Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Bilder aus dem deutsch-französischen Kriege

legentlich beunruhigt wurde, zu verschiednen zueilen bis hart an das Glans vor¬
ging, dann aber auch wieder verdrängt wurde, wenn die Franzosen mit Übermacht
aus der Festung vorbrachen. Als das wieder einmal geschehn war, wurden wir
an einem schonen Augustmorgen nach Neudorf hineingeschickt, aus dessen äußersten
Häusern nach unsrer Seite zu die Franzosen die Vorposten mit schlechtgezieltem
Feuer belästigten. Sie durften sich hier nicht festsetzen, mußten mindestens auf die
Festungsseite zurückgeworfen werden. Der Hauptmann ließ das Feuer einstellen,
das sich zwischen den Franzosen drinnen und unsern Leuten außen entsponnen hatte,
und das, dem Gerüchte nach, aus der nie fehlenden Büchse unsers Sergeanten Mohr
einem Franzosen, der beim Kaffee an einem von uns aus zu übersehenden Tische
eines bekannten Gasthauses saß, Kaffeetasse und Leben gekostet hatte. Auf die
Nachricht, daß sich die Franzosen eilig zurückzögen, gingen kleine Abteilungen von
unsrer Seite vor. Wir wollen ihnen zeigen, was von Neudorf uns gehört, und
ihnen womöglich ein paar Leute wegschießen, damit sie nicht zu frech werden, rief
der Hauptmann dem jungen Leutnant zu, der uns führte. Wir umgiugew den
Verhau, der quer über die Straße das Gros der Feldwache deckte, und formierten
uns in Spitze, Haupttrupp und Seitendecknngen. Meidet sich jemand für die
Spitze? fragte der Leutnant. Es ist ja möglich, daß sie gleich angeschossen wird.
Haber und ich traten vor. Der Haupttrupp wartete, bis wir und die Seiten¬
deckungen den Rand des Dorfes erreicht hatten; es fiel kein Schuß, er rückte nach
und besetzte sofort einige Häuser zu beideu Seiten der Platcmenbesctzten Straße.
Dasselbe taten verabredetermaßen die Seitendeckungen. So, nun erst das übrige
Dorf absuche", ob uoch was drinnen steckt. Die Spitze wurde durch fünf Mann
verstärkt, die sich dazu meldeten. Der Leutnant führte uns, wir verteilten uns ans
beide Seiten der Straße. Gelegentlich wurde gehalten, gefragt, ein Blick in ein
Haus geworfen, es schien alles sicher. Die Leute auf dieser Seite kannten uns
schon, waren wir doch öfters im Dorf gewesen, wir konnten ihnen glauben, daß
die Franzosen in die Festung zurückgekehrt seien. Wir waren jetzt an einer Art
Dorfplatz angekommen, wo unsre breite Straße, die auf die Festung zuführte, von
einer quer durchlaufenden Straße gekreuzt wurde. Hier hatte man sonst gewöhnlich
Halt gemacht, aber heute war der Wunsch zu lebhaft, den Franzosen das Wieder¬
kommen zu verleiden, ihnen womöglich einen Denkzettel zu geben. Mindestens die
Querstraße mußte noch abgesucht werden. Diese Seite hier, meinte unser Führer,
ist nicht verdächtig, sie führt auf eine Feldwache der Unsrigen zu, von der aus
man in ihre letzten Häuser hineinsieht; die andre, die von uns wegzieht, ist be¬
denklicher, da sind die Franzosen früher schon gesessen. Wir suchen sie ab; Sie,
wandte er sich zu Haber und mir, bleiben hier, beobachten die Straße zur Festung
und sorge", daß wir nicht von dorther überrascht oder am Ende gar abgeschnitten
werden. -- Zu Befehl, Herr Leutnant, keine Sorge! sagte Haber, und wir verteilten
uns nach Art der Doppelposten ans beide Seiten der Straße, wo wir gedeckt bis
an die Wendung sehen konnten, die die Straße vor dem Glacis macht. Die andern
gingen die linke Querstraße hinauf, wo sich nichts zu regen schien, während wir
die unsre scharf im Auge behielten. Längere Zeit war auch hier alles still. Da
auf ein Bök! meines Kameraden sehe ich ein auffallend rasches Huschen an einem
Hause hin, wie ein Schatten, und plötzliches Verschwinden im Eingang zu einem
Garten. Achtung! Das war kein Bauer! rief Haber leise herüber. Ich stand schon
schußfertig, um den Schatten aufs Korn zu fassen, sobald er wieder erschiene, aber
Haber winkte ab. Wir beide standen unbeweglich und faßten das Haus scharf ins
Auge, wo die Bewegung gewesen war. Halt da! Wieder eine Bewegung, dieses-
mal ein Fensterladen, der geschlossen wurde. Da ists nicht sauber, flüstert Haber
mir hinter der vorgehallnen Hand herüber. Jetzt bleibt alles ruhig; wir ver¬
wenden einige Sekunden kein Auge von dem Hause, dann ist Haber in wenig
weiten Sprüngen an meiner Seite. In dem Hause sind Franzosen, das ist klar.
