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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr.

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hatten wir mit dem Reinigen und dem Auswaschen der Käsige noch viel zu tun, und
Ferdinand versäumte in der Eile, den Schieber zwischen dem Käfig der Tigerin
Saida und dem der Löwengrnppe, wobei sich der jüngere Tiger befand, durch
einen Holzkeil festzuklemmen. Die Folge davon war, daß die Tigerin den Schieber
mit der Pranke zurückzog und in den Nachbarkäsig hinüberging. Sie selbst, obgleich
sie das stärkere Tier war, tat keinem der andern etwas, wurde aber von ihrem
jüngern Verwandten mit einem Prankenhieb empfangen, der sie an der Nase ver¬
wundete. Es entstand im Käfig ein großer Lärm, der uns herbeilockte. Wir
sprangen schleunigst hinzu und schoben die Schieber zu, sodaß die vier Käfige des
Wagens wieder separiert waren. Dabei hatten wir nun aber die Tigerin Saida
in der Mitte, links von ihr die Löwengruppe, die wir bei der bald darauf statt¬
findenden Vorstellung zur Dressur brauchten, und rechts von ihr den jungen Tiger.
Es galt nun so schnell wie möglich die Tiere zu rangieren, und zu diesem Zweck
blieb uns nichts andres übrig, als deu Umsatzkasten zu holen, die Tigerin hinein-
zulocken und dann die Löwengruppe nach rechts zu treiben, was uns nach einiger
Mühe auch gelang. Die Tigerin kam dann wieder in ihren alten Käfig, und wir
waren mit Ach und Krach ein paar Minuten vor Einlaß des Publikums fertig.

Ein paar Tage darauf unterhielt sich Ferdinand nach der Vorstellung, als er
mit dem Zurückrangieren der Tiere beschäftigt war, mit einem Mädchen, dessen
Bekanntschaft er kurz vorher gemacht hatte, und das sich auf dem ersten Platz
befand. Dabei war seine Aufmerksamkeit natürlich geteilt, und er vergaß, nachdem
die Löwengruppe schon hinübergegangen und abgeschlossen worden war, den Schieber
hinter dem nun folgenden Eisbär zu schließen, sodaß zwischen diesem und dem
Löwen Sultan, der nun folgte, keine Scheidewand war. Ich bemerkte vom Affen¬
wagen aus, wo ich gerade stand, daß der Löwe Sultan in einer bei ihm sonst
ungewöhnlichen Weise vorwärts lief, und wurde dadurch aufmerksam. Ich teilte
meine Beobachtung dem Direktor mit, und wir kamen beide gerade vor dem Käfig
ein, als der Eisbär sich aufrichtete, um den Löwen zu empfangen. Dieser war in
einiger Entfernung von ihm verdutzt stehn geblieben, da er bisher noch niemals
den Eisbär gesehen hatte. In diesem Augenblick gelang es uns, den Schieber zu
schließen und einen Zweikampf zu verhüten, der voraussichtlich schlimme Folgen
gehabt haben würde. Der Wärter Michel, der den Löwen hinübergelassen hatte,
ohne sich davon zu überzeugen, daß der Schieber geschlossen war, erhielt einen
derben Rüssel, Ferdinand aber seine Kündigung. ,

Wir besuchten noch eine Anzahl Pfälzer Städte und fuhren über Bingen nach
Koblenz. Dort erhielten wir eines Tages Besuch von Frau Christian Berg und
ihrem Sohne, die mit ihrem Löwentheater in Lützel-Koblenz standen. Da unser
Neischvorrat erschöpft war, galt es möglichst bald ein Pferd zu kaufen. Wir fanden
ein solches bei einem Hotelier, dem wir fünfzig Mark dafür bezahlen mußten. Ich
holte es am audern Morgen in das Schlachthaus, stellte es dort einstweilen in den
Stall, wo es der Tierarzt besichtigte, und half inzwischen einem im Schlachthause
beschäftigten Pferdeschlächter bei seiner Arbeit, damit er desto eher fertig wurde.
Dann schlachtete ich unser Pferd. Als ich gerade beim Ausnehmen War, kam der
Tierarzt dazu, der konstatierte, daß die Lunge angewachsen und vereitert war. ^es
mußte gleich mit der Arbeit aufhören, und der Tierarzt nahm mich und in eme
andre Halle, wo ich mir die Hände mit Kreolinwasser gründlich reinigen mußte.
Er erklärte, es müsse alles liegen bleiben, und ich solle am nächsten Sonntag
Mittag wiederkommen, er würde sehen,, ob wir dann etwas von dem Pferde mit¬
nehmen könnten. Als wir am Sonntag nun zum Schlachthaus hinausfuhren
wurde uns gesagt, das ganze Pferd müsse verbrannt werden, aber die Haut
könnten wir erhalten. So waren wir also wieder ohne Fleisch und sahen uns
gezwungen, einen kleinen Vorrat beim Fleischer zu kaufen.

An dem letzten Sonntage, den wir in Koblenz verlebten, lasen wir un
"Kometen" die Nachricht, daß der Ehlbecksche Elefant in Palermo seinen Wärter


Grenzboten IV 190S ^

hatten wir mit dem Reinigen und dem Auswaschen der Käsige noch viel zu tun, und
Ferdinand versäumte in der Eile, den Schieber zwischen dem Käfig der Tigerin
Saida und dem der Löwengrnppe, wobei sich der jüngere Tiger befand, durch
einen Holzkeil festzuklemmen. Die Folge davon war, daß die Tigerin den Schieber
mit der Pranke zurückzog und in den Nachbarkäsig hinüberging. Sie selbst, obgleich
sie das stärkere Tier war, tat keinem der andern etwas, wurde aber von ihrem
jüngern Verwandten mit einem Prankenhieb empfangen, der sie an der Nase ver¬
wundete. Es entstand im Käfig ein großer Lärm, der uns herbeilockte. Wir
sprangen schleunigst hinzu und schoben die Schieber zu, sodaß die vier Käfige des
Wagens wieder separiert waren. Dabei hatten wir nun aber die Tigerin Saida
in der Mitte, links von ihr die Löwengruppe, die wir bei der bald darauf statt¬
findenden Vorstellung zur Dressur brauchten, und rechts von ihr den jungen Tiger.
Es galt nun so schnell wie möglich die Tiere zu rangieren, und zu diesem Zweck
blieb uns nichts andres übrig, als deu Umsatzkasten zu holen, die Tigerin hinein-
zulocken und dann die Löwengruppe nach rechts zu treiben, was uns nach einiger
Mühe auch gelang. Die Tigerin kam dann wieder in ihren alten Käfig, und wir
waren mit Ach und Krach ein paar Minuten vor Einlaß des Publikums fertig.

Ein paar Tage darauf unterhielt sich Ferdinand nach der Vorstellung, als er
mit dem Zurückrangieren der Tiere beschäftigt war, mit einem Mädchen, dessen
Bekanntschaft er kurz vorher gemacht hatte, und das sich auf dem ersten Platz
befand. Dabei war seine Aufmerksamkeit natürlich geteilt, und er vergaß, nachdem
die Löwengruppe schon hinübergegangen und abgeschlossen worden war, den Schieber
hinter dem nun folgenden Eisbär zu schließen, sodaß zwischen diesem und dem
Löwen Sultan, der nun folgte, keine Scheidewand war. Ich bemerkte vom Affen¬
wagen aus, wo ich gerade stand, daß der Löwe Sultan in einer bei ihm sonst
ungewöhnlichen Weise vorwärts lief, und wurde dadurch aufmerksam. Ich teilte
meine Beobachtung dem Direktor mit, und wir kamen beide gerade vor dem Käfig
ein, als der Eisbär sich aufrichtete, um den Löwen zu empfangen. Dieser war in
einiger Entfernung von ihm verdutzt stehn geblieben, da er bisher noch niemals
den Eisbär gesehen hatte. In diesem Augenblick gelang es uns, den Schieber zu
schließen und einen Zweikampf zu verhüten, der voraussichtlich schlimme Folgen
gehabt haben würde. Der Wärter Michel, der den Löwen hinübergelassen hatte,
ohne sich davon zu überzeugen, daß der Schieber geschlossen war, erhielt einen
derben Rüssel, Ferdinand aber seine Kündigung. ,

Wir besuchten noch eine Anzahl Pfälzer Städte und fuhren über Bingen nach
Koblenz. Dort erhielten wir eines Tages Besuch von Frau Christian Berg und
ihrem Sohne, die mit ihrem Löwentheater in Lützel-Koblenz standen. Da unser
Neischvorrat erschöpft war, galt es möglichst bald ein Pferd zu kaufen. Wir fanden
ein solches bei einem Hotelier, dem wir fünfzig Mark dafür bezahlen mußten. Ich
holte es am audern Morgen in das Schlachthaus, stellte es dort einstweilen in den
Stall, wo es der Tierarzt besichtigte, und half inzwischen einem im Schlachthause
beschäftigten Pferdeschlächter bei seiner Arbeit, damit er desto eher fertig wurde.
Dann schlachtete ich unser Pferd. Als ich gerade beim Ausnehmen War, kam der
Tierarzt dazu, der konstatierte, daß die Lunge angewachsen und vereitert war. ^es
mußte gleich mit der Arbeit aufhören, und der Tierarzt nahm mich und in eme
andre Halle, wo ich mir die Hände mit Kreolinwasser gründlich reinigen mußte.
Er erklärte, es müsse alles liegen bleiben, und ich solle am nächsten Sonntag
Mittag wiederkommen, er würde sehen,, ob wir dann etwas von dem Pferde mit¬
nehmen könnten. Als wir am Sonntag nun zum Schlachthaus hinausfuhren
wurde uns gesagt, das ganze Pferd müsse verbrannt werden, aber die Haut
könnten wir erhalten. So waren wir also wieder ohne Fleisch und sahen uns
gezwungen, einen kleinen Vorrat beim Fleischer zu kaufen.

