestimmten Satzes<lb/> von steigender Dividende aufgestellt sind. Diese Aufgabe ist eine der schwierigsten<lb/> für den Laien und doch dabei die, die ihm am allerhäufigsten, ja nahezu bei<lb/> jedem Versicherungsabschluß begegnet. Er kann hier auch nur relative Schlüsse<lb/> ziehn, indem er einzelne Gesellschaften vergleicht. Wir haben schon erwähnt,<lb/> daß heute noch häufig genug zu hohe Dividendensätze gezahlt werden. Das ist<lb/> nur bei dem „System der steigenden Dividende" möglich. Bei diesem wird den<lb/> Versicherten nicht sofort ihr voller Anteil am Überschüsse zurückvergütet, sondern<lb/> es wird ein bestimmter Steigungsmodus angenommen, wonach die anfangs<lb/> niedrigem Dividenden während der ganzen Versicherungsdauer steigen sollen.<lb/> Beträgt zum Beispiel die durchschnittliche Gewinnüberweisung einer Anstalt<lb/> 20 Prozent der Prämien, so läßt sie nach dem Modus der steigenden Divi¬<lb/> denden zum Beispiel nach drei Jahren mit 4^ Prozent beginnen und jedes<lb/> Jahr um 1^ Prozent steigen, sodaß sie im dreißigsten Versicherungsjahr auf<lb/> 45 Prozent kommt usw. Nun ist leicht erkennbar, daß eine andre Gesellschaft,<lb/> die ebenfalls Überschüsse für ihre Versicherten von etwa 20 Prozent erreicht,<lb/> während einer ganzen Reihe von Jahren einen beträchtlich höhern Satz an¬<lb/> nehmen kann, zum Beispiel 2 oder 2^ Prozent. Bis die letzten Dividenden<lb/> mit den hohen Ansprüchen fällig werden, ist es lange hin, und mittlerweile<lb/> genießt die Gesellschaft L den Ruf einer viel größern Leistungsfähigkeit als die<lb/> Gesellschaft die ihren Satz vorsichtigerweise so normiert hat, daß sie ihn<lb/> voraussichtlich dauernd gewähren kann.</p><lb/> <p xml:id="ID_1613" next="#ID_1614"> Der Lebensversicherungskandidat hat nun, um sich über die Zuverlässigkeit<lb/> der ihm vorgelegten Rechnungen zu sichern, in dem Vergleich der Überschu߬<lb/> überweisungen und der seither gezählten Dividenden die einzigen Kriterien. Hat<lb/> er zwischen zwei oder mehreren Gesellschaften zu wählen, die ihm sämtlich<lb/> Kostenrechnungen mit steigender Dividende vorlegen, so wühle er, kurz gesagt,<lb/> die Gesellschaft, die seit der Einführung dieser Dividenden die höchsten Über¬<lb/> schüsse für ihre Versicherten erreicht hat, und deren gegenwärtiger Dividenden¬<lb/> satz nicht zu hoch bemessen ist. Stehn beispielsweise zwei Gesellschaften zur<lb/> Wahl, die seither genau dieselben Überschüsse erreichten, so liegt es auf der<lb/> Hand, daß die von ihnen ihren gegenwärtigen Dividendensatz mit größerer<lb/> Wahrscheinlichkeit aufrecht halten kann, die ihn von Anfang an in mäßigem<lb/> Grenzen bemessen hat, während die Gesellschaft mit höherm Dividendensatz auf<lb/> dem Papier zwar billiger aussieht, in Wirklichkeit aber teurer sein muß; denn<lb/> da beide Anstalten gleich hohe Überschüsse zur Verteilung bereit hatten, sind<lb/> die Aussichten für die Zukunft notgedrungen bei der Anstalt schlechter, die<lb/> bisher schon höhere Dividenden aus diesen Überschüssen gezahlt hat. Ihr bleibt,<lb/> wenn die Dividendenansprüche ihrer alten Versicherten ihre höchsten Stufen<lb/> erreichen, nichts übrig, als den Dividendensatz zu reduzieren. Man kann mithin<lb/> sagen, daß Leute, die im Vertrauen ans die hohen Sätze der steigenden Divi¬<lb/> dende bei einer solchen Gesellschaft eintreten, großen Enttäuschungen begegnen<lb/> werden. Will man diese vermeiden, so ist es notwendig, eingehend die Bilanz</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0380]
leiten beeinflußt sein kann, sondern eine Reihe von Jcihren zu berücksichtigen.
