Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Drittes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches Schlacht bestimmt. Wir haben also nur mit sieben Panzerkreuzern zu rechnen, von Für die Heimatflotte müssen demnach wenigstens noch sechs tüchtige Panzerkreuzer Soviel von der militärischen Seite. Was die politische anlangt, so ist es Es sind aber nicht die Engländer allein, die in Kopenhagen werben. Der Maßgebliches und Unmaßgebliches Schlacht bestimmt. Wir haben also nur mit sieben Panzerkreuzern zu rechnen, von Für die Heimatflotte müssen demnach wenigstens noch sechs tüchtige Panzerkreuzer Soviel von der militärischen Seite. Was die politische anlangt, so ist es Es sind aber nicht die Engländer allein, die in Kopenhagen werben. Der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0630" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/298149"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_3322" prev="#ID_3321"> Schlacht bestimmt. Wir haben also nur mit sieben Panzerkreuzern zu rechnen, von<lb/> denen die bisher fertigen fünf ebenfalls in ihren Dimensionen zurückstehn.</p><lb/> <p xml:id="ID_3323"> Für die Heimatflotte müssen demnach wenigstens noch sechs tüchtige Panzerkreuzer<lb/> gebaut werden und dieselbe Zahl für den überseeischen Dienst. Auch darf dieser<lb/> Bau nicht etwa auf zehn oder zwölf Jahre hinaus verteilt werden, sondern muß<lb/> in längstens fünf bis sechs Jahren erledigt und beendet sein. Vergrößerung<lb/> des Deplacements, der Artillertewirkung und der Geschwindigkeit der<lb/> Linienschiffe, Vermehrung der Flotte um große, gefechtsfähig starke<lb/> und schnellgehende Panzerkreuzer, Vermehrung der Torpedoboote und<lb/> wesentliche Ausdehnung des Minendienstes — das sind für uns die<lb/> nächsten Lehren des ostasiatischen Kriegs und des englischen Flotten¬<lb/> besuchs zugleich. Eine Vermehrung der Zahl der Linienschiffe ist dabei nicht<lb/> nötig, wohl aber eine Beschleunigung des Ersatzes der dreizehn Schiffe der Sachsen-<lb/> und der Ägirklasse, die in unsern Listen als Linienschiffe figurieren, es aber leider<lb/> nicht sind. Die acht Schiffe der Ägirklasse werden noch eine Zeit lang in der Reserve<lb/> Dienst zu leisten vermögen, von den fünf Schiffen der Sachsenklasse, alten Ausfall¬<lb/> korvetten (nebst der Oldenburg), ist auch das nicht einmal anzunehmen.</p><lb/> <p xml:id="ID_3324"> Soviel von der militärischen Seite. Was die politische anlangt, so ist es<lb/> sehr lehrreich, daß die Ankunft der englischen Flotte vor Kopenhagen dort nicht etwa<lb/> Erinnerungen an 1807 wachruft, sondern daß Stimmen laut werden, die aus<lb/> Furcht vor Deutschland, dessen Flotte man vor wenig Wochen sehr sympathisch be¬<lb/> grüßt und gefeiert hatte, den engen Anschluß an England fordern. Inoiäit in<lb/> 8eMs,in, qui vult vitars vbar^haim! Die dänischen Publizisten Georg Brandes<lb/> und Peschke Koedt schlugen im Londoner StanäarÄ ganz ernsthaft vor, Dänemark<lb/> unter den Schutz Englands zu stellen, was mit der Auslieferung der Ostseeeingänge<lb/> an England allerdings gleichbedeutend wäre. Damit würde die Ostsee tatsächlich<lb/> zum mars olausum. Es ist ungemein charakteristisch, daß dieselbe englische Presse,<lb/> die aus dem Häuschen geriet, als sie der deutschen Politik die Idee des wÄis<lb/> clausum unterschob, die Vorschläge der dänischen Publizisten mit großem Beifall<lb/> begrüßt. Wenigstens tut dies der LtÄnäarcl. Peschke Koedt schreibt, es könne<lb/> eine schlimmere Abhängigkeit für eine kleine Nation geben als die enge Ver¬<lb/> einigung mit England. Die „schlimmere Abhängigkeit" ist ihm ein Zusammengehn<lb/> mit Deutschland. Peschke Koedt, ein Großkaufmann, ist enragierter Freihändler und<lb/> hat den Gedanken wie im Lwnäarcl so auch im Kopenhagner Blatt Politiker aus¬<lb/> geführt. Er lebt in der Besorgnis, Dänemark könne in eine Zollgemeinschaft mit<lb/> Deutschland und damit auch in Deutschlands politische Interessensphäre geraten.<lb/> Deutschland ist ihm aber wegen des „preußischen Korporalstocks" und wegen der<lb/> Ausweisungen in Nordschleswig unsympathisch, er fühlt sich deshalb zu England<lb/> hingezogen. Der Gedanke des „englischen Protektorats" ist nun keineswegs neu.<lb/> Es ist keine zwei Monate her, da betonten Londoner Blätter die Notwendigkeit<lb/> für England, Bündnisse mit den Staaten zweiten Ranges, mit Portugal, Spanien,<lb/> Holland, Dänemark und Schweden zu Pflegen, das heißt also: deren Häfen und<lb/> Seestreitkräfte in den Dienst Englands zu stellen, damit sie nicht einen Gegner<lb/> Großbritanniens, Frankreich, Deutschland oder Rußland, verstärken könnten. Man<lb/> sieht, wie die Fäden herüber und hinüber gesponnen werden, und Englands stetig<lb/> zunehmender Handel unterstützt die politische Arbeit, Englands Interessenkreis zu<lb/> erweitern. Wie sich die dänischen Publizisten, und es sind deren mehrere, die Zukunft<lb/> Dänemarks als „freie Kolonie Englands" denken, bleibt dabei eine Doktorfrage.</p><lb/> <p xml:id="ID_3325" next="#ID_3326"> Es sind aber nicht die Engländer allein, die in Kopenhagen werben. Der<lb/> Berliner Korrespondent der Petersburger Nowoje Wremja, Herr Melnikow, bereist<lb/> gegenwärtig Dänemark und Skandinavien, denen er Rußland als führende Macht<lb/> empfiehlt. Nach seiner Ansicht ist Dänemark nach der Vernichtung der russischen<lb/> Ostseeflotte in der Klemme zwischen Deutschland und England. Für Deutschland<lb/> sei es das Wichtigste, sich gegen England im Baltischen Meere zu sichern, hierin<lb/> seien die deutschen Interessen mit den russischen allerdings identisch. Aber Deutsch¬<lb/> land beabsichtige eine Sperrung der Ostsee durch eine unter seiner Ägide herbei-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0630]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
Schlacht bestimmt. Wir haben also nur mit sieben Panzerkreuzern zu rechnen, von
denen die bisher fertigen fünf ebenfalls in ihren Dimensionen zurückstehn.
Für die Heimatflotte müssen demnach wenigstens noch sechs tüchtige Panzerkreuzer
gebaut werden und dieselbe Zahl für den überseeischen Dienst. Auch darf dieser
Bau nicht etwa auf zehn oder zwölf Jahre hinaus verteilt werden, sondern muß
in längstens fünf bis sechs Jahren erledigt und beendet sein. Vergrößerung
des Deplacements, der Artillertewirkung und der Geschwindigkeit der
Linienschiffe, Vermehrung der Flotte um große, gefechtsfähig starke
und schnellgehende Panzerkreuzer, Vermehrung der Torpedoboote und
wesentliche Ausdehnung des Minendienstes — das sind für uns die
nächsten Lehren des ostasiatischen Kriegs und des englischen Flotten¬
besuchs zugleich. Eine Vermehrung der Zahl der Linienschiffe ist dabei nicht
nötig, wohl aber eine Beschleunigung des Ersatzes der dreizehn Schiffe der Sachsen-
und der Ägirklasse, die in unsern Listen als Linienschiffe figurieren, es aber leider
nicht sind. Die acht Schiffe der Ägirklasse werden noch eine Zeit lang in der Reserve
Dienst zu leisten vermögen, von den fünf Schiffen der Sachsenklasse, alten Ausfall¬
korvetten (nebst der Oldenburg), ist auch das nicht einmal anzunehmen.
Soviel von der militärischen Seite. Was die politische anlangt, so ist es
sehr lehrreich, daß die Ankunft der englischen Flotte vor Kopenhagen dort nicht etwa
Erinnerungen an 1807 wachruft, sondern daß Stimmen laut werden, die aus
Furcht vor Deutschland, dessen Flotte man vor wenig Wochen sehr sympathisch be¬
grüßt und gefeiert hatte, den engen Anschluß an England fordern. Inoiäit in
8eMs,in, qui vult vitars vbar^haim! Die dänischen Publizisten Georg Brandes
und Peschke Koedt schlugen im Londoner StanäarÄ ganz ernsthaft vor, Dänemark
unter den Schutz Englands zu stellen, was mit der Auslieferung der Ostseeeingänge
an England allerdings gleichbedeutend wäre. Damit würde die Ostsee tatsächlich
zum mars olausum. Es ist ungemein charakteristisch, daß dieselbe englische Presse,
die aus dem Häuschen geriet, als sie der deutschen Politik die Idee des wÄis
clausum unterschob, die Vorschläge der dänischen Publizisten mit großem Beifall
begrüßt. Wenigstens tut dies der LtÄnäarcl. Peschke Koedt schreibt, es könne
eine schlimmere Abhängigkeit für eine kleine Nation geben als die enge Ver¬
einigung mit England. Die „schlimmere Abhängigkeit" ist ihm ein Zusammengehn
mit Deutschland. Peschke Koedt, ein Großkaufmann, ist enragierter Freihändler und
hat den Gedanken wie im Lwnäarcl so auch im Kopenhagner Blatt Politiker aus¬
geführt. Er lebt in der Besorgnis, Dänemark könne in eine Zollgemeinschaft mit
Deutschland und damit auch in Deutschlands politische Interessensphäre geraten.
Deutschland ist ihm aber wegen des „preußischen Korporalstocks" und wegen der
Ausweisungen in Nordschleswig unsympathisch, er fühlt sich deshalb zu England
hingezogen. Der Gedanke des „englischen Protektorats" ist nun keineswegs neu.
Es ist keine zwei Monate her, da betonten Londoner Blätter die Notwendigkeit
für England, Bündnisse mit den Staaten zweiten Ranges, mit Portugal, Spanien,
Holland, Dänemark und Schweden zu Pflegen, das heißt also: deren Häfen und
Seestreitkräfte in den Dienst Englands zu stellen, damit sie nicht einen Gegner
Großbritanniens, Frankreich, Deutschland oder Rußland, verstärken könnten. Man
sieht, wie die Fäden herüber und hinüber gesponnen werden, und Englands stetig
zunehmender Handel unterstützt die politische Arbeit, Englands Interessenkreis zu
erweitern. Wie sich die dänischen Publizisten, und es sind deren mehrere, die Zukunft
Dänemarks als „freie Kolonie Englands" denken, bleibt dabei eine Doktorfrage.
Es sind aber nicht die Engländer allein, die in Kopenhagen werben. Der
Berliner Korrespondent der Petersburger Nowoje Wremja, Herr Melnikow, bereist
gegenwärtig Dänemark und Skandinavien, denen er Rußland als führende Macht
empfiehlt. Nach seiner Ansicht ist Dänemark nach der Vernichtung der russischen
Ostseeflotte in der Klemme zwischen Deutschland und England. Für Deutschland
sei es das Wichtigste, sich gegen England im Baltischen Meere zu sichern, hierin
seien die deutschen Interessen mit den russischen allerdings identisch. Aber Deutsch¬
land beabsichtige eine Sperrung der Ostsee durch eine unter seiner Ägide herbei-
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