Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.im fünfzehnten Jahrhundert der Adriafmge des Mittelalters ein Ende gemacht, Das Wachstum der Großstädte von A. Mahlke !le Bevölkerung des Deutschen Reichs ist in überaus starker Zu¬ Der Zuzug erfolgt aber hauptsächlich nach den großen Städten. In dem Die Verringerung der natürlichen Vermehrung ist eine der zahlreichen für Noch bedenklicher als die Verminderung der Geburtenzahl durch das An¬ Wenn es nun schon nicht zu vermeiden ist, daß sich die städtische Be¬ im fünfzehnten Jahrhundert der Adriafmge des Mittelalters ein Ende gemacht, Das Wachstum der Großstädte von A. Mahlke !le Bevölkerung des Deutschen Reichs ist in überaus starker Zu¬ Der Zuzug erfolgt aber hauptsächlich nach den großen Städten. In dem Die Verringerung der natürlichen Vermehrung ist eine der zahlreichen für Noch bedenklicher als die Verminderung der Geburtenzahl durch das An¬ Wenn es nun schon nicht zu vermeiden ist, daß sich die städtische Be¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0195" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/297327"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_855" prev="#ID_854"> im fünfzehnten Jahrhundert der Adriafmge des Mittelalters ein Ende gemacht,<lb/> ihr Niedergang hat sie in unsern Tagen aufs neue, wenn auch in andern<lb/> Formen, zum Leben erweckt.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Das Wachstum der Großstädte<lb/><note type="byline"> von A. Mahlke</note></head><lb/> <p xml:id="ID_856"> !le Bevölkerung des Deutschen Reichs ist in überaus starker Zu¬<lb/> nahme begriffen. In den letzten Jahren hat die Zahl der jähr¬<lb/> lichen Geburten die der Todesfälle fast um eine Million über-<lb/> troffen. Eine Folge dieser Zunahme muß das weitere starke<lb/> I Anwachsen der Bevölkerungszahlen der Städte, und besonders<lb/> der großen Städte sein. Da die Landwirtschaft nur einer begrenzten Anzahl<lb/> von Menschen Beschäftigung und Unterhalt zu gewähren vermag, so wird<lb/> sich der überzählige Teil der Landbevölkerung der Industrie und dein Handel<lb/> zuwenden und zur Aufsuchung von Arbeitsgelegenheit in die Städte über¬<lb/> siedeln müssen.</p><lb/> <p xml:id="ID_857"> Der Zuzug erfolgt aber hauptsächlich nach den großen Städten. In dem<lb/> Jahrzehnt von 1890 bis 190V vermehrte sich die Bevölkerung des Deutschen<lb/> Reichs um sieben Millionen. Hiervon entfiel mehr als ein Drittel, etwa zwei und<lb/> eine halbe Million, auf die Städte mit mehr als 100000 Einwohnern. Im<lb/> Jahre 1890 wohnte in diesen etwa der achte Teil der Gesamtbevölkerung, im<lb/> Jahre 1900 dagegen schon ein Sechstel aller Reichsbürger. Und dieses Anwachsen<lb/> der großstädtischen Bevölkerung ist eingetreten, obgleich die natürliche Ver¬<lb/> mehrung in den großen Städten weit geringer ist als auf dem Lande!</p><lb/> <p xml:id="ID_858"> Die Verringerung der natürlichen Vermehrung ist eine der zahlreichen für<lb/> den Gesamtstaat nachträglichen Erscheinungen, die gerade die Zunahme der<lb/> großstädtischen Bevölkerung im Gefolge haben. Es betrug beispielsweise für Berlin<lb/> die Zahl der auf je 1000 Einwohner im Jahre eintretenden Geburten für<lb/> 1900 nur 30, dagegen für das gesamte Deutsche Reich 37. Die Zahl der<lb/> Geburten belief sich im ersten Jahrzehnt nach der Reichsgrttndung auf 41, ist<lb/> also seitdem um ein Zehntel zurückgegangen. Der Rückgang der Geburtenzahl<lb/> erklärt sich ganz allein aus der stärkern Zunahme der städtischen Bevölkerung<lb/> gegenüber der ländlichen, deren Anteil an der Gesamtbevölkerung in demselben<lb/> Zeitraum von etwa zwei Dritteln auf weniger als die Hälfte gesunken ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_859"> Noch bedenklicher als die Verminderung der Geburtenzahl durch das An¬<lb/> wachsen der Großstädte ist die hierdurch bewirkte Beeinträchtigung der Kraft<lb/> und Gesundheit des gesamten Volkstums. Dies zeigt sich vor allem bei der<lb/> Aushebung zum Militärdienst. In der Provinz Brandenburg unter Ausschluß<lb/> von Berlin sind unter den Gestellungspflichtigen nahezu doppelt so viele dienst¬<lb/> taugliche Mannschaften als in der Stadt Berlin.</p><lb/> <p xml:id="ID_860" next="#ID_861"> Wenn es nun schon nicht zu vermeiden ist, daß sich die städtische Be¬<lb/> völkerung auf Kosten der Landbevölkerung vermehrt, so wäre es immerhin zu</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0195]
im fünfzehnten Jahrhundert der Adriafmge des Mittelalters ein Ende gemacht,
ihr Niedergang hat sie in unsern Tagen aufs neue, wenn auch in andern
Formen, zum Leben erweckt.
