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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr.

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Im alten Brüssel

schreie" ihr altes Reuzenlied in all das schrille Geklingel, Getute und Gerassel des
Ommegangs hinein:

NviMn rijät alö i'sai5Si>v>!>A'gli, <is rsu/.ouvvaAvu,
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Xinäöisu dllj!
Lu ilsn ÄrsZsn ^ol^j liautvnIciÄZvn, kMwnIv!Äj;vu,
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X"s^t. n hör8 om, rouslisn, rsnÄcvn!
Xssrt u ssns am,
Röuüsndlom!

Und Papa und Mama, Miete und Jcumeke versuchen ärgerlich eine halbe
Wendung ihrer steife" Rohrkörper zum schreienden Jubel des jungen Volks.

La, mosäsr, Mvät' usu botorliAn,
Os rsnus i" MA"i!
Xvsrt n lzsiis om wuslcizn, ^suslcsn!
Xösrt n ssnL an,
Rvuüsnblom!
La, inovclor, <Apt og-n'i bsstv l>lor,
Do Reuxö is glsr!
Xizort u. von8 om vsuslcsll, rouslcsn!
Xssrt n hör" om,
Ksuüsnbloin!

Endlich lief Fintje nach Hause, mit roten Wangen und glänzenden Augen.
So eilig rannte sie, wie ein Kind, das sich auf unrechten Wege weiß. Wen"
nun RenL doch gekommen wäre?

Nein, er war nicht gekommen; einsam wie gewöhnlich verbrachte sie den
Abend und ging früh zu Bett, noch erregt von dem bunten Faschingsjnbel, in den
sie heute einmal wieder auf kurze Zeit untergetaucht war.

Und sie träumte lebhaft und beängstigend: Ihre Schlafzimmertür öffnete sich,
und die Großmutter kam herein. Am Fußende des Bettes blieb sie stehn und sah
Fintje böse mit ihren schielenden Hexenaugen an. Sie hatte ihre lange Gerte in
der Hand und berührte damit Fintjes Stirn. Schwer drückte die Gerte, Fintje
fühlte, wie sie unter dem Druck immer tiefer sank.

Hast du meine kleinen Schwestern nicht gesehen? fragte die Großmutter streng.
Warum bist du mit ihnen davongelaufen, hättest du nicht warten können, bis ich
tot war? Dafür gehört dir Strafe! Und die Großmutter holte mit der schwanken
Rute zum Schlag aus -- da kreischte Fintje gellend auf und erwachte an ihrem
eignen Angstschrei und saß nun zitternd, mit wildklopfendem Herzen in ihrem Bett.
Sie machte Licht, weil ihr graute vor der stillen Dunkelheit, in der die Traum¬
erscheinung der Großmutter noch zu atmen schien. Eine abergläubische Furcht packte
sie, die sie auch am hellen Morgen nicht wieder los wurde. Warum war ihr die
Großmutter im Traum erschienen? Ob das nicht etwas zu bedeuten hatte? Ob
die alte Großmutter, die sie großgezogen hatte, gestorben war in dieser Nacht?
Der Gedanke gab sie nicht wieder frei. Sie hielt es endlich nicht länger aus. Sie
mußte sich darüber Gewißheit verschaffen. Nach dem Se. Katharinenmarkt wollte
sie laufen und sich bei einer Orangenhändlerin aus dem Quartier des Marolles
nach der Hexe des Pouchenellekellers erkundigen.

Vor dem Spiegel band sie sich einen dichten Schleier um. Sie würden zwar
auch ohne diese Vorsichtsmaßregel das alte Fintje kaum in ihr erkennen, die einstigen
Genossinnen. Die gute Kost und die ruhige Lebensweise hatten dem hagern Kinder¬
körper weichere Rundung verliehen, auch das schmale Gesicht war rosiger und voller
geworden, die Augen schauten nicht mehr so unheimlich groß daraus hervor, und
die gepflegten Haare waren leuchtender und seiner geworden. Diese schlanke junge
Dame, die sie jetzt ernsthaft aus dem Spiegel ansah, erinnerte wenig an die flinke,
lustige kleine Kellerratte.


