Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.Der britische Staatshaushalt heimgesucht worden wie das englische zu der Zeit des großen Krieges. Die Im Jahre 1798 wurde auch eine der reichsten Geldquellen zuerst er¬ Nach der endlichen Niederwerfung Napoleons hätte um der Staats¬ Nach der Verzinsung der Schuld und dem Aufwand für Heer und Flotte Der britische Staatshaushalt heimgesucht worden wie das englische zu der Zeit des großen Krieges. Die Im Jahre 1798 wurde auch eine der reichsten Geldquellen zuerst er¬ Nach der endlichen Niederwerfung Napoleons hätte um der Staats¬ Nach der Verzinsung der Schuld und dem Aufwand für Heer und Flotte <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0535" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/296914"/> <fw type="header" place="top"> Der britische Staatshaushalt</fw><lb/> <p xml:id="ID_2476" prev="#ID_2475"> heimgesucht worden wie das englische zu der Zeit des großen Krieges. Die<lb/> Sätze wurden erhöht, bis sie zum Schlüsse durch ihre Höhe den Verbrauch<lb/> einschränkten und so ihren Zweck selber vereitelten.</p><lb/> <p xml:id="ID_2477"> Im Jahre 1798 wurde auch eine der reichsten Geldquellen zuerst er¬<lb/> schlossen, nämlich die Einkommensteuer, damals auf 10 Prozent festgesetzt. Sie<lb/> trug 1815 14000000 -F ein und kam dann zu Ende, da sie nur als Kriegs-<lb/> steuer gedacht war.</p><lb/> <p xml:id="ID_2478"> Nach der endlichen Niederwerfung Napoleons hätte um der Staats¬<lb/> haushalt wieder zu den vor dem Kriege bestehenden Verhältnissen zurückkehren<lb/> müssen, wenigstens soweit es die Vermehrung der Bevölkerung in den laugen<lb/> zweiundzwanzig Jahren und die dadurch vergrößerten Ansprüche an die Ver¬<lb/> waltung erlaubten. Aber ein Zurückschrauben der Ausgaben auf den frühern<lb/> Stand war schon durch die Verzinsung der Schuld unmöglich, die jetzt allein<lb/> doppelt so viel verlangte, als das gesamte Staatseinkommen nur dreißig Jahre<lb/> früher gewesen war. Die Erleichterung, die geschah, war gering. Sie bestand<lb/> im wesentlichen bloß in der Aufhebung der Einkommensteuer, die, so schwer<lb/> sie war, doch uur die besitzenden Klassen getroffen hatte. Im übrigen blieb<lb/> die Abgabenlast, wie sie während des Krieges gewesen war, und nur allmählich<lb/> trat eine Verminderung ein, die aber nicht so weit ging, daß sie fühlbar ge¬<lb/> wesen wäre. Dabei waren Handel und Gewerbe durch die Zollpolitik gehemmt.<lb/> Eines Schutzes bedürfte das heimische Gewerbe nicht, weil noch kein andres<lb/> Volk mit England in Wettbewerb treten konnte. Nützen also konnten ihm<lb/> die Zölle nicht, wohl aber schadete ihm ihre übertriebne Höhe, und auch der<lb/> Staat fand seine Rechmmg nicht dabei, da die Zollerträge je länger je weniger<lb/> befriedigten.</p><lb/> <p xml:id="ID_2479" next="#ID_2480"> Nach der Verzinsung der Schuld und dem Aufwand für Heer und Flotte<lb/> blieben uur geringe Summen für die andern Aufgaben des Staats übrig.<lb/> Das Einkommen betrug 1820 60 Millionen Pfund, was bei einer Bevölkerung<lb/> von nicht ganz 21 Millionen über 57 su. auf deu Kopf ausmachte, während<lb/> in demselben Jahre in Preußen mit 12 Millionen Einwohnern mir 5 Taler<lb/> 25 Silbergroschen — 17^ öd. auf den Kopf entfielen. Wenn wir den Haus¬<lb/> halt beider Staaten weiter vergleichen, so finden wir, daß für die Verteidigung<lb/> Großbritannien 18 Millionen Pfund ---- 30 Prozent des Einkommens, über<lb/> 17 auf den Kopf ausgab, Preuße» 23 Millionen Taler (3,45 Millionen<lb/> Pfund) — 33 Prozent des Einkommens oder nnter 6 sü. ans den Kopf. Nach<lb/> der Bestreitung der Kosten für die bewaffnete Macht und der Zinsen für die<lb/> Schuld, die, über 30 Millionen Pfund, mehr als die volle Hälfte des Ein¬<lb/> kommens verschlangen, blieben in Großbritannien für alle andern Zwecke des<lb/> Staats nur noch 11^ Millionen 18^ Prozent, Preußen verfügte im<lb/> gleichen Falle noch über mehr als 50 Prozent seines Einkommens. Wenn<lb/> nun vou dem Neste in Großbritannien auf den Kopf der Bevölkerung etwas<lb/> mehr, etwa 80 Pfennige, als in Preußen entfiel, so ist daraus nicht zu folgern,<lb/> daß Großbritannien auch mehr für eigentliche Kulturaufgabcn hätte verwenden<lb/> können. Denn von den noch übrigen 11^ Millionen fielen von vornherein<lb/> 5 für die Kosten der Steuer- und Zollerhebung weg, und von dein Reste</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0535]
Der britische Staatshaushalt
heimgesucht worden wie das englische zu der Zeit des großen Krieges. Die
Sätze wurden erhöht, bis sie zum Schlüsse durch ihre Höhe den Verbrauch
einschränkten und so ihren Zweck selber vereitelten.
