Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.Sucht Rußland nach einem nordenropcnschen Kriegshafen? Genug, Bjömson fand mit seinem Gedanken keinerlei Anklang bei seinen Darob war denn großer Zorn in Norwegen. Hedin hatte gewissermaßen Richtig ist allerdings, daß auch die russischen Häfen an der Halbinsel Aber der Hafenbau selbst ist bis über eine Uferlänge von 170 Metern Sucht Rußland nach einem nordenropcnschen Kriegshafen? Genug, Bjömson fand mit seinem Gedanken keinerlei Anklang bei seinen Darob war denn großer Zorn in Norwegen. Hedin hatte gewissermaßen Richtig ist allerdings, daß auch die russischen Häfen an der Halbinsel Aber der Hafenbau selbst ist bis über eine Uferlänge von 170 Metern <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0528" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/296907"/> <fw type="header" place="top"> Sucht Rußland nach einem nordenropcnschen Kriegshafen?</fw><lb/> <p xml:id="ID_2452"> Genug, Bjömson fand mit seinem Gedanken keinerlei Anklang bei seinen<lb/> Landsleuten und zog ihn sachte zurück. Nun hat vor kurzem der ausgezeichnete<lb/> schwedische Reisende Sven Hedin in einer Polemik mit dem ebenso ausge¬<lb/> zeichneten norwegischen Reisenden Raufen, die sie in auswärtigen Blättern<lb/> führten, die Sache wieder hervorgezogen. Er sagt: „Wenn euch Norwegern die<lb/> Union mit Schweden so wenig wert ist, daß ihr sie wegen einer solchen Kleinig¬<lb/> keit, wie es der Konsulatstreit ist, opfern möchtet, so müßt ihr euch auch klar<lb/> machen, daß ihr euer Nordland allein zu verteidigen habt. Wir werden nicht<lb/> dafür einstehn. Ihr seid viel zu schwach, dem natürlichen Wunsche Rußlands<lb/> nach einem eisfreien Hafen am atlantischen Nordmeer zu widerstehn. Und<lb/> wenn ihr dulden müßt, daß sich Nußland einen Hafen im Norden nimmt, so<lb/> macht euch nur darauf gefaßt, daß dann auch andre Staaten eure Neutralität<lb/> nicht mehr achten werden. Sie werden die weit bessern Südhäfen nehmen.<lb/> Und was dann aus eurer Unabhängigkeit wird, läßt sich gar nicht übersehen."</p><lb/> <p xml:id="ID_2453"> Darob war denn großer Zorn in Norwegen. Hedin hatte gewissermaßen<lb/> das Ausland aufgefordert, in Norwegen zuzugreifen. Der schwedische Forscher<lb/> bestreitet das; er habe uur warnen wollen, und der erste Gedanke komme nicht<lb/> einmal von ihm, sondern von einem berühmten Norweger. In der Zurück¬<lb/> weisung des Schweden kommt eins der leitenden Blätter Norwegens, Werdens<lb/> Gang, auf Rußlands eigne Nordhäfen am Eismeer. Dort finde es die Eis¬<lb/> freiheit, es brauche sich also gar nicht an Norwegen zu vergreifen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2454"> Richtig ist allerdings, daß auch die russischen Häfen an der Halbinsel<lb/> Kola, an der murmanischen Küste, nicht zufrieren. Wenn es also bloß darauf<lb/> ankäme, so brauchte Rußland in der Tat nicht über sein Eigentum hinaus-<lb/> zugehn. Rußland hat denn auch schon einen Hafen dort erbaut; im Jahre 1899<lb/> ist er vollendet worden. Als Örtlichkeit ist Katharinenhafen gewählt worden,<lb/> an einer Bucht hart östlich von der norwegischen Ostküste (29^ Grad östlich<lb/> von Greenwich und 69 Grad 20 Minuten nördlicher Breite). Weniger in rus¬<lb/> sischen Blättern als in der ausländischen Presse machte man viel Aufhebens<lb/> von dem Hafenbau. Man sah den Kriegshafen der Zukunft entstehn. Drei<lb/> Winter lang hatte man gar kein Eis bemerkt und sogar die Erdarbeiten aus¬<lb/> führen können. Die Schiffahrt ist tatsächlich ganz unbehindert. Zwei Bäche<lb/> bringen frisches Wasser aus ganz naheliegenden Binnenseen. Die Entfernung<lb/> vom offnen Meere beträgt zehn Kilometer. Eine gegen Norden geöffnete Bucht<lb/> gibt einen natürlichen Schutz. Der Hafen selbst ist zwei Kilometer lang und<lb/> fünfhundert Meter breit, dabei zwanzig bis fünfzig Meter tief.</p><lb/> <p xml:id="ID_2455" next="#ID_2456"> Aber der Hafenbau selbst ist bis über eine Uferlänge von 170 Metern<lb/> nicht vorgeschritten. 170 Meter — das ist so viel, wie ein einziges Kriegs¬<lb/> schiff gebraucht. Von Befestigung ist noch gar keine Rede, man kann also<lb/> von einem Kriegshafen noch gar nicht sprechen; in Rußland wird das Wort<lb/> auch nicht angewandt. Überhaupt ist das kleine Dorf Alexandrowsk, nach<lb/> dem der Hafen jetzt meist genannt wird, mit seinen hundert Häusern das be¬<lb/> scheidenste, was man sich denken kann. Es ist ein ganz guter Punkt für den<lb/> Nordmeerftschfang, wenn auch lange nicht so günstig gelegen wie die nor¬<lb/> wegische» Nordwesthäfen, weil diese die mit dein Golfstrom hcranschwimmenden</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0528]
Sucht Rußland nach einem nordenropcnschen Kriegshafen?
