Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.Universitätsfragen in Rußland diente" Professor hat ausgesprochen den Rang eines Generalleutnants. Dafür Wir sehen bei uns an der Spitze einer Universität eine oberste Behörde, Dieser unglückliche Zustand des Rektorats hat stark allsgeprägte Charaktere Der Unterrichtsbezirk nascht die sämtlichen unter dem Ministerium für Volksaufkliirung
stehenden Unterrichtsanswlten von sechs bis acht Gouvernements. Universitätsfragen in Rußland diente" Professor hat ausgesprochen den Rang eines Generalleutnants. Dafür Wir sehen bei uns an der Spitze einer Universität eine oberste Behörde, Dieser unglückliche Zustand des Rektorats hat stark allsgeprägte Charaktere Der Unterrichtsbezirk nascht die sämtlichen unter dem Ministerium für Volksaufkliirung
stehenden Unterrichtsanswlten von sechs bis acht Gouvernements. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0212" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/297344"/> <fw type="header" place="top"> Universitätsfragen in Rußland</fw><lb/> <p xml:id="ID_917" prev="#ID_916"> diente" Professor hat ausgesprochen den Rang eines Generalleutnants. Dafür<lb/> ist seine Stellung im Staate weit entfernt von der Bedeutung unsrer Universitäts¬<lb/> lehrer. Der Universitätsrat besteht eigentlich mir dem Namen nach. Die Fakultät<lb/> hat kaum uoch korporative Rechte, und Rektor und Dekane sind nicht freige¬<lb/> wühlte Würdenträger, sondern in ihren Befugnissen stark beschränkte Beamte.</p><lb/> <p xml:id="ID_918"> Wir sehen bei uns an der Spitze einer Universität eine oberste Behörde,<lb/> die die Tätigkeit aller Angehörigen in die erwünschte Bahn zu lenken und<lb/> die Ordnung und die Disziplin in den ihr gesteckten gesetzlichen Grenzen bei<lb/> eigner Verantwortlichkeit zu gewährleisten vermag. Der Schwierigkeit dieser<lb/> Aufgabe entsprechend sind die Grenzen der Vollmachten gezogen und ist das<lb/> Vertrauen der Aufsichtsbehörde bemessen. Dem russischen Reglement von 1884<lb/> fehlt dieses Vertrauen, und deshalb kann man von den Universitätsbehörden<lb/> weder Energie noch Selbsttätigkeit noch Autorität verlangen, so unerläßlich<lb/> diese Eigenschaften für die Disziplin im Nahmen der Universität auch sind.<lb/> Nicht der Rektor und die Dekane, sondern der Kurator des Unterrichtsbe¬<lb/> zirks*) und die neben — offiziell allerdings nnter — dem Rektor stehende<lb/> Inspektion sind mit der dem Rektor anderwärts zustehenden Machtfülle bekleidet.<lb/> Der Rektor und die Dekane werden ans Vorschlag des Ministers für Volks-<lb/> aufklürung durch Allerhöchste Order aus der Zahl der ordentlichen Professoren<lb/> ernannt. Da aber dem Minister die nötige Personalkenntnis fehlt, sucht der<lb/> Kurator den Rektor aus, der Rektor steht infolgedessen in einer gewissen Ab¬<lb/> hängigkeit von dem Kurator, der zudem die Fäden der Leitung aller Persvnal-<lb/> angelegenheiten in seiner Hand behält und für die Ordnung und die Disziplin<lb/> verantwortlich ist, der also die dem Rektor gesetzmäßig zustehenden Funktionen<lb/> kraft dieses selben Gesetzes wahrnehmen soll. Durch die Inspektion über alle<lb/> innern Angelegenheiten der Universität ans dem laufenden erhalten, wird sich<lb/> der Kurator infolgedessen zu Eingriffen in den Machtbereich des Rektors ver¬<lb/> anlaßt sehen und gelegentlich die guten Absichten des Rektors und der Dekane,<lb/> die mit der Stimmung nnter den Studierenden doch noch besser vertraut sind,<lb/> durchkreuzen.</p><lb/> <p xml:id="ID_919" next="#ID_920"> Dieser unglückliche Zustand des Rektorats hat stark allsgeprägte Charaktere<lb/> und willenskrüftige Persönlichkeiten, alle die verehrungswürdigen Vertreter des<lb/> Professorats, wie es früher war, alle, die sich eines verdienten Rufs in der<lb/> Wissenschaft und großer Autorität in den Augen der Studierenden erfreuten,<lb/> und die unter andern Verhältnissen dem Staate vorzügliche Dienste leisten<lb/> können, abgehalten, das Rektorat anzunehmen. Er hat andrerseits Veranlassung<lb/> gegeben, Personen zu Rektoren zu ernennen, die weder den vorgeschriebnen Be-<lb/> dingungen entsprachen noch sich der unbedingt gebotnen Autorität bei Pro¬<lb/> fessoren und bei Studenten erfreuten, dafür aber versprachen, ein gefügiges<lb/> Werkzeug in der Hand des Kurators zu werden. Zu nlledem nimmt die Ab¬<lb/> hängigkeit der Stellung des Rektors allen seinen Anordnungen die moralische<lb/> Kraft, die allein auf junge Gemüter überzeugenden Einfluß ausübt. Endlich</p><lb/> <note xml:id="FID_9" place="foot"> Der Unterrichtsbezirk nascht die sämtlichen unter dem Ministerium für Volksaufkliirung<lb/> stehenden Unterrichtsanswlten von sechs bis acht Gouvernements.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0212]
Universitätsfragen in Rußland
diente" Professor hat ausgesprochen den Rang eines Generalleutnants. Dafür
ist seine Stellung im Staate weit entfernt von der Bedeutung unsrer Universitäts¬
lehrer. Der Universitätsrat besteht eigentlich mir dem Namen nach. Die Fakultät
hat kaum uoch korporative Rechte, und Rektor und Dekane sind nicht freige¬
wühlte Würdenträger, sondern in ihren Befugnissen stark beschränkte Beamte.
