war es denn gut, daß die meisten mich einen Titel hatten, bei dem ich mir etwas denken konnte. Da war also ein Major, ein Land'gerichtsrat, ein Oberförster, ein Doktor der Medizin, und sogar einer, der mir als Pastor vorgestellt wurde, ob¬ gleich er nach allem andern eher als nach einem Geistlichen aussah. Mir wurde der Platz zwischen dem Professor und dem Major angewiesen, und dieser richtete, während ein Diener mir das Glas mit Rotwein füllte, die Frage an mich, ob mir Eberhard schon die Geschichte von seinem Meisterschuß erzählt hätte. Als ich dies bejahte, brach die ganze Tafelrunde in ein unbändiges Gelächter ans, in das nur der kleine Gelehrte nicht einstimmte, und der Major sagte, während er seinen struppichter grauen Schnurrbart bearbeitete:
Er hat seinen Hirsch nur aus Versehen geschossen, ich glaube, er hat nicht einmal gezielt, aber was wahr ist, muß wahr bleiben: die Kugel saß auf dem Blatt, wie ich selbst in meinem ganzen Leben keine angebracht habe.
Gezielt hatte ich doch, sagte Eberhard sich verteidigend, und wenn ich nicht hätte schießen wollen, würde ich doch überhaupt das Gewehr nicht mitgenommen haben --
Weshalb haben Sie denn vorher erklärt, Sie würden es nie übers Herz bringen, auf so ein herrliches Geschöpf abzudrücken?
Weil ich -- nun eben weil ich vorher ja noch nicht wußte, wie es einem zumute ist, wenn man einen kapitalen Hirsch so auf hundertuudsieben Gänge vor sich hat, erwiderte Eberhard mit kläglicher Stimme.
Sie müssen nämlich wissen, wandte sich der Major an mich, unser Professor war, als er nach Hellental kam, noch gar kein Weidmann. Er schreibt an einem Buche über die menschlichen Leidenschaften, und weil er nun über die Jagdpassion so viel gehört und gelesen hatte und sich doch keinen rechten Begriff davon machen konnte, ließ er sich von Sparr einladen, der ihm denn auch mit gewohnter Liebens¬ würdigkeit einen braven Hirsch zur Verfügung stellte. Jetzt kennt er die Passion, und wenn er nun darüber schreibt, so wird die Sache Hand und Fuß haben.
Ja, der Major hat leider Recht, pflichtete ihm das Männchen bei, jetzt kenne ich die Passion gründlicher, als mir lieb ist. Als ich den Hirsch vor mir hatte -- es war auf der kleinen Wiese am Galgenberg, aber das erzähle ich Ihnen schon noch einmal ausführlicher --, da gings nicht anders: ich mußte schießen. Es war allerdings zunächst gar nicht nieine Absicht gewesen, ich wollte nur einmal sehen, wie es wäre, wenn man so ein Stück aufs Korn nimmt, und als ich dann so weit war, als Blatt und Korn und Kinne auf derselben geraden Linie lagen, da packte minds, und da machte ich auch schon den Finger krumm, und da brach der Hirsch im Feuer zusammen.
Es packte ihn und läßt ihn nicht wieder los, sagte der Major mit einem wahrhaft diabolischen Lachen; das kommt davon, wenn man von der Theorie zur Praxis übergeht. Und er tat vorher so stolz und überlegen und meinte, keine Leidenschaft ließe sich so leicht mit Vernunftgründen bekämpfen wie die unsrige! Nun hat er gemerkt, daß seine Vernunftgründe nicht einmal für den eignen Bedarf ausreichen!
Das dürfen Sie unserm guten Eberhard nicht immer vorhalten, lieber Bruder in Se. Huberto, bemerkte der Pastor; mir selbst ist es nicht viel anders ergangen. Und zu mir gewandt, als sei er mir eine Erklärung schuldig, fuhr er fort: Hellen- wl ist zu Moorau eingepfarrt, und als ich dorthin versetzt wurde, sprach man in dem kleinen Dorfe von nichts anderm als von der Jagdleidenschaft des Schloß- Herrn. Zur Kirche kam er nie, und das hatte seinen guten Grund: er ließ am heiligen Sonntag treiben! Ich hielt es für meine Pflicht, ihm darüber Vorstellungen zu machen, und kam eines schönen Tages hierher. Ich war voll Zorns und sprach mit feuriger Zunge, aber Sparrs Liebenswürdigkeit entwaffnete mich. Als ich ihm das Verwerfliche seines Tuns und das Verächtliche seiner Leidenschaft vorhielt, fragte er mich: Kennen Sie diese Leidenschaft? Das mußte ich freilich verneinen, und er machte mir den Vorschlag, selbst einmal die Büchse zur Hand zu nehmen
Grenzboten IV 190S 68
Nach der Mhnersuche
war es denn gut, daß die meisten mich einen Titel hatten, bei dem ich mir etwas denken konnte. Da war also ein Major, ein Land'gerichtsrat, ein Oberförster, ein Doktor der Medizin, und sogar einer, der mir als Pastor vorgestellt wurde, ob¬ gleich er nach allem andern eher als nach einem Geistlichen aussah. Mir wurde der Platz zwischen dem Professor und dem Major angewiesen, und dieser richtete, während ein Diener mir das Glas mit Rotwein füllte, die Frage an mich, ob mir Eberhard schon die Geschichte von seinem Meisterschuß erzählt hätte. Als ich dies bejahte, brach die ganze Tafelrunde in ein unbändiges Gelächter ans, in das nur der kleine Gelehrte nicht einstimmte, und der Major sagte, während er seinen struppichter grauen Schnurrbart bearbeitete:
Er hat seinen Hirsch nur aus Versehen geschossen, ich glaube, er hat nicht einmal gezielt, aber was wahr ist, muß wahr bleiben: die Kugel saß auf dem Blatt, wie ich selbst in meinem ganzen Leben keine angebracht habe.
Gezielt hatte ich doch, sagte Eberhard sich verteidigend, und wenn ich nicht hätte schießen wollen, würde ich doch überhaupt das Gewehr nicht mitgenommen haben —
Weshalb haben Sie denn vorher erklärt, Sie würden es nie übers Herz bringen, auf so ein herrliches Geschöpf abzudrücken?
Weil ich — nun eben weil ich vorher ja noch nicht wußte, wie es einem zumute ist, wenn man einen kapitalen Hirsch so auf hundertuudsieben Gänge vor sich hat, erwiderte Eberhard mit kläglicher Stimme.
Sie müssen nämlich wissen, wandte sich der Major an mich, unser Professor war, als er nach Hellental kam, noch gar kein Weidmann. Er schreibt an einem Buche über die menschlichen Leidenschaften, und weil er nun über die Jagdpassion so viel gehört und gelesen hatte und sich doch keinen rechten Begriff davon machen konnte, ließ er sich von Sparr einladen, der ihm denn auch mit gewohnter Liebens¬ würdigkeit einen braven Hirsch zur Verfügung stellte. Jetzt kennt er die Passion, und wenn er nun darüber schreibt, so wird die Sache Hand und Fuß haben.
Ja, der Major hat leider Recht, pflichtete ihm das Männchen bei, jetzt kenne ich die Passion gründlicher, als mir lieb ist. Als ich den Hirsch vor mir hatte — es war auf der kleinen Wiese am Galgenberg, aber das erzähle ich Ihnen schon noch einmal ausführlicher —, da gings nicht anders: ich mußte schießen. Es war allerdings zunächst gar nicht nieine Absicht gewesen, ich wollte nur einmal sehen, wie es wäre, wenn man so ein Stück aufs Korn nimmt, und als ich dann so weit war, als Blatt und Korn und Kinne auf derselben geraden Linie lagen, da packte minds, und da machte ich auch schon den Finger krumm, und da brach der Hirsch im Feuer zusammen.
Es packte ihn und läßt ihn nicht wieder los, sagte der Major mit einem wahrhaft diabolischen Lachen; das kommt davon, wenn man von der Theorie zur Praxis übergeht. Und er tat vorher so stolz und überlegen und meinte, keine Leidenschaft ließe sich so leicht mit Vernunftgründen bekämpfen wie die unsrige! Nun hat er gemerkt, daß seine Vernunftgründe nicht einmal für den eignen Bedarf ausreichen!
Das dürfen Sie unserm guten Eberhard nicht immer vorhalten, lieber Bruder in Se. Huberto, bemerkte der Pastor; mir selbst ist es nicht viel anders ergangen. Und zu mir gewandt, als sei er mir eine Erklärung schuldig, fuhr er fort: Hellen- wl ist zu Moorau eingepfarrt, und als ich dorthin versetzt wurde, sprach man in dem kleinen Dorfe von nichts anderm als von der Jagdleidenschaft des Schloß- Herrn. Zur Kirche kam er nie, und das hatte seinen guten Grund: er ließ am heiligen Sonntag treiben! Ich hielt es für meine Pflicht, ihm darüber Vorstellungen zu machen, und kam eines schönen Tages hierher. Ich war voll Zorns und sprach mit feuriger Zunge, aber Sparrs Liebenswürdigkeit entwaffnete mich. Als ich ihm das Verwerfliche seines Tuns und das Verächtliche seiner Leidenschaft vorhielt, fragte er mich: Kennen Sie diese Leidenschaft? Das mußte ich freilich verneinen, und er machte mir den Vorschlag, selbst einmal die Büchse zur Hand zu nehmen
Grenzboten IV 190S 68
<TEI><text><body><div><divn="1"><pbfacs="#f0453"corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/296464"/><fwtype="header"place="top"> Nach der Mhnersuche</fw><lb/><pxml:id="ID_2447"prev="#ID_2446"> war es denn gut, daß die meisten mich einen Titel hatten, bei dem ich mir etwas<lb/>
denken konnte. Da war also ein Major, ein Land'gerichtsrat, ein Oberförster, ein<lb/>
Doktor der Medizin, und sogar einer, der mir als Pastor vorgestellt wurde, ob¬<lb/>
gleich er nach allem andern eher als nach einem Geistlichen aussah. Mir wurde<lb/>
der Platz zwischen dem Professor und dem Major angewiesen, und dieser richtete,<lb/>
während ein Diener mir das Glas mit Rotwein füllte, die Frage an mich, ob mir<lb/>
Eberhard schon die Geschichte von seinem Meisterschuß erzählt hätte. Als ich dies<lb/>
bejahte, brach die ganze Tafelrunde in ein unbändiges Gelächter ans, in das nur<lb/>
der kleine Gelehrte nicht einstimmte, und der Major sagte, während er seinen<lb/>
struppichter grauen Schnurrbart bearbeitete:</p><lb/><pxml:id="ID_2448"> Er hat seinen Hirsch nur aus Versehen geschossen, ich glaube, er hat nicht<lb/>
einmal gezielt, aber was wahr ist, muß wahr bleiben: die Kugel saß auf dem Blatt,<lb/>
wie ich selbst in meinem ganzen Leben keine angebracht habe.</p><lb/><pxml:id="ID_2449"> Gezielt hatte ich doch, sagte Eberhard sich verteidigend, und wenn ich nicht hätte<lb/>
schießen wollen, würde ich doch überhaupt das Gewehr nicht mitgenommen haben —</p><lb/><pxml:id="ID_2450"> Weshalb haben Sie denn vorher erklärt, Sie würden es nie übers Herz<lb/>
bringen, auf so ein herrliches Geschöpf abzudrücken?</p><lb/><pxml:id="ID_2451"> Weil ich — nun eben weil ich vorher ja noch nicht wußte, wie es einem<lb/>
zumute ist, wenn man einen kapitalen Hirsch so auf hundertuudsieben Gänge vor sich<lb/>
hat, erwiderte Eberhard mit kläglicher Stimme.</p><lb/><pxml:id="ID_2452"> Sie müssen nämlich wissen, wandte sich der Major an mich, unser Professor<lb/>
war, als er nach Hellental kam, noch gar kein Weidmann. Er schreibt an einem<lb/>
Buche über die menschlichen Leidenschaften, und weil er nun über die Jagdpassion<lb/>
so viel gehört und gelesen hatte und sich doch keinen rechten Begriff davon machen<lb/>
konnte, ließ er sich von Sparr einladen, der ihm denn auch mit gewohnter Liebens¬<lb/>
würdigkeit einen braven Hirsch zur Verfügung stellte. Jetzt kennt er die Passion,<lb/>
und wenn er nun darüber schreibt, so wird die Sache Hand und Fuß haben.</p><lb/><pxml:id="ID_2453"> Ja, der Major hat leider Recht, pflichtete ihm das Männchen bei, jetzt kenne<lb/>
ich die Passion gründlicher, als mir lieb ist. Als ich den Hirsch vor mir hatte<lb/>— es war auf der kleinen Wiese am Galgenberg, aber das erzähle ich Ihnen<lb/>
schon noch einmal ausführlicher —, da gings nicht anders: ich mußte schießen.<lb/>
Es war allerdings zunächst gar nicht nieine Absicht gewesen, ich wollte nur einmal<lb/>
sehen, wie es wäre, wenn man so ein Stück aufs Korn nimmt, und als ich dann<lb/>
so weit war, als Blatt und Korn und Kinne auf derselben geraden Linie lagen,<lb/>
da packte minds, und da machte ich auch schon den Finger krumm, und da brach<lb/>
der Hirsch im Feuer zusammen.</p><lb/><pxml:id="ID_2454"> Es packte ihn und läßt ihn nicht wieder los, sagte der Major mit einem<lb/>
wahrhaft diabolischen Lachen; das kommt davon, wenn man von der Theorie zur<lb/>
Praxis übergeht. Und er tat vorher so stolz und überlegen und meinte, keine<lb/>
Leidenschaft ließe sich so leicht mit Vernunftgründen bekämpfen wie die unsrige!<lb/>
Nun hat er gemerkt, daß seine Vernunftgründe nicht einmal für den eignen Bedarf<lb/>
ausreichen!</p><lb/><pxml:id="ID_2455"next="#ID_2456"> Das dürfen Sie unserm guten Eberhard nicht immer vorhalten, lieber Bruder<lb/>
in Se. Huberto, bemerkte der Pastor; mir selbst ist es nicht viel anders ergangen.<lb/>
Und zu mir gewandt, als sei er mir eine Erklärung schuldig, fuhr er fort: Hellen-<lb/>
wl ist zu Moorau eingepfarrt, und als ich dorthin versetzt wurde, sprach man in<lb/>
dem kleinen Dorfe von nichts anderm als von der Jagdleidenschaft des Schloß-<lb/>
Herrn. Zur Kirche kam er nie, und das hatte seinen guten Grund: er ließ am<lb/>
heiligen Sonntag treiben! Ich hielt es für meine Pflicht, ihm darüber Vorstellungen<lb/>
zu machen, und kam eines schönen Tages hierher. Ich war voll Zorns und sprach<lb/>
mit feuriger Zunge, aber Sparrs Liebenswürdigkeit entwaffnete mich. Als ich ihm<lb/>
das Verwerfliche seines Tuns und das Verächtliche seiner Leidenschaft vorhielt,<lb/>
fragte er mich: Kennen Sie diese Leidenschaft? Das mußte ich freilich verneinen,<lb/>
und er machte mir den Vorschlag, selbst einmal die Büchse zur Hand zu nehmen</p><lb/><fwtype="sig"place="bottom"> Grenzboten IV 190S 68</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[0453]
Nach der Mhnersuche
war es denn gut, daß die meisten mich einen Titel hatten, bei dem ich mir etwas
denken konnte. Da war also ein Major, ein Land'gerichtsrat, ein Oberförster, ein
Doktor der Medizin, und sogar einer, der mir als Pastor vorgestellt wurde, ob¬
gleich er nach allem andern eher als nach einem Geistlichen aussah. Mir wurde
der Platz zwischen dem Professor und dem Major angewiesen, und dieser richtete,
während ein Diener mir das Glas mit Rotwein füllte, die Frage an mich, ob mir
Eberhard schon die Geschichte von seinem Meisterschuß erzählt hätte. Als ich dies
bejahte, brach die ganze Tafelrunde in ein unbändiges Gelächter ans, in das nur
der kleine Gelehrte nicht einstimmte, und der Major sagte, während er seinen
struppichter grauen Schnurrbart bearbeitete:
Er hat seinen Hirsch nur aus Versehen geschossen, ich glaube, er hat nicht
einmal gezielt, aber was wahr ist, muß wahr bleiben: die Kugel saß auf dem Blatt,
wie ich selbst in meinem ganzen Leben keine angebracht habe.
Gezielt hatte ich doch, sagte Eberhard sich verteidigend, und wenn ich nicht hätte
schießen wollen, würde ich doch überhaupt das Gewehr nicht mitgenommen haben —
Weshalb haben Sie denn vorher erklärt, Sie würden es nie übers Herz
bringen, auf so ein herrliches Geschöpf abzudrücken?
Weil ich — nun eben weil ich vorher ja noch nicht wußte, wie es einem
zumute ist, wenn man einen kapitalen Hirsch so auf hundertuudsieben Gänge vor sich
hat, erwiderte Eberhard mit kläglicher Stimme.
Sie müssen nämlich wissen, wandte sich der Major an mich, unser Professor
war, als er nach Hellental kam, noch gar kein Weidmann. Er schreibt an einem
Buche über die menschlichen Leidenschaften, und weil er nun über die Jagdpassion
so viel gehört und gelesen hatte und sich doch keinen rechten Begriff davon machen
konnte, ließ er sich von Sparr einladen, der ihm denn auch mit gewohnter Liebens¬
würdigkeit einen braven Hirsch zur Verfügung stellte. Jetzt kennt er die Passion,
und wenn er nun darüber schreibt, so wird die Sache Hand und Fuß haben.
Ja, der Major hat leider Recht, pflichtete ihm das Männchen bei, jetzt kenne
ich die Passion gründlicher, als mir lieb ist. Als ich den Hirsch vor mir hatte
— es war auf der kleinen Wiese am Galgenberg, aber das erzähle ich Ihnen
schon noch einmal ausführlicher —, da gings nicht anders: ich mußte schießen.
Es war allerdings zunächst gar nicht nieine Absicht gewesen, ich wollte nur einmal
sehen, wie es wäre, wenn man so ein Stück aufs Korn nimmt, und als ich dann
so weit war, als Blatt und Korn und Kinne auf derselben geraden Linie lagen,
da packte minds, und da machte ich auch schon den Finger krumm, und da brach
der Hirsch im Feuer zusammen.
Es packte ihn und läßt ihn nicht wieder los, sagte der Major mit einem
wahrhaft diabolischen Lachen; das kommt davon, wenn man von der Theorie zur
Praxis übergeht. Und er tat vorher so stolz und überlegen und meinte, keine
Leidenschaft ließe sich so leicht mit Vernunftgründen bekämpfen wie die unsrige!
Nun hat er gemerkt, daß seine Vernunftgründe nicht einmal für den eignen Bedarf
ausreichen!
Das dürfen Sie unserm guten Eberhard nicht immer vorhalten, lieber Bruder
in Se. Huberto, bemerkte der Pastor; mir selbst ist es nicht viel anders ergangen.
Und zu mir gewandt, als sei er mir eine Erklärung schuldig, fuhr er fort: Hellen-
wl ist zu Moorau eingepfarrt, und als ich dorthin versetzt wurde, sprach man in
dem kleinen Dorfe von nichts anderm als von der Jagdleidenschaft des Schloß-
Herrn. Zur Kirche kam er nie, und das hatte seinen guten Grund: er ließ am
heiligen Sonntag treiben! Ich hielt es für meine Pflicht, ihm darüber Vorstellungen
zu machen, und kam eines schönen Tages hierher. Ich war voll Zorns und sprach
mit feuriger Zunge, aber Sparrs Liebenswürdigkeit entwaffnete mich. Als ich ihm
das Verwerfliche seines Tuns und das Verächtliche seiner Leidenschaft vorhielt,
fragte er mich: Kennen Sie diese Leidenschaft? Das mußte ich freilich verneinen,
und er machte mir den Vorschlag, selbst einmal die Büchse zur Hand zu nehmen
Grenzboten IV 190S 68
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:
Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.
Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;
Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_296010/453>, abgerufen am 25.01.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.