Im Jahre 1798 wurde auch eine der reichsten Geldquellen zuerst er¬
schlossen, nämlich die Einkommensteuer, damals auf 10 Prozent festgesetzt. Sie
trug 1815 14000000 -F ein und kam dann zu Ende, da sie nur als Kriegs-
steuer gedacht war.
Nach der endlichen Niederwerfung Napoleons hätte um der Staats¬
haushalt wieder zu den vor dem Kriege bestehenden Verhältnissen zurückkehren
müssen, wenigstens soweit es die Vermehrung der Bevölkerung in den laugen
zweiundzwanzig Jahren und die dadurch vergrößerten Ansprüche an die Ver¬
waltung erlaubten. Aber ein Zurückschrauben der Ausgaben auf den frühern
Stand war schon durch die Verzinsung der Schuld unmöglich, die jetzt allein
doppelt so viel verlangte, als das gesamte Staatseinkommen nur dreißig Jahre
früher gewesen war. Die Erleichterung, die geschah, war gering. Sie bestand
im wesentlichen bloß in der Aufhebung der Einkommensteuer, die, so schwer
sie war, doch uur die besitzenden Klassen getroffen hatte. Im übrigen blieb
die Abgabenlast, wie sie während des Krieges gewesen war, und nur allmählich
trat eine Verminderung ein, die aber nicht so weit ging, daß sie fühlbar ge¬
wesen wäre. Dabei waren Handel und Gewerbe durch die Zollpolitik gehemmt.
Eines Schutzes bedürfte das heimische Gewerbe nicht, weil noch kein andres
Volk mit England in Wettbewerb treten konnte. Nützen also konnten ihm
die Zölle nicht, wohl aber schadete ihm ihre übertriebne Höhe, und auch der
Staat fand seine Rechmmg nicht dabei, da die Zollerträge je länger je weniger
befriedigten.
Nach der Verzinsung der Schuld und dem Aufwand für Heer und Flotte
blieben uur geringe Summen für die andern Aufgaben des Staats übrig.
Das Einkommen betrug 1820 60 Millionen Pfund, was bei einer Bevölkerung
von nicht ganz 21 Millionen über 57 su. auf deu Kopf ausmachte, während
in demselben Jahre in Preußen mit 12 Millionen Einwohnern mir 5 Taler
25 Silbergroschen — 17^ öd. auf den Kopf entfielen. Wenn wir den Haus¬
halt beider Staaten weiter vergleichen, so finden wir, daß für die Verteidigung
Großbritannien 18 Millionen Pfund ---- 30 Prozent des Einkommens, über
17 auf den Kopf ausgab, Preuße» 23 Millionen Taler (3,45 Millionen
Pfund) — 33 Prozent des Einkommens oder nnter 6 sü. ans den Kopf. Nach
der Bestreitung der Kosten für die bewaffnete Macht und der Zinsen für die
Schuld, die, über 30 Millionen Pfund, mehr als die volle Hälfte des Ein¬
kommens verschlangen, blieben in Großbritannien für alle andern Zwecke des
Staats nur noch 11^ Millionen 18^ Prozent, Preußen verfügte im
gleichen Falle noch über mehr als 50 Prozent seines Einkommens. Wenn
nun vou dem Neste in Großbritannien auf den Kopf der Bevölkerung etwas
mehr, etwa 80 Pfennige, als in Preußen entfiel, so ist daraus nicht zu folgern,
daß Großbritannien auch mehr für eigentliche Kulturaufgabcn hätte verwenden
können. Denn von den noch übrigen 11^ Millionen fielen von vornherein
5 für die Kosten der Steuer- und Zollerhebung weg, und von dein Reste
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