Das Wachstum der Großstädte
von A. Mahlke
!le Bevölkerung des Deutschen Reichs ist in überaus starker Zu¬
nahme begriffen. In den letzten Jahren hat die Zahl der jähr¬
lichen Geburten die der Todesfälle fast um eine Million über-
troffen. Eine Folge dieser Zunahme muß das weitere starke
I Anwachsen der Bevölkerungszahlen der Städte, und besonders
der großen Städte sein. Da die Landwirtschaft nur einer begrenzten Anzahl
von Menschen Beschäftigung und Unterhalt zu gewähren vermag, so wird
sich der überzählige Teil der Landbevölkerung der Industrie und dein Handel
zuwenden und zur Aufsuchung von Arbeitsgelegenheit in die Städte über¬
siedeln müssen.
Der Zuzug erfolgt aber hauptsächlich nach den großen Städten. In dem
Jahrzehnt von 1890 bis 190V vermehrte sich die Bevölkerung des Deutschen
Reichs um sieben Millionen. Hiervon entfiel mehr als ein Drittel, etwa zwei und
eine halbe Million, auf die Städte mit mehr als 100000 Einwohnern. Im
Jahre 1890 wohnte in diesen etwa der achte Teil der Gesamtbevölkerung, im
Jahre 1900 dagegen schon ein Sechstel aller Reichsbürger. Und dieses Anwachsen
der großstädtischen Bevölkerung ist eingetreten, obgleich die natürliche Ver¬
mehrung in den großen Städten weit geringer ist als auf dem Lande!
Die Verringerung der natürlichen Vermehrung ist eine der zahlreichen für
den Gesamtstaat nachträglichen Erscheinungen, die gerade die Zunahme der
großstädtischen Bevölkerung im Gefolge haben. Es betrug beispielsweise für Berlin
die Zahl der auf je 1000 Einwohner im Jahre eintretenden Geburten für
1900 nur 30, dagegen für das gesamte Deutsche Reich 37. Die Zahl der
Geburten belief sich im ersten Jahrzehnt nach der Reichsgrttndung auf 41, ist
also seitdem um ein Zehntel zurückgegangen. Der Rückgang der Geburtenzahl
erklärt sich ganz allein aus der stärkern Zunahme der städtischen Bevölkerung
gegenüber der ländlichen, deren Anteil an der Gesamtbevölkerung in demselben
Zeitraum von etwa zwei Dritteln auf weniger als die Hälfte gesunken ist.
Noch bedenklicher als die Verminderung der Geburtenzahl durch das An¬
wachsen der Großstädte ist die hierdurch bewirkte Beeinträchtigung der Kraft
und Gesundheit des gesamten Volkstums. Dies zeigt sich vor allem bei der
Aushebung zum Militärdienst. In der Provinz Brandenburg unter Ausschluß
von Berlin sind unter den Gestellungspflichtigen nahezu doppelt so viele dienst¬
taugliche Mannschaften als in der Stadt Berlin.
Wenn es nun schon nicht zu vermeiden ist, daß sich die städtische Be¬
völkerung auf Kosten der Landbevölkerung vermehrt, so wäre es immerhin zu
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