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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Reise nicht nachholen ließ. Es ist dies eine eindringliche Lehre, den Flotten aller
Länder gepredigt: je erlesener die Besatzungen und das Material sein werden, um
so sicherer wird am Tage der Entscheidung der Erfolg sein. Dieser Rücksicht sollte
jede andre, auch die Frage der Dienstzeit ans der Flotte, untergeordnet werden.
Der tausendfältige und so leicht verwundbare Mechanismus des modernen Kriegs¬
schiffes fordert ein inniges Verwachsen von Offizieren und Mannschaften mit dem
Schiff, seiner Wasserkraft und seiner Bewegungskraft, Wo das fehlt, wird der
Sieg fehlen, und mit unsrer kurzen Dienstzeit ist das schwer zu erreiche".

Der russisch-japanische Krieg zeichnet sich vor andern weltgeschichtlichen Ereig¬
nissen dieser Art sowohl durch die außerordentlichen Anstrengungen aus, die er
erheischt, und durch die Opfer, die er verschlingt, als anch durch die Unmöglichkeit
für jeden der beiden streitenden Teile, allein den andern zum Frieden zu zwingen.
Nach dem Verluste seiner Flotte kaun Rußland vorläufig nicht daran denken, Japan
die Bedingungen des Friedens vorzuschreiben, auch wenn sich das Waffenglück in
der Mandschurei den russischen Fahnen in einer Weise zuwenden sollte, die heute
kaum noch zu erwarten ist. Vollends da deu Japanern in der revolutionären Be¬
wegung im Innern Rußlands ein Verbündeter erwachsen ist, auf den sie, als sie
den Krieg begannen, schwerlich gerechnet hatten. Dieser unerwartete Verbündete
hemmt die russische Mobilmachung und fesselt bedeutende Kräfte, gerade die besten
russischen Armeekorps, an die heimatlichen Garnisonen. Soweit der russische Staats¬
wille in der persönlichen Entschließung des Zaren zum Ausdruck kommt, ist an
einen Friedensschluß, zumal bet den Forderungen, die Japan zu stellen gewillt scheint,
zunächst nicht zu denken. Rußland kann mit seinen schier unerschöpflichen Hilfs¬
mitteln den Verlauf der Dinge abwarten. Es kann hinter der jetzigen mandschurischen
Feldarmee eine neue große Armee formieren, auf die ein über Chardin hinaus
siegreich vordringendes japanisches Heer stoßen würde, es kann auf keinerlei Weise
in die Lage kommen, japanische Friedensbedingungen annehmen zu müssen, soweit
und solange sich keine andre Macht die japanischen Forderungen aneignet, oder
die revolutionäre Bewegung in Rußland selbst überHand nimmt. Daß Deutschland
der russischen Regierung keinerlei Ratschläge erteilen wird, am allerwenigsten solche,
die auf eine Unterwerfung unter die Friedensbedingungen des Siegers hinaus-
laufen, ist selbstverständlich. Deutschland würde sich auch keiner wie immer ge¬
arteten internationalen Intervention anschließen, die nicht im Wunsche Rußlands
läge. Was die andern nächstinteressierten Großmächte anbetrifft, so ist es durchaus
begreiflich, daß Frankreich das Ende eines Krieges herbeiwünscht, der die Kräfte
seines Verbündeten für Ziele in Anspruch nimmt und aufreibt, die außerhalb des
europäischen Jnteressenkreises Frankreichs liegen, um dessentwillen allein Frankreich
das Bündnis Rußlands gesucht hat. Dazu kommt, daß die unermeßlichen Geld¬
opfer, die der Krieg dem russischen Reiche auferlegt, den Besitz an russischen An¬
leihe" in französischen Händen gerade nicht wertvoller machen, und daß eine un¬
absehbare Verlängerung des Krieges Frankreich doch wohl oder übel in die Lage
bringen könnte, gelegentlich bestimmter Stellung nehmen zu müssen.

Um einer Isolierung zu entgehn oder um vor einem Konflikt mit England
während der jetzigen Lage Rußlands gesichert zu sein, hat sich Frankreich England,
dem Verbündeten Japans, genähert. Seine Position ist dadurch nicht bequemer
geworden, sofern es Rußland die Treue halten will. Hierzu treten die unbe¬
rechenbaren Wirkungen des Krieges auf China, die Notwendigkeit für Frankreich,
seine Stellung in Jndo-China zu verstärken, sich weder von Rußland noch von
England zu trennen, auch nicht in einen Gegensatz zu Japan zu geraten. Kurzum
die Situation bedeutet für die französische Politik ein Steuern auf einem sehr
klippenreichen Meere, eine Aufgabe, die auch für einen genialer" Staatsmann als
Herrn Delcassö schwer genug sein würde.

Viel geringer ist das Bedürfnis Englands, einen Krieg beendigt zu sehen,
wo Japan Englands Schlachten schlägt, ohne daß dieses sich einen Finger naß zu


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Reise nicht nachholen ließ. Es ist dies eine eindringliche Lehre, den Flotten aller
Länder gepredigt: je erlesener die Besatzungen und das Material sein werden, um
so sicherer wird am Tage der Entscheidung der Erfolg sein. Dieser Rücksicht sollte
jede andre, auch die Frage der Dienstzeit ans der Flotte, untergeordnet werden.
Der tausendfältige und so leicht verwundbare Mechanismus des modernen Kriegs¬
schiffes fordert ein inniges Verwachsen von Offizieren und Mannschaften mit dem
Schiff, seiner Wasserkraft und seiner Bewegungskraft, Wo das fehlt, wird der
Sieg fehlen, und mit unsrer kurzen Dienstzeit ist das schwer zu erreiche».

Der russisch-japanische Krieg zeichnet sich vor andern weltgeschichtlichen Ereig¬
nissen dieser Art sowohl durch die außerordentlichen Anstrengungen aus, die er
erheischt, und durch die Opfer, die er verschlingt, als anch durch die Unmöglichkeit
für jeden der beiden streitenden Teile, allein den andern zum Frieden zu zwingen.
Nach dem Verluste seiner Flotte kaun Rußland vorläufig nicht daran denken, Japan
die Bedingungen des Friedens vorzuschreiben, auch wenn sich das Waffenglück in
der Mandschurei den russischen Fahnen in einer Weise zuwenden sollte, die heute
kaum noch zu erwarten ist. Vollends da deu Japanern in der revolutionären Be¬
wegung im Innern Rußlands ein Verbündeter erwachsen ist, auf den sie, als sie
den Krieg begannen, schwerlich gerechnet hatten. Dieser unerwartete Verbündete
hemmt die russische Mobilmachung und fesselt bedeutende Kräfte, gerade die besten
russischen Armeekorps, an die heimatlichen Garnisonen. Soweit der russische Staats¬
wille in der persönlichen Entschließung des Zaren zum Ausdruck kommt, ist an
einen Friedensschluß, zumal bet den Forderungen, die Japan zu stellen gewillt scheint,
zunächst nicht zu denken. Rußland kann mit seinen schier unerschöpflichen Hilfs¬
mitteln den Verlauf der Dinge abwarten. Es kann hinter der jetzigen mandschurischen
Feldarmee eine neue große Armee formieren, auf die ein über Chardin hinaus
siegreich vordringendes japanisches Heer stoßen würde, es kann auf keinerlei Weise
in die Lage kommen, japanische Friedensbedingungen annehmen zu müssen, soweit
und solange sich keine andre Macht die japanischen Forderungen aneignet, oder
die revolutionäre Bewegung in Rußland selbst überHand nimmt. Daß Deutschland
der russischen Regierung keinerlei Ratschläge erteilen wird, am allerwenigsten solche,
die auf eine Unterwerfung unter die Friedensbedingungen des Siegers hinaus-
laufen, ist selbstverständlich. Deutschland würde sich auch keiner wie immer ge¬
arteten internationalen Intervention anschließen, die nicht im Wunsche Rußlands
läge. Was die andern nächstinteressierten Großmächte anbetrifft, so ist es durchaus
begreiflich, daß Frankreich das Ende eines Krieges herbeiwünscht, der die Kräfte
seines Verbündeten für Ziele in Anspruch nimmt und aufreibt, die außerhalb des
europäischen Jnteressenkreises Frankreichs liegen, um dessentwillen allein Frankreich
das Bündnis Rußlands gesucht hat. Dazu kommt, daß die unermeßlichen Geld¬
opfer, die der Krieg dem russischen Reiche auferlegt, den Besitz an russischen An¬
leihe« in französischen Händen gerade nicht wertvoller machen, und daß eine un¬
absehbare Verlängerung des Krieges Frankreich doch wohl oder übel in die Lage
bringen könnte, gelegentlich bestimmter Stellung nehmen zu müssen.

Um einer Isolierung zu entgehn oder um vor einem Konflikt mit England
während der jetzigen Lage Rußlands gesichert zu sein, hat sich Frankreich England,
dem Verbündeten Japans, genähert. Seine Position ist dadurch nicht bequemer
geworden, sofern es Rußland die Treue halten will. Hierzu treten die unbe¬
rechenbaren Wirkungen des Krieges auf China, die Notwendigkeit für Frankreich,
seine Stellung in Jndo-China zu verstärken, sich weder von Rußland noch von
England zu trennen, auch nicht in einen Gegensatz zu Japan zu geraten. Kurzum
die Situation bedeutet für die französische Politik ein Steuern auf einem sehr
klippenreichen Meere, eine Aufgabe, die auch für einen genialer» Staatsmann als
Herrn Delcassö schwer genug sein würde.