Sieh, wie es vor den andern vorspringt und die Straße beherrscht. Ich wette


Bilder aus dem deutsch-französischen Kriege

legentlich beunruhigt wurde, zu verschiednen zueilen bis hart an das Glans vor¬
ging, dann aber auch wieder verdrängt wurde, wenn die Franzosen mit Übermacht
aus der Festung vorbrachen. Als das wieder einmal geschehn war, wurden wir
an einem schonen Augustmorgen nach Neudorf hineingeschickt, aus dessen äußersten
Häusern nach unsrer Seite zu die Franzosen die Vorposten mit schlechtgezieltem
Feuer belästigten. Sie durften sich hier nicht festsetzen, mußten mindestens auf die
Festungsseite zurückgeworfen werden. Der Hauptmann ließ das Feuer einstellen,
das sich zwischen den Franzosen drinnen und unsern Leuten außen entsponnen hatte,
und das, dem Gerüchte nach, aus der nie fehlenden Büchse unsers Sergeanten Mohr
einem Franzosen, der beim Kaffee an einem von uns aus zu übersehenden Tische
eines bekannten Gasthauses saß, Kaffeetasse und Leben gekostet hatte. Auf die
Nachricht, daß sich die Franzosen eilig zurückzögen, gingen kleine Abteilungen von
unsrer Seite vor. Wir wollen ihnen zeigen, was von Neudorf uns gehört, und
ihnen womöglich ein paar Leute wegschießen, damit sie nicht zu frech werden, rief
der Hauptmann dem jungen Leutnant zu, der uns führte. Wir umgiugew den
Verhau, der quer über die Straße das Gros der Feldwache deckte, und formierten
uns in Spitze, Haupttrupp und Seitendecknngen. Meidet sich jemand für die
Spitze? fragte der Leutnant. Es ist ja möglich, daß sie gleich angeschossen wird.
Haber und ich traten vor. Der Haupttrupp wartete, bis wir und die Seiten¬
deckungen den Rand des Dorfes erreicht hatten; es fiel kein Schuß, er rückte nach
und besetzte sofort einige Häuser zu beideu Seiten der Platcmenbesctzten Straße.
Dasselbe taten verabredetermaßen die Seitendeckungen. So, nun erst das übrige
Dorf absuche», ob uoch was drinnen steckt. Die Spitze wurde durch fünf Mann
verstärkt, die sich dazu meldeten. Der Leutnant führte uns, wir verteilten uns ans
beide Seiten der Straße. Gelegentlich wurde gehalten, gefragt, ein Blick in ein
Haus geworfen, es schien alles sicher. Die Leute auf dieser Seite kannten uns
schon, waren wir doch öfters im Dorf gewesen, wir konnten ihnen glauben, daß
die Franzosen in die Festung zurückgekehrt seien. Wir waren jetzt an einer Art
Dorfplatz angekommen, wo unsre breite Straße, die auf die Festung zuführte, von
einer quer durchlaufenden Straße gekreuzt wurde. Hier hatte man sonst gewöhnlich
Halt gemacht, aber heute war der Wunsch zu lebhaft, den Franzosen das Wieder¬
kommen zu verleiden, ihnen womöglich einen Denkzettel zu geben. Mindestens die
Querstraße mußte noch abgesucht werden. Diese Seite hier, meinte unser Führer,
ist nicht verdächtig, sie führt auf eine Feldwache der Unsrigen zu, von der aus
man in ihre letzten Häuser hineinsieht; die andre, die von uns wegzieht, ist be¬
denklicher, da sind die Franzosen früher schon gesessen. Wir suchen sie ab; Sie,
wandte er sich zu Haber und mir, bleiben hier, beobachten die Straße zur Festung
und sorge», daß wir nicht von dorther überrascht oder am Ende gar abgeschnitten
werden. — Zu Befehl, Herr Leutnant, keine Sorge! sagte Haber, und wir verteilten
uns nach Art der Doppelposten ans beide Seiten der Straße, wo wir gedeckt bis
an die Wendung sehen konnten, die die Straße vor dem Glacis macht. Die andern
gingen die linke Querstraße hinauf, wo sich nichts zu regen schien, während wir
