Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.Die Annäherung Deutschlands und der vereinigten Staaten Präsidenten selbst wieder in seine Stellung bei der Regierungsdruckerei ein¬ Jedenfalls versteht es der Präsident, sich in derselben Weise wie unser Diesen Eigenschaften Noosevelts vor allem verdankt der amerikanische Der onbsv Isttsr hatte dann zur Folge, daß die Nachricht von der Die Annäherung Deutschlands und der vereinigten Staaten Präsidenten selbst wieder in seine Stellung bei der Regierungsdruckerei ein¬ Jedenfalls versteht es der Präsident, sich in derselben Weise wie unser Diesen Eigenschaften Noosevelts vor allem verdankt der amerikanische Der onbsv Isttsr hatte dann zur Folge, daß die Nachricht von der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0466" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/296845"/> <fw type="header" place="top"> Die Annäherung Deutschlands und der vereinigten Staaten</fw><lb/> <p xml:id="ID_2140" prev="#ID_2139"> Präsidenten selbst wieder in seine Stellung bei der Regierungsdruckerei ein¬<lb/> gesetzt worden. Man kann hoffen, daß es Noosevelt gelingen wird, wie er es<lb/> in seiner letzten Botschaft in Aussicht gestellt hat. die Entwicklung der Arbeiter¬<lb/> frage in Übereinstimmung mit dem Wohl der Gesamtheit zu bringen — ein<lb/> Ideal, das ohne harte Kämpfe aber kaum erreicht werden dürfte.</p><lb/> <p xml:id="ID_2141"> Jedenfalls versteht es der Präsident, sich in derselben Weise wie unser<lb/> Kaiser durch Erholungsreisen für seine verantwortuugsreiche Tätigkeit immer<lb/> wieder neu zu stärken. Seine große Liebe zur Natur, die ihn jetzt zu den<lb/> Jagdausflügen mit seinen alten rouAlrriäörs geführt hat, seine große Passion<lb/> für alle Arten von Sport und seine Gewohnheit, sich mit jedermann zu unter¬<lb/> halten, bringen ihn außerdem in die glückliche Lage, nie ein trockner Akten-<lb/> und Verwaltungsmann zu werden, sondern allezeit der scharfblickende, mitten<lb/> im frisch pulsierenden Volksleben stehende, mit seltner Entschlossenheit und<lb/> lange nicht dagewesnem Wagemut begabte Staatsmann zu bleiben.</p><lb/> <p xml:id="ID_2142"> Diesen Eigenschaften Noosevelts vor allem verdankt der amerikanische<lb/> Imperialismus seine Blüte, aber trotzdem erscheint auch der neueste aller staat¬<lb/> lichen Ausdehnungstriebe gleich allen seinen historischen Vorgängern in al¬<lb/> truistischen Gewände. Wie die Weltherrschaftsbestrebungen Athens und Roms<lb/> gründet sich der amerikanische Imperialismus auf die moralische Pflicht gegen<lb/> andre Staaten, und Noosevelt verkündet die Politik des dig Stiel, um diese<lb/> Pflicht auch tatsächlich ausüben zu können. Durch seinen Brief vom 20. Mai<lb/> 1904, den Mr. Elihu Rook bei dem Festdiner am kubanischen Unabhängigkeits-<lb/> tagc im Waldorf-Astoria-Hotel verlas, hat der Präsident allen andern Frei¬<lb/> staaten der westlichen Hemisphäre vorgeschrieben, wie sie sich in Zukunft seiner<lb/> Ansicht nach zu verhalten hätten, und damit die gesamte öffentliche Meinung<lb/> in diesen Ländern in Aufregung versetzt. In dem Briefe heißt es: „Die<lb/> Vereinigten Staaten haben keinen Landhunger und keine Projekte in bezug auf<lb/> andre amerikanische Nationen, ausgenommen solche Projekte, die deren Wohle<lb/> dienen (!). Alles, was wir wünschen, ist, daß sich alle Nachbarländer der Ruhe,<lb/> der Ordnung und des wirtschaftlichen Gedeihens erfreuen, und alle Länder,<lb/> deren Bevölkerung sich gut beträgt (!), können auf unsre herzliche Freundschaft<lb/> rechnen. Wenn sich eine Nation in industrieller und politischer Beziehung richtig<lb/> benimmt, Ruhe und Ordnung aufrecht erhält und ihre Schulden bezahlt (!),<lb/> dann braucht sie keine Intervention von den Vereinigten Staaten zu befürchten.<lb/> Brutales Unrechttun oder eine staatliche Ohnmacht, die zur Lösung aller Bande<lb/> der zivilisierten Gesellschaft führt, mag schließlich die Intervention irgendeiner<lb/> zivilisierten Nation bewirken, und auf der westlichen Hemisphäre können sich<lb/> die Vereinigten Staaten dieser Pflicht (!) nicht entzieh«."</p><lb/> <p xml:id="ID_2143" next="#ID_2144"> Der onbsv Isttsr hatte dann zur Folge, daß die Nachricht von der<lb/> Wiederwahl Roosevelts von den Vertretern der latino-amerikanischen Republiken<lb/> in Washington ohne Enthusiasmus aufgenommen wurde. Auch in der Union<lb/> selbst verstummte trotz dein Wahlsiege des Präsidenten die Kritik der diss<lb/> 8ti<;Je-Politik nicht, und die angesehene Aortb. ^merioan üsviev schrieb noch<lb/> in ihrer Dezembernummer: „Wir möchten annehmen, daß der Brief hastig<lb/> entworfen wurde, lind daß der Verfasser seinen Worten nicht die Bedeutung</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0466]
Die Annäherung Deutschlands und der vereinigten Staaten
Präsidenten selbst wieder in seine Stellung bei der Regierungsdruckerei ein¬
gesetzt worden. Man kann hoffen, daß es Noosevelt gelingen wird, wie er es
in seiner letzten Botschaft in Aussicht gestellt hat. die Entwicklung der Arbeiter¬
frage in Übereinstimmung mit dem Wohl der Gesamtheit zu bringen — ein
Ideal, das ohne harte Kämpfe aber kaum erreicht werden dürfte.
