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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr.

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Bilder aus dein deutsch-französischen Kriege

ist durch seine beiden Photographenapparate, einen für Landschafts-, den
andern für Wolkenbilder, in Anspruch genommen, mir ist es zugefallen, alles
Bemerkenswerte aufzuzeichnen. Alles Bemerkenswerte? Wo sollte ich dazu
Zeit und Hunde hernehmen! So, nun ists ganz wohnlich und behaglich in
unserm Korbe, und wir können uns der Freude des Schauens wieder unge¬
stört hingeben.

Die Seen sind nicht zu zählen, so weit das Auge reicht. Zu einem
wirklichen Seestern und Seenstern zugleich vereinigen sich nordöstlich von
uns die Dahmesecn, der nach Köpenick zu sich erstreckende Lange See, der
Zcuthener und der Seddinsee, dahinter breitet sich behäbig aus der von der
Spree durchströmte Große Müggelsee mit seinen bewaldeten Ufern. Ein Dampf¬
schiff zieht seine Spur, und kleine weiße Fleckchen sind über dem Wasserspiegel
verstreut, das müssen wohl Segelboote sein.

Unter uns liegt eine freundliche Ortschaft mit Jagdschloß und Park,
Königs - Wusterhausen an der Rotte. Auf dem Platz um die Kirche laufen
eine Menge Punkte zusammen, es sind Menschen, deren Aufmerksamkeit der
Ballon erregt hat. Unser Hauptmann bittet immer wieder um Ruhe im
Korbe, um ungestört und sicher knipsen zu können. Eben hat er Königs-
Wusterhausen aufgenommen, jetzt das westlich davon liegende Mittenwalde
zwischen dem Zülow- und dem Nottekaual, der übrigens von oben gesehen
einer Landstraße gleicht, da an beiden Ufern entlang Bäume gepflanzt sind.
Weite Felder und Wiesen dehnen sich nach Norden und Westen. Wie viele
Menschen könnten sich da noch anbauen!

Schluß folgt)




Bilder aus dem deutsch-französischen Kriege
Ans dein Nachlaß von Friedrich Ratzel 2. Ich hatt einen Acnneraden

!ils Talent zur Freundschaft, das nicht in alle Herzen gelegt ist,
keimt freilich in der Regel nur in Gleichgesinnten auf, die in ähn¬
licher Lebenslage sind. Daß es aber so sein müsse, ist eine von
den trüben Philistercrinnernngen aus dein Niederschlag beschränkter
Lebenserfahrung. Das sind Meinungen nicht von den Dingen, wie
!sie sind, sondern wie eine Anzahl von Menschen behauptet, daß sie
sein müßten. Wer hat nicht aus der Schulzeit glückliche Erfahrungen vom Gegen¬
teil? Auch nicht einmal bloß zwischen armen und reichen, zwischen Dorf- und
Stadtkindern, sondern zwischen dummen und gescheiten, bösen und guten Kameraden
entwickeln sich echte Freundschaften. Mich zog es als Knaben zu den Schul¬
kameraden aus reichen Häusern, weil ich da in eine andre Welt hineinsah, die viel
Schönes, Verlockendes zu secher schien, und es zog mich noch stärker zu denen,
deren Eltern arm waren; ich gestehe, daß der feuchtwarme Geruch einer ärmlichen
Stube, in der auf einem vierbeinigen Kochofen Kartoffeln sieden, während ein


Bilder aus dein deutsch-französischen Kriege

ist durch seine beiden Photographenapparate, einen für Landschafts-, den
andern für Wolkenbilder, in Anspruch genommen, mir ist es zugefallen, alles
Bemerkenswerte aufzuzeichnen. Alles Bemerkenswerte? Wo sollte ich dazu
Zeit und Hunde hernehmen! So, nun ists ganz wohnlich und behaglich in
unserm Korbe, und wir können uns der Freude des Schauens wieder unge¬
stört hingeben.

Die Seen sind nicht zu zählen, so weit das Auge reicht. Zu einem
wirklichen Seestern und Seenstern zugleich vereinigen sich nordöstlich von
uns die Dahmesecn, der nach Köpenick zu sich erstreckende Lange See, der
Zcuthener und der Seddinsee, dahinter breitet sich behäbig aus der von der
Spree durchströmte Große Müggelsee mit seinen bewaldeten Ufern. Ein Dampf¬
schiff zieht seine Spur, und kleine weiße Fleckchen sind über dem Wasserspiegel
verstreut, das müssen wohl Segelboote sein.

Unter uns liegt eine freundliche Ortschaft mit Jagdschloß und Park,
Königs - Wusterhausen an der Rotte. Auf dem Platz um die Kirche laufen
eine Menge Punkte zusammen, es sind Menschen, deren Aufmerksamkeit der
Ballon erregt hat. Unser Hauptmann bittet immer wieder um Ruhe im
Korbe, um ungestört und sicher knipsen zu können. Eben hat er Königs-
Wusterhausen aufgenommen, jetzt das westlich davon liegende Mittenwalde
zwischen dem Zülow- und dem Nottekaual, der übrigens von oben gesehen
einer Landstraße gleicht, da an beiden Ufern entlang Bäume gepflanzt sind.
Weite Felder und Wiesen dehnen sich nach Norden und Westen. Wie viele
Menschen könnten sich da noch anbauen!

