Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr.Die Mobilmachung von l.370 ist in seiner Richtigkeit urkundlich belegt durch ein vom preußischen Kriegs¬ Nach der französischen Einmischung in dem Kriege von 1866 mußte mit *) Die Mobilmachung von 1870/71. mit Allerhöchster Genehmigung Seiner Majestät des
Kaisers und Königs bearbeitet im Königlichen Kriegsministerium von Gustaf Lehmann. Wirklichem Geheimen Kriegsrat und Vortragenden Rat im Kriegsministerium. Berlin 1904, Mittler und Sohn. Die Mobilmachung von l.370 ist in seiner Richtigkeit urkundlich belegt durch ein vom preußischen Kriegs¬ Nach der französischen Einmischung in dem Kriege von 1866 mußte mit *) Die Mobilmachung von 1870/71. mit Allerhöchster Genehmigung Seiner Majestät des
Kaisers und Königs bearbeitet im Königlichen Kriegsministerium von Gustaf Lehmann. Wirklichem Geheimen Kriegsrat und Vortragenden Rat im Kriegsministerium. Berlin 1904, Mittler und Sohn. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0021" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/87498"/> <fw type="header" place="top"> Die Mobilmachung von l.370</fw><lb/> <p xml:id="ID_29" prev="#ID_28"> ist in seiner Richtigkeit urkundlich belegt durch ein vom preußischen Kriegs¬<lb/> ministerium als Festschrift zur Feier der Denkmalsenthüllung herausgegebnes<lb/> Werk,"') das dem Militär wie dem Laien einen ebenso lehrreichen wie über¬<lb/> raschenden Einblick in die stille Werkstatt und in die unermüdliche emsige<lb/> Arbeit des preußischen Kricgsministeriums während der Jahre 1866 bis 1870<lb/> gewährt. Es ist schon vor Weihnachten kurz auf die Schrift in Heft 49 auf¬<lb/> merksam gemacht worden.</p><lb/> <p xml:id="ID_30" next="#ID_31"> Nach der französischen Einmischung in dem Kriege von 1866 mußte mit<lb/> voller Bestimmtheit in Aussicht genommen werden, daß Preußen die Ergebnisse<lb/> dieses Feldzugs noch einmal gegen Frankreich zu verteidigen haben werde.<lb/> Hatte Bismarck schon am 5. Juli 1866 der französischen Einmischung gegen¬<lb/> über das Wort gesprochen: „Das wird Louis einmal teuer zu stehn kommen,"<lb/> so hatten die im folgenden August auftretenden französischen Forderungen,<lb/> die mit der Alternative „Mainz oder der Krieg" gestellt wurden, keinen Zweifel<lb/> an den Absichten Frankreichs gelassen, mit denen fortan zu rechnen sein<lb/> werde. Die Entschlossenheit Bismarcks, der Benedetti kurzweg erwidert hatte:<lb/> „Gut, dann ist Krieg," hat damals den Ausbruch verhindert. Aber für niemand,<lb/> der sich mit diesen Dingen beschäftigen mußte, konnte ein Zweifel darüber<lb/> bestehn, daß Frankreich zum Kriege schreiten werde, sobald es über die<lb/> nötigen Allianzen verfügte, während auf deutscher Seite das politische und das<lb/> militärische Interesse dahinging, vor dem Ausbruch neuer Stürme die durch<lb/> das Jahr 1866 geschaffne Ordnung möglichst zu festigen und durch die<lb/> außerhalb der alten preußischen Provinzen neu eingeführte allgemeine Wehr-<lb/> Pflicht dem Heere möglichst viele Jahrgänge zuzuführen. Welche Arbeit das<lb/> Preußische Kriegsministerium in dieser Zeit zu bewältigen gehabt hat, geht<lb/> unter anderm daraus hervor, daß vom Abschluß der Demobilmachung 1866<lb/> bis zur Mobilmachung 1870 allein über zweihundert teils ganz neu aufge¬<lb/> stellte, teils umgearbeitete Dienstordnungen erlassen werden mußten. Die Ver¬<lb/> wicklungen infolge der Luxemburger Angelegenheit hatten dem Allgemeinen<lb/> Kriegsdepartement Anlaß gegeben, in einer Denkschrift vom 23. April 1867<lb/> darzulegen, „was für eine in nächster Zeit etwa erforderlich werdende<lb/> Mobilmachung des Norddeutschen Bundesheeres vorzusehen sein möchte."<lb/> Es wurde darin die Mobilmachung der gesamten Armee befürwortet; die<lb/> dabei aufgestellten Grundzüge für diese Mobilmachung berechneten die von<lb/> dem Norddeutschen Bunde für die Operationen im freien Felde verfügbaren<lb/> Streitkräfte auf 381^ Bataillone, 335 Eskadrons, 205 Batterien, zusammen<lb/> 352300 Mann Infanterie, 49600 Pferde. 