Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr.Salzburg und die Tauernpässe Tal erst bei Se. Johann weiter aus und zeigt in seinen Maisfeldern schon Während die beiden nächsten nördlichen Quertäler, das Fuschertal und Auch zur Rauris geht der alte Weg über eine Klamm, das Kitzloch, 4 Anders die Gastein (im zehnten Jahrhundert Gastuna), wie die Stubach Salzburg und die Tauernpässe Tal erst bei Se. Johann weiter aus und zeigt in seinen Maisfeldern schon Während die beiden nächsten nördlichen Quertäler, das Fuschertal und Auch zur Rauris geht der alte Weg über eine Klamm, das Kitzloch, 4 Anders die Gastein (im zehnten Jahrhundert Gastuna), wie die Stubach <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0316" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/296327"/> <fw type="header" place="top"> Salzburg und die Tauernpässe</fw><lb/> <p xml:id="ID_1861" prev="#ID_1860"> Tal erst bei Se. Johann weiter aus und zeigt in seinen Maisfeldern schon<lb/> den Einfluß des nahen Südens, in seinen stattlichen, behäbig hingelagerten<lb/> Bauernhöfen gediegnen Wohlstand. Schon tauchen dahinter die zackigen,<lb/> bizarren Formen der Dolomiten auf. Allmählich werden die Bergränder<lb/> niedriger und treten zurück, im weiten Kessel zeigt sich Lienz, gedeckt durch<lb/> das hochragende Schloß Brück. Denn hier mündet die Gebirgsstraße in die<lb/> große ostwestliche Linie der Draustmße ein, und von alters her ist dieser Punkt<lb/> als wichtig erkannt worden. Hier thronte noch um 600 n. Chr. auf einem<lb/> Hügel das keltisch-römische Aguontmn, dessen Erbin Lienz geworden ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_1862"> Während die beiden nächsten nördlichen Quertäler, das Fuschertal und<lb/> das Kaprunertal, trotz der hohen landschaftlichen Schönheit ihrer Wasserfälle<lb/> und eisumstarrten Talschlüsse für den Verkehr kaum in Betracht kommen, da<lb/> das erste auf die Eisfelder des Großglockners trifft, das Kaprunertal nur zu<lb/> der vergletscherten Pfandelscharte führt, vereinigen die Rauris und die Gastein<lb/> mit gangbaren eisfreien Saumpfaden nach dem Mölltale hinüber reiche Natur¬<lb/> schätze, die zu beiden Seiten des Gebirges ihre Anziehungskraft ausübten und<lb/> noch ausüben. Denn die Hochregionen beider enthielten seit keltisch-römischer<lb/> Zeit abbauwürdige Goldlager, und die Gastein hat seit den letzten Jahrhunderten<lb/> des Mittelalters durch ihre wundertütigen Thermen einen Weltruf erlangt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1863"> Auch zur Rauris geht der alte Weg über eine Klamm, das Kitzloch,<lb/> durch die sich die Ache hoch herab zur Salzach hinunterstürze. Schon vor<lb/> Rauris, dem Hauptorte des Tals, auf breiter, mooriger Talsohle, erscheint im<lb/> Hintergrunde die vergletscherte Hauptkette der Hochtauern; bei Wörth, wo der<lb/> Fahrweg endet (933 Meter), spaltet sich das Tal in einen östlichen und einen<lb/> westlichen Zweig. Jener endet an dem vergletscherten Talschlnß, in diesem<lb/> führt ein rauher Saumpfad zum Hochtor (2572 Meter), wohin man auch aus<lb/> der Fusch gelangen kann, und weiter steil hinunter ins obere Mölltal nach<lb/> Heiligenblut (1404 Meter), von Wörth aus ein mühsamer Marsch von sieben<lb/> Stunden, vom Ausgange des Tals aus von zwölf bis dreizehn Stunden.<lb/> Stangen bezeichnen hier in dieser oft nebelverhüllten Stein- und Schneewüste<lb/> den Weg; aber wie gefährlich er auch im Sommer bei schlechtem Wetter, das<lb/> in dieser Höhe jeden Regenfall in einen grimmigen Schneesturm verwandelt,<lb/> dem Wandrer werden kann, das zeigt das Schicksal einer Wallfahrerschar im<lb/> Jahre 1850, die von der Fusch nach Heiligenblut pilgern wollte und am<lb/> 28. Juni bis auf zwei hier erfror. Daß aber dieser landschaftlich nicht hervor¬<lb/> ragende Weg seinerzeit belebt war, zeigt u. a. eine Karte Kärntens in Joh.<lb/> Baptist Homanns Großem Atlas aus dem Jahre 1716, die hier einen breiten<lb/> Saumweg verzeichnet.