Genug, Bjömson fand mit seinem Gedanken keinerlei Anklang bei seinen
Landsleuten und zog ihn sachte zurück. Nun hat vor kurzem der ausgezeichnete
schwedische Reisende Sven Hedin in einer Polemik mit dem ebenso ausge¬
zeichneten norwegischen Reisenden Raufen, die sie in auswärtigen Blättern
führten, die Sache wieder hervorgezogen. Er sagt: „Wenn euch Norwegern die
Union mit Schweden so wenig wert ist, daß ihr sie wegen einer solchen Kleinig¬
keit, wie es der Konsulatstreit ist, opfern möchtet, so müßt ihr euch auch klar
machen, daß ihr euer Nordland allein zu verteidigen habt. Wir werden nicht
dafür einstehn. Ihr seid viel zu schwach, dem natürlichen Wunsche Rußlands
nach einem eisfreien Hafen am atlantischen Nordmeer zu widerstehn. Und
wenn ihr dulden müßt, daß sich Nußland einen Hafen im Norden nimmt, so
macht euch nur darauf gefaßt, daß dann auch andre Staaten eure Neutralität
nicht mehr achten werden. Sie werden die weit bessern Südhäfen nehmen.
Und was dann aus eurer Unabhängigkeit wird, läßt sich gar nicht übersehen."
Darob war denn großer Zorn in Norwegen. Hedin hatte gewissermaßen
das Ausland aufgefordert, in Norwegen zuzugreifen. Der schwedische Forscher
bestreitet das; er habe uur warnen wollen, und der erste Gedanke komme nicht
einmal von ihm, sondern von einem berühmten Norweger. In der Zurück¬
weisung des Schweden kommt eins der leitenden Blätter Norwegens, Werdens
Gang, auf Rußlands eigne Nordhäfen am Eismeer. Dort finde es die Eis¬
freiheit, es brauche sich also gar nicht an Norwegen zu vergreifen.
Richtig ist allerdings, daß auch die russischen Häfen an der Halbinsel
Kola, an der murmanischen Küste, nicht zufrieren. Wenn es also bloß darauf
ankäme, so brauchte Rußland in der Tat nicht über sein Eigentum hinaus-
zugehn. Rußland hat denn auch schon einen Hafen dort erbaut; im Jahre 1899
ist er vollendet worden. Als Örtlichkeit ist Katharinenhafen gewählt worden,
an einer Bucht hart östlich von der norwegischen Ostküste (29^ Grad östlich
von Greenwich und 69 Grad 20 Minuten nördlicher Breite). Weniger in rus¬
sischen Blättern als in der ausländischen Presse machte man viel Aufhebens
von dem Hafenbau. Man sah den Kriegshafen der Zukunft entstehn. Drei
Winter lang hatte man gar kein Eis bemerkt und sogar die Erdarbeiten aus¬
führen können. Die Schiffahrt ist tatsächlich ganz unbehindert. Zwei Bäche
bringen frisches Wasser aus ganz naheliegenden Binnenseen. Die Entfernung
vom offnen Meere beträgt zehn Kilometer. Eine gegen Norden geöffnete Bucht
gibt einen natürlichen Schutz. Der Hafen selbst ist zwei Kilometer lang und
fünfhundert Meter breit, dabei zwanzig bis fünfzig Meter tief.
Aber der Hafenbau selbst ist bis über eine Uferlänge von 170 Metern
nicht vorgeschritten. 170 Meter — das ist so viel, wie ein einziges Kriegs¬
schiff gebraucht. Von Befestigung ist noch gar keine Rede, man kann also
von einem Kriegshafen noch gar nicht sprechen; in Rußland wird das Wort
auch nicht angewandt. Überhaupt ist das kleine Dorf Alexandrowsk, nach
dem der Hafen jetzt meist genannt wird, mit seinen hundert Häusern das be¬
scheidenste, was man sich denken kann. Es ist ein ganz guter Punkt für den
Nordmeerftschfang, wenn auch lange nicht so günstig gelegen wie die nor¬
wegische» Nordwesthäfen, weil diese die mit dein Golfstrom hcranschwimmenden
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