Im alten Brüssel

schreie» ihr altes Reuzenlied in all das schrille Geklingel, Getute und Gerassel des
Ommegangs hinein:

NviMn rijät alö i'sai5Si>v>!>A'gli, <is rsu/.ouvvaAvu,
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Xinäöisu dllj!
Lu ilsn ÄrsZsn ^ol^j liautvnIciÄZvn, kMwnIv!Äj;vu,
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X»s^t. n hör8 om, rouslisn, rsnÄcvn!
Xssrt u ssns am,
Röuüsndlom!

Und Papa und Mama, Miete und Jcumeke versuchen ärgerlich eine halbe
Wendung ihrer steife» Rohrkörper zum schreienden Jubel des jungen Volks.

La, mosäsr, Mvät' usu botorliAn,
Os rsnus i« MA»i!
Xvsrt n lzsiis om wuslcizn, ^suslcsn!
Xösrt n ssnL an,
Rvuüsnblom!
La, inovclor, <Apt og-n'i bsstv l>lor,
Do Reuxö is glsr!
Xizort u. von8 om vsuslcsll, rouslcsn!
Xssrt n hör» om,
Ksuüsnbloin!

Endlich lief Fintje nach Hause, mit roten Wangen und glänzenden Augen.
So eilig rannte sie, wie ein Kind, das sich auf unrechten Wege weiß. Wen»
nun RenL doch gekommen wäre?

Nein, er war nicht gekommen; einsam wie gewöhnlich verbrachte sie den
Abend und ging früh zu Bett, noch erregt von dem bunten Faschingsjnbel, in den
sie heute einmal wieder auf kurze Zeit untergetaucht war.

Und sie träumte lebhaft und beängstigend: Ihre Schlafzimmertür öffnete sich,
und die Großmutter kam herein. Am Fußende des Bettes blieb sie stehn und sah
Fintje böse mit ihren schielenden Hexenaugen an. Sie hatte ihre lange Gerte in
der Hand und berührte damit Fintjes Stirn. Schwer drückte die Gerte, Fintje
fühlte, wie sie unter dem Druck immer tiefer sank.

Hast du meine kleinen Schwestern nicht gesehen? fragte die Großmutter streng.
Warum bist du mit ihnen davongelaufen, hättest du nicht warten können, bis ich
tot war? Dafür gehört dir Strafe! Und die Großmutter holte mit der schwanken
Rute zum Schlag aus — da kreischte Fintje gellend auf und erwachte an ihrem
eignen Angstschrei und saß nun zitternd, mit wildklopfendem Herzen in ihrem Bett.
Sie machte Licht, weil ihr graute vor der stillen Dunkelheit, in der die Traum¬
erscheinung der Großmutter noch zu atmen schien. Eine abergläubische Furcht packte
sie, die sie auch am hellen Morgen nicht wieder los wurde. Warum war ihr die
Großmutter im Traum erschienen? Ob das nicht etwas zu bedeuten hatte? Ob
die alte Großmutter, die sie großgezogen hatte, gestorben war in dieser Nacht?
Der Gedanke gab sie nicht wieder frei. Sie hielt es endlich nicht länger aus. Sie
mußte sich darüber Gewißheit verschaffen. Nach dem Se. Katharinenmarkt wollte
sie laufen und sich bei einer Orangenhändlerin aus dem Quartier des Marolles
nach der Hexe des Pouchenellekellers erkundigen.

Vor dem Spiegel band sie sich einen dichten Schleier um. Sie würden zwar
auch ohne diese Vorsichtsmaßregel das alte Fintje kaum in ihr erkennen, die einstigen
Genossinnen. Die gute Kost und die ruhige Lebensweise hatten dem hagern Kinder¬
körper weichere Rundung verliehen, auch das schmale Gesicht war rosiger und voller
geworden, die Augen schauten nicht mehr so unheimlich groß daraus hervor, und
die gepflegten Haare waren leuchtender und seiner geworden. Diese schlanke junge
Dame, die sie jetzt ernsthaft aus dem Spiegel ansah, erinnerte wenig an die flinke,
lustige kleine Kellerratte.


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[0356] Im alten Brüssel schreie» ihr altes Reuzenlied in all das schrille Geklingel, Getute und Gerassel des Ommegangs hinein: NviMn rijät alö i'sai5Si>v>!>A'gli, <is rsu/.ouvvaAvu, ' Xinäöisu dllj! Lu ilsn ÄrsZsn ^ol^j liautvnIciÄZvn, kMwnIv!Äj;vu, XlsörsQ VA« X»s^t. n hör8 om, rouslisn, rsnÄcvn! Xssrt u ssns am, Röuüsndlom! Und Papa und Mama, Miete und Jcumeke versuchen ärgerlich eine halbe Wendung ihrer steife» Rohrkörper zum schreienden Jubel des jungen Volks. La, mosäsr, Mvät' usu botorliAn, Os rsnus i« MA»i! Xvsrt n lzsiis om wuslcizn, ^suslcsn! Xösrt n ssnL an, Rvuüsnblom! La, inovclor, <Apt og-n'i bsstv l>lor, Do Reuxö is glsr! Xizort u. von8 om vsuslcsll, rouslcsn! Xssrt n hör» om, Ksuüsnbloin! Endlich lief Fintje nach Hause, mit roten Wangen und glänzenden Augen. So eilig rannte sie, wie ein Kind, das sich auf unrechten Wege weiß. Wen» nun RenL doch gekommen wäre? Nein, er war nicht gekommen; einsam wie gewöhnlich verbrachte sie den Abend und ging früh zu Bett, noch erregt von dem bunten Faschingsjnbel, in den sie heute einmal wieder auf kurze Zeit untergetaucht war. Und sie träumte lebhaft und beängstigend: Ihre Schlafzimmertür öffnete sich, und die Großmutter kam herein. Am Fußende des Bettes blieb sie stehn und sah Fintje böse mit ihren schielenden Hexenaugen an. Sie hatte ihre lange Gerte in der Hand und berührte damit Fintjes Stirn. Schwer drückte die Gerte, Fintje fühlte, wie sie unter dem Druck immer tiefer sank. Hast du meine kleinen Schwestern nicht gesehen? fragte die Großmutter streng. Warum bist du mit ihnen davongelaufen, hättest du nicht warten können, bis ich tot war? Dafür gehört dir Strafe! Und die Großmutter holte mit der schwanken Rute zum Schlag aus — da kreischte Fintje gellend auf und erwachte an ihrem eignen Angstschrei und saß nun zitternd, mit wildklopfendem Herzen in ihrem Bett. Sie machte Licht, weil ihr graute vor der stillen Dunkelheit, in der die Traum¬ erscheinung der Großmutter noch zu atmen schien. Eine abergläubische Furcht packte sie, die sie auch am hellen Morgen nicht wieder los wurde. Warum war ihr die Großmutter im Traum erschienen? Ob das nicht etwas zu bedeuten hatte? Ob die alte Großmutter, die sie großgezogen hatte, gestorben war in dieser Nacht? Der Gedanke gab sie nicht wieder frei. Sie hielt es endlich nicht länger aus. Sie mußte sich darüber Gewißheit verschaffen. Nach dem Se. Katharinenmarkt wollte sie laufen und sich bei einer Orangenhändlerin aus dem Quartier des Marolles nach der Hexe des Pouchenellekellers erkundigen. Vor dem Spiegel band sie sich einen dichten Schleier um. Sie würden zwar auch ohne diese Vorsichtsmaßregel das alte Fintje kaum in ihr erkennen, die einstigen Genossinnen. Die gute Kost und die ruhige Lebensweise hatten dem hagern Kinder¬ körper weichere Rundung verliehen, auch das schmale Gesicht war rosiger und voller geworden, die Augen schauten nicht mehr so unheimlich groß daraus hervor, und die gepflegten Haare waren leuchtender und seiner geworden. Diese schlanke junge Dame, die sie jetzt ernsthaft aus dem Spiegel ansah, erinnerte wenig an die flinke, lustige kleine Kellerratte.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_87477/356>, abgerufen am 22.12.2024.