die unsre scharf im Auge behielten. Längere Zeit war auch hier alles still. Da
auf ein Bök! meines Kameraden sehe ich ein auffallend rasches Huschen an einem
Hause hin, wie ein Schatten, und plötzliches Verschwinden im Eingang zu einem
Garten. Achtung! Das war kein Bauer! rief Haber leise herüber. Ich stand schon
schußfertig, um den Schatten aufs Korn zu fassen, sobald er wieder erschiene, aber
Haber winkte ab. Wir beide standen unbeweglich und faßten das Haus scharf ins
Auge, wo die Bewegung gewesen war. Halt da! Wieder eine Bewegung, dieses-
mal ein Fensterladen, der geschlossen wurde. Da ists nicht sauber, flüstert Haber
mir hinter der vorgehallnen Hand herüber. Jetzt bleibt alles ruhig; wir ver¬
wenden einige Sekunden kein Auge von dem Hause, dann ist Haber in wenig
weiten Sprüngen an meiner Seite. In dem Hause sind Franzosen, das ist klar.
Sieh, wie es vor den andern vorspringt und die Straße beherrscht. Ich wette


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0172" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/87650"/>
          <fw type="header" place="top"> Bilder aus dem deutsch-französischen Kriege</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_657" prev="#ID_656" next="#ID_658"> legentlich beunruhigt wurde, zu verschiednen zueilen bis hart an das Glans vor¬<lb/>
ging, dann aber auch wieder verdrängt wurde, wenn die Franzosen mit Übermacht<lb/>
aus der Festung vorbrachen. Als das wieder einmal geschehn war, wurden wir<lb/>
an einem schonen Augustmorgen nach Neudorf hineingeschickt, aus dessen äußersten<lb/>
Häusern nach unsrer Seite zu die Franzosen die Vorposten mit schlechtgezieltem<lb/>
Feuer belästigten. Sie durften sich hier nicht festsetzen, mußten mindestens auf die<lb/>
Festungsseite zurückgeworfen werden. Der Hauptmann ließ das Feuer einstellen,<lb/>
das sich zwischen den Franzosen drinnen und unsern Leuten außen entsponnen hatte,<lb/>
und das, dem Gerüchte nach, aus der nie fehlenden Büchse unsers Sergeanten Mohr<lb/>
einem Franzosen, der beim Kaffee an einem von uns aus zu übersehenden Tische<lb/>
eines bekannten Gasthauses saß, Kaffeetasse und Leben gekostet hatte. Auf die<lb/>
Nachricht, daß sich die Franzosen eilig zurückzögen, gingen kleine Abteilungen von<lb/>
unsrer Seite vor. Wir wollen ihnen zeigen, was von Neudorf uns gehört, und<lb/>
ihnen womöglich ein paar Leute wegschießen, damit sie nicht zu frech werden, rief<lb/>
der Hauptmann dem jungen Leutnant zu, der uns führte. Wir umgiugew den<lb/>
Verhau, der quer über die Straße das Gros der Feldwache deckte, und formierten<lb/>
uns in Spitze, Haupttrupp und Seitendecknngen. Meidet sich jemand für die<lb/>
Spitze? fragte der Leutnant. Es ist ja möglich, daß sie gleich angeschossen wird.<lb/>
Haber und ich traten vor. Der Haupttrupp wartete, bis wir und die Seiten¬<lb/>
deckungen den Rand des Dorfes erreicht hatten; es fiel kein Schuß, er rückte nach<lb/>
und besetzte sofort einige Häuser zu beideu Seiten der Platcmenbesctzten Straße.<lb/>
Dasselbe taten verabredetermaßen die Seitendeckungen. So, nun erst das übrige<lb/>
Dorf absuche», ob uoch was drinnen steckt. Die Spitze wurde durch fünf Mann<lb/>
verstärkt, die sich dazu meldeten. Der Leutnant führte uns, wir verteilten uns ans<lb/>
beide Seiten der Straße. Gelegentlich wurde gehalten, gefragt, ein Blick in ein<lb/>
Haus geworfen, es schien alles sicher. Die Leute auf dieser Seite kannten uns<lb/>