Das ist namentlich dann unerläßlich, wenn man Berechnungen ans ihre Stich¬
haltigkeit prüfen will, die unter der Annahme irgendeines bestimmten Satzes
von steigender Dividende aufgestellt sind. Diese Aufgabe ist eine der schwierigsten
für den Laien und doch dabei die, die ihm am allerhäufigsten, ja nahezu bei
jedem Versicherungsabschluß begegnet. Er kann hier auch nur relative Schlüsse
ziehn, indem er einzelne Gesellschaften vergleicht. Wir haben schon erwähnt,
daß heute noch häufig genug zu hohe Dividendensätze gezahlt werden. Das ist
nur bei dem „System der steigenden Dividende" möglich. Bei diesem wird den
Versicherten nicht sofort ihr voller Anteil am Überschüsse zurückvergütet, sondern
es wird ein bestimmter Steigungsmodus angenommen, wonach die anfangs
niedrigem Dividenden während der ganzen Versicherungsdauer steigen sollen.
Beträgt zum Beispiel die durchschnittliche Gewinnüberweisung einer Anstalt
20 Prozent der Prämien, so läßt sie nach dem Modus der steigenden Divi¬
denden zum Beispiel nach drei Jahren mit 4^ Prozent beginnen und jedes
Jahr um 1^ Prozent steigen, sodaß sie im dreißigsten Versicherungsjahr auf
45 Prozent kommt usw. Nun ist leicht erkennbar, daß eine andre Gesellschaft,
die ebenfalls Überschüsse für ihre Versicherten von etwa 20 Prozent erreicht,
während einer ganzen Reihe von Jahren einen beträchtlich höhern Satz an¬
nehmen kann, zum Beispiel 2 oder 2^ Prozent. Bis die letzten Dividenden
mit den hohen Ansprüchen fällig werden, ist es lange hin, und mittlerweile
genießt die Gesellschaft L den Ruf einer viel größern Leistungsfähigkeit als die
Gesellschaft die ihren Satz vorsichtigerweise so normiert hat, daß sie ihn
voraussichtlich dauernd gewähren kann.
Der Lebensversicherungskandidat hat nun, um sich über die Zuverlässigkeit
der ihm vorgelegten Rechnungen zu sichern, in dem Vergleich der Überschu߬
überweisungen und der seither gezählten Dividenden die einzigen Kriterien. Hat
er zwischen zwei oder mehreren Gesellschaften zu wählen, die ihm sämtlich
Kostenrechnungen mit steigender Dividende vorlegen, so wühle er, kurz gesagt,
die Gesellschaft, die seit der Einführung dieser Dividenden die höchsten Über¬
schüsse für ihre Versicherten erreicht hat, und deren gegenwärtiger Dividenden¬
satz nicht zu hoch bemessen ist. Stehn beispielsweise zwei Gesellschaften zur
Wahl, die seither genau dieselben Überschüsse erreichten, so liegt es auf der
Hand, daß die von ihnen ihren gegenwärtigen Dividendensatz mit größerer
Wahrscheinlichkeit aufrecht halten kann, die ihn von Anfang an in mäßigem
Grenzen bemessen hat, während die Gesellschaft mit höherm Dividendensatz auf
dem Papier zwar billiger aussieht, in Wirklichkeit aber teurer sein muß; denn
da beide Anstalten gleich hohe Überschüsse zur Verteilung bereit hatten, sind
die Aussichten für die Zukunft notgedrungen bei der Anstalt schlechter, die
bisher schon höhere Dividenden aus diesen Überschüssen gezahlt hat. Ihr bleibt,
wenn die Dividendenansprüche ihrer alten Versicherten ihre höchsten Stufen
erreichen, nichts übrig, als den Dividendensatz zu reduzieren. Man kann mithin
sagen, daß Leute, die im Vertrauen ans die hohen Sätze der steigenden Divi¬
dende bei einer solchen Gesellschaft eintreten, großen Enttäuschungen begegnen
werden. Will man diese vermeiden, so ist es notwendig, eingehend die Bilanz
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