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> 4</head><lb/> <p xml:id="ID_1864" next="#ID_1865"> Anders die Gastein (im zehnten Jahrhundert Gastuna), wie die Stubach<lb/> der Typus eines Tanerntals in seinem Stufenaufbau, seinem Reichtum an<lb/> strömendem Wasser und an Wasserfällen, aber in andrer Weise als jenes, denn<lb/> die unterste Talstufe reicht viel tiefer ins Gebirge hinein, ist bei mäßiger Seehöhe<lb/> breit, eben und bewohnbar, ebenso die viel kürzere zweite; erst die dritte und<lb/> höchste steigt auf 1600 bis 1700 Meter und erlaubt nur im Sommer die Be¬<lb/> wirtschaftung. In prächtigem Falle bricht die Gasteiner Ache aus der Klamm</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0316]
Salzburg und die Tauernpässe
Tal erst bei Se. Johann weiter aus und zeigt in seinen Maisfeldern schon
den Einfluß des nahen Südens, in seinen stattlichen, behäbig hingelagerten
Bauernhöfen gediegnen Wohlstand. Schon tauchen dahinter die zackigen,
bizarren Formen der Dolomiten auf. Allmählich werden die Bergränder
niedriger und treten zurück, im weiten Kessel zeigt sich Lienz, gedeckt durch
das hochragende Schloß Brück. Denn hier mündet die Gebirgsstraße in die
große ostwestliche Linie der Draustmße ein, und von alters her ist dieser Punkt
als wichtig erkannt worden. Hier thronte noch um 600 n. Chr. auf einem
Hügel das keltisch-römische Aguontmn, dessen Erbin Lienz geworden ist.
Während die beiden nächsten nördlichen Quertäler, das Fuschertal und
das Kaprunertal, trotz der hohen landschaftlichen Schönheit ihrer Wasserfälle
und eisumstarrten Talschlüsse für den Verkehr kaum in Betracht kommen, da
das erste auf die Eisfelder des Großglockners trifft, das Kaprunertal nur zu
der vergletscherten Pfandelscharte führt, vereinigen die Rauris und die Gastein
mit gangbaren eisfreien Saumpfaden nach dem Mölltale hinüber reiche Natur¬
schätze, die zu beiden Seiten des Gebirges ihre Anziehungskraft ausübten und
noch ausüben. Denn die Hochregionen beider enthielten seit keltisch-römischer
Zeit abbauwürdige Goldlager, und die Gastein hat seit den letzten Jahrhunderten
des Mittelalters durch ihre wundertütigen Thermen einen Weltruf erlangt.
Auch zur Rauris geht der alte Weg über eine Klamm, das Kitzloch,
durch die sich die Ache hoch herab zur Salzach hinunterstürze. Schon vor
Rauris, dem Hauptorte des Tals, auf breiter, mooriger Talsohle, erscheint im
Hintergrunde die vergletscherte Hauptkette der Hochtauern; bei Wörth, wo der
Fahrweg endet (933 Meter), spaltet sich das Tal in einen östlichen und einen
westlichen Zweig. Jener endet an dem vergletscherten Talschlnß, in diesem
führt ein rauher Saumpfad zum Hochtor (2572 Meter), wohin man auch aus
der Fusch gelangen kann, und weiter steil hinunter ins obere Mölltal nach
Heiligenblut (1404 Meter), von Wörth aus ein mühsamer Marsch von sieben
Stunden, vom Ausgange des Tals aus von zwölf bis dreizehn Stunden.
Stangen bezeichnen hier in dieser oft nebelverhüllten Stein- und Schneewüste
den Weg; aber wie gefährlich er auch im Sommer bei schlechtem Wetter, das
in dieser Höhe jeden Regenfall in einen grimmigen Schneesturm verwandelt,
dem Wandrer werden kann, das zeigt das Schicksal einer Wallfahrerschar im
Jahre 1850, die von der Fusch nach Heiligenblut pilgern wollte und am
28. Juni bis auf zwei hier erfror. Daß aber dieser landschaftlich nicht hervor¬
ragende Weg seinerzeit belebt war, zeigt u. a. eine Karte Kärntens in Joh.
Baptist Homanns Großem Atlas aus dem Jahre 1716, die hier einen breiten
Saumweg verzeichnet.
4
Anders die Gastein (im zehnten Jahrhundert Gastuna), wie die Stubach
der Typus eines Tanerntals in seinem Stufenaufbau, seinem Reichtum an
strömendem Wasser und an Wasserfällen, aber in andrer Weise als jenes, denn
die unterste Talstufe reicht viel tiefer ins Gebirge hinein, ist bei mäßiger Seehöhe
breit, eben und bewohnbar, ebenso die viel kürzere zweite; erst die dritte und
höchste steigt auf 1600 bis 1700 Meter und erlaubt nur im Sommer die Be¬
wirtschaftung. In prächtigem Falle bricht die Gasteiner Ache aus der Klamm
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