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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr.

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Tatsachen, die für ein wenigstens vorläufiges Aufgeben des tatsächlich ge¬
scheiterten Angriffs und für eine sofortige Rückkehr auf das rechte Marneufer
sprachen, wogen für den Gouverneur wie für den Oberbefehlshaber leicht
gegen den einen Gedanken, daß man nicht nach Paris zurückkehren könne,
weil dieses die Enttäuschung einer ohne den Lorbeer des Erfolgs zurück¬
kehrenden Armee nicht ertragen und auf die ihm angeblich zugefügte "Schmach"
mit einer Revolte antworten würde. Genau so hatten der Kaiser, die Kaiserin
und die Negentschaftsräte in der zweiten Hälfte des Monats August gedacht
und gehandelt.

Für einen Feldherrn wie Moltke wird der 2. Dezember wenig Interesse
gehabt haben. Was General Duerot tat, indem er unter den ungünstigsten
Verhältnissen in einer überaus gefährlichen Stellung blieb, um eine zum Auf¬
stand neigende Stadt nicht zu reizen, war so genau das Gegenteil von dem,
was der Chef des Großen Generalstabs in demselben Falle getan haben würde,
daß er keinen das Gefühl gehabt haben kann, es stehe ihm ein seiner würdiger
Gegner gegenüber: der ihm nicht gewachsne feindliche Führer wird ihm leid
getan haben, und durch dieses Gefühl wurde das Interesse an der "Partie"
wesentlich vermindert. Die Gedanken des großen Strategen weilten an der
Loire, wo sich das Los der Schlachten in so überraschender und glänzender
Weise für ihn entscheiden sollte, daß es dann nur noch der letzten Anstrengungen
bedürfte, damit sich der Gegner überwunden erklärte.

Das Interesse der Kämpfe vom 2. Dezember liegt auf einem andern
Gebiet. Was wir über sie erfahren, beweist uns, daß im Feuergefecht auch
eine wenig geschulte und in ihrem Selbstvertrauen schon einigermaßen erschütterte
Truppe standzuhalten vermag, wenn sie durch zahlreiche Artillerie unterstützt
wird und sich an befestigte oder sie sonst durch ihre Lage begünstigende Ört¬
lichkeiten anlehnen kann, daß dagegen, da Kolben und Bajonett unwiderruflich
entscheiden, wer von zwei Gegnern der physisch und psychisch überlegne ist,
der Wert des Angriffs mit der blanken Waffe nie hoch genug geschätzt und
beim Nahgefecht das "Draufgehn ohne zu schießen" nie dringlich genug
empfohlen werdeu kann. Die Franzosen wissen das auch recht gut, und die
Antwort, die ein deutscher Arzt gegeben hatte, als in seiner Gegenwart von
französischer Seite der bei französischen Verwundeten beobachteten Seltenheit
von Hieb- und Stichwunden in scheinbar objektiver Weise, aber mit arglistiger
Absicht Erwähnung geschehn war, ist mir immer im Gedächtnis geblieben. Ich
leugne, hatte er erwidert, diese verhältnismäßige Seltenheit der Hieb- und
Stichwunden nicht: der Grund dafür dürfte aber nicht sowohl in einer ge¬
ringern Freude des Deutschen an dem Kampf mit der blanken Waffe zu suchen
sein, als vielmehr in der größern Behendigkeit des Franzosen, der, statt dem
Angriff standzuhalten, sich ihm in vielen Fällen bei rechter Zeit zu entziehn
gewußt oder mit andern Worten den Bajonettangriff vorsichtigerweise nicht
abgewartet hat.


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Tatsachen, die für ein wenigstens vorläufiges Aufgeben des tatsächlich ge¬
scheiterten Angriffs und für eine sofortige Rückkehr auf das rechte Marneufer
sprachen, wogen für den Gouverneur wie für den Oberbefehlshaber leicht
gegen den einen Gedanken, daß man nicht nach Paris zurückkehren könne,
weil dieses die Enttäuschung einer ohne den Lorbeer des Erfolgs zurück¬
kehrenden Armee nicht ertragen und auf die ihm angeblich zugefügte „Schmach"
mit einer Revolte antworten würde. Genau so hatten der Kaiser, die Kaiserin
und die Negentschaftsräte in der zweiten Hälfte des Monats August gedacht
und gehandelt.

Für einen Feldherrn wie Moltke wird der 2. Dezember wenig Interesse
gehabt haben. Was General Duerot tat, indem er unter den ungünstigsten
Verhältnissen in einer überaus gefährlichen Stellung blieb, um eine zum Auf¬
stand neigende Stadt nicht zu reizen, war so genau das Gegenteil von dem,
was der Chef des Großen Generalstabs in demselben Falle getan haben würde,
daß er keinen das Gefühl gehabt haben kann, es stehe ihm ein seiner würdiger
Gegner gegenüber: der ihm nicht gewachsne feindliche Führer wird ihm leid
getan haben, und durch dieses Gefühl wurde das Interesse an der „Partie"
wesentlich vermindert. Die Gedanken des großen Strategen weilten an der
Loire, wo sich das Los der Schlachten in so überraschender und glänzender
Weise für ihn entscheiden sollte, daß es dann nur noch der letzten Anstrengungen
bedürfte, damit sich der Gegner überwunden erklärte.

Das Interesse der Kämpfe vom 2. Dezember liegt auf einem andern
Gebiet. Was wir über sie erfahren, beweist uns, daß im Feuergefecht auch
eine wenig geschulte und in ihrem Selbstvertrauen schon einigermaßen erschütterte
Truppe standzuhalten vermag, wenn sie durch zahlreiche Artillerie unterstützt
wird und sich an befestigte oder sie sonst durch ihre Lage begünstigende Ört¬
lichkeiten anlehnen kann, daß dagegen, da Kolben und Bajonett unwiderruflich
entscheiden, wer von zwei Gegnern der physisch und psychisch überlegne ist,
der Wert des Angriffs mit der blanken Waffe nie hoch genug geschätzt und
beim Nahgefecht das „Draufgehn ohne zu schießen" nie dringlich genug
empfohlen werdeu kann. Die Franzosen wissen das auch recht gut, und die
Antwort, die ein deutscher Arzt gegeben hatte, als in seiner Gegenwart von
französischer Seite der bei französischen Verwundeten beobachteten Seltenheit
von Hieb- und Stichwunden in scheinbar objektiver Weise, aber mit arglistiger
Absicht Erwähnung geschehn war, ist mir immer im Gedächtnis geblieben. Ich
leugne, hatte er erwidert, diese verhältnismäßige Seltenheit der Hieb- und
Stichwunden nicht: der Grund dafür dürfte aber nicht sowohl in einer ge¬
ringern Freude des Deutschen an dem Kampf mit der blanken Waffe zu suchen
sein, als vielmehr in der größern Behendigkeit des Franzosen, der, statt dem
Angriff standzuhalten, sich ihm in vielen Fällen bei rechter Zeit zu entziehn
gewußt oder mit andern Worten den Bajonettangriff vorsichtigerweise nicht
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_296010/529>, abgerufen am 15.01.2025.