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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr.

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Historisch - dramatisches Ligureiikabinett

lichkeiten, die in jenen dunkeln Zeiten von Hexenrichtern so ziemlich aller christ¬
lichen Bekenntnisse begangen worden sind, ist auf eine besonders widerliche
Abart des Wahnsinns, den religiösen Fanatismus, hingewiesen worden, und ihm
mag das Gebet des Erlösers: Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was
sie tun, vielleicht zugute kommen. Inwieweit die Annahme solcher fanatischer
Geistesverwirrung, mithin einer verminderten Zurechnungsfälligkeit einzelne bei
der Verurteilung der Jungfrau beteiligte Prälaten und die Sorbonne vor dem
Richterstuhl eines unparteiisch Urteilenden einigermaßen entlasten möchte, bleibe
dahingestellt: daß die blinde Wut der Dominikaner, die sich wie Geier auf die
gefangne Truhe stürzten, in der Hauptsache ihrem Hasse gegen die Franziskaner
entsprang, die Johannas "Mission" von Anfang an anregend und fördernd zur
Seite gestanden waren, hat Simeon Luce im neunten Kapitel seines klassischen
Werks: ^sMirs ä'^ro a vourrsm/ überzeugend auseinandergesetzt. Den Bischof
von Beauvais, von dem Schlosser sagt, sein ganzes Leben sei eine Reihe von
Schandtaten gewesen, leitete nichts als maßloser Ehrgeiz und der Wunsch, sich
lieb Kind zu machen bei dem englischen Regenten, dem Herzog von Bedford.
den Luce in seiner sonst ganz sachlich gehaltnen Schilderung mit Bismarck ver¬
gleicht: Lscllorä irs psut ßtrs eompars, pour ig, ssisuss xroloucls as 1's<zMibrs
ciss torssL se I'auäÄvisuss brusausris as öff klls.ussLiusnrs as krönt, an'5
l'nomins et'Mg,t, 1s xlus rü8s se 1e nioin8 8orupuloux as 1a sssonäs inoitis
ein äix-usuvivrus Äöols.

Man muß beide Prozesse gelesen haben, wenn man sich alle Schrecknisse
der der Jungfrau ungetanen grausamen, unmenschlichen Behandlung, des ihr
bereiteten Martyriums vergegenwärtigen will: die verlogne Vermufftheit der
Klagepunkte, die feindliche Verfänglich reit der Fragestellung, die Roheit der
enMchen Soldaten, die einmal über das andre das ihnen übertragne Wächter¬
amt zu mißbrauchen versuchten, den vermessenen Übermut des den Engländern
für die Erlangung einer Verurteilung haftenden Bischofs, die um sie sicher zu
verderben angewandten unwürdigen Listen, die Bedrohung der Mitleid mit
ihr fühlenden, die gehässigen, sie 'mich außerhalb des Gerichtssaales verfolgenden
Schikanen des einen der Promotorcn, denn es werden uns deren mehrere genannt.
Promvtor ist bekanntlich in geistlichen Prozessen der gegen Johanna geführten
Art die die Härte des übernommnen Amts hinter einem mildern Namen ver¬
bergende, euphemistische Bezeichnung des für die Überführung des Angeschuldigten
verantwortlichen Anklägers. Von einem dieser Prvmotoren, einem gewissen Johann
Beneduite, der -- wenn Doktor Dubois de la Villembel nicht irrt -- mit dem im
Bologneser Manuskript Yvescot genannten Domherrn Johann d'Estivct identisch
wäre, sagt der im Nehabilitierungsprozeß als Zeuge abgehörte Pfarrer Johann
Massieu unter anderen aus: "Er war der Jungfrau so feindlich gesinnt, daß
er ihr sogar verwehrte, sich hinzuknien und zu beten, wenn sie, von mir
-- Massieu kann damals ein vieruudzwanzigjühriger junger Mann gewesen
sein -- zu den Verhandlungen geführt, am Eingang der'Schloßkapelle, auf
deren Altar das Allerheiligste stand, vorbeikam. Mich fuhr der Promotor mit
den Worten an: Kerl (truimä), wo nimmst dn die Frechheit her, dieser von
der Kirche ausgestoßner Vettel (M-im) so etwas ohne meine Erlaubnis zu
^statten? Ich werde dich, wenn du es wieder tust, einen Monat lang in
euren Turm sperren lassen, wo dir weder Sonne noch Mond scheint. Und da
I Am dennoch nicht gehorchte, stellte er sich vor den Eingang, um auf diese
^deise die Jungfrau an der Verehrung der Monstranz zu verhindern." Einen
'Ulgustinermönch, den Bruder Mambart de la Pierre, der der Jungfrau geraten
'Mlle, ihre Sache dem damals in Basel versammelten Kirchenkonzil vorlegen
^> lassen, unterbrach der Bischof von Beauvais mit den sich in dein Munde
eines Kirchenfürsten seltsam genug ausnehmenden Worten: In des Teufels
Rainen schweige! und dem Notar verbot er ausdrücklich, der von der Jungfrau


Grenzboten IV 190S 3S
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lichkeiten, die in jenen dunkeln Zeiten von Hexenrichtern so ziemlich aller christ¬
lichen Bekenntnisse begangen worden sind, ist auf eine besonders widerliche
Abart des Wahnsinns, den religiösen Fanatismus, hingewiesen worden, und ihm
mag das Gebet des Erlösers: Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was
sie tun, vielleicht zugute kommen. Inwieweit die Annahme solcher fanatischer
Geistesverwirrung, mithin einer verminderten Zurechnungsfälligkeit einzelne bei
der Verurteilung der Jungfrau beteiligte Prälaten und die Sorbonne vor dem
Richterstuhl eines unparteiisch Urteilenden einigermaßen entlasten möchte, bleibe
dahingestellt: daß die blinde Wut der Dominikaner, die sich wie Geier auf die
gefangne Truhe stürzten, in der Hauptsache ihrem Hasse gegen die Franziskaner
entsprang, die Johannas „Mission" von Anfang an anregend und fördernd zur
Seite gestanden waren, hat Simeon Luce im neunten Kapitel seines klassischen
Werks: ^sMirs ä'^ro a vourrsm/ überzeugend auseinandergesetzt. Den Bischof
von Beauvais, von dem Schlosser sagt, sein ganzes Leben sei eine Reihe von
Schandtaten gewesen, leitete nichts als maßloser Ehrgeiz und der Wunsch, sich
lieb Kind zu machen bei dem englischen Regenten, dem Herzog von Bedford.
den Luce in seiner sonst ganz sachlich gehaltnen Schilderung mit Bismarck ver¬
gleicht: Lscllorä irs psut ßtrs eompars, pour ig, ssisuss xroloucls as 1's<zMibrs
ciss torssL se I'auäÄvisuss brusausris as öff klls.ussLiusnrs as krönt, an'5
l'nomins et'Mg,t, 1s xlus rü8s se 1e nioin8 8orupuloux as 1a sssonäs inoitis
ein äix-usuvivrus Äöols.

Man muß beide Prozesse gelesen haben, wenn man sich alle Schrecknisse
der der Jungfrau ungetanen grausamen, unmenschlichen Behandlung, des ihr
bereiteten Martyriums vergegenwärtigen will: die verlogne Vermufftheit der
Klagepunkte, die feindliche Verfänglich reit der Fragestellung, die Roheit der
enMchen Soldaten, die einmal über das andre das ihnen übertragne Wächter¬
amt zu mißbrauchen versuchten, den vermessenen Übermut des den Engländern
für die Erlangung einer Verurteilung haftenden Bischofs, die um sie sicher zu
verderben angewandten unwürdigen Listen, die Bedrohung der Mitleid mit
ihr fühlenden, die gehässigen, sie 'mich außerhalb des Gerichtssaales verfolgenden
Schikanen des einen der Promotorcn, denn es werden uns deren mehrere genannt.
Promvtor ist bekanntlich in geistlichen Prozessen der gegen Johanna geführten
Art die die Härte des übernommnen Amts hinter einem mildern Namen ver¬
bergende, euphemistische Bezeichnung des für die Überführung des Angeschuldigten
verantwortlichen Anklägers. Von einem dieser Prvmotoren, einem gewissen Johann
Beneduite, der — wenn Doktor Dubois de la Villembel nicht irrt — mit dem im
Bologneser Manuskript Yvescot genannten Domherrn Johann d'Estivct identisch
wäre, sagt der im Nehabilitierungsprozeß als Zeuge abgehörte Pfarrer Johann
Massieu unter anderen aus: „Er war der Jungfrau so feindlich gesinnt, daß
er ihr sogar verwehrte, sich hinzuknien und zu beten, wenn sie, von mir
— Massieu kann damals ein vieruudzwanzigjühriger junger Mann gewesen
sein — zu den Verhandlungen geführt, am Eingang der'Schloßkapelle, auf
deren Altar das Allerheiligste stand, vorbeikam. Mich fuhr der Promotor mit
den Worten an: Kerl (truimä), wo nimmst dn die Frechheit her, dieser von
der Kirche ausgestoßner Vettel (M-im) so etwas ohne meine Erlaubnis zu
^statten? Ich werde dich, wenn du es wieder tust, einen Monat lang in
euren Turm sperren lassen, wo dir weder Sonne noch Mond scheint. Und da
I Am dennoch nicht gehorchte, stellte er sich vor den Eingang, um auf diese
^deise die Jungfrau an der Verehrung der Monstranz zu verhindern." Einen
'Ulgustinermönch, den Bruder Mambart de la Pierre, der der Jungfrau geraten
'Mlle, ihre Sache dem damals in Basel versammelten Kirchenkonzil vorlegen
^> lassen, unterbrach der Bischof von Beauvais mit den sich in dein Munde
eines Kirchenfürsten seltsam genug ausnehmenden Worten: In des Teufels
Rainen schweige! und dem Notar verbot er ausdrücklich, der von der Jungfrau


