Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.Herrenmenschen daß Tauenden gar nicht schlecht aussehe, daß sie vielmehr eine blitzsaubere Dame Fräulein Van Term, sagte er, warum haben Sie eigentlich nicht geheiratet? Mein Gott, Schwechting, antwortete Tauenden abweisend und doch Mehl un¬ Weil ich ein armes Luder war, weil ich oft nicht das tägliche Brot hatte, Tun Sie das, Schwechting, sagte Tauenden mit freundlicher Wärme. Tun Sie das! erwiderte Schwechting. Pogge würde hier sagen: Leicht gesagt Aha! sagte Onkel Fips lachend, jetzt ist Prinzeßchen sehr enttäuscht, statt des Prtnzeßchen wurde rot und erwiderte: Wenn ich gewußt hätte, daß ich Sie Es scheint, sagte Schwechting zu Tauenden, Prinzeßchen fürchtet sich vor mir. Fürchten? rief Eva verächtlich. Ich fürchte mich vor niemand, höchstens vor Natürlich unter vier Augen, sagte Schwechting; höchst geheimnisvolle Dinge, Reden Sie nur, sagte Eva in scheinbar sorglosen Tone. Wenn Sie es wünschen? Sie kommen, Tauenden zu frage", ob es sich mit Woher wissen Sie das? rief Eva überrascht und nicht darauf bedacht, ihr Er hat mir in Gegenwart des Doktors selber sein Herz ausgeschüttet. Es Unverschämt, sagte Eva. Und was haben Sie ihm darauf geantwortet? Ich habe gesagt: Sind Sie auch gewiß, daß Prinzeßchen Sie nehmen wird? Herrenmenschen daß Tauenden gar nicht schlecht aussehe, daß sie vielmehr eine blitzsaubere Dame Fräulein Van Term, sagte er, warum haben Sie eigentlich nicht geheiratet? Mein Gott, Schwechting, antwortete Tauenden abweisend und doch Mehl un¬ Weil ich ein armes Luder war, weil ich oft nicht das tägliche Brot hatte, Tun Sie das, Schwechting, sagte Tauenden mit freundlicher Wärme. Tun Sie das! erwiderte Schwechting. Pogge würde hier sagen: Leicht gesagt Aha! sagte Onkel Fips lachend, jetzt ist Prinzeßchen sehr enttäuscht, statt des Prtnzeßchen wurde rot und erwiderte: Wenn ich gewußt hätte, daß ich Sie Es scheint, sagte Schwechting zu Tauenden, Prinzeßchen fürchtet sich vor mir. Fürchten? rief Eva verächtlich. Ich fürchte mich vor niemand, höchstens vor Natürlich unter vier Augen, sagte Schwechting; höchst geheimnisvolle Dinge, Reden Sie nur, sagte Eva in scheinbar sorglosen Tone. Wenn Sie es wünschen? Sie kommen, Tauenden zu frage», ob es sich mit Woher wissen Sie das? rief Eva überrascht und nicht darauf bedacht, ihr Er hat mir in Gegenwart des Doktors selber sein Herz ausgeschüttet. Es Unverschämt, sagte Eva. Und was haben Sie ihm darauf geantwortet? Ich habe gesagt: Sind Sie auch gewiß, daß Prinzeßchen Sie nehmen wird? <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0731" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/297110"/> <fw type="header" place="top"> Herrenmenschen</fw><lb/> <p xml:id="ID_3323" prev="#ID_3322"> daß Tauenden gar nicht schlecht aussehe, daß sie vielmehr eine blitzsaubere Dame<lb/> sei. Die jüngste war sie ja allerdings nicht mehr. Aber ich frage auch einen<lb/> Menschen, sagte Schwechting zu sich, was hat man an so einem jungen Dinge, das<lb/> die Welt für einen Dudelsack ansieht und aus dem Gealbere nicht herauskommt?<lb/> Da ist denn doch eine Dame, die in ihren besten Jahren steht, etwas ganz andres. —<lb/> Und was ihn selbst anging, so war er ja auch über die erste Jugendblüte hinaus,<lb/> was gewisse weiße Fäden im Barte und gewisse dünne Stellen im Haupthaar nur<lb/> zu deutlich verrieten. 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Herrenmenschen
daß Tauenden gar nicht schlecht aussehe, daß sie vielmehr eine blitzsaubere Dame
sei. Die jüngste war sie ja allerdings nicht mehr. Aber ich frage auch einen
Menschen, sagte Schwechting zu sich, was hat man an so einem jungen Dinge, das
die Welt für einen Dudelsack ansieht und aus dem Gealbere nicht herauskommt?