schon, waren wir doch öfters im Dorf gewesen, wir konnten ihnen glauben, daß<lb/>
die Franzosen in die Festung zurückgekehrt seien. Wir waren jetzt an einer Art<lb/>
Dorfplatz angekommen, wo unsre breite Straße, die auf die Festung zuführte, von<lb/>
einer quer durchlaufenden Straße gekreuzt wurde. Hier hatte man sonst gewöhnlich<lb/>
Halt gemacht, aber heute war der Wunsch zu lebhaft, den Franzosen das Wieder¬<lb/>
kommen zu verleiden, ihnen womöglich einen Denkzettel zu geben. Mindestens die<lb/>
Querstraße mußte noch abgesucht werden. Diese Seite hier, meinte unser Führer,<lb/>
ist nicht verdächtig, sie führt auf eine Feldwache der Unsrigen zu, von der aus<lb/>
man in ihre letzten Häuser hineinsieht; die andre, die von uns wegzieht, ist be¬<lb/>
denklicher, da sind die Franzosen früher schon gesessen. Wir suchen sie ab; Sie,<lb/>
wandte er sich zu Haber und mir, bleiben hier, beobachten die Straße zur Festung<lb/>
und sorge», daß wir nicht von dorther überrascht oder am Ende gar abgeschnitten<lb/>
werden. &#x2014; Zu Befehl, Herr Leutnant, keine Sorge! sagte Haber, und wir verteilten<lb/>
uns nach Art der Doppelposten ans beide Seiten der Straße, wo wir gedeckt bis<lb/>
an die Wendung sehen konnten, die die Straße vor dem Glacis macht. Die andern<lb/>
gingen die linke Querstraße hinauf, wo sich nichts zu regen schien, während wir<lb/>
die unsre scharf im Auge behielten. Längere Zeit war auch hier alles still. Da<lb/>
auf ein Bök! meines Kameraden sehe ich ein auffallend rasches Huschen an einem<lb/>
Hause hin, wie ein Schatten, und plötzliches Verschwinden im Eingang zu einem<lb/>
Garten. Achtung! Das war kein Bauer! rief Haber leise herüber. Ich stand schon<lb/>
schußfertig, um den Schatten aufs Korn zu fassen, sobald er wieder erschiene, aber<lb/>
Haber winkte ab. Wir beide standen unbeweglich und faßten das Haus scharf ins<lb/>
Auge, wo die Bewegung gewesen war. Halt da! Wieder eine Bewegung, dieses-<lb/>
mal ein Fensterladen, der geschlossen wurde. Da ists nicht sauber, flüstert Haber<lb/>
mir hinter der vorgehallnen Hand herüber. Jetzt bleibt alles ruhig; wir ver¬<lb/>
wenden einige Sekunden kein Auge von dem Hause, dann ist Haber in wenig<lb/>
weiten Sprüngen an meiner Seite. In dem Hause sind Franzosen, das ist klar.<lb/>
Sieh, wie es vor den andern vorspringt und die Straße beherrscht.  Ich wette</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0172] Bilder aus dem deutsch-französischen Kriege legentlich beunruhigt wurde, zu verschiednen zueilen bis hart an das Glans vor¬ ging, dann aber auch wieder verdrängt wurde, wenn die Franzosen mit Übermacht aus der Festung vorbrachen. Als das wieder einmal geschehn war, wurden wir an einem schonen Augustmorgen nach Neudorf hineingeschickt, aus dessen äußersten Häusern nach unsrer Seite zu die Franzosen die Vorposten mit schlechtgezieltem Feuer belästigten. Sie durften sich hier nicht festsetzen, mußten mindestens auf die Festungsseite zurückgeworfen werden. Der Hauptmann ließ das Feuer einstellen, das sich zwischen den Franzosen drinnen und unsern Leuten außen entsponnen hatte, und das, dem Gerüchte nach, aus der nie fehlenden Büchse unsers Sergeanten Mohr einem Franzosen, der beim Kaffee an einem von uns aus zu übersehenden Tische eines bekannten Gasthauses saß, Kaffeetasse und Leben gekostet hatte. Auf die Nachricht, daß sich die Franzosen eilig zurückzögen, gingen kleine Abteilungen von unsrer Seite vor. Wir wollen ihnen zeigen, was von Neudorf uns gehört, und ihnen womöglich ein paar Leute wegschießen, damit sie nicht zu frech werden, rief der Hauptmann dem jungen Leutnant zu, der uns führte. Wir umgiugew den Verhau, der quer über die Straße das Gros der Feldwache deckte, und formierten uns in Spitze, Haupttrupp und Seitendecknngen. Meidet sich jemand für die Spitze? fragte der Leutnant. Es ist ja möglich, daß sie gleich angeschossen wird. Haber und ich traten vor. Der Haupttrupp wartete, bis wir und die Seiten¬ deckungen den Rand des Dorfes erreicht hatten; es fiel kein Schuß, er rückte nach und besetzte sofort einige Häuser zu beideu Seiten der Platcmenbesctzten Straße. Dasselbe taten verabredetermaßen die Seitendeckungen. So, nun erst das übrige Dorf absuche», ob uoch was drinnen steckt. Die Spitze wurde durch fünf Mann verstärkt, die sich dazu meldeten. Der Leutnant führte uns, wir verteilten uns ans beide Seiten der Straße. Gelegentlich wurde gehalten, gefragt, ein Blick in ein Haus geworfen, es schien alles sicher. Die Leute auf dieser Seite kannten uns schon, waren wir doch öfters im Dorf gewesen, wir konnten ihnen glauben, daß die Franzosen in die Festung zurückgekehrt seien. Wir waren jetzt an einer Art Dorfplatz angekommen, wo unsre breite Straße, die auf die Festung zuführte, von einer quer durchlaufenden Straße gekreuzt wurde. Hier hatte man sonst gewöhnlich Halt gemacht, aber heute war der Wunsch zu lebhaft, den Franzosen das Wieder¬ kommen zu verleiden, ihnen womöglich einen Denkzettel zu geben. Mindestens die Querstraße mußte noch abgesucht werden. Diese Seite hier, meinte unser Führer, ist nicht verdächtig, sie führt auf eine Feldwache der Unsrigen zu, von der aus man in ihre letzten Häuser hineinsieht; die andre, die von uns wegzieht, ist be¬ denklicher, da sind die Franzosen früher schon gesessen. Wir suchen sie ab; Sie, wandte er sich zu Haber und mir, bleiben hier, beobachten die Straße zur Festung und sorge», daß wir nicht von dorther überrascht oder am Ende gar abgeschnitten werden. — Zu Befehl, Herr Leutnant, keine Sorge! sagte Haber, und wir verteilten uns nach Art der Doppelposten ans beide Seiten der Straße, wo wir gedeckt bis an die Wendung sehen konnten, die die Straße vor dem Glacis macht. Die andern gingen die linke Querstraße hinauf, wo sich nichts zu regen schien, während wir die unsre scharf im Auge behielten. Längere Zeit war auch hier alles still. Da auf ein Bök! meines Kameraden sehe ich ein auffallend rasches Huschen an einem Hause hin, wie ein Schatten, und plötzliches Verschwinden im Eingang zu einem Garten. Achtung! Das war kein Bauer! rief Haber leise herüber. Ich stand schon schußfertig, um den Schatten aufs Korn zu fassen, sobald er wieder erschiene, aber Haber winkte ab. Wir beide standen unbeweglich und faßten das Haus scharf ins Auge, wo die Bewegung gewesen war. Halt da! Wieder eine Bewegung, dieses- mal ein Fensterladen, der geschlossen wurde. Da ists nicht sauber, flüstert Haber mir hinter der vorgehallnen Hand herüber. Jetzt bleibt alles ruhig; wir ver¬ wenden einige Sekunden kein Auge von dem Hause, dann ist Haber in wenig weiten Sprüngen an meiner Seite. In dem Hause sind Franzosen, das ist klar. Sieh, wie es vor den andern vorspringt und die Straße beherrscht. Ich wette

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_87477
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_87477/172
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_87477/172>, abgerufen am 23.07.2024.