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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

dorfer. führt Lassalle die Autorität des Bischofs Ketteler für sich an. Oncken
bemerkt dazu: "Lassalle wußte natürlich gut genug, aus welchen Motiven der
Führer des deutschen Ultramontanismus in dieser Weise sin seinem Buche: Die
Arbeiterfrage und das Christentums gegen die verhaßten Liberalen Partei nahm."
Kettelers Liebe zum armen Volke ist echt und ungeheuchelt gewesen, und eben so
echt und ungeheuchelt ist die vieler andern katholischen Geistlichen Deutschlands.
Nur darum glaubt das katholische Volk an diese Liebe auch in solchen Fällen, wo
sie nicht echt ist, und dieses Vertrauen ist eine der Wurzeln, aus denen der deutsche
Katholizismus und die Zentrumspartei ihre Kraft ziehn.


"Zur Geschichte der süddeutschen Mairevolution."

In Nummer 20 der
Grenzboten haben wir unter dieser Überschrift zwei Dokumente abgedruckt, die den
Historikern wohl nicht unbekannt waren. Das zweite davon findet man ins Deutsche
übersetzt in Otto Fleischmanns "Geschichte des Pfälzischen Aufstandes im Jahre 1849,"
erschienen 1899. Der Bürger Schütz aus Mainz, Mitglied des Frankfurter Parla¬
ments, der in den genannten beiden Schreiben zum Geschäftsträger der badischen
und der pfälzischen revolutionären Regierung bei der französischen Regierung er¬
nannt worden war, ist tatsächlich nach Paris abgereist. Er wurde begleitet von
dem Pfälzer Culmann (so wird der Name geschrieben), einem Anwalt in Zwei¬
brücken, der bayrischer Landtagsabgeordneter und Mitglied des Frankfurter Parla¬
ments war. Man hatte ihn auch zum Mitgliede der "Provisorischen Regierung
der Pfalz" gewählt, aber er nahm vorsichtigerweise diesen Posten nicht an. Die
Mission der beiden Männer hatte einen ungünstigen Verlauf, denn sie wurden
nicht nur nicht von der französischen Regierung empfangen, sondern sogar verhaftet
und eine Zeit lang in Haft behalten. Fleischmann hat sich seinerzeit vergebens
bemüht, irgendeine Quelle zu entdecken, aus der er Näheres über den Verlauf dieser
interessanten Reise hätte entnehmen können. Der Grund liegt wohl darin, daß die
beiden Regierungen in Baden und in der Pfalz schon einige Zeit vom Erdboden weg¬
gefegt waren, als die beiden Abgesandten in Paris aus ihrer Haft entlassen wurden,
daß sie also keinen offiziellen Bericht über den Verlauf ihrer Mission an ihre
Auftraggeber abstatten konnten.

Die französische Regierung stand von Anfang an der aufständischen Bewegung
in Baden und in der Pfalz mißtrauisch und vorsichtig gegenüber. Sie schob im
Jahre 1848 mit Vergnügen etwa 1500 in Paris lebende deutsche Arbeiter nach
der badischen Grenze ab, gab ihnen aber keine Waffen mit. Sie war froh, diese
unruhigen Leute los zu sein, denn sie hatte mit den eignen Proletariern genug zu
tun, bis die furchtbare Arbeiterschlacht in Paris die Gefahr für lange Zeit be¬
seitigte. Danach kam Louis Napoleon an das Regiment, der sich 1849 als Präsident
der Republik völlig den deutschen Regierungen anschloß. In zwei Ausrufer, die
die provisorische Regierung der Pfalz am 10. Juni 1849 an die französischen
Soldaten und an das französische Volk richtete, in denen sie von der Bevölkerung
Badens und der Pfalz rühmt, daß sie "ehemals als die treuesten Verbündeten in
den Reihen der französischen Armee gegen die Heilige Allianz kämpften," wird dem
Präsidenten Napoleon vorgeworfen, daß er Deutsche und Polen, die nach der Pfalz
eilen wollten, in Paris gewaltsam zurückhalte, daß er Waffen, die in Belgien für die
pfälzischen Aufständischen angekauft wurden, mit Beschlag belegt habe, daß er mit den
Preußen, die einst "eure Felder verheert, eure Hauptstadt besudelt, euer Land ge¬
plündert haben," in Verbindung getreten sei, um die Sache der Freiheit zu ersticken.

In der Pfalz und namentlich in Landau, das lange französisch war, be¬
standen übrigens lebhafte Sympathien für Frankreich. Fleischmann hat selbst
napoleonische Veteranen gesehen, die die Helenamedaille ungescheut trugen. Erst
durch das Jahr 1870 ist diesem unnatürlichen Zustande ein Ende gemacht worden.
Hoffentlich für immer.




Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig
Perlag von Yr. Wilh. Grunow in Leipzig -- Druck von Karl Marquart in Leipzig
Maßgebliches und Unmaßgebliches

dorfer. führt Lassalle die Autorität des Bischofs Ketteler für sich an. Oncken
bemerkt dazu: „Lassalle wußte natürlich gut genug, aus welchen Motiven der
Führer des deutschen Ultramontanismus in dieser Weise sin seinem Buche: Die
Arbeiterfrage und das Christentums gegen die verhaßten Liberalen Partei nahm."
Kettelers Liebe zum armen Volke ist echt und ungeheuchelt gewesen, und eben so
echt und ungeheuchelt ist die vieler andern katholischen Geistlichen Deutschlands.
Nur darum glaubt das katholische Volk an diese Liebe auch in solchen Fällen, wo
sie nicht echt ist, und dieses Vertrauen ist eine der Wurzeln, aus denen der deutsche
Katholizismus und die Zentrumspartei ihre Kraft ziehn.


„Zur Geschichte der süddeutschen Mairevolution."

In Nummer 20 der
Grenzboten haben wir unter dieser Überschrift zwei Dokumente abgedruckt, die den
Historikern wohl nicht unbekannt waren. Das zweite davon findet man ins Deutsche
übersetzt in Otto Fleischmanns „Geschichte des Pfälzischen Aufstandes im Jahre 1849,"
erschienen 1899. Der Bürger Schütz aus Mainz, Mitglied des Frankfurter Parla¬
ments, der in den genannten beiden Schreiben zum Geschäftsträger der badischen
und der pfälzischen revolutionären Regierung bei der französischen Regierung er¬
nannt worden war, ist tatsächlich nach Paris abgereist. Er wurde begleitet von
dem Pfälzer Culmann (so wird der Name geschrieben), einem Anwalt in Zwei¬
brücken, der bayrischer Landtagsabgeordneter und Mitglied des Frankfurter Parla¬
ments war. Man hatte ihn auch zum Mitgliede der „Provisorischen Regierung
der Pfalz" gewählt, aber er nahm vorsichtigerweise diesen Posten nicht an. Die
Mission der beiden Männer hatte einen ungünstigen Verlauf, denn sie wurden
nicht nur nicht von der französischen Regierung empfangen, sondern sogar verhaftet
und eine Zeit lang in Haft behalten. Fleischmann hat sich seinerzeit vergebens
bemüht, irgendeine Quelle zu entdecken, aus der er Näheres über den Verlauf dieser
interessanten Reise hätte entnehmen können. Der Grund liegt wohl darin, daß die
beiden Regierungen in Baden und in der Pfalz schon einige Zeit vom Erdboden weg¬
gefegt waren, als die beiden Abgesandten in Paris aus ihrer Haft entlassen wurden,
daß sie also keinen offiziellen Bericht über den Verlauf ihrer Mission an ihre
Auftraggeber abstatten konnten.

Die französische Regierung stand von Anfang an der aufständischen Bewegung
in Baden und in der Pfalz mißtrauisch und vorsichtig gegenüber. Sie schob im
Jahre 1848 mit Vergnügen etwa 1500 in Paris lebende deutsche Arbeiter nach
der badischen Grenze ab, gab ihnen aber keine Waffen mit. Sie war froh, diese
unruhigen Leute los zu sein, denn sie hatte mit den eignen Proletariern genug zu
tun, bis die furchtbare Arbeiterschlacht in Paris die Gefahr für lange Zeit be¬
seitigte. Danach kam Louis Napoleon an das Regiment, der sich 1849 als Präsident
der Republik völlig den deutschen Regierungen anschloß. In zwei Ausrufer, die
die provisorische Regierung der Pfalz am 10. Juni 1849 an die französischen
Soldaten und an das französische Volk richtete, in denen sie von der Bevölkerung
Badens und der Pfalz rühmt, daß sie „ehemals als die treuesten Verbündeten in
den Reihen der französischen Armee gegen die Heilige Allianz kämpften," wird dem
Präsidenten Napoleon vorgeworfen, daß er Deutsche und Polen, die nach der Pfalz
eilen wollten, in Paris gewaltsam zurückhalte, daß er Waffen, die in Belgien für die
pfälzischen Aufständischen angekauft wurden, mit Beschlag belegt habe, daß er mit den
Preußen, die einst „eure Felder verheert, eure Hauptstadt besudelt, euer Land ge¬
plündert haben," in Verbindung getreten sei, um die Sache der Freiheit zu ersticken.

In der Pfalz und namentlich in Landau, das lange französisch war, be¬
standen übrigens lebhafte Sympathien für Frankreich. Fleischmann hat selbst
napoleonische Veteranen gesehen, die die Helenamedaille ungescheut trugen. Erst
durch das Jahr 1870 ist diesem unnatürlichen Zustande ein Ende gemacht worden.
Hoffentlich für immer.




Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig
Perlag von Yr. Wilh. Grunow in Leipzig — Druck von Karl Marquart in Leipzig
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[0636] Maßgebliches und Unmaßgebliches dorfer. führt Lassalle die Autorität des Bischofs Ketteler für sich an. Oncken bemerkt dazu: „Lassalle wußte natürlich gut genug, aus welchen Motiven der Führer des deutschen Ultramontanismus in dieser Weise sin seinem Buche: Die Arbeiterfrage und das Christentums gegen die verhaßten Liberalen Partei nahm." Kettelers Liebe zum armen Volke ist echt und ungeheuchelt gewesen, und eben so echt und ungeheuchelt ist die vieler andern katholischen Geistlichen Deutschlands. Nur darum glaubt das katholische Volk an diese Liebe auch in solchen Fällen, wo sie nicht echt ist, und dieses Vertrauen ist eine der Wurzeln, aus denen der deutsche Katholizismus und die Zentrumspartei ihre Kraft ziehn. „Zur Geschichte der süddeutschen Mairevolution." In Nummer 20 der Grenzboten haben wir unter dieser Überschrift zwei Dokumente abgedruckt, die den Historikern wohl nicht unbekannt waren. Das zweite davon findet man ins Deutsche übersetzt in Otto Fleischmanns „Geschichte des Pfälzischen Aufstandes im Jahre 1849," erschienen 1899. Der Bürger Schütz aus Mainz, Mitglied des Frankfurter Parla¬ ments, der in den genannten beiden Schreiben zum Geschäftsträger der badischen und der pfälzischen revolutionären Regierung bei der französischen Regierung er¬ nannt worden war, ist tatsächlich nach Paris abgereist. Er wurde begleitet von dem Pfälzer Culmann (so wird der Name geschrieben), einem Anwalt in Zwei¬ brücken, der bayrischer Landtagsabgeordneter und Mitglied des Frankfurter Parla¬ ments war. Man hatte ihn auch zum Mitgliede der „Provisorischen Regierung der Pfalz" gewählt, aber er nahm vorsichtigerweise diesen Posten nicht an. Die Mission der beiden Männer hatte einen ungünstigen Verlauf, denn sie wurden nicht nur nicht von der französischen Regierung empfangen, sondern sogar verhaftet und eine Zeit lang in Haft behalten. Fleischmann hat sich seinerzeit vergebens bemüht, irgendeine Quelle zu entdecken, aus der er Näheres über den Verlauf dieser interessanten Reise hätte entnehmen können. Der Grund liegt wohl darin, daß die beiden Regierungen in Baden und in der Pfalz schon einige Zeit vom Erdboden weg¬ gefegt waren, als die beiden Abgesandten in Paris aus ihrer Haft entlassen wurden, daß sie also keinen offiziellen Bericht über den Verlauf ihrer Mission an ihre Auftraggeber abstatten konnten. Die französische Regierung stand von Anfang an der aufständischen Bewegung in Baden und in der Pfalz mißtrauisch und vorsichtig gegenüber. Sie schob im Jahre 1848 mit Vergnügen etwa 1500 in Paris lebende deutsche Arbeiter nach der badischen Grenze ab, gab ihnen aber keine Waffen mit. Sie war froh, diese unruhigen Leute los zu sein, denn sie hatte mit den eignen Proletariern genug zu tun, bis die furchtbare Arbeiterschlacht in Paris die Gefahr für lange Zeit be¬ seitigte. Danach kam Louis Napoleon an das Regiment, der sich 1849 als Präsident der Republik völlig den deutschen Regierungen anschloß. In zwei Ausrufer, die die provisorische Regierung der Pfalz am 10. Juni 1849 an die französischen Soldaten und an das französische Volk richtete, in denen sie von der Bevölkerung Badens und der Pfalz rühmt, daß sie „ehemals als die treuesten Verbündeten in den Reihen der französischen Armee gegen die Heilige Allianz kämpften," wird dem Präsidenten Napoleon vorgeworfen, daß er Deutsche und Polen, die nach der Pfalz eilen wollten, in Paris gewaltsam zurückhalte, daß er Waffen, die in Belgien für die pfälzischen Aufständischen angekauft wurden, mit Beschlag belegt habe, daß er mit den Preußen, die einst „eure Felder verheert, eure Hauptstadt besudelt, euer Land ge¬ plündert haben," in Verbindung getreten sei, um die Sache der Freiheit zu ersticken. In der Pfalz und namentlich in Landau, das lange französisch war, be¬ standen übrigens lebhafte Sympathien für Frankreich. Fleischmann hat selbst napoleonische Veteranen gesehen, die die Helenamedaille ungescheut trugen. Erst durch das Jahr 1870 ist diesem unnatürlichen Zustande ein Ende gemacht worden. Hoffentlich für immer. Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig Perlag von Yr. Wilh. Grunow in Leipzig — Druck von Karl Marquart in Leipzig

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_296764/636>, abgerufen am 05.02.2025.