Da ist denn doch eine Dame, die in ihren besten Jahren steht, etwas ganz andres. —
Und was ihn selbst anging, so war er ja auch über die erste Jugendblüte hinaus,
was gewisse weiße Fäden im Barte und gewisse dünne Stellen im Haupthaar nur
zu deutlich verrieten. Wenn er noch einmal — hin!
Fräulein Van Term, sagte er, warum haben Sie eigentlich nicht geheiratet?
Mein Gott, Schwechting, antwortete Tauenden abweisend und doch Mehl un¬
freundlich; danach fragt man doch eine Dame nicht. Warum haben Sie denn nicht
geheiratet?
Weil ich ein armes Luder war, weil ich oft nicht das tägliche Brot hatte,
und weil ich zu stolz war, mich für Geld zu verkaufen. Aber jetzt, Tauenden,
könnten sich die Umstände bessern. Ich komme in Aufnahme; ich habe schon wieder
ein paar Elche in Auftrag. Man könnte daran denken, dieses Wurm, diesen Staffel¬
stetger auszuquartieren, Mopswende umzubauen und eine junge Frau hinein¬
zuführen.
Tun Sie das, Schwechting, sagte Tauenden mit freundlicher Wärme.
Tun Sie das! erwiderte Schwechting. Pogge würde hier sagen: Leicht gesagt
füm Dreier Käse, aber was für eine Nummer? Damit schmunzelte er Tauenden
höchst anzüglich an, und Tauenden sah angelegentlich weg. Herr Gott, dachte er,
solltest du zu stürmisch gewesen sein? Tauenden erschrak und sprang auf. Hotts-
donnerwetter! dachte Schwechting, jetzt hat die Pauke ein Loch. Tauenden zeigte
aufs Feuster. Da blickte Eva herein, Eva mit nichts ans dein Kopfe und auch
nur und so einem leichten Kleidchen am Leibe. Tauenden eilte hinaus und kam
mit der Misfetäterin wieder herein, die sie weidlich ausschalt, und der sie Unvernunft
vorwarf, in so leichter Kleidung bei diesem Wetter auszugehn. In der Tat, sie
war zum Schlößchen gekommen bei Schneewetter, in der Kleidung, die sie im Hause
trug, und stand nun da, scheu und keck wie ein junger Raubvogel. Sie sah sich
suchend im Zimmer um.
Aha! sagte Onkel Fips lachend, jetzt ist Prinzeßchen sehr enttäuscht, statt des
Doktors deu Onkel Fips zu finden.
Prtnzeßchen wurde rot und erwiderte: Wenn ich gewußt hätte, daß ich Sie
hier treffen würde, wäre ich allerdings nicht hereingekommen.
Es scheint, sagte Schwechting zu Tauenden, Prinzeßchen fürchtet sich vor mir.
Fürchten? rief Eva verächtlich. Ich fürchte mich vor niemand, höchstens vor
mir selber. Aber ich wollte Tauenden etwas fragen.
Natürlich unter vier Augen, sagte Schwechting; höchst geheimnisvolle Dinge,
von denen niemand eine Ahnung hat. Wetten Prinzeßchen, daß ich Ihr Geheimnis
kenne? Aber ich will Sie nicht verraten, auch nicht Tauenden gegenüber.
Reden Sie nur, sagte Eva in scheinbar sorglosen Tone.
Wenn Sie es wünschen? Sie kommen, Tauenden zu frage», ob es sich mit
Ihrer Meinung von Unabhängigkeit vertrage, eine vornehme Dame zu werden.
Nämlich um den Preis, den Baron Bordeaux zu heiraten.
Woher wissen Sie das? rief Eva überrascht und nicht darauf bedacht, ihr
Geheimnis zu wahren.
Er hat mir in Gegenwart des Doktors selber sein Herz ausgeschüttet. Es
war an einem Abend, wo seine Herrlichkeit moralischen Katzenjammer hatten und um
ihr junges Leben bangem. Da legte er das feierliche Gelöbnis ab, er wolle dem
süss entsagen, und um sich für seine Tugend zu belohnen, Prinzeßchen heiraten.
Unverschämt, sagte Eva. Und was haben Sie ihm darauf geantwortet?
Ich habe gesagt: Sind Sie auch gewiß, daß Prinzeßchen Sie nehmen wird?
Die nimmt keinen hörigen Mann, die nimmt nnr einen Freiherrn.
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