Grenzboten IV 190S 3S
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[0275] Historisch - dramatisches Ligureiikabinett lichkeiten, die in jenen dunkeln Zeiten von Hexenrichtern so ziemlich aller christ¬ lichen Bekenntnisse begangen worden sind, ist auf eine besonders widerliche Abart des Wahnsinns, den religiösen Fanatismus, hingewiesen worden, und ihm mag das Gebet des Erlösers: Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun, vielleicht zugute kommen. Inwieweit die Annahme solcher fanatischer Geistesverwirrung, mithin einer verminderten Zurechnungsfälligkeit einzelne bei der Verurteilung der Jungfrau beteiligte Prälaten und die Sorbonne vor dem Richterstuhl eines unparteiisch Urteilenden einigermaßen entlasten möchte, bleibe dahingestellt: daß die blinde Wut der Dominikaner, die sich wie Geier auf die gefangne Truhe stürzten, in der Hauptsache ihrem Hasse gegen die Franziskaner entsprang, die Johannas „Mission" von Anfang an anregend und fördernd zur Seite gestanden waren, hat Simeon Luce im neunten Kapitel seines klassischen Werks: ^sMirs ä'^ro a vourrsm/ überzeugend auseinandergesetzt. Den Bischof von Beauvais, von dem Schlosser sagt, sein ganzes Leben sei eine Reihe von Schandtaten gewesen, leitete nichts als maßloser Ehrgeiz und der Wunsch, sich lieb Kind zu machen bei dem englischen Regenten, dem Herzog von Bedford. den Luce in seiner sonst ganz sachlich gehaltnen Schilderung mit Bismarck ver¬ gleicht: Lscllorä irs psut ßtrs eompars, pour ig, ssisuss xroloucls as 1's<zMibrs ciss torssL se I'auäÄvisuss brusausris as öff klls.ussLiusnrs as krönt, an'5 l'nomins et'Mg,t, 1s xlus rü8s se 1e nioin8 8orupuloux as 1a sssonäs inoitis ein äix-usuvivrus Äöols. Man muß beide Prozesse gelesen haben, wenn man sich alle Schrecknisse der der Jungfrau ungetanen grausamen, unmenschlichen Behandlung, des ihr bereiteten Martyriums vergegenwärtigen will: die verlogne Vermufftheit der Klagepunkte, die feindliche Verfänglich reit der Fragestellung, die Roheit der enMchen Soldaten, die einmal über das andre das ihnen übertragne Wächter¬ amt zu mißbrauchen versuchten, den vermessenen Übermut des den Engländern für die Erlangung einer Verurteilung haftenden Bischofs, die um sie sicher zu verderben angewandten unwürdigen Listen, die Bedrohung der Mitleid mit ihr fühlenden, die gehässigen, sie 'mich außerhalb des Gerichtssaales verfolgenden Schikanen des einen der Promotorcn, denn es werden uns deren mehrere genannt. Promvtor ist bekanntlich in geistlichen Prozessen der gegen Johanna geführten Art die die Härte des übernommnen Amts hinter einem mildern Namen ver¬ bergende, euphemistische Bezeichnung des für die Überführung des Angeschuldigten verantwortlichen Anklägers. Von einem dieser Prvmotoren, einem gewissen Johann Beneduite, der — wenn Doktor Dubois de la Villembel nicht irrt — mit dem im Bologneser Manuskript Yvescot genannten Domherrn Johann d'Estivct identisch wäre, sagt der im Nehabilitierungsprozeß als Zeuge abgehörte Pfarrer Johann Massieu unter anderen aus: „Er war der Jungfrau so feindlich gesinnt, daß er ihr sogar verwehrte, sich hinzuknien und zu beten, wenn sie, von mir — Massieu kann damals ein vieruudzwanzigjühriger junger Mann gewesen sein — zu den Verhandlungen geführt, am Eingang der'Schloßkapelle, auf deren Altar das Allerheiligste stand, vorbeikam. Mich fuhr der Promotor mit den Worten an: Kerl (truimä), wo nimmst dn die Frechheit her, dieser von der Kirche ausgestoßner Vettel (M-im) so etwas ohne meine Erlaubnis zu ^statten? Ich werde dich, wenn du es wieder tust, einen Monat lang in euren Turm sperren lassen, wo dir weder Sonne noch Mond scheint. Und da I Am dennoch nicht gehorchte, stellte er sich vor den Eingang, um auf diese ^deise die Jungfrau an der Verehrung der Monstranz zu verhindern." Einen 'Ulgustinermönch, den Bruder Mambart de la Pierre, der der Jungfrau geraten 'Mlle, ihre Sache dem damals in Basel versammelten Kirchenkonzil vorlegen ^> lassen, unterbrach der Bischof von Beauvais mit den sich in dein Munde eines Kirchenfürsten seltsam genug ausnehmenden Worten: In des Teufels Rainen schweige! und dem Notar verbot er ausdrücklich, der von der Jungfrau Grenzboten IV 190S 3S

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_296010/275>, abgerufen am 15.01.2025.