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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr.

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Unter Äunden, Komödianten und wilden Tieren

ersten Manne, dem sie auch jetzt noch, nachdem sie inzwischen wieder geheiratet hatte,
ein treues Andenken bewahrte.

Als ich in Braunschweig ankam, sah ich aus den Anzeigen an den Plakat¬
säulen, daß die Menagerie Kraibe gerade dort war. Ich wollte meine Stelle erst
am andern Tage antreten und benutzte den freien Nachmittag zu einem Besuche
der Menagerie, wo mau sich über mein Erscheinen sehr wunderte. Als ich dem
Tierbändiger Zuber mitteilte, daß ich eine Stelle bei Bertram gefunden habe,
fragte er mich, ob ich denn auch Pferde putzen könne. Diese Frage machte mich
stutzig, und ich ging am andern Tage mit nicht ganz leichtem Herzen nach der
Bertramschen Handelsmenagerie. Als ich eintrat, begegnete mir mein neuer Prin¬
zipal, der gerade zu einer Gerichtsverhandlung gehn wollte, und der mich auf¬
forderte, einstweilen in den Garten zu gehn, mir alles anzusehen und seine Rück¬
kehr dort zu erwarten. Der Garten war nicht groß, aber hübsch angelegt, mit
einem Teich und einer Felsengrotte dekoriert und enthielt ein Kamel, ein Lama,
eine Hirschkuh, zwei Rehböcke, ein paar Rehe, zwei Schakale. Angoraziegen, Kamerun¬
schafe, eine Menge Füchse. Hunde, eine Kollektion Affen, eine Voliere für kleinere
Raubvögel und eine größere für Adler und Geier, eine große Sammlung in- und
ausländischer Singvögel, die im sogenannten Raubtierhaus untergebracht waren,
sowie eine Menge Nassehühner, Enten und sonstiges Wassergeflügel. Eine Spezialität
des Geschäfts waren Pfauen, sowohl gewöhnliche wie weiße, von denen im ganzen
etwa siebzig Stück da sein mochte". Zu meiner größte" Freude faud ich auch den
Zebustier Moritz wieder, der früher bei der Bergheher Menagerie gewesen war,
und der mich wieder erkannte. Es ging ihm offenbar hier besser als bei Berg,
wo er oft mit einem Gericht Hobelspäne hatte vorlieb nehmen müssen. Ein Gärtner,
den ich ansprach, und dem ich mich als neuen Angestellten zu erkennen gab, führte
mich in einen Pferdestall, worin zehn Ponys und zwei Halbponys standen, die
alle außerordentlich lange Haare und infolgedessen auch Läuse hatten. Der Be¬
sitzer des Etablissements war ein gelernter Brauer. Er war damals geistig schon
nicht mehr ganz frisch und starb später irrsinnig. Sein Geschäftsführer hieß
Alexander, war in seinen Mußestunden Schauspieler und lernte im Garten mitunter
seine Rollen. Das Personal bestand außer dem Gärtner aus zwei Dienstmädchen,
Von denen das eine an der Kasse saß, und zwei ganz jungen Burschen. Nach¬
mittags gegen drei Uhr kam Bertram vom Gericht zurück und richtete zuerst die
Frage an mich, ob ich Pferde scheren könne. Ich sagte, daß ich das bisher noch
nicht getan habe, daß ich es aber versuchen wolle und überzeugt davon sei, ich
werde es schon fertig bringen. Wir erhielten dann unser Mittagessen, worauf ich
mich umkleidete und mit der Arbeit begann. Es galt zunächst, Transportkasten
für die Pfauen anzufertigen, von denen eine Anzahl versandt werden sollte. Diese
Kasten forderten viel Mühe und Arbeit, denn sie mußten so eingerichtet sein, daß
sie genügend Raum für den Schweif des Vogels boten, der durch ein am Boden
angebrachtes aufrechtsteheudes Brett daran verhindert wurde, in seinem engen Be¬
hälter rückwärts zu gehn und dabei seine hauptsächlichste Zier zu verletzen. Nach
ewige" Tagen begann ich dann mit dem Scheren der Pferde, die ich lar von
einem Burschen halten ließ, und die ich. nachdem das Scheren beendet war mit
Merkurialsalbe einrieb. Auch deu Zebustier nahm ich in die Mr, denn er litt an
Räude und mußte mit Schmierseife und einem Brei ans Leinöl und Schwefelb nee
behandelt werden. An Arbeit fehlte es nicht, ich mußte des Morgens um vier Uhr
aufstehn und bis Abends zehn Uhr aushalte". Die Kost war mäßig, Kaffee er¬
hielten wir früh "in acht, das Frühstück um elf. das Mittage, en um drei oder
um vier Uhr. deu Nachmittagskaffee um sechs und das Abendessen u. i zehn Uhr.
Es ist begreiflich, daß ich mich bei dieser Verpflegung uach den Fleischtöpfen der
guten Mutter Kitzmann zurücksehnte. ^ ^, , ^ .

Eines Tages begann das Fuchsgeschäft; es kamen "eden Tag ein paar Dutzend
dieser Tiere an, wir hatten immer fünfzig bis sechzig auf Lager und verkauften in drei


Unter Äunden, Komödianten und wilden Tieren

ersten Manne, dem sie auch jetzt noch, nachdem sie inzwischen wieder geheiratet hatte,
ein treues Andenken bewahrte.

Als ich in Braunschweig ankam, sah ich aus den Anzeigen an den Plakat¬
säulen, daß die Menagerie Kraibe gerade dort war. Ich wollte meine Stelle erst
am andern Tage antreten und benutzte den freien Nachmittag zu einem Besuche
der Menagerie, wo mau sich über mein Erscheinen sehr wunderte. Als ich dem
Tierbändiger Zuber mitteilte, daß ich eine Stelle bei Bertram gefunden habe,
fragte er mich, ob ich denn auch Pferde putzen könne. Diese Frage machte mich
stutzig, und ich ging am andern Tage mit nicht ganz leichtem Herzen nach der
Bertramschen Handelsmenagerie. Als ich eintrat, begegnete mir mein neuer Prin¬
zipal, der gerade zu einer Gerichtsverhandlung gehn wollte, und der mich auf¬
forderte, einstweilen in den Garten zu gehn, mir alles anzusehen und seine Rück¬
kehr dort zu erwarten. Der Garten war nicht groß, aber hübsch angelegt, mit
einem Teich und einer Felsengrotte dekoriert und enthielt ein Kamel, ein Lama,
eine Hirschkuh, zwei Rehböcke, ein paar Rehe, zwei Schakale. Angoraziegen, Kamerun¬
schafe, eine Menge Füchse. Hunde, eine Kollektion Affen, eine Voliere für kleinere
Raubvögel und eine größere für Adler und Geier, eine große Sammlung in- und
ausländischer Singvögel, die im sogenannten Raubtierhaus untergebracht waren,
sowie eine Menge Nassehühner, Enten und sonstiges Wassergeflügel. Eine Spezialität
des Geschäfts waren Pfauen, sowohl gewöhnliche wie weiße, von denen im ganzen
etwa siebzig Stück da sein mochte». Zu meiner größte» Freude faud ich auch den
Zebustier Moritz wieder, der früher bei der Bergheher Menagerie gewesen war,
und der mich wieder erkannte. Es ging ihm offenbar hier besser als bei Berg,
wo er oft mit einem Gericht Hobelspäne hatte vorlieb nehmen müssen. Ein Gärtner,
den ich ansprach, und dem ich mich als neuen Angestellten zu erkennen gab, führte
mich in einen Pferdestall, worin zehn Ponys und zwei Halbponys standen, die
alle außerordentlich lange Haare und infolgedessen auch Läuse hatten. Der Be¬
sitzer des Etablissements war ein gelernter Brauer. Er war damals geistig schon
nicht mehr ganz frisch und starb später irrsinnig. Sein Geschäftsführer hieß
Alexander, war in seinen Mußestunden Schauspieler und lernte im Garten mitunter
seine Rollen. Das Personal bestand außer dem Gärtner aus zwei Dienstmädchen,
Von denen das eine an der Kasse saß, und zwei ganz jungen Burschen. Nach¬
mittags gegen drei Uhr kam Bertram vom Gericht zurück und richtete zuerst die
Frage an mich, ob ich Pferde scheren könne. Ich sagte, daß ich das bisher noch
nicht getan habe, daß ich es aber versuchen wolle und überzeugt davon sei, ich
werde es schon fertig bringen. Wir erhielten dann unser Mittagessen, worauf ich
mich umkleidete und mit der Arbeit begann. Es galt zunächst, Transportkasten
für die Pfauen anzufertigen, von denen eine Anzahl versandt werden sollte. Diese
Kasten forderten viel Mühe und Arbeit, denn sie mußten so eingerichtet sein, daß
sie genügend Raum für den Schweif des Vogels boten, der durch ein am Boden
angebrachtes aufrechtsteheudes Brett daran verhindert wurde, in seinem engen Be¬
hälter rückwärts zu gehn und dabei seine hauptsächlichste Zier zu verletzen. Nach
ewige» Tagen begann ich dann mit dem Scheren der Pferde, die ich lar von
einem Burschen halten ließ, und die ich. nachdem das Scheren beendet war mit
Merkurialsalbe einrieb. Auch deu Zebustier nahm ich in die Mr, denn er litt an
Räude und mußte mit Schmierseife und einem Brei ans Leinöl und Schwefelb nee
behandelt werden. An Arbeit fehlte es nicht, ich mußte des Morgens um vier Uhr
aufstehn und bis Abends zehn Uhr aushalte». Die Kost war mäßig, Kaffee er¬
hielten wir früh »in acht, das Frühstück um elf. das Mittage, en um drei oder
um vier Uhr. deu Nachmittagskaffee um sechs und das Abendessen u. i zehn Uhr.
Es ist begreiflich, daß ich mich bei dieser Verpflegung uach den Fleischtöpfen der
guten Mutter Kitzmann zurücksehnte. ^ ^, , ^ .

Eines Tages begann das Fuchsgeschäft; es kamen »eden Tag ein paar Dutzend
dieser Tiere an, wir hatten immer fünfzig bis sechzig auf Lager und verkauften in drei


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[0217] Unter Äunden, Komödianten und wilden Tieren ersten Manne, dem sie auch jetzt noch, nachdem sie inzwischen wieder geheiratet hatte, ein treues Andenken bewahrte. Als ich in Braunschweig ankam, sah ich aus den Anzeigen an den Plakat¬ säulen, daß die Menagerie Kraibe gerade dort war. Ich wollte meine Stelle erst am andern Tage antreten und benutzte den freien Nachmittag zu einem Besuche der Menagerie, wo mau sich über mein Erscheinen sehr wunderte. Als ich dem Tierbändiger Zuber mitteilte, daß ich eine Stelle bei Bertram gefunden habe, fragte er mich, ob ich denn auch Pferde putzen könne. Diese Frage machte mich stutzig, und ich ging am andern Tage mit nicht ganz leichtem Herzen nach der Bertramschen Handelsmenagerie. Als ich eintrat, begegnete mir mein neuer Prin¬ zipal, der gerade zu einer Gerichtsverhandlung gehn wollte, und der mich auf¬ forderte, einstweilen in den Garten zu gehn, mir alles anzusehen und seine Rück¬ kehr dort zu erwarten. Der Garten war nicht groß, aber hübsch angelegt, mit einem Teich und einer Felsengrotte dekoriert und enthielt ein Kamel, ein Lama, eine Hirschkuh, zwei Rehböcke, ein paar Rehe, zwei Schakale. Angoraziegen, Kamerun¬ schafe, eine Menge Füchse. Hunde, eine Kollektion Affen, eine Voliere für kleinere Raubvögel und eine größere für Adler und Geier, eine große Sammlung in- und ausländischer Singvögel, die im sogenannten Raubtierhaus untergebracht waren, sowie eine Menge Nassehühner, Enten und sonstiges Wassergeflügel. Eine Spezialität des Geschäfts waren Pfauen, sowohl gewöhnliche wie weiße, von denen im ganzen etwa siebzig Stück da sein mochte». Zu meiner größte» Freude faud ich auch den Zebustier Moritz wieder, der früher bei der Bergheher Menagerie gewesen war, und der mich wieder erkannte. Es ging ihm offenbar hier besser als bei Berg, wo er oft mit einem Gericht Hobelspäne hatte vorlieb nehmen müssen. Ein Gärtner, den ich ansprach, und dem ich mich als neuen Angestellten zu erkennen gab, führte mich in einen Pferdestall, worin zehn Ponys und zwei Halbponys standen, die alle außerordentlich lange Haare und infolgedessen auch Läuse hatten. Der Be¬ sitzer des Etablissements war ein gelernter Brauer. Er war damals geistig schon nicht mehr ganz frisch und starb später irrsinnig. Sein Geschäftsführer hieß Alexander, war in seinen Mußestunden Schauspieler und lernte im Garten mitunter seine Rollen. Das Personal bestand außer dem Gärtner aus zwei Dienstmädchen, Von denen das eine an der Kasse saß, und zwei ganz jungen Burschen. Nach¬ mittags gegen drei Uhr kam Bertram vom Gericht zurück und richtete zuerst die Frage an mich, ob ich Pferde scheren könne. Ich sagte, daß ich das bisher noch nicht getan habe, daß ich es aber versuchen wolle und überzeugt davon sei, ich werde es schon fertig bringen. Wir erhielten dann unser Mittagessen, worauf ich mich umkleidete und mit der Arbeit begann. Es galt zunächst, Transportkasten für die Pfauen anzufertigen, von denen eine Anzahl versandt werden sollte. Diese Kasten forderten viel Mühe und Arbeit, denn sie mußten so eingerichtet sein, daß sie genügend Raum für den Schweif des Vogels boten, der durch ein am Boden angebrachtes aufrechtsteheudes Brett daran verhindert wurde, in seinem engen Be¬ hälter rückwärts zu gehn und dabei seine hauptsächlichste Zier zu verletzen. Nach ewige» Tagen begann ich dann mit dem Scheren der Pferde, die ich lar von einem Burschen halten ließ, und die ich. nachdem das Scheren beendet war mit Merkurialsalbe einrieb. Auch deu Zebustier nahm ich in die Mr, denn er litt an Räude und mußte mit Schmierseife und einem Brei ans Leinöl und Schwefelb nee behandelt werden. An Arbeit fehlte es nicht, ich mußte des Morgens um vier Uhr aufstehn und bis Abends zehn Uhr aushalte». Die Kost war mäßig, Kaffee er¬ hielten wir früh »in acht, das Frühstück um elf. das Mittage, en um drei oder um vier Uhr. deu Nachmittagskaffee um sechs und das Abendessen u. i zehn Uhr. Es ist begreiflich, daß ich mich bei dieser Verpflegung uach den Fleischtöpfen der guten Mutter Kitzmann zurücksehnte. ^ ^, , ^ . Eines Tages begann das Fuchsgeschäft; es kamen »eden Tag ein paar Dutzend dieser Tiere an, wir hatten immer fünfzig bis sechzig auf Lager und verkauften in drei

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_296010/217>, abgerufen am 15.01.2025.