Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr.Salzburg und die Tauernpässe oft wie Schnee ni der Sonne glänzenden grauen, gefurchten Stcinhaupte von In der Tat ein Anblick, der Großartigkeit und Anmut, eine mächtige, Grcuzbowi I V 47
Salzburg und die Tauernpässe oft wie Schnee ni der Sonne glänzenden grauen, gefurchten Stcinhaupte von In der Tat ein Anblick, der Großartigkeit und Anmut, eine mächtige, Grcuzbowi I V 47
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0365" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/296376"/> <fw type="header" place="top"> Salzburg und die Tauernpässe</fw><lb/> <p xml:id="ID_2138" prev="#ID_2137"> oft wie Schnee ni der Sonne glänzenden grauen, gefurchten Stcinhaupte von<lb/> links ihre unten dunkel bewaldeten, oben sich in grünen Matten breitenden<lb/> Abhänge nahe aneinander schieben, auf diesen Hängen Gruppen hoher weißer<lb/> Gebäude sichtbar; sie rücken näher und näher, beginnen sich in ihre Einzel¬<lb/> heiten aufzulösen. Hinter ihnen schließt ein grüner Waldrücken das Tal, und<lb/> über ihm steigt, in breiten Massen mit zackigen Gipfeln den ganzen Hintergrund<lb/> des erhabnen Bildes ausfüllend, mit Schneefeldern gefleckt, der Radhausberg<lb/> auf. Das ist Wildbad Gastein, etwa anderthalb Stunden von Hof-Gastein<lb/> entfernt und im Durchschnitt 150 Meter höher liegend als dieser sein jetziger<lb/> Vorort (1012 Meter).</p><lb/> <p xml:id="ID_2139"> In der Tat ein Anblick, der Großartigkeit und Anmut, eine mächtige,<lb/> unbezähmbare Natur und großstädtische Pracht vereinigt, wie nicht oft in der<lb/> Welt. Da, wo die unterste Talstufe endet, hat ursprünglich eine Felswand<lb/> die nächsthöhere abgesperrt. In jahrtausendelanger Arbeit hat hier die Ache<lb/> eine Klamm durchgenagt und stürzt nun zwischen hohen Fichten und senkrechten<lb/> Wänden, die die Spuren der Auswaschung deutlich zeigen, in zwei Absätzen<lb/> 148 Meter hoch herab in die Tiefe, eine breite, in weißen Schaum aufgelöste<lb/> Wassermasse, sich aufbäumend, überschlagend, zerstäubend, feuchten Wasserdunst<lb/> nebelgleich hoch cmporsendend und mit donnerndem Rauschen das ganze Tal<lb/> erfüllend. So stellt sich das gewaltige Bild von der kühngeschwungnen Brücke<lb/> aus dar, die zwischen beiden Absätzen die Ache überspannt; hinaufschauend sieht<lb/> man den Wassersturz aus der Klamm herunterschießen, nach unten blickend zwischen<lb/> grauen Felswänden verschwinden. Unten angelangt besänftigt sich die auf¬<lb/> geregte Flut, jetzt zwischen schützenden Steinmauern gebändigt. Noch erhabner<lb/> ist das Bild, das sich von einem Austritt des rechten Ufers bietet: da schießt<lb/> die ganze weiße Wassermasse in ununterbrochnem Falle nach unten, und steigt<lb/> man zur Talsohle, zum untern Steg hinab, dann ist der Donner Tag und<lb/> Nacht ohrenbetäubend. Auf dieser engen Talsohle zwischen senkrechten, mit<lb/> Wald gekrönten Felswänden, an diesen Wänden und über ihnen, im Osten<lb/> an grünen Matten iveiter ausgebreitet als im Westen, wo der Wald des<lb/> Stubnerkogels bis über die Straße herabreicht, an der einzigen schmalen Fahr¬<lb/> straße des Ortes, die dem Boden mühsam abgewonnen und auf steinernen<lb/> Stützmauern oder auf Holzkonstruktionen ab- und aufwärts geführt ist, daneben<lb/> auf ähnlichen oder in den steilen Abhang des südlichen Waldbergs bis hoch<lb/> hinauf eingeschnittnen Wegen hängen die palastähnlichen Hotels oft dicht<lb/> über dem Abgrunde, nach der Bergwand zu zwei-, drei-, vierstöckig, nach der<lb/> Ache zu sechs- bis siebenstöckig, dazwischen zahlreiche, bald elegante, bald be¬<lb/> scheidne villenartige Miet- und Badehäuser. Denn das sind fast alle für die<lb/> Kurgäste bestimmte Gebäude, also beinahe der ganze Ort; sie empfangen das heil¬<lb/> bringende Wasser unmittelbar aus den heißen (39 bis 49 Grad Celsius) Quellen,<lb/> die meist dicht an der Klamm aus den untern Gesteinschichten des Graukogels<lb/> am Badberge, in Stollen gefaßt, hervorsprudeln; ein öffentliches Badehaus<lb/> gibt es heute nicht mehr, und deshalb sind die Besitzer der Quellen, unter<lb/> denen neben dem Kaiser von Österreich vor allem das alte Haus Strcmbinger<lb/> ist, die eigentlichen Herren Gasteins.</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grcuzbowi I V 47</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0365]