1234 Geschütze. Diese Vorschläge<lb/> hatten am 25. April die königliche Genehmigung gefunden. Dagegen<lb/> hatte der König am 6. Mai abgelehnt, die von dem achten Armeekorps<lb/> erhellte Ermächtigung zu Vorkehrungen gegen einen wegen der fortdauernden<lb/> Rüstungen in Frankreich befürchteten strategischen Überfall zu erteilen und</p><lb/> <note xml:id="FID_2" place="foot"> *) Die Mobilmachung von 1870/71. mit Allerhöchster Genehmigung Seiner Majestät des<lb/> Kaisers und Königs bearbeitet im Königlichen Kriegsministerium von Gustaf Lehmann.<lb/> Wirklichem Geheimen Kriegsrat und Vortragenden Rat im Kriegsministerium. Berlin 1904,<lb/> Mittler und Sohn.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0021]
Die Mobilmachung von l.370
ist in seiner Richtigkeit urkundlich belegt durch ein vom preußischen Kriegs¬
ministerium als Festschrift zur Feier der Denkmalsenthüllung herausgegebnes
Werk,"') das dem Militär wie dem Laien einen ebenso lehrreichen wie über¬
raschenden Einblick in die stille Werkstatt und in die unermüdliche emsige
Arbeit des preußischen Kricgsministeriums während der Jahre 1866 bis 1870
gewährt. Es ist schon vor Weihnachten kurz auf die Schrift in Heft 49 auf¬
merksam gemacht worden.
Nach der französischen Einmischung in dem Kriege von 1866 mußte mit
voller Bestimmtheit in Aussicht genommen werden, daß Preußen die Ergebnisse
dieses Feldzugs noch einmal gegen Frankreich zu verteidigen haben werde.
Hatte Bismarck schon am 5. Juli 1866 der französischen Einmischung gegen¬
über das Wort gesprochen: „Das wird Louis einmal teuer zu stehn kommen,"
so hatten die im folgenden August auftretenden französischen Forderungen,
die mit der Alternative „Mainz oder der Krieg" gestellt wurden, keinen Zweifel
an den Absichten Frankreichs gelassen, mit denen fortan zu rechnen sein
werde. Die Entschlossenheit Bismarcks, der Benedetti kurzweg erwidert hatte:
„Gut, dann ist Krieg," hat damals den Ausbruch verhindert. Aber für niemand,
der sich mit diesen Dingen beschäftigen mußte, konnte ein Zweifel darüber
bestehn, daß Frankreich zum Kriege schreiten werde, sobald es über die
nötigen Allianzen verfügte, während auf deutscher Seite das politische und das
militärische Interesse dahinging, vor dem Ausbruch neuer Stürme die durch
das Jahr 1866 geschaffne Ordnung möglichst zu festigen und durch die
außerhalb der alten preußischen Provinzen neu eingeführte allgemeine Wehr-
Pflicht dem Heere möglichst viele Jahrgänge zuzuführen. Welche Arbeit das
Preußische Kriegsministerium in dieser Zeit zu bewältigen gehabt hat, geht
unter anderm daraus hervor, daß vom Abschluß der Demobilmachung 1866
bis zur Mobilmachung 1870 allein über zweihundert teils ganz neu aufge¬
stellte, teils umgearbeitete Dienstordnungen erlassen werden mußten. Die Ver¬
wicklungen infolge der Luxemburger Angelegenheit hatten dem Allgemeinen
Kriegsdepartement Anlaß gegeben, in einer Denkschrift vom 23. April 1867
darzulegen, „was für eine in nächster Zeit etwa erforderlich werdende
Mobilmachung des Norddeutschen Bundesheeres vorzusehen sein möchte."
Es wurde darin die Mobilmachung der gesamten Armee befürwortet; die
dabei aufgestellten Grundzüge für diese Mobilmachung berechneten die von
dem Norddeutschen Bunde für die Operationen im freien Felde verfügbaren
Streitkräfte auf 381^ Bataillone, 335 Eskadrons, 205 Batterien, zusammen
352300 Mann Infanterie, 49600 Pferde. 1234 Geschütze. Diese Vorschläge
hatten am 25. April die königliche Genehmigung gefunden. Dagegen
hatte der König am 6. Mai abgelehnt, die von dem achten Armeekorps
erhellte Ermächtigung zu Vorkehrungen gegen einen wegen der fortdauernden
Rüstungen in Frankreich befürchteten strategischen Überfall zu erteilen und
*) Die Mobilmachung von 1870/71. mit Allerhöchster Genehmigung Seiner Majestät des
Kaisers und Königs bearbeitet im Königlichen Kriegsministerium von Gustaf Lehmann.
Wirklichem Geheimen Kriegsrat und Vortragenden Rat im Kriegsministerium. Berlin 1904,
Mittler und Sohn.
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