Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.Durchgangsland, sofern die große Linie der genannten Gesellschaft über Odessa- Zieht man das Gesamtergebnis der letzten fünf Jahre in Betracht, so Durchgangsland, sofern die große Linie der genannten Gesellschaft über Odessa- Zieht man das Gesamtergebnis der letzten fünf Jahre in Betracht, so <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0090" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/297222"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_287" prev="#ID_286"> Durchgangsland, sofern die große Linie der genannten Gesellschaft über Odessa-<lb/> Kertsch-Tiflis-Teheran nur auf der verhältnismäßig kurzen Strecke Emden-<lb/> Berlin-Thorn deutsches Gebiet durchläuft, dennoch aber hier einen ziemlich<lb/> bedeutenden Verkehr entgegennimmt. Nun aber hat die deutsche PostVerwaltung<lb/> schon seit langem eine eigne Verbindung von Berlin über Breslau nach<lb/> Bukarest, und es war ein alter Wunsch von ihr, diese Linie durch ein Kabel<lb/> Konstanza-Konstantinopel bis zur türkischen Hauptstadt auszudehnen. Während<lb/> die rumänische Negierung dem Plan freundlich gegenüberstand, erhob man in<lb/> Konstantinopel Schwierigkeiten, hauptsächlich auf Betreiben der Eastern Co.,<lb/> die sich bis 1934 das Landungsrecht auf türkischem Boden oder vielmehr das<lb/> Vorzugsrecht für den Fall gesichert hat, daß zwischen zwei Punkten auf<lb/> türkischem Boden eine Kabelverbindung hergestellt werden soll. Nach jahre¬<lb/> langen Bemühungen ist es endlich den deutschen Unterhändlern geglückt, diesen<lb/> Widerstand zu brechen, und ganz vor kurzem hat die Regierung der 1899 in<lb/> Berlin gegründeten Osteuropäischen Telegraphengesellschaft die Landung des<lb/> deutschen Kabels in Konstantinopel erlaubt. Was das bedeutet, wird sich<lb/> sofort zeigen: die neue Linie soll der Route der Bagdadbahn folgend bis<lb/> nach Bassora am Persischen Meerbusen fortgesetzt werden, und hier würde sie<lb/> in Fao auf die Kabel des Jndo-Europcan Telegr. Department der indischen<lb/> Negierung treffen, die die Telegramme weiter nach Indien befördern wird.<lb/> Damit ist eine nahezu völlig in deutschen Händen liegende, sehr leistungsfähige<lb/> Linie nach Indien geschaffen worden, und so unangenehm der Eastern und der<lb/> Jndo-European Tel. Co., die bis dahin den indischen Verkehr bis auf einen<lb/> ganz verschwindenden Bruchteil völlig unter sich teilten, auch die deutsche Kon¬<lb/> kurrenz sein mag, sie werden sich doch unzweifelhaft rechtzeitig zu einem Ab¬<lb/> kommen versteh», das jedem der Interessenten den gebührenden Anteil am<lb/> indischen Verkehr sichert.</p><lb/> <p xml:id="ID_288" next="#ID_289"> Zieht man das Gesamtergebnis der letzten fünf Jahre in Betracht, so<lb/> hat die Reichspostverwaltung allen Grund, sich zu ihren Erfolgen zu beglück¬<lb/> wünschen. Trotz der ungemein schwierigen Stellung, die sie von vornherein<lb/> dem Monopol der großen englischen Gesellschaften gegenüber hatte, ist es ihr<lb/> durch Ausdauer und kluge Benutzung der Umstände gelungen, dem deutschen<lb/> Handel drei neue, große Welttelegraphenlinien zu verschaffen. Zu der ganz<lb/> deutschen Doppelverbindung nach den Vereinigten Staaten wird sich bald die<lb/> neue Route nach Ostasien gesellen, die allerdings mit amerikanischer Hilfe den<lb/> deutschen Telegrammen einen von den Engländern unabhängigen Weg verschafft,<lb/> und endlich wird, da der Telegraphenbau natürlich dem Bahnbau vorauseilt,<lb/> in absehbarer Zeit auch eine rein deutsche Verbindung bis zum Persischen<lb/> Meerbusen hergestellt sein. Zugleich sind Fayal im Atlantischen, Jay im<lb/> westlichen Stillen Ozean und die Nordwestecke des Persischen Golfs ganz vor¬<lb/> treffliche Stützpunkte, von denen sich jetzt schon zur Not eigne Verbindungen<lb/> nach unsern Kolonien legen ließen, wenn der Verkehr dorthin nicht viel zu<lb/> schwach wäre, als daß er so gewaltige Ausgaben lohnte. Wie sich dereinst<lb/> die weitere Ausbreitung des deutschen Kabelnetzes von diesen Stützpunkten<lb/> ans vollziehn wird, darüber ist es am besten, Vermutungen zu unterdrücken,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0090]
Durchgangsland, sofern die große Linie der genannten Gesellschaft über Odessa-
Kertsch-Tiflis-Teheran nur auf der verhältnismäßig kurzen Strecke Emden-
Berlin-Thorn deutsches Gebiet durchläuft, dennoch aber hier einen ziemlich
bedeutenden Verkehr entgegennimmt. Nun aber hat die deutsche PostVerwaltung
schon seit langem eine eigne Verbindung von Berlin über Breslau nach
Bukarest, und es war ein alter Wunsch von ihr, diese Linie durch ein Kabel
Konstanza-Konstantinopel bis zur türkischen Hauptstadt auszudehnen. Während
die rumänische Negierung dem Plan freundlich gegenüberstand, erhob man in
Konstantinopel Schwierigkeiten, hauptsächlich auf Betreiben der Eastern Co.,
die sich bis 1934 das Landungsrecht auf türkischem Boden oder vielmehr das
Vorzugsrecht für den Fall gesichert hat, daß zwischen zwei Punkten auf
türkischem Boden eine Kabelverbindung hergestellt werden soll. Nach jahre¬
langen Bemühungen ist es endlich den deutschen Unterhändlern geglückt, diesen
Widerstand zu brechen, und ganz vor kurzem hat die Regierung der 1899 in
Berlin gegründeten Osteuropäischen Telegraphengesellschaft die Landung des
deutschen Kabels in Konstantinopel erlaubt. Was das bedeutet, wird sich
sofort zeigen: die neue Linie soll der Route der Bagdadbahn folgend bis
nach Bassora am Persischen Meerbusen fortgesetzt werden, und hier würde sie
in Fao auf die Kabel des Jndo-Europcan Telegr. Department der indischen
Negierung treffen, die die Telegramme weiter nach Indien befördern wird.
Damit ist eine nahezu völlig in deutschen Händen liegende, sehr leistungsfähige
Linie nach Indien geschaffen worden, und so unangenehm der Eastern und der
Jndo-European Tel. Co., die bis dahin den indischen Verkehr bis auf einen
ganz verschwindenden Bruchteil völlig unter sich teilten, auch die deutsche Kon¬
kurrenz sein mag, sie werden sich doch unzweifelhaft rechtzeitig zu einem Ab¬
kommen versteh», das jedem der Interessenten den gebührenden Anteil am
indischen Verkehr sichert.
Zieht man das Gesamtergebnis der letzten fünf Jahre in Betracht, so
hat die Reichspostverwaltung allen Grund, sich zu ihren Erfolgen zu beglück¬
wünschen. Trotz der ungemein schwierigen Stellung, die sie von vornherein
dem Monopol der großen englischen Gesellschaften gegenüber hatte, ist es ihr
durch Ausdauer und kluge Benutzung der Umstände gelungen, dem deutschen
Handel drei neue, große Welttelegraphenlinien zu verschaffen. Zu der ganz
deutschen Doppelverbindung nach den Vereinigten Staaten wird sich bald die
neue Route nach Ostasien gesellen, die allerdings mit amerikanischer Hilfe den
deutschen Telegrammen einen von den Engländern unabhängigen Weg verschafft,
und endlich wird, da der Telegraphenbau natürlich dem Bahnbau vorauseilt,
in absehbarer Zeit auch eine rein deutsche Verbindung bis zum Persischen
Meerbusen hergestellt sein. Zugleich sind Fayal im Atlantischen, Jay im
westlichen Stillen Ozean und die Nordwestecke des Persischen Golfs ganz vor¬
treffliche Stützpunkte, von denen sich jetzt schon zur Not eigne Verbindungen
nach unsern Kolonien legen ließen, wenn der Verkehr dorthin nicht viel zu
schwach wäre, als daß er so gewaltige Ausgaben lohnte. Wie sich dereinst
die weitere Ausbreitung des deutschen Kabelnetzes von diesen Stützpunkten
ans vollziehn wird, darüber ist es am besten, Vermutungen zu unterdrücken,
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