Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.plato andern Arbeiter zu unterwerfen. Da alle Formlosigkeit, Maßlosigkeit, jeder Pater findet, daß nicht allein die dorische Kunst, sondern auch der gotische Von den geistreichen Essays des Engländers unterscheidet sich das Werk plato andern Arbeiter zu unterwerfen. Da alle Formlosigkeit, Maßlosigkeit, jeder Pater findet, daß nicht allein die dorische Kunst, sondern auch der gotische Von den geistreichen Essays des Engländers unterscheidet sich das Werk <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0425" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/296806"/> <fw type="header" place="top"> plato</fw><lb/> <p xml:id="ID_1913" prev="#ID_1912"> andern Arbeiter zu unterwerfen. Da alle Formlosigkeit, Maßlosigkeit, jeder<lb/> Mangel an Rhythmus und Harmonie die Äußerung einer ungeordneten Seele<lb/> ist, so müssen die Handwerker verhindert werden, ihren etwaigen schlechten<lb/> Charakter ihren Werken aufzuprägen und dadurch diesen schlechten Charakter<lb/> zu verbreiten. Sind sie nicht imstande, gut zu bilden und zu bauen, so muß<lb/> man thuen die Ausübung ihrer Kunst verbiete», damit unsre Wächter (Sol¬<lb/> daten) nicht unvermerkt, während sie vor den Abbildern des Lasters groß<lb/> werden, wie auf einer schlechten Weide bald hier bald dort ein Giftkräutlein<lb/> zu sich nehmen, bis die Masse des Gifts ihre Seelen überwältigt. Ist es<lb/> nicht vielmehr unsre Pflicht, unes solchen Künstlern Umschau zu halten, denen<lb/> es gegeben ist, kraft ihrer eignen eingebornen Vortrefflichkeit die Natur des<lb/> Schönen und Geziemenden zu ergründen, auf daß unsre Jugend wie in einem<lb/> heilbringenden Orte leben und von allen Seiten nur Gutes empfangen möge,<lb/> ein gesunder Luftzug sie umwehe, und daß sie so, ohne es selbst zu merken,<lb/> von Kindheit an zur Ähnlichkeit, Freundschaft und Übereinstimmung mit der<lb/> schönen Vernunft herangebildet werde?</p><lb/> <p xml:id="ID_1914"> Pater findet, daß nicht allein die dorische Kunst, sondern auch der gotische<lb/> Baustil den Anforderungen Platos entspreche, wie denn überhaupt der Lako¬<lb/> nismus und Platos Idealstaat ein mönchisches Gepräge trügen. Er läßt einen<lb/> Jünger Platos, der das Ideal des Meisters verkörpert schauen möchte, nach<lb/> Sparta pilgern und entrollt ein anmutiges Bild der Landschaft, der Architektur<lb/> und des spartanischen Lebens, ein Bild, das uns glauben machen möchte, die<lb/> Spartaner seien, die Heloten nicht ausgenommen, sogar glücklich gewesen. Auf<lb/> die Äußerung, die Athenüus verzeichnet: über die Todesverachtung der Spar¬<lb/> taner brauche man sich nicht zu wundern, dein? jeder Vernünftige werde lieber<lb/> zehntausendmal sterben, als bei ihrer Kost leben, ist zwar nichts zu geben, denn<lb/> der das sagt, ist ein Shbarit. Beachtenswerter wäre schon, daß in der großen<lb/> Rede des Perikles das spartanische Leben als hart charakterisiert wird, und<lb/> daß Plato selbst in der Politie den Adimantus sagen läßt, Sokrates mache<lb/> die Bürger seines Jdealstaats nicht eben sehr glücklich. Entscheidend aber ist,<lb/> daß nicht allein Platos Reformbestrebungen für Athen und Griechenland zu<lb/> spät kamen, sondern daß auch Sparta rasch verfiel, der Dorismus also für<lb/> sich allein als erhaltende Kraft nicht genügt hat. Was gefehlt haben oder in<lb/> der Konstruktion des kleinen Staates verfehlt gewesen sein mag, soll hier nicht<lb/> untersucht werden. Trotz dein lakonischer Grundirrtum, der mit dem platonischen<lb/> so ziemlich zusammenfällt, behalten die oben skizzierten Erziehungsgrundsätze<lb/> Platos und seiue Ansicht von dem Einflüsse der Kunst auf den Charakter ihren<lb/> unvergänglichen Wert.</p><lb/> <p xml:id="ID_1915" next="#ID_1916"> Von den geistreichen Essays des Engländers unterscheidet sich das Werk<lb/> Natorps nicht bloß als eine streng wissenschaftliche Untersuchung der Form<lb/> nach, sondern auch in den Ergebnissen. Er will den Leser in das Zentrum<lb/> der platonischen Gedankenwelt: die Lehre von den Ideen, versetzen und handelt<lb/> fast ausschließlich von Platos Dialektik. „Am meisten möchte diese Begrenzung<lb/> unsrer Aufgabe gegen solche der Verteidigung bedürfen, die überhaupt nicht<lb/> dies oder jenes, sondern alles in allem: die volle Persönlichkeit Platos wie</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0425]
plato
andern Arbeiter zu unterwerfen. Da alle Formlosigkeit, Maßlosigkeit, jeder
Mangel an Rhythmus und Harmonie die Äußerung einer ungeordneten Seele
ist, so müssen die Handwerker verhindert werden, ihren etwaigen schlechten
Charakter ihren Werken aufzuprägen und dadurch diesen schlechten Charakter
zu verbreiten. Sind sie nicht imstande, gut zu bilden und zu bauen, so muß
man thuen die Ausübung ihrer Kunst verbiete», damit unsre Wächter (Sol¬
daten) nicht unvermerkt, während sie vor den Abbildern des Lasters groß
werden, wie auf einer schlechten Weide bald hier bald dort ein Giftkräutlein
zu sich nehmen, bis die Masse des Gifts ihre Seelen überwältigt. Ist es
nicht vielmehr unsre Pflicht, unes solchen Künstlern Umschau zu halten, denen
es gegeben ist, kraft ihrer eignen eingebornen Vortrefflichkeit die Natur des
Schönen und Geziemenden zu ergründen, auf daß unsre Jugend wie in einem
heilbringenden Orte leben und von allen Seiten nur Gutes empfangen möge,
ein gesunder Luftzug sie umwehe, und daß sie so, ohne es selbst zu merken,
von Kindheit an zur Ähnlichkeit, Freundschaft und Übereinstimmung mit der
schönen Vernunft herangebildet werde?
Pater findet, daß nicht allein die dorische Kunst, sondern auch der gotische
Baustil den Anforderungen Platos entspreche, wie denn überhaupt der Lako¬
nismus und Platos Idealstaat ein mönchisches Gepräge trügen. Er läßt einen
Jünger Platos, der das Ideal des Meisters verkörpert schauen möchte, nach
Sparta pilgern und entrollt ein anmutiges Bild der Landschaft, der Architektur
und des spartanischen Lebens, ein Bild, das uns glauben machen möchte, die
Spartaner seien, die Heloten nicht ausgenommen, sogar glücklich gewesen. Auf
die Äußerung, die Athenüus verzeichnet: über die Todesverachtung der Spar¬
taner brauche man sich nicht zu wundern, dein? jeder Vernünftige werde lieber
zehntausendmal sterben, als bei ihrer Kost leben, ist zwar nichts zu geben, denn
der das sagt, ist ein Shbarit. Beachtenswerter wäre schon, daß in der großen
Rede des Perikles das spartanische Leben als hart charakterisiert wird, und
daß Plato selbst in der Politie den Adimantus sagen läßt, Sokrates mache
die Bürger seines Jdealstaats nicht eben sehr glücklich. Entscheidend aber ist,
daß nicht allein Platos Reformbestrebungen für Athen und Griechenland zu
spät kamen, sondern daß auch Sparta rasch verfiel, der Dorismus also für
sich allein als erhaltende Kraft nicht genügt hat. Was gefehlt haben oder in
der Konstruktion des kleinen Staates verfehlt gewesen sein mag, soll hier nicht
untersucht werden. Trotz dein lakonischer Grundirrtum, der mit dem platonischen
so ziemlich zusammenfällt, behalten die oben skizzierten Erziehungsgrundsätze
Platos und seiue Ansicht von dem Einflüsse der Kunst auf den Charakter ihren
unvergänglichen Wert.
Von den geistreichen Essays des Engländers unterscheidet sich das Werk
Natorps nicht bloß als eine streng wissenschaftliche Untersuchung der Form
nach, sondern auch in den Ergebnissen. Er will den Leser in das Zentrum
der platonischen Gedankenwelt: die Lehre von den Ideen, versetzen und handelt
fast ausschließlich von Platos Dialektik. „Am meisten möchte diese Begrenzung
unsrer Aufgabe gegen solche der Verteidigung bedürfen, die überhaupt nicht
dies oder jenes, sondern alles in allem: die volle Persönlichkeit Platos wie
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |