Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr."Line englisch-deutsche Verständigung" laues Auge auf die Nordsee zu haben, so müsse Deutschland -- und Deutsch¬ Dicey führt weiter aus, aus verschiednen Gründen sei es Fundamentalsatz „Line englisch-deutsche Verständigung" laues Auge auf die Nordsee zu haben, so müsse Deutschland — und Deutsch¬ Dicey führt weiter aus, aus verschiednen Gründen sei es Fundamentalsatz <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0073" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/297205"/> <fw type="header" place="top"> „Line englisch-deutsche Verständigung"</fw><lb/> <p xml:id="ID_251" prev="#ID_250"> laues Auge auf die Nordsee zu haben, so müsse Deutschland — und Deutsch¬<lb/> land allein — der mögliche Feind sein, gegen dessen Feindseligkeit sich bereit<lb/> Zu machen England gelungen sei. Wenn Worte in ihrem gewöhnlichen Sinne<lb/> M interpretieren seien, so wollte Mr. Lee das sagen. Wenn er jetzt versichert,<lb/> ^ habe einfach beabsichtigt, als allgemeinen Grundsatz festzustellen, daß ein<lb/> ^rieg mit irgendeiner der Seemächte immer eine Möglichkeit sei, mit der man<lb/> rechnen müsse, so sei er so unglücklich in seinem Ausdruck gewesen, daß man<lb/> UM nur dringend ersuchen könne, in Zukunft ein diskretes Stillschweigen zu<lb/> bewahren. Es sei kaum noch nötig auszusprechen, daß der Fall, auf deu Mr.<lb/> Lee anspiele, niemals in die ernste Erwägung bei einer britischen Regierung,<lb/> einer britischen Partei oder irgendeinem führenden britischen Staatsmanne<lb/> treten könne. (? d. V.) Wenngleich das in Deutschland erzeugte Aufsehen gänz¬<lb/> lich jeder Begründung entbehre, so sei doch die Tatsache, daß ein solches Auf¬<lb/> sehen entstanden sei, nicht so unvernünftig, wie das britische Publikum zu glauben<lb/> scheine. Mr. Lee sei nicht nur Minister der Krone, er sei Zivillord der Admi¬<lb/> ralität, sei parlamentarischer Privatsekretär Arnold Forsters gewesen, als dieser,<lb/> bevor er Staatssekretär des Krieges wurde, Finanzsekretär bei der Admiralität<lb/> war. Mr. Lee erscheine deshalb gewissermaßen beglaubigt, in dem Vertrauen der<lb/> Spitzen des Heeres und der Flotte zu stehn, und es sei mithin für das deutsche<lb/> Publikum nicht unnatürlich, ihn für ein Mundstück der britischen Heeres- und<lb/> Be'arineverwaltnngen zu halten. Wichtiger freilich sei es, daß der Ton der<lb/> öffentlichen Meinung in England, wie er in dem deu deutscheu Lesern geläufigem<lb/> Teile der englischen Presse zum Ausdruck komme, seit langer Zeit unfreundlich,<lb/> wenn nicht feindlich gegen Deutschland klinge. Beim Ausbruch des russisch-japa¬<lb/> nischen Krieges haben mehrere führende hauptstädtische Zeitungen Englands<lb/> und ihre Satelliten in der Provinz keine Gelegenheit vorübergehn lassen, ohne<lb/> Deutschland des Neutralitätsbruchs und einer Illoyalität in seinen Beziehungen<lb/> ZU Japan zu beschuldigen und zu behaupten, daß Ende und Zweck seiner Politik<lb/> darin beschlossen sei, England zu beleidigen und zu diskreditieren.</p><lb/> <p xml:id="ID_252" next="#ID_253"> Dicey führt weiter aus, aus verschiednen Gründen sei es Fundamentalsatz<lb/> der deutschen Politik, auf freundschaftliche Beziehungen zu Rußland zu halten.<lb/> Solange der Zweibund in Kraft bleibe, könne Deutschland nicht daran denken,<lb/> Nußland zu erzürnen. Die deutsche Neutralität während des Kriegs sei eine<lb/> wohlwollende gegen Rußland gewesen, ebenso wie die britische eine wohlwollende<lb/> gegen Japan sei. Man könne nicht zweifeln, daß die erblichen Bande zwischen<lb/> der Hohenzollern- und der Romanow-Dynastie und die militärischen Traditionen<lb/> der beiden nordischen Reiche die deutschen Sympathien Rußland zugewandt<lb/> hätten, aber wenn man nicht behaupten wolle, Deutschland müsse in allen aus¬<lb/> wärtigen Fragen darauf sehen, daß es England zufriedenstelle, so sei nicht<lb/> verständlich, wie man die russenfreundlichen Neigungen Deutschlands als be¬<lb/> leidigend für England ansehen könne. „Ich habe Grund zu der Annahme, führt<lb/> Dicey fort, daß die wiederholten Vorwürfe mangelnder Loyalität und versteckter<lb/> Feindschaft Deutschlands gegen England, die Tag für Tag in der Ansland-<lb/> kvrrespondenz der Times erscheinen und des langen und breiten in unsern Provinzial-<lb/> blättern durch ganz England nachgedruckt werden, sehr dazu beigetragen haben, ein</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0073]
„Line englisch-deutsche Verständigung"
laues Auge auf die Nordsee zu haben, so müsse Deutschland — und Deutsch¬
land allein — der mögliche Feind sein, gegen dessen Feindseligkeit sich bereit
Zu machen England gelungen sei. Wenn Worte in ihrem gewöhnlichen Sinne
M interpretieren seien, so wollte Mr. Lee das sagen. Wenn er jetzt versichert,
^ habe einfach beabsichtigt, als allgemeinen Grundsatz festzustellen, daß ein
^rieg mit irgendeiner der Seemächte immer eine Möglichkeit sei, mit der man
rechnen müsse, so sei er so unglücklich in seinem Ausdruck gewesen, daß man
UM nur dringend ersuchen könne, in Zukunft ein diskretes Stillschweigen zu
bewahren. Es sei kaum noch nötig auszusprechen, daß der Fall, auf deu Mr.
Lee anspiele, niemals in die ernste Erwägung bei einer britischen Regierung,
einer britischen Partei oder irgendeinem führenden britischen Staatsmanne
treten könne. (? d. V.) Wenngleich das in Deutschland erzeugte Aufsehen gänz¬
lich jeder Begründung entbehre, so sei doch die Tatsache, daß ein solches Auf¬
sehen entstanden sei, nicht so unvernünftig, wie das britische Publikum zu glauben
scheine. Mr. Lee sei nicht nur Minister der Krone, er sei Zivillord der Admi¬
ralität, sei parlamentarischer Privatsekretär Arnold Forsters gewesen, als dieser,
bevor er Staatssekretär des Krieges wurde, Finanzsekretär bei der Admiralität
war. Mr. Lee erscheine deshalb gewissermaßen beglaubigt, in dem Vertrauen der
Spitzen des Heeres und der Flotte zu stehn, und es sei mithin für das deutsche
Publikum nicht unnatürlich, ihn für ein Mundstück der britischen Heeres- und
Be'arineverwaltnngen zu halten. Wichtiger freilich sei es, daß der Ton der
öffentlichen Meinung in England, wie er in dem deu deutscheu Lesern geläufigem
Teile der englischen Presse zum Ausdruck komme, seit langer Zeit unfreundlich,
wenn nicht feindlich gegen Deutschland klinge. Beim Ausbruch des russisch-japa¬
nischen Krieges haben mehrere führende hauptstädtische Zeitungen Englands
und ihre Satelliten in der Provinz keine Gelegenheit vorübergehn lassen, ohne
Deutschland des Neutralitätsbruchs und einer Illoyalität in seinen Beziehungen
ZU Japan zu beschuldigen und zu behaupten, daß Ende und Zweck seiner Politik
darin beschlossen sei, England zu beleidigen und zu diskreditieren.
Dicey führt weiter aus, aus verschiednen Gründen sei es Fundamentalsatz
der deutschen Politik, auf freundschaftliche Beziehungen zu Rußland zu halten.
Solange der Zweibund in Kraft bleibe, könne Deutschland nicht daran denken,
Nußland zu erzürnen. Die deutsche Neutralität während des Kriegs sei eine
wohlwollende gegen Rußland gewesen, ebenso wie die britische eine wohlwollende
gegen Japan sei. Man könne nicht zweifeln, daß die erblichen Bande zwischen
der Hohenzollern- und der Romanow-Dynastie und die militärischen Traditionen
der beiden nordischen Reiche die deutschen Sympathien Rußland zugewandt
hätten, aber wenn man nicht behaupten wolle, Deutschland müsse in allen aus¬
wärtigen Fragen darauf sehen, daß es England zufriedenstelle, so sei nicht
verständlich, wie man die russenfreundlichen Neigungen Deutschlands als be¬
leidigend für England ansehen könne. „Ich habe Grund zu der Annahme, führt
Dicey fort, daß die wiederholten Vorwürfe mangelnder Loyalität und versteckter
Feindschaft Deutschlands gegen England, die Tag für Tag in der Ansland-
kvrrespondenz der Times erscheinen und des langen und breiten in unsern Provinzial-
blättern durch ganz England nachgedruckt werden, sehr dazu beigetragen haben, ein
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