Jedenfalls versteht es der Präsident, sich in derselben Weise wie unser
Kaiser durch Erholungsreisen für seine verantwortuugsreiche Tätigkeit immer
wieder neu zu stärken. Seine große Liebe zur Natur, die ihn jetzt zu den
Jagdausflügen mit seinen alten rouAlrriäörs geführt hat, seine große Passion
für alle Arten von Sport und seine Gewohnheit, sich mit jedermann zu unter¬
halten, bringen ihn außerdem in die glückliche Lage, nie ein trockner Akten-
und Verwaltungsmann zu werden, sondern allezeit der scharfblickende, mitten
im frisch pulsierenden Volksleben stehende, mit seltner Entschlossenheit und
lange nicht dagewesnem Wagemut begabte Staatsmann zu bleiben.
Diesen Eigenschaften Noosevelts vor allem verdankt der amerikanische
Imperialismus seine Blüte, aber trotzdem erscheint auch der neueste aller staat¬
lichen Ausdehnungstriebe gleich allen seinen historischen Vorgängern in al¬
truistischen Gewände. Wie die Weltherrschaftsbestrebungen Athens und Roms
gründet sich der amerikanische Imperialismus auf die moralische Pflicht gegen
andre Staaten, und Noosevelt verkündet die Politik des dig Stiel, um diese
Pflicht auch tatsächlich ausüben zu können. Durch seinen Brief vom 20. Mai
1904, den Mr. Elihu Rook bei dem Festdiner am kubanischen Unabhängigkeits-
tagc im Waldorf-Astoria-Hotel verlas, hat der Präsident allen andern Frei¬
staaten der westlichen Hemisphäre vorgeschrieben, wie sie sich in Zukunft seiner
Ansicht nach zu verhalten hätten, und damit die gesamte öffentliche Meinung
in diesen Ländern in Aufregung versetzt. In dem Briefe heißt es: „Die
Vereinigten Staaten haben keinen Landhunger und keine Projekte in bezug auf
andre amerikanische Nationen, ausgenommen solche Projekte, die deren Wohle
dienen (!). Alles, was wir wünschen, ist, daß sich alle Nachbarländer der Ruhe,
der Ordnung und des wirtschaftlichen Gedeihens erfreuen, und alle Länder,
deren Bevölkerung sich gut beträgt (!), können auf unsre herzliche Freundschaft
rechnen. Wenn sich eine Nation in industrieller und politischer Beziehung richtig
benimmt, Ruhe und Ordnung aufrecht erhält und ihre Schulden bezahlt (!),
dann braucht sie keine Intervention von den Vereinigten Staaten zu befürchten.
Brutales Unrechttun oder eine staatliche Ohnmacht, die zur Lösung aller Bande
der zivilisierten Gesellschaft führt, mag schließlich die Intervention irgendeiner
zivilisierten Nation bewirken, und auf der westlichen Hemisphäre können sich
die Vereinigten Staaten dieser Pflicht (!) nicht entzieh«."
Der onbsv Isttsr hatte dann zur Folge, daß die Nachricht von der
Wiederwahl Roosevelts von den Vertretern der latino-amerikanischen Republiken
in Washington ohne Enthusiasmus aufgenommen wurde. Auch in der Union
selbst verstummte trotz dein Wahlsiege des Präsidenten die Kritik der diss
8ti<;Je-Politik nicht, und die angesehene Aortb. ^merioan üsviev schrieb noch
in ihrer Dezembernummer: „Wir möchten annehmen, daß der Brief hastig
entworfen wurde, lind daß der Verfasser seinen Worten nicht die Bedeutung
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