Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr.Die russische Volksvertretung Stelierertmg pro Kopf der Bevölkerung mir 6,23 Rubel Aufwendungen bean¬ In dem zentral liegenden Kreise Kostroma, wo der mittlere Bodenpreis Die Zusammensetzung der UrWähler erfährt eine weitere Beeinflussung in Mitteilungen des Finanzministeriums über die Bodenbeleihungen durch die Agrar¬ banken in den Jahren 1902, 1908 und 1904. Gedruckt bei W. Kirschbaum, Petersburg, 1906. Grenzboten IV 1905 4"
Die russische Volksvertretung Stelierertmg pro Kopf der Bevölkerung mir 6,23 Rubel Aufwendungen bean¬ In dem zentral liegenden Kreise Kostroma, wo der mittlere Bodenpreis Die Zusammensetzung der UrWähler erfährt eine weitere Beeinflussung in Mitteilungen des Finanzministeriums über die Bodenbeleihungen durch die Agrar¬ banken in den Jahren 1902, 1908 und 1904. Gedruckt bei W. Kirschbaum, Petersburg, 1906. Grenzboten IV 1905 4«
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Die russische Volksvertretung
Stelierertmg pro Kopf der Bevölkerung mir 6,23 Rubel Aufwendungen bean¬
spruchten (!), während zum Beispiel die Ostseeprovinzen bei 11,17 Rubel Steuer¬
ertrag 15,67 Rubel staatliche Ausgaben notwendig machten. Daß in den
15,67 Rubel der Bau des Hafens von Libau neben andern der Reichs-
verteidigung dienenden Ausgaben enthalten ist, wird nicht gesagt. Auf Grund
solcher Argumente wird es uns möglich, die anfangs willkürlich erscheinenden
Festsetzungen der Anzahl der Dcßjätinen in den verschiednen Kreisen zu ver-
stehn, sofern wir sie mit den amtlichen Bodenschätzungen vergleichen.*) Einige
Zahlen mögen zur Erläuterung dienen. Im Gouvernement Ssamara sind für
den Wähler des Kreises Bugulminsk mit orthodoxer Bevölkerung bei einem
Vodenpreise von 65 Rubel nur 350 Dcßjätinen nötig, im Kreise Nikolajewsk
mit zahlreicher deutsch-evangelischer Bevölkerung bei einem Bodenpreise von
100 Rubel dagegen 475 Dcßjätinen!
In dem zentral liegenden Kreise Kostroma, wo der mittlere Bodenpreis
ebenfalls 100 Rubel beträgt, gelten 250 Dcßjätinen als untere Grenze. Die
Norm von 475 Dcßjätinen findet sich sonst nur in den unfruchtbaren Gou¬
vernements Wjattci. Archangelsk (bis 600), Wologda. Minsk, Peru, wo Boden-
Preise von 15 bis 75 Rubel in Frage kommen. Für die russische Bevölkerung
genügt somit in unserm Beispiel ein in Grund und Boden festgelegtes Ver¬
mögen von 22 750 Rubel, für die politisch gereiftere, fremde Nationalität sind
dagegen 47 500 Rubel, d. h. über das Doppelte nötig. Damit werden die
deutschen Kolonisten, die wohl nur ganz ausnahmsweise über 47,5 Dcßjätinen
verfügen, in ganz auffälliger Weise zurückgedrängt. Noch auffälliger erscheint
die Festsetzung der untern Grenze aber, wenn wir die zentralen und die süd¬
westlichen Kreise des Schwarzerdegebiets einander gegenüberstellen, in denen
200 Rubel als der mittlere Bodenpreis gilt. Im Süden, wo viele deutsche
Kolonisten leben, sind nötig in Mclitopol 300 Dcßjätinen, in Konstantino-
grad 200, in Jekaterinoslaw 150; im Zentrum mit rein russischer Bevölkerung
in Jcffremow 125, Jeletz 125, Lipctzk 150 usw. In ähnlicher Weise wird
versucht, die polnische und die litauische Bevölkerung in Westrußland zu unter¬
drücken. Neben nationalen Gründen, die vom russischen Standpunkt aus
durchaus zu versteh» sind — andre Staaten würden es, wenn es zweckmäßig
wäre, ähnlich machen —, scheinen bei der Feststellung auch rein politische
maßgebend gewesen zu sein, die auf die Stimmung unter den Hof- und Gro߬
grundbesitzern in den einzelnen Kreisen Rücksicht nehmen. So sind im un¬
ruhigen Kreise Minsk bei 130 Rubel Bodenpreis ebenso 300 Deßjätinen not¬
wendig wie in den ruhigen Kreisen Ustjushensk mit 60, Tichwin mit 40,
Kirilowsk mit 30 Rubel Bodenpreis usw.
Die Zusammensetzung der UrWähler erfährt eine weitere Beeinflussung in
einer der Regierung genehmen Richtung durch die unter Paragraph 12 o ge¬
nannten Villenbesitzer und durch die unter s genannten Geistlichen. Wegen
der Landgeistlichen, die durch Pobjedonostzews eigentümliche Kirchenpolitik in
Mitteilungen des Finanzministeriums über die Bodenbeleihungen durch die Agrar¬
banken in den Jahren 1902, 1908 und 1904. Gedruckt bei W. Kirschbaum, Petersburg, 1906.
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