Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr.Die Tage von Lhampigny und villiers als aller ein paar Sekunden vergangen waren, ohne daß die gefürchtete Explosion Ein andermal ging ich mit dem Oberleutnant T-, den ich auf der Poudrettcn- Daß das Stillleben in und um Sevrcm wvchenlmig dauern konnte, während Der "Sieg" bei Coulmiers war nicht bloß Gambetta zu Kopfe gestiegen: Die Tage von Lhampigny und villiers als aller ein paar Sekunden vergangen waren, ohne daß die gefürchtete Explosion Ein andermal ging ich mit dem Oberleutnant T-, den ich auf der Poudrettcn- Daß das Stillleben in und um Sevrcm wvchenlmig dauern konnte, während Der „Sieg" bei Coulmiers war nicht bloß Gambetta zu Kopfe gestiegen: <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0442" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/296453"/> <fw type="header" place="top"> Die Tage von Lhampigny und villiers</fw><lb/> <p xml:id="ID_2385" prev="#ID_2384"> als aller ein paar Sekunden vergangen waren, ohne daß die gefürchtete Explosion<lb/> stattgefunden hätte, mußten wir doch über die dummen Gesichter lachen, die wir<lb/> samt und sonders gemacht hatten. Der „Onkel" wurde vorsichtig aufgehoben<lb/> und im chint ä'asskünisseinvnt, ersäuft, worauf die allgemeine gute Laune noch<lb/> herzlicher als vor seinem Besuche zum Allsbruch kam.</p><lb/> <p xml:id="ID_2386"> Ein andermal ging ich mit dem Oberleutnant T-, den ich auf der Poudrettcn-<lb/> fabrik besucht hatte, Posten revidieren. Mitten auf einem Sturzäcker, über deu<lb/> unser Weg führte, kam wieder ein großer Onkel angehäuft lind ging so dicht<lb/> über dem Oberleutnant weg, daß ihn der Luftdruck nach hinten umwnrf, wie<lb/> man einen Bleisoldaten nncknipsen würde. Mir, der ich ziemlich unmittelbar<lb/> daneben herging, war von diesem Lnftdmck uicht das mindeste fühlbar ge¬<lb/> worden. Das Fort Aubcrvilliers oder eine der davor bei Bobignh und Bondh<lb/> ausgehöhlten Batterien, auf die wir in ziemlich gerader Linie zugingen, hatte<lb/> den Gruß gesandt.</p><lb/> <p xml:id="ID_2387"> Daß das Stillleben in und um Sevrcm wvchenlmig dauern konnte, während<lb/> in andern Abschnitten, wie wir uns nicht ohne heimlichen Neid ausdrückte»,<lb/> „aller Nasen laug etwas los war," hatte seine Grunde, Im Gelände war,<lb/> wie das auch die Karte zeigt, weder eine Anhöhe noch eine Ortschaft vorhanden,<lb/> ans die mit einiger Hoffnung auf Erfolg ein Hnudstreich zur vorübergehenden<lb/> oder bleibenden Besitzergreifung hätte unternommen werden können; das Defile<lb/> der nach Meaux und nach Metz führenden Heerstraße war am vordern Aus¬<lb/> gange des Waldes von Bondy durch Erdwerke, Schützengräben und Verhaue<lb/> vor jeder Überrumpelung so wohl geschützt, daß an den Versuch einer solchen<lb/> nicht zu denken war; seine täglich etwas besser in Schuß kommenden Mobil¬<lb/> garden hätte der Admiral am liebsten, wenn das gegangen wäre, gegen die<lb/> Bataillone von Belleville anstatt gegen den Feind verwandt; der Erfolg, den<lb/> man sich möglichenfalls versprechen dürfte, wenn man im Osten mit starken<lb/> Massen gegen die Operations- und die Verprovialitiernngslinieil der preußisch-<lb/> deutschen Armee vorzugehn verflicht hätte, mochte zwar den Generalen klar sein,<lb/> aber da nicht sie, sondern Zivilisten wie Arago, Picard und Garnier-Pages die<lb/> Strategen machten und, wie Frauenzimmer, mehr auf das allgemein Begehrte<lb/> als auf das Zweckmüßige Wert legten, so kam militärische Einsicht hier über¬<lb/> haupt uicht in Betracht. Endlich hatte General Duerot, dessen Einfluß auf<lb/> deu Gouverneur nicht gering war, von der Unnahbarkeit der von uns im vor¬<lb/> maligen Para-dn-Naineh befestigten Stellung wie vou der Gefährlichkeit des<lb/> Defiles bei Chelles seine eignen, Seite 309 und 310 des erste» Bandes der<lb/> vvlsusö Ah ?g,ris dargelegten Ansichten, die — mehr möchte ich einem so sach¬<lb/> verständigen Kenner gegenüber nicht behaupten — meinem Laienurteil eigentlich<lb/> wenig entsprachen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2388" next="#ID_2389"> Der „Sieg" bei Coulmiers war nicht bloß Gambetta zu Kopfe gestiegen:<lb/> er hatte ganz Frankreich, Paris wie die Provinz, in einen freudigen Hoffnungs-<lb/> tauiuel versetzt, der sich bezeichnenderweise dahin geltend machte, daß man sich<lb/> von den Hals über Kopf bewaffneten Volkshciufeu alles, von den verblichnen<lb/> Resten der kaiserlichen Armee nichts versprach und dementsprechend die Leitung<lb/> der kriegerischen Operationen mit dilettantischer Vermessenheit den Händen im</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0442]
Die Tage von Lhampigny und villiers
als aller ein paar Sekunden vergangen waren, ohne daß die gefürchtete Explosion
stattgefunden hätte, mußten wir doch über die dummen Gesichter lachen, die wir
samt und sonders gemacht hatten. Der „Onkel" wurde vorsichtig aufgehoben
und im chint ä'asskünisseinvnt, ersäuft, worauf die allgemeine gute Laune noch
herzlicher als vor seinem Besuche zum Allsbruch kam.
Ein andermal ging ich mit dem Oberleutnant T-, den ich auf der Poudrettcn-
fabrik besucht hatte, Posten revidieren. Mitten auf einem Sturzäcker, über deu
unser Weg führte, kam wieder ein großer Onkel angehäuft lind ging so dicht
über dem Oberleutnant weg, daß ihn der Luftdruck nach hinten umwnrf, wie
man einen Bleisoldaten nncknipsen würde. Mir, der ich ziemlich unmittelbar
daneben herging, war von diesem Lnftdmck uicht das mindeste fühlbar ge¬
worden. Das Fort Aubcrvilliers oder eine der davor bei Bobignh und Bondh
ausgehöhlten Batterien, auf die wir in ziemlich gerader Linie zugingen, hatte
den Gruß gesandt.
Daß das Stillleben in und um Sevrcm wvchenlmig dauern konnte, während
in andern Abschnitten, wie wir uns nicht ohne heimlichen Neid ausdrückte»,
„aller Nasen laug etwas los war," hatte seine Grunde, Im Gelände war,
wie das auch die Karte zeigt, weder eine Anhöhe noch eine Ortschaft vorhanden,
ans die mit einiger Hoffnung auf Erfolg ein Hnudstreich zur vorübergehenden
oder bleibenden Besitzergreifung hätte unternommen werden können; das Defile
der nach Meaux und nach Metz führenden Heerstraße war am vordern Aus¬
gange des Waldes von Bondy durch Erdwerke, Schützengräben und Verhaue
vor jeder Überrumpelung so wohl geschützt, daß an den Versuch einer solchen
nicht zu denken war; seine täglich etwas besser in Schuß kommenden Mobil¬
garden hätte der Admiral am liebsten, wenn das gegangen wäre, gegen die
Bataillone von Belleville anstatt gegen den Feind verwandt; der Erfolg, den
man sich möglichenfalls versprechen dürfte, wenn man im Osten mit starken
Massen gegen die Operations- und die Verprovialitiernngslinieil der preußisch-
deutschen Armee vorzugehn verflicht hätte, mochte zwar den Generalen klar sein,
aber da nicht sie, sondern Zivilisten wie Arago, Picard und Garnier-Pages die
Strategen machten und, wie Frauenzimmer, mehr auf das allgemein Begehrte
als auf das Zweckmüßige Wert legten, so kam militärische Einsicht hier über¬
haupt uicht in Betracht. Endlich hatte General Duerot, dessen Einfluß auf
deu Gouverneur nicht gering war, von der Unnahbarkeit der von uns im vor¬
maligen Para-dn-Naineh befestigten Stellung wie vou der Gefährlichkeit des
Defiles bei Chelles seine eignen, Seite 309 und 310 des erste» Bandes der
vvlsusö Ah ?g,ris dargelegten Ansichten, die — mehr möchte ich einem so sach¬
verständigen Kenner gegenüber nicht behaupten — meinem Laienurteil eigentlich
wenig entsprachen.
Der „Sieg" bei Coulmiers war nicht bloß Gambetta zu Kopfe gestiegen:
er hatte ganz Frankreich, Paris wie die Provinz, in einen freudigen Hoffnungs-
tauiuel versetzt, der sich bezeichnenderweise dahin geltend machte, daß man sich
von den Hals über Kopf bewaffneten Volkshciufeu alles, von den verblichnen
Resten der kaiserlichen Armee nichts versprach und dementsprechend die Leitung
der kriegerischen Operationen mit dilettantischer Vermessenheit den Händen im
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