Viel geringer ist das Bedürfnis Englands, einen Krieg beendigt zu sehen,
wo Japan Englands Schlachten schlägt, ohne daß dieses sich einen Finger naß zu


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[0571] Maßgebliches und Unmaßgebliches Reise nicht nachholen ließ. Es ist dies eine eindringliche Lehre, den Flotten aller Länder gepredigt: je erlesener die Besatzungen und das Material sein werden, um so sicherer wird am Tage der Entscheidung der Erfolg sein. Dieser Rücksicht sollte jede andre, auch die Frage der Dienstzeit ans der Flotte, untergeordnet werden. Der tausendfältige und so leicht verwundbare Mechanismus des modernen Kriegs¬ schiffes fordert ein inniges Verwachsen von Offizieren und Mannschaften mit dem Schiff, seiner Wasserkraft und seiner Bewegungskraft, Wo das fehlt, wird der Sieg fehlen, und mit unsrer kurzen Dienstzeit ist das schwer zu erreiche». Der russisch-japanische Krieg zeichnet sich vor andern weltgeschichtlichen Ereig¬ nissen dieser Art sowohl durch die außerordentlichen Anstrengungen aus, die er erheischt, und durch die Opfer, die er verschlingt, als anch durch die Unmöglichkeit für jeden der beiden streitenden Teile, allein den andern zum Frieden zu zwingen. Nach dem Verluste seiner Flotte kaun Rußland vorläufig nicht daran denken, Japan die Bedingungen des Friedens vorzuschreiben, auch wenn sich das Waffenglück in der Mandschurei den russischen Fahnen in einer Weise zuwenden sollte, die heute kaum noch zu erwarten ist. Vollends da deu Japanern in der revolutionären Be¬ wegung im Innern Rußlands ein Verbündeter erwachsen ist, auf den sie, als sie den Krieg begannen, schwerlich gerechnet hatten. Dieser unerwartete Verbündete hemmt die russische Mobilmachung und fesselt bedeutende Kräfte, gerade die besten russischen Armeekorps, an die heimatlichen Garnisonen. Soweit der russische Staats¬ wille in der persönlichen Entschließung des Zaren zum Ausdruck kommt, ist an einen Friedensschluß, zumal bet den Forderungen, die Japan zu stellen gewillt scheint, zunächst nicht zu denken. Rußland kann mit seinen schier unerschöpflichen Hilfs¬ mitteln den Verlauf der Dinge abwarten. Es kann hinter der jetzigen mandschurischen Feldarmee eine neue große Armee formieren, auf die ein über Chardin hinaus siegreich vordringendes japanisches Heer stoßen würde, es kann auf keinerlei Weise in die Lage kommen, japanische Friedensbedingungen annehmen zu müssen, soweit und solange sich keine andre Macht die japanischen Forderungen aneignet, oder die revolutionäre Bewegung in Rußland selbst überHand nimmt. Daß Deutschland der russischen Regierung keinerlei Ratschläge erteilen wird, am allerwenigsten solche, die auf eine Unterwerfung unter die Friedensbedingungen des Siegers hinaus- laufen, ist selbstverständlich. Deutschland würde sich auch keiner wie immer ge¬ arteten internationalen Intervention anschließen, die nicht im Wunsche Rußlands läge. Was die andern nächstinteressierten Großmächte anbetrifft, so ist es durchaus begreiflich, daß Frankreich das Ende eines Krieges herbeiwünscht, der die Kräfte seines Verbündeten für Ziele in Anspruch nimmt und aufreibt, die außerhalb des europäischen Jnteressenkreises Frankreichs liegen, um dessentwillen allein Frankreich das Bündnis Rußlands gesucht hat. Dazu kommt, daß die unermeßlichen Geld¬ opfer, die der Krieg dem russischen Reiche auferlegt, den Besitz an russischen An¬ leihe« in französischen Händen gerade nicht wertvoller machen, und daß eine un¬ absehbare Verlängerung des Krieges Frankreich doch wohl oder übel in die Lage bringen könnte, gelegentlich bestimmter Stellung nehmen zu müssen. Um einer Isolierung zu entgehn oder um vor einem Konflikt mit England während der jetzigen Lage Rußlands gesichert zu sein, hat sich Frankreich England, dem Verbündeten Japans, genähert. Seine Position ist dadurch nicht bequemer geworden, sofern es Rußland die Treue halten will. Hierzu treten die unbe¬ rechenbaren Wirkungen des Krieges auf China, die Notwendigkeit für Frankreich, seine Stellung in Jndo-China zu verstärken, sich weder von Rußland noch von England zu trennen, auch nicht in einen Gegensatz zu Japan zu geraten. Kurzum die Situation bedeutet für die französische Politik ein Steuern auf einem sehr klippenreichen Meere, eine Aufgabe, die auch für einen genialer» Staatsmann als Herrn Delcassö schwer genug sein würde. Viel geringer ist das Bedürfnis Englands, einen Krieg beendigt zu sehen, wo Japan Englands Schlachten schlägt, ohne daß dieses sich einen Finger naß zu

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Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_296764/571>, abgerufen am 05.02.2025.