An dem letzten Sonntage, den wir in Koblenz verlebten, lasen wir un
„Kometen" die Nachricht, daß der Ehlbecksche Elefant in Palermo seinen Wärter


Grenzboten IV 190S ^
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[0211] hatten wir mit dem Reinigen und dem Auswaschen der Käsige noch viel zu tun, und Ferdinand versäumte in der Eile, den Schieber zwischen dem Käfig der Tigerin Saida und dem der Löwengrnppe, wobei sich der jüngere Tiger befand, durch einen Holzkeil festzuklemmen. Die Folge davon war, daß die Tigerin den Schieber mit der Pranke zurückzog und in den Nachbarkäsig hinüberging. Sie selbst, obgleich sie das stärkere Tier war, tat keinem der andern etwas, wurde aber von ihrem jüngern Verwandten mit einem Prankenhieb empfangen, der sie an der Nase ver¬ wundete. Es entstand im Käfig ein großer Lärm, der uns herbeilockte. Wir sprangen schleunigst hinzu und schoben die Schieber zu, sodaß die vier Käfige des Wagens wieder separiert waren. Dabei hatten wir nun aber die Tigerin Saida in der Mitte, links von ihr die Löwengruppe, die wir bei der bald darauf statt¬ findenden Vorstellung zur Dressur brauchten, und rechts von ihr den jungen Tiger. Es galt nun so schnell wie möglich die Tiere zu rangieren, und zu diesem Zweck blieb uns nichts andres übrig, als deu Umsatzkasten zu holen, die Tigerin hinein- zulocken und dann die Löwengruppe nach rechts zu treiben, was uns nach einiger Mühe auch gelang. Die Tigerin kam dann wieder in ihren alten Käfig, und wir waren mit Ach und Krach ein paar Minuten vor Einlaß des Publikums fertig. Ein paar Tage darauf unterhielt sich Ferdinand nach der Vorstellung, als er mit dem Zurückrangieren der Tiere beschäftigt war, mit einem Mädchen, dessen Bekanntschaft er kurz vorher gemacht hatte, und das sich auf dem ersten Platz befand. Dabei war seine Aufmerksamkeit natürlich geteilt, und er vergaß, nachdem die Löwengruppe schon hinübergegangen und abgeschlossen worden war, den Schieber hinter dem nun folgenden Eisbär zu schließen, sodaß zwischen diesem und dem Löwen Sultan, der nun folgte, keine Scheidewand war. Ich bemerkte vom Affen¬ wagen aus, wo ich gerade stand, daß der Löwe Sultan in einer bei ihm sonst ungewöhnlichen Weise vorwärts lief, und wurde dadurch aufmerksam. Ich teilte meine Beobachtung dem Direktor mit, und wir kamen beide gerade vor dem Käfig ein, als der Eisbär sich aufrichtete, um den Löwen zu empfangen. Dieser war in einiger Entfernung von ihm verdutzt stehn geblieben, da er bisher noch niemals den Eisbär gesehen hatte. In diesem Augenblick gelang es uns, den Schieber zu schließen und einen Zweikampf zu verhüten, der voraussichtlich schlimme Folgen gehabt haben würde. Der Wärter Michel, der den Löwen hinübergelassen hatte, ohne sich davon zu überzeugen, daß der Schieber geschlossen war, erhielt einen derben Rüssel, Ferdinand aber seine Kündigung. , Wir besuchten noch eine Anzahl Pfälzer Städte und fuhren über Bingen nach Koblenz. Dort erhielten wir eines Tages Besuch von Frau Christian Berg und ihrem Sohne, die mit ihrem Löwentheater in Lützel-Koblenz standen. Da unser Neischvorrat erschöpft war, galt es möglichst bald ein Pferd zu kaufen. Wir fanden ein solches bei einem Hotelier, dem wir fünfzig Mark dafür bezahlen mußten. Ich holte es am audern Morgen in das Schlachthaus, stellte es dort einstweilen in den Stall, wo es der Tierarzt besichtigte, und half inzwischen einem im Schlachthause beschäftigten Pferdeschlächter bei seiner Arbeit, damit er desto eher fertig wurde. Dann schlachtete ich unser Pferd. Als ich gerade beim Ausnehmen War, kam der Tierarzt dazu, der konstatierte, daß die Lunge angewachsen und vereitert war. ^es mußte gleich mit der Arbeit aufhören, und der Tierarzt nahm mich und in eme andre Halle, wo ich mir die Hände mit Kreolinwasser gründlich reinigen mußte. Er erklärte, es müsse alles liegen bleiben, und ich solle am nächsten Sonntag Mittag wiederkommen, er würde sehen,, ob wir dann etwas von dem Pferde mit¬ nehmen könnten. Als wir am Sonntag nun zum Schlachthaus hinausfuhren wurde uns gesagt, das ganze Pferd müsse verbrannt werden, aber die Haut könnten wir erhalten. So waren wir also wieder ohne Fleisch und sahen uns gezwungen, einen kleinen Vorrat beim Fleischer zu kaufen. An dem letzten Sonntage, den wir in Koblenz verlebten, lasen wir un „Kometen" die Nachricht, daß der Ehlbecksche Elefant in Palermo seinen Wärter Grenzboten IV 190S ^

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_296010/211>, abgerufen am 15.01.2025.