Salzburg und die Tauernpässe
oft wie Schnee ni der Sonne glänzenden grauen, gefurchten Stcinhaupte von
links ihre unten dunkel bewaldeten, oben sich in grünen Matten breitenden
Abhänge nahe aneinander schieben, auf diesen Hängen Gruppen hoher weißer
Gebäude sichtbar; sie rücken näher und näher, beginnen sich in ihre Einzel¬
heiten aufzulösen. Hinter ihnen schließt ein grüner Waldrücken das Tal, und
über ihm steigt, in breiten Massen mit zackigen Gipfeln den ganzen Hintergrund
des erhabnen Bildes ausfüllend, mit Schneefeldern gefleckt, der Radhausberg
auf. Das ist Wildbad Gastein, etwa anderthalb Stunden von Hof-Gastein
entfernt und im Durchschnitt 150 Meter höher liegend als dieser sein jetziger
Vorort (1012 Meter).
In der Tat ein Anblick, der Großartigkeit und Anmut, eine mächtige,
unbezähmbare Natur und großstädtische Pracht vereinigt, wie nicht oft in der
Welt. Da, wo die unterste Talstufe endet, hat ursprünglich eine Felswand
die nächsthöhere abgesperrt. In jahrtausendelanger Arbeit hat hier die Ache
eine Klamm durchgenagt und stürzt nun zwischen hohen Fichten und senkrechten
Wänden, die die Spuren der Auswaschung deutlich zeigen, in zwei Absätzen
148 Meter hoch herab in die Tiefe, eine breite, in weißen Schaum aufgelöste
Wassermasse, sich aufbäumend, überschlagend, zerstäubend, feuchten Wasserdunst
nebelgleich hoch cmporsendend und mit donnerndem Rauschen das ganze Tal
erfüllend. So stellt sich das gewaltige Bild von der kühngeschwungnen Brücke
aus dar, die zwischen beiden Absätzen die Ache überspannt; hinaufschauend sieht
man den Wassersturz aus der Klamm herunterschießen, nach unten blickend zwischen
grauen Felswänden verschwinden. Unten angelangt besänftigt sich die auf¬
geregte Flut, jetzt zwischen schützenden Steinmauern gebändigt. Noch erhabner
ist das Bild, das sich von einem Austritt des rechten Ufers bietet: da schießt
die ganze weiße Wassermasse in ununterbrochnem Falle nach unten, und steigt
man zur Talsohle, zum untern Steg hinab, dann ist der Donner Tag und
Nacht ohrenbetäubend. Auf dieser engen Talsohle zwischen senkrechten, mit
Wald gekrönten Felswänden, an diesen Wänden und über ihnen, im Osten
an grünen Matten iveiter ausgebreitet als im Westen, wo der Wald des
Stubnerkogels bis über die Straße herabreicht, an der einzigen schmalen Fahr¬
straße des Ortes, die dem Boden mühsam abgewonnen und auf steinernen
Stützmauern oder auf Holzkonstruktionen ab- und aufwärts geführt ist, daneben
auf ähnlichen oder in den steilen Abhang des südlichen Waldbergs bis hoch
hinauf eingeschnittnen Wegen hängen die palastähnlichen Hotels oft dicht
über dem Abgrunde, nach der Bergwand zu zwei-, drei-, vierstöckig, nach der
Ache zu sechs- bis siebenstöckig, dazwischen zahlreiche, bald elegante, bald be¬
scheidne villenartige Miet- und Badehäuser. Denn das sind fast alle für die
Kurgäste bestimmte Gebäude, also beinahe der ganze Ort; sie empfangen das heil¬
bringende Wasser unmittelbar aus den heißen (39 bis 49 Grad Celsius) Quellen,
die meist dicht an der Klamm aus den untern Gesteinschichten des Graukogels
am Badberge, in Stollen gefaßt, hervorsprudeln; ein öffentliches Badehaus
gibt es heute nicht mehr, und deshalb sind die Besitzer der Quellen, unter
denen neben dem Kaiser von Österreich vor allem das alte Haus Strcmbinger
ist, die eigentlichen Herren Gasteins.
Grcuzbowi I V 47
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