Schluß folgt)




Bilder aus dem deutsch-französischen Kriege
Ans dein Nachlaß von Friedrich Ratzel 2. Ich hatt einen Acnneraden

!ils Talent zur Freundschaft, das nicht in alle Herzen gelegt ist,
keimt freilich in der Regel nur in Gleichgesinnten auf, die in ähn¬
licher Lebenslage sind. Daß es aber so sein müsse, ist eine von
den trüben Philistercrinnernngen aus dein Niederschlag beschränkter
Lebenserfahrung. Das sind Meinungen nicht von den Dingen, wie
!sie sind, sondern wie eine Anzahl von Menschen behauptet, daß sie
sein müßten. Wer hat nicht aus der Schulzeit glückliche Erfahrungen vom Gegen¬
teil? Auch nicht einmal bloß zwischen armen und reichen, zwischen Dorf- und
Stadtkindern, sondern zwischen dummen und gescheiten, bösen und guten Kameraden
entwickeln sich echte Freundschaften. Mich zog es als Knaben zu den Schul¬
kameraden aus reichen Häusern, weil ich da in eine andre Welt hineinsah, die viel
Schönes, Verlockendes zu secher schien, und es zog mich noch stärker zu denen,
deren Eltern arm waren; ich gestehe, daß der feuchtwarme Geruch einer ärmlichen
Stube, in der auf einem vierbeinigen Kochofen Kartoffeln sieden, während ein


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[0107] Bilder aus dein deutsch-französischen Kriege ist durch seine beiden Photographenapparate, einen für Landschafts-, den andern für Wolkenbilder, in Anspruch genommen, mir ist es zugefallen, alles Bemerkenswerte aufzuzeichnen. Alles Bemerkenswerte? Wo sollte ich dazu Zeit und Hunde hernehmen! So, nun ists ganz wohnlich und behaglich in unserm Korbe, und wir können uns der Freude des Schauens wieder unge¬ stört hingeben. Die Seen sind nicht zu zählen, so weit das Auge reicht. Zu einem wirklichen Seestern und Seenstern zugleich vereinigen sich nordöstlich von uns die Dahmesecn, der nach Köpenick zu sich erstreckende Lange See, der Zcuthener und der Seddinsee, dahinter breitet sich behäbig aus der von der Spree durchströmte Große Müggelsee mit seinen bewaldeten Ufern. Ein Dampf¬ schiff zieht seine Spur, und kleine weiße Fleckchen sind über dem Wasserspiegel verstreut, das müssen wohl Segelboote sein. Unter uns liegt eine freundliche Ortschaft mit Jagdschloß und Park, Königs - Wusterhausen an der Rotte. Auf dem Platz um die Kirche laufen eine Menge Punkte zusammen, es sind Menschen, deren Aufmerksamkeit der Ballon erregt hat. Unser Hauptmann bittet immer wieder um Ruhe im Korbe, um ungestört und sicher knipsen zu können. Eben hat er Königs- Wusterhausen aufgenommen, jetzt das westlich davon liegende Mittenwalde zwischen dem Zülow- und dem Nottekaual, der übrigens von oben gesehen einer Landstraße gleicht, da an beiden Ufern entlang Bäume gepflanzt sind. Weite Felder und Wiesen dehnen sich nach Norden und Westen. Wie viele Menschen könnten sich da noch anbauen! Schluß folgt) Bilder aus dem deutsch-französischen Kriege Ans dein Nachlaß von Friedrich Ratzel 2. Ich hatt einen Acnneraden !ils Talent zur Freundschaft, das nicht in alle Herzen gelegt ist, keimt freilich in der Regel nur in Gleichgesinnten auf, die in ähn¬ licher Lebenslage sind. Daß es aber so sein müsse, ist eine von den trüben Philistercrinnernngen aus dein Niederschlag beschränkter Lebenserfahrung. Das sind Meinungen nicht von den Dingen, wie !sie sind, sondern wie eine Anzahl von Menschen behauptet, daß sie sein müßten. Wer hat nicht aus der Schulzeit glückliche Erfahrungen vom Gegen¬ teil? Auch nicht einmal bloß zwischen armen und reichen, zwischen Dorf- und Stadtkindern, sondern zwischen dummen und gescheiten, bösen und guten Kameraden entwickeln sich echte Freundschaften. Mich zog es als Knaben zu den Schul¬ kameraden aus reichen Häusern, weil ich da in eine andre Welt hineinsah, die viel Schönes, Verlockendes zu secher schien, und es zog mich noch stärker zu denen, deren Eltern arm waren; ich gestehe, daß der feuchtwarme Geruch einer ärmlichen Stube, in der auf einem vierbeinigen Kochofen Kartoffeln sieden, während ein

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_87477/107>, abgerufen am 22.12.2024.