Wir sehen bei uns an der Spitze einer Universität eine oberste Behörde,
die die Tätigkeit aller Angehörigen in die erwünschte Bahn zu lenken und
die Ordnung und die Disziplin in den ihr gesteckten gesetzlichen Grenzen bei
eigner Verantwortlichkeit zu gewährleisten vermag. Der Schwierigkeit dieser
Aufgabe entsprechend sind die Grenzen der Vollmachten gezogen und ist das
Vertrauen der Aufsichtsbehörde bemessen. Dem russischen Reglement von 1884
fehlt dieses Vertrauen, und deshalb kann man von den Universitätsbehörden
weder Energie noch Selbsttätigkeit noch Autorität verlangen, so unerläßlich
diese Eigenschaften für die Disziplin im Nahmen der Universität auch sind.
Nicht der Rektor und die Dekane, sondern der Kurator des Unterrichtsbe¬
zirks*) und die neben — offiziell allerdings nnter — dem Rektor stehende
Inspektion sind mit der dem Rektor anderwärts zustehenden Machtfülle bekleidet.
Der Rektor und die Dekane werden ans Vorschlag des Ministers für Volks-
aufklürung durch Allerhöchste Order aus der Zahl der ordentlichen Professoren
ernannt. Da aber dem Minister die nötige Personalkenntnis fehlt, sucht der
Kurator den Rektor aus, der Rektor steht infolgedessen in einer gewissen Ab¬
hängigkeit von dem Kurator, der zudem die Fäden der Leitung aller Persvnal-
angelegenheiten in seiner Hand behält und für die Ordnung und die Disziplin
verantwortlich ist, der also die dem Rektor gesetzmäßig zustehenden Funktionen
kraft dieses selben Gesetzes wahrnehmen soll. Durch die Inspektion über alle
innern Angelegenheiten der Universität ans dem laufenden erhalten, wird sich
der Kurator infolgedessen zu Eingriffen in den Machtbereich des Rektors ver¬
anlaßt sehen und gelegentlich die guten Absichten des Rektors und der Dekane,
die mit der Stimmung nnter den Studierenden doch noch besser vertraut sind,
durchkreuzen.
Dieser unglückliche Zustand des Rektorats hat stark allsgeprägte Charaktere
und willenskrüftige Persönlichkeiten, alle die verehrungswürdigen Vertreter des
Professorats, wie es früher war, alle, die sich eines verdienten Rufs in der
Wissenschaft und großer Autorität in den Augen der Studierenden erfreuten,
und die unter andern Verhältnissen dem Staate vorzügliche Dienste leisten
können, abgehalten, das Rektorat anzunehmen. Er hat andrerseits Veranlassung
gegeben, Personen zu Rektoren zu ernennen, die weder den vorgeschriebnen Be-
dingungen entsprachen noch sich der unbedingt gebotnen Autorität bei Pro¬
fessoren und bei Studenten erfreuten, dafür aber versprachen, ein gefügiges
Werkzeug in der Hand des Kurators zu werden. Zu nlledem nimmt die Ab¬
hängigkeit der Stellung des Rektors allen seinen Anordnungen die moralische
Kraft, die allein auf junge Gemüter überzeugenden Einfluß ausübt. Endlich
Der Unterrichtsbezirk nascht die sämtlichen unter dem Ministerium für Volksaufkliirung
stehenden Unterrichtsanswlten von sechs bis acht Gouvernements.
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