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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.

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Das Grabdenkmal des Konturs

führlich, ininuoiDWmsutk, die Grabdenkmäler des Klosters San Francisco be¬
schreiben, erwähne eine Kapelle oder einen Grabstein der Ulloas, keiner von
ihnen berichte etwas von dem Ochoaschen Vorfall in der dortigen Kirche.
Freilich meldet Ochoa, leider ohne seinen Gewährsmann anzugeben, die Kapelle
und die Statue des Konturs seien um die Mitte des achtzehnten Jahr¬
hunderts durch eine Feuersbrunst verzehrt worden.

Und -- mögen nun die Engelschen oder die Hazanasischen Behauptungen
mehr den Tatsachen entsprechen -- darüber, daß mit dem Denkmal und der
Statue des Konturs etwas besondres los gewesen sein muß, das Tirsos
Phantasie lebhaft angeregt und beschäftigt hat, kann kaum ein Zweifel bestehn.
Professor Hazanas teilt mit, der Ordensgeistliche Pedro de San Cecilio,
der den Tirso auf einer Visitationsreise nach San Domingo begleitet habe,
erwähne in einer von ihm hinterlassenen Schrift einen Besuch Tirsos in
Sevilla und bemerke hierzu folgendes: Man glaubt, daß die von unserm
Dichter bei dieser Gelegenheit zur Kenntnis genommnen Überlieferungen und
eine Besichtigung des dem Kontur Ulloa errichteten Grabdenkmals der erste
Anlaß zu seinem herrlichen und berühmten Drama "Der steinerne Gast" ge¬
wesen sind. Don Cahetcmo Alberto de la Barrera, der Gewährsmann von
Hazanas, habe diese Bemerkungen einem Manuskript des Frciy Pedro de San
Cecilio, das früher dem Sr. Colon gehört habe und sich jetzt im Besitz des
Dr. D. Jose M° de Alava befinde, selbst entnommen (wing.üg,). ^ 1s, domus
dsure, so ein Manuskript, von dem man weiß, in wessen Besitz es ist, ist doch
ein ganz andrer Anker als die Mitteilungen "verschiedner" Schriftsteller, die
von geschichtlichen Nachrichten sprechen, die in spanischen Chroniken stehn
"sollen."

Wer von den Lesern der Grenzboten sich die Mühe nehmen will, die be¬
treffenden Stellen in Tirsos Burlador nachzulesen, wird finden, daß das dem
Kontur Ulloa vom König errichtete Grabdenkmal in dem Drama -- wir
würden es der darin enthaltnen humoristischen Szenen und Gespräche un¬
geachtet kaum eine Komödie nennen -- eine große Rolle spielt. Das liegt
schon in der Natur der Sache, da es die Statue ist, die den leichtsinnigen
und gewissenlosen Caballero mitsamt seinen: vorlauten: pah, es hat noch gute
Weile, vllo largo ins 1c> liais! den höllischen Flammen zuführt. Auch konnte
ja die den Kern der dramatischen Idee bildende Inschrift: Hier erwartet der
tugendhafteste Ritter vom Himmel die Bestrafung eines Verräters,


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nicht gebührend in den Vordergrund gestellt werden, wenn das Denkmal nicht
erst von dem König umstündlich bestellt und dann die Inschrift von dem
"Verräter" beim Besuche der Klosterkirche bemerkt und dem ihn begleitenden
Diener vorgelesen würde. Bis hierher scheint nichts vorzuliegen, was der
Annahme im Wege wäre, das Monument habe samt dem Kontur, deu es
vorstellte, nur in der Phantasie des Dichters seine Existenz gehabt, sei von


Das Grabdenkmal des Konturs

führlich, ininuoiDWmsutk, die Grabdenkmäler des Klosters San Francisco be¬
schreiben, erwähne eine Kapelle oder einen Grabstein der Ulloas, keiner von
ihnen berichte etwas von dem Ochoaschen Vorfall in der dortigen Kirche.
Freilich meldet Ochoa, leider ohne seinen Gewährsmann anzugeben, die Kapelle
und die Statue des Konturs seien um die Mitte des achtzehnten Jahr¬
hunderts durch eine Feuersbrunst verzehrt worden.

Und — mögen nun die Engelschen oder die Hazanasischen Behauptungen
mehr den Tatsachen entsprechen — darüber, daß mit dem Denkmal und der
Statue des Konturs etwas besondres los gewesen sein muß, das Tirsos
Phantasie lebhaft angeregt und beschäftigt hat, kann kaum ein Zweifel bestehn.
Professor Hazanas teilt mit, der Ordensgeistliche Pedro de San Cecilio,
der den Tirso auf einer Visitationsreise nach San Domingo begleitet habe,
erwähne in einer von ihm hinterlassenen Schrift einen Besuch Tirsos in
Sevilla und bemerke hierzu folgendes: Man glaubt, daß die von unserm
Dichter bei dieser Gelegenheit zur Kenntnis genommnen Überlieferungen und
eine Besichtigung des dem Kontur Ulloa errichteten Grabdenkmals der erste
Anlaß zu seinem herrlichen und berühmten Drama „Der steinerne Gast" ge¬
wesen sind. Don Cahetcmo Alberto de la Barrera, der Gewährsmann von
Hazanas, habe diese Bemerkungen einem Manuskript des Frciy Pedro de San
Cecilio, das früher dem Sr. Colon gehört habe und sich jetzt im Besitz des
Dr. D. Jose M° de Alava befinde, selbst entnommen (wing.üg,). ^ 1s, domus
dsure, so ein Manuskript, von dem man weiß, in wessen Besitz es ist, ist doch
ein ganz andrer Anker als die Mitteilungen „verschiedner" Schriftsteller, die
von geschichtlichen Nachrichten sprechen, die in spanischen Chroniken stehn
„sollen."

Wer von den Lesern der Grenzboten sich die Mühe nehmen will, die be¬
treffenden Stellen in Tirsos Burlador nachzulesen, wird finden, daß das dem
Kontur Ulloa vom König errichtete Grabdenkmal in dem Drama — wir
würden es der darin enthaltnen humoristischen Szenen und Gespräche un¬
geachtet kaum eine Komödie nennen — eine große Rolle spielt. Das liegt
schon in der Natur der Sache, da es die Statue ist, die den leichtsinnigen
und gewissenlosen Caballero mitsamt seinen: vorlauten: pah, es hat noch gute
Weile, vllo largo ins 1c> liais! den höllischen Flammen zuführt. Auch konnte
ja die den Kern der dramatischen Idee bildende Inschrift: Hier erwartet der
tugendhafteste Ritter vom Himmel die Bestrafung eines Verräters,


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nicht gebührend in den Vordergrund gestellt werden, wenn das Denkmal nicht
erst von dem König umstündlich bestellt und dann die Inschrift von dem
„Verräter" beim Besuche der Klosterkirche bemerkt und dem ihn begleitenden
Diener vorgelesen würde. Bis hierher scheint nichts vorzuliegen, was der
Annahme im Wege wäre, das Monument habe samt dem Kontur, deu es
vorstellte, nur in der Phantasie des Dichters seine Existenz gehabt, sei von


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[0603] Das Grabdenkmal des Konturs führlich, ininuoiDWmsutk, die Grabdenkmäler des Klosters San Francisco be¬ schreiben, erwähne eine Kapelle oder einen Grabstein der Ulloas, keiner von ihnen berichte etwas von dem Ochoaschen Vorfall in der dortigen Kirche. Freilich meldet Ochoa, leider ohne seinen Gewährsmann anzugeben, die Kapelle und die Statue des Konturs seien um die Mitte des achtzehnten Jahr¬ hunderts durch eine Feuersbrunst verzehrt worden. Und — mögen nun die Engelschen oder die Hazanasischen Behauptungen mehr den Tatsachen entsprechen — darüber, daß mit dem Denkmal und der Statue des Konturs etwas besondres los gewesen sein muß, das Tirsos Phantasie lebhaft angeregt und beschäftigt hat, kann kaum ein Zweifel bestehn. Professor Hazanas teilt mit, der Ordensgeistliche Pedro de San Cecilio, der den Tirso auf einer Visitationsreise nach San Domingo begleitet habe, erwähne in einer von ihm hinterlassenen Schrift einen Besuch Tirsos in Sevilla und bemerke hierzu folgendes: Man glaubt, daß die von unserm Dichter bei dieser Gelegenheit zur Kenntnis genommnen Überlieferungen und eine Besichtigung des dem Kontur Ulloa errichteten Grabdenkmals der erste Anlaß zu seinem herrlichen und berühmten Drama „Der steinerne Gast" ge¬ wesen sind. Don Cahetcmo Alberto de la Barrera, der Gewährsmann von Hazanas, habe diese Bemerkungen einem Manuskript des Frciy Pedro de San Cecilio, das früher dem Sr. Colon gehört habe und sich jetzt im Besitz des Dr. D. Jose M° de Alava befinde, selbst entnommen (wing.üg,). ^ 1s, domus dsure, so ein Manuskript, von dem man weiß, in wessen Besitz es ist, ist doch ein ganz andrer Anker als die Mitteilungen „verschiedner" Schriftsteller, die von geschichtlichen Nachrichten sprechen, die in spanischen Chroniken stehn „sollen." Wer von den Lesern der Grenzboten sich die Mühe nehmen will, die be¬ treffenden Stellen in Tirsos Burlador nachzulesen, wird finden, daß das dem Kontur Ulloa vom König errichtete Grabdenkmal in dem Drama — wir würden es der darin enthaltnen humoristischen Szenen und Gespräche un¬ geachtet kaum eine Komödie nennen — eine große Rolle spielt. Das liegt schon in der Natur der Sache, da es die Statue ist, die den leichtsinnigen und gewissenlosen Caballero mitsamt seinen: vorlauten: pah, es hat noch gute Weile, vllo largo ins 1c> liais! den höllischen Flammen zuführt. Auch konnte ja die den Kern der dramatischen Idee bildende Inschrift: Hier erwartet der tugendhafteste Ritter vom Himmel die Bestrafung eines Verräters, L,>lui sZlliU'äa api Lsüor M MW los,! oadallöi'n I,a vMg'imuu, Ap ti-Moi' — nicht gebührend in den Vordergrund gestellt werden, wenn das Denkmal nicht erst von dem König umstündlich bestellt und dann die Inschrift von dem „Verräter" beim Besuche der Klosterkirche bemerkt und dem ihn begleitenden Diener vorgelesen würde. Bis hierher scheint nichts vorzuliegen, was der Annahme im Wege wäre, das Monument habe samt dem Kontur, deu es vorstellte, nur in der Phantasie des Dichters seine Existenz gehabt, sei von

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_296764/603>, abgerufen am 05.02.2025.