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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr.

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Bilder aus dem deutsch-französischen Urieze

Hauptstadt; der berühmte, eben erst aus dem Leben geschiedne Flühen hat die
letzte besucht. Alle andern Akademiker, Juristen, Philologen, Polytechniker sind
auf die Hochschule in Kopenhagen angewiesen, wohin natürlich auch vielfach
Theologen und Mediziner zur Erweiterung ihrer Bildung ziehn. Zählt man
nun noch die vier landwirtschaftlichen Schulen, die Steuermannsschule und
eine Art von Gewerbe- oder Kunstschule dazu, so erkennt man leicht, daß
im Schulwesen Island kaum hinter einem andern Lande zurücksteht. Auch
an Bibliotheken und Sammlungen fehlt es nicht. Obenan steht die große
Landesbibliothek in Reykjavik, die mehr als 60000 Bände und 6000 Hand¬
schriften hat. Dann kommt die Bibliothek der Lateinschule mit etwa 10000
Bänden, dazu noch kleinere Büchereien im Lande, worunter besonders merk¬
würdig die von Gudhmundsson nicht erwähnten Sammlungen auf den kleinen
Inseln Grimsey und Flatey sind, von denen die eine in weltabgeschiedener
Lage unter dem Polarkreise nicht ganz hundert Einwohner hat, die andre
noch kleinere, die im Westen in der Nähe der Küste liegt, nur von dem
Pfarrer und wenig Menschen bewohnt ist. Ein Museum für Altertümer
und ein andres für Naturwissenschaft findet man in Reykjavik; außerdem lassen
sich verschiedne Gesellschaften und Vereine die Ausbreitung der allgemeinen wie
der Fachbildung angelegen sein, von denen vor allem die schon 1816 von dem
berühmten Sprachforscher Rask gegründete Literaturgesellschaft (dolimsntsMaZ)
zu nennen ist, deren Tätigkeit auf die Herausgabe guter wissenschaftlicher
und volkstümlicher Schriften gerichtet ist. Dann kommt der Altertumsverein,
der Verein für Volksfreunde, der landwirtschaftliche, der naturwissenschaftliche,
der Gartenbauverein und andre mehr. Viele dieser gemeinnützigen Gesell¬
schaften werden aus den Mitteln des Staates unterstützt, der auch den übrigen
oben genannten Anstalten bereitwillig Zuschüsse gewährt. Der Unterricht in
den höhern Lehranstalten vollends -- die beiden Realschulen eingeschlossen --
wird unentgeltlich erteilt (Schluß folgt) .^ ^




Bilder aus dem deutsch-französischen Kriege
Friedrich Ratzel Ans dem Nachlaß von
<Lin zündender Blitz

jemand weiß, wenn ein Gewitter aufzieht, ob der Blitz, und wo
er einschlagen, und wen er treffen wird. In der grauen Wolke
dort kann el" Todespfeil für mich oder dich auf dem Bogen liegen,
und während wir wähnen, hier mitten im Leben zu sein, zielt schon
ein himmlischer Schütze, und sein Finger liegt druckbereit an der
I Sehne. Man spricht vom Kriegsgewitter und vom Schlachtendonner
und vergleicht das fahle Aufleuchten des Geschützfeuers dem fernen Blitz. Es gibt
einen fiel furchtbarem zündenden Blitz als den, der Gewaffnete trifft, die mehr
oder weniger darauf vorbereitet sind; er schlägt wahllos in ein friedliches Leben
hinein, daß es zersplittert, er tötet und zündet mitten unter nichtsahnenden Un-


Bilder aus dem deutsch-französischen Urieze

Hauptstadt; der berühmte, eben erst aus dem Leben geschiedne Flühen hat die
letzte besucht. Alle andern Akademiker, Juristen, Philologen, Polytechniker sind
auf die Hochschule in Kopenhagen angewiesen, wohin natürlich auch vielfach
Theologen und Mediziner zur Erweiterung ihrer Bildung ziehn. Zählt man
nun noch die vier landwirtschaftlichen Schulen, die Steuermannsschule und
eine Art von Gewerbe- oder Kunstschule dazu, so erkennt man leicht, daß
im Schulwesen Island kaum hinter einem andern Lande zurücksteht. Auch
an Bibliotheken und Sammlungen fehlt es nicht. Obenan steht die große
Landesbibliothek in Reykjavik, die mehr als 60000 Bände und 6000 Hand¬
schriften hat. Dann kommt die Bibliothek der Lateinschule mit etwa 10000
Bänden, dazu noch kleinere Büchereien im Lande, worunter besonders merk¬
würdig die von Gudhmundsson nicht erwähnten Sammlungen auf den kleinen
Inseln Grimsey und Flatey sind, von denen die eine in weltabgeschiedener
Lage unter dem Polarkreise nicht ganz hundert Einwohner hat, die andre
noch kleinere, die im Westen in der Nähe der Küste liegt, nur von dem
Pfarrer und wenig Menschen bewohnt ist. Ein Museum für Altertümer
und ein andres für Naturwissenschaft findet man in Reykjavik; außerdem lassen
sich verschiedne Gesellschaften und Vereine die Ausbreitung der allgemeinen wie
der Fachbildung angelegen sein, von denen vor allem die schon 1816 von dem
berühmten Sprachforscher Rask gegründete Literaturgesellschaft (dolimsntsMaZ)
zu nennen ist, deren Tätigkeit auf die Herausgabe guter wissenschaftlicher
und volkstümlicher Schriften gerichtet ist. Dann kommt der Altertumsverein,
der Verein für Volksfreunde, der landwirtschaftliche, der naturwissenschaftliche,
der Gartenbauverein und andre mehr. Viele dieser gemeinnützigen Gesell¬
schaften werden aus den Mitteln des Staates unterstützt, der auch den übrigen
oben genannten Anstalten bereitwillig Zuschüsse gewährt. Der Unterricht in
den höhern Lehranstalten vollends — die beiden Realschulen eingeschlossen —
wird unentgeltlich erteilt (Schluß folgt) .^ ^




Bilder aus dem deutsch-französischen Kriege
Friedrich Ratzel Ans dem Nachlaß von
<Lin zündender Blitz

jemand weiß, wenn ein Gewitter aufzieht, ob der Blitz, und wo
er einschlagen, und wen er treffen wird. In der grauen Wolke
dort kann el» Todespfeil für mich oder dich auf dem Bogen liegen,
und während wir wähnen, hier mitten im Leben zu sein, zielt schon
ein himmlischer Schütze, und sein Finger liegt druckbereit an der
I Sehne. Man spricht vom Kriegsgewitter und vom Schlachtendonner
und vergleicht das fahle Aufleuchten des Geschützfeuers dem fernen Blitz. Es gibt
einen fiel furchtbarem zündenden Blitz als den, der Gewaffnete trifft, die mehr
oder weniger darauf vorbereitet sind; er schlägt wahllos in ein friedliches Leben
hinein, daß es zersplittert, er tötet und zündet mitten unter nichtsahnenden Un-


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[0287] Bilder aus dem deutsch-französischen Urieze Hauptstadt; der berühmte, eben erst aus dem Leben geschiedne Flühen hat die letzte besucht. Alle andern Akademiker, Juristen, Philologen, Polytechniker sind auf die Hochschule in Kopenhagen angewiesen, wohin natürlich auch vielfach Theologen und Mediziner zur Erweiterung ihrer Bildung ziehn. Zählt man nun noch die vier landwirtschaftlichen Schulen, die Steuermannsschule und eine Art von Gewerbe- oder Kunstschule dazu, so erkennt man leicht, daß im Schulwesen Island kaum hinter einem andern Lande zurücksteht. Auch an Bibliotheken und Sammlungen fehlt es nicht. Obenan steht die große Landesbibliothek in Reykjavik, die mehr als 60000 Bände und 6000 Hand¬ schriften hat. Dann kommt die Bibliothek der Lateinschule mit etwa 10000 Bänden, dazu noch kleinere Büchereien im Lande, worunter besonders merk¬ würdig die von Gudhmundsson nicht erwähnten Sammlungen auf den kleinen Inseln Grimsey und Flatey sind, von denen die eine in weltabgeschiedener Lage unter dem Polarkreise nicht ganz hundert Einwohner hat, die andre noch kleinere, die im Westen in der Nähe der Küste liegt, nur von dem Pfarrer und wenig Menschen bewohnt ist. Ein Museum für Altertümer und ein andres für Naturwissenschaft findet man in Reykjavik; außerdem lassen sich verschiedne Gesellschaften und Vereine die Ausbreitung der allgemeinen wie der Fachbildung angelegen sein, von denen vor allem die schon 1816 von dem berühmten Sprachforscher Rask gegründete Literaturgesellschaft (dolimsntsMaZ) zu nennen ist, deren Tätigkeit auf die Herausgabe guter wissenschaftlicher und volkstümlicher Schriften gerichtet ist. Dann kommt der Altertumsverein, der Verein für Volksfreunde, der landwirtschaftliche, der naturwissenschaftliche, der Gartenbauverein und andre mehr. Viele dieser gemeinnützigen Gesell¬ schaften werden aus den Mitteln des Staates unterstützt, der auch den übrigen oben genannten Anstalten bereitwillig Zuschüsse gewährt. Der Unterricht in den höhern Lehranstalten vollends — die beiden Realschulen eingeschlossen — wird unentgeltlich erteilt (Schluß folgt) .^ ^ Bilder aus dem deutsch-französischen Kriege Friedrich Ratzel Ans dem Nachlaß von <Lin zündender Blitz jemand weiß, wenn ein Gewitter aufzieht, ob der Blitz, und wo er einschlagen, und wen er treffen wird. In der grauen Wolke dort kann el» Todespfeil für mich oder dich auf dem Bogen liegen, und während wir wähnen, hier mitten im Leben zu sein, zielt schon ein himmlischer Schütze, und sein Finger liegt druckbereit an der I Sehne. Man spricht vom Kriegsgewitter und vom Schlachtendonner und vergleicht das fahle Aufleuchten des Geschützfeuers dem fernen Blitz. Es gibt einen fiel furchtbarem zündenden Blitz als den, der Gewaffnete trifft, die mehr oder weniger darauf vorbereitet sind; er schlägt wahllos in ein friedliches Leben hinein, daß es zersplittert, er tötet und zündet mitten unter nichtsahnenden Un-

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

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Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_87477/287>, abgerufen am 03.07.2024.