Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.solches Zusammenwirken für greifbare Möglichkeiten von vitaler Wichtigkeit Dicey erschöpft sich nun des weitern in Konjekturen über den Friedens¬ solches Zusammenwirken für greifbare Möglichkeiten von vitaler Wichtigkeit Dicey erschöpft sich nun des weitern in Konjekturen über den Friedens¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0075" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/297207"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_254" prev="#ID_253"> solches Zusammenwirken für greifbare Möglichkeiten von vitaler Wichtigkeit<lb/> werden müßte, lehne ich so entschieden den antideutschen Geist ab, der einen<lb/> kleinen Teil der englischen Presse charakterisiert."</p><lb/> <p xml:id="ID_255" next="#ID_256"> Dicey erschöpft sich nun des weitern in Konjekturen über den Friedens¬<lb/> kongreß, der nach seiner Ansicht dem russisch-japanischen Krieg ein Ziel zu setzen<lb/> berufen sein werde, und ergeht sich in Darlegungen über das Verhältnis<lb/> Englands zu Japan und zu Nußland. Über Nußland ist er der Ansicht,<lb/> daß es zwischen England und Rußland früher oder später zu einer Kollision<lb/> kommen müsse; die wirkliche Gefahr, die das britische Reich zu fürchten habe,<lb/> sei nicht die gelbe, sondern die slawische, und Japan habe durch seinen Krieg<lb/> unt Rußland nicht allein seine eignen Schlachten, sondern die Schlachten Eng¬<lb/> lands geschlagen. (!) Diese Tatsachen müßten die auswärtige Politik Englands<lb/> bestimmen. Auch wenn England sein formelles Bündnis mit Japan nicht ver¬<lb/> längere, werde anch ohne formellen Vertrag die Teilhaberschaft, die gegenwärtig<lb/> Zwischen England und Japan existiere, in ihrer Integrität aufrecht erhalten<lb/> werden müssen; die Interessen beider Länder im Osten seien identisch, beide<lb/> seien Anhänger der offnen Tür, beide Gegner einer Vergrößerung Rußlands<lb/> auf Kosten Chinas. Es sei deshalb für England ebenso Interesse als Pflicht,<lb/> Japan nach dem Kriege jeden Vorteil zu sichern, den dieses durch seinen erfolg¬<lb/> reichen Feldzug erreicht habe. Für einen bevorstehenden Kongreß sei anzu¬<lb/> nehmen, daß sich die meisten der Großmächte ihres Einflusses dahin bedienen<lb/> würden, die Friedensbedingungen für Nußland so wenig unangenehm wie mög¬<lb/> lich zu machen. Frankreich habe allen Grund, Nußland nach Möglichkeit zu<lb/> Unterstützen, Österreich wegen der Valkaninteressen ebenfalls allen Grund, einen<lb/> Bruch des russisch-österreichischen Einverständnisses zu vermeiden, das bisher<lb/> die orientalischen Angelegenheiten gewissermaßen in «uiZnkusc» gehalten habe,<lb/> and Italien, das ebenfalls wenig Interessen im fernen Osten habe, werde sich<lb/> von seinen beiden Genossen im Dreibunde nicht entfernen. Wenn die Be¬<lb/> gehungen Deutschlands zu seinem Nachbar bei Zusammentritt der Konferenz<lb/> "och ebenso sein sollten wie im gegenwärtigen Augenblick, so sei auch für<lb/> Deutschland mit Sicherheit anzunehmen, daß es bemüht sein werde, die Friedens¬<lb/> bedingungen für Rußland so erträglich zu gestalten, als mit dem Anerkenntnis<lb/> der Niederlage irgend vereinbar wäre. England werde also, vielleicht mit der<lb/> zweifelhaften Unterstützung Amerikas, die einzige für Japan eintretende Macht<lb/> sein und sich die Feindschaft Rußlands als die Ursache nicht allein seiner Nieder¬<lb/> lagen, sondern anch seiner Erniedrigung zuziehn. Die Feststellung der Friedens¬<lb/> bedingungen, die den Krieg zwischen Rußland und Japan beendigen müssen,<lb/> >el eine der manchen internationalen Fragen, bei denen die Autorität Gro߬<lb/> britanniens notwendigerweise durch seine Politik der Isolierung aufgewogen<lb/> werde. Eine Seemacht habe sicherlich alle Vorteile, die Kapitän Madam und<lb/> seine Schüler ihr zuschreiben, aber etwas könne Seemacht niemals erreichen:<lb/> die Verfügung über große Heere, wie sie bei Landoperationen nötig würden.<lb/> Solange England die Idee der allgemeinen Wehrpflicht ablehne, könne es in<lb/> ^niger Entfernung von der Küste niemals einem der großen Kontinentalstaaten<lb/> ^kgegentreten, wo jeder männliche Einwohner zum Soldaten erzogen werde.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0075]
solches Zusammenwirken für greifbare Möglichkeiten von vitaler Wichtigkeit
werden müßte, lehne ich so entschieden den antideutschen Geist ab, der einen
kleinen Teil der englischen Presse charakterisiert."
Dicey erschöpft sich nun des weitern in Konjekturen über den Friedens¬
kongreß, der nach seiner Ansicht dem russisch-japanischen Krieg ein Ziel zu setzen
berufen sein werde, und ergeht sich in Darlegungen über das Verhältnis
Englands zu Japan und zu Nußland. Über Nußland ist er der Ansicht,
daß es zwischen England und Rußland früher oder später zu einer Kollision
kommen müsse; die wirkliche Gefahr, die das britische Reich zu fürchten habe,
sei nicht die gelbe, sondern die slawische, und Japan habe durch seinen Krieg
unt Rußland nicht allein seine eignen Schlachten, sondern die Schlachten Eng¬
lands geschlagen. (!) Diese Tatsachen müßten die auswärtige Politik Englands
bestimmen. Auch wenn England sein formelles Bündnis mit Japan nicht ver¬
längere, werde anch ohne formellen Vertrag die Teilhaberschaft, die gegenwärtig
Zwischen England und Japan existiere, in ihrer Integrität aufrecht erhalten
werden müssen; die Interessen beider Länder im Osten seien identisch, beide
seien Anhänger der offnen Tür, beide Gegner einer Vergrößerung Rußlands
auf Kosten Chinas. Es sei deshalb für England ebenso Interesse als Pflicht,
Japan nach dem Kriege jeden Vorteil zu sichern, den dieses durch seinen erfolg¬
reichen Feldzug erreicht habe. Für einen bevorstehenden Kongreß sei anzu¬
nehmen, daß sich die meisten der Großmächte ihres Einflusses dahin bedienen
würden, die Friedensbedingungen für Nußland so wenig unangenehm wie mög¬
lich zu machen. Frankreich habe allen Grund, Nußland nach Möglichkeit zu
Unterstützen, Österreich wegen der Valkaninteressen ebenfalls allen Grund, einen
Bruch des russisch-österreichischen Einverständnisses zu vermeiden, das bisher
die orientalischen Angelegenheiten gewissermaßen in «uiZnkusc» gehalten habe,
and Italien, das ebenfalls wenig Interessen im fernen Osten habe, werde sich
von seinen beiden Genossen im Dreibunde nicht entfernen. Wenn die Be¬
gehungen Deutschlands zu seinem Nachbar bei Zusammentritt der Konferenz
"och ebenso sein sollten wie im gegenwärtigen Augenblick, so sei auch für
Deutschland mit Sicherheit anzunehmen, daß es bemüht sein werde, die Friedens¬
bedingungen für Rußland so erträglich zu gestalten, als mit dem Anerkenntnis
der Niederlage irgend vereinbar wäre. England werde also, vielleicht mit der
zweifelhaften Unterstützung Amerikas, die einzige für Japan eintretende Macht
sein und sich die Feindschaft Rußlands als die Ursache nicht allein seiner Nieder¬
lagen, sondern anch seiner Erniedrigung zuziehn. Die Feststellung der Friedens¬
bedingungen, die den Krieg zwischen Rußland und Japan beendigen müssen,
>el eine der manchen internationalen Fragen, bei denen die Autorität Gro߬
britanniens notwendigerweise durch seine Politik der Isolierung aufgewogen
werde. Eine Seemacht habe sicherlich alle Vorteile, die Kapitän Madam und
seine Schüler ihr zuschreiben, aber etwas könne Seemacht niemals erreichen:
die Verfügung über große Heere, wie sie bei Landoperationen nötig würden.
Solange England die Idee der allgemeinen Wehrpflicht ablehne, könne es in
^niger Entfernung von der Küste niemals einem der großen Kontinentalstaaten
^kgegentreten, wo jeder männliche Einwohner zum